Kind mit giftiger Pflanze
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Giftpflanzen: Vergiftungsgefahr für Kinder – was tun?

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 03.12.2013 - 12:08 Uhr

In der warmen Jahreszeit spielen Kinder häufig draußen. Ihre Fantasie wird dabei mit Dingen beflügelt, die sie dort vorfinden. Beim Spiel "Essen kochen" zum Beispiel kommen oft Beeren, Blätter oder andere Pflanzenteile zum Einsatz. Allerdings ist solch eine Mahlzeit manchmal schwer verdaulich, wenn nicht sogar giftig. Kleinere Kinder lassen sich oft von den hübschen Farben und Formen dazu verleiten, Pflanzenteile in den Mund zu stecken. Was tun, wenn ein Kind oder Baby Thuja, Baumharz oder Petunie gegessen hat?

Jährliche Vergiftungsfälle bei Kindern

Jedes Jahr rufen fast 100.000 Menschen in den Giftinformationszentralen an, die den Verdacht haben, dass sich das Kind in ihrer Obhut vergiftet haben könnte – in fast 20.000 Fällen bestätigt sich dieser Verdacht. In 9 von 10 Fällen sind dabei Kinder unter 6 Jahren betroffen – vor allem die 1- bis 3-Jährigen, die ihre Umwelt gern auch mit dem Mund erforschen.

Zwar stehen insgesamt die Haushaltschemikalien – Reiniger, Geschirrspülmittel & Co. – an erster Stelle der Vergiftungsursachen, gefolgt von Medikamenten. Doch gerade bei den 1- bis 4-Jährigen spielen auch Pflanzen eine große Rolle, insbesondere solche mit attraktiven Beeren.

Die gute Nachricht: Die allermeisten Vergiftungsfälle verlaufen glimpflich – in drei Viertel der Fälle kommt es zu keinen Beschwerden, weil die aufgenommen Menge der giftigen Substanz sehr gering war, die übrigen Vergiftungen verlaufen überwiegend mild. Das gilt insbesondere bei Vergiftungen mit Pflanzen. Trotzdem: In Haushalten mit kleinen Kindern bis ins Grundschulalter sollten giftige Pflanzen in Wohnung und Garten gemieden werden.

Symptome einer Vergiftung

Die Symptome einer Vergiftung durch Pflanzen reichen von Hautreizungen über Magenverstimmungen mit Übelkeit oder leichtem Erbrechen bis – glücklicherweise selten – hin zu Kreislaufkollaps und Atemlähmung. Mögliche Anzeichen einer Vergiftung sind unter anderem:

Finden Sie Ihr Kind gar bewusstlos vor (und Sie haben durch Verfärbungen um den Mund und an den Händen den entsprechenden Verdacht), schauen Sie ihm in den Mund und holen Sie noch vorhandene Substanzreste heraus. Führen Sie lebensrettende Sofortmaßnahmen durch und fordern Sie einen Rettungswagen an.

Welche Pflanzen sind giftig?

Viele giftige Pflanzen schmecken nicht besonders gut, sodass die Kinder die Blätter, Stängel und Früchte schnell wieder ausspucken. Allerdings ist bei den modernen Zuchtformen dieses Merkmal oft abgeschwächt – so schmecken die Beeren der heutigen Ligusterhecken oft weit weniger bitter als deren Urform.

Welche Pflanzenteile gesundheitsschädlich wirken, ist von Art zu Art verschieden. Jede Pflanze hat unterschiedliche Inhaltsstoffe, Gefährdungsgrade und Wirkungen.

Als grobe Faustregel gilt, dass Kinder von jeder heimischen Pflanze, auch wenn sie giftig ist, 1 Beere unbeschadet verspeisen können. Im Folgenden finden Sie eine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Giftige Pflanzen im Garten und in freier Natur

Zu den Giftpflanzen im Freien zählen unter anderem:

  • Eisenhut (Aconitum)
  • Eibe (Samen und Nadeln)
  • Tollkirsche (und andere Nachtschattengewächse)
  • Bilsenkraut
  • Schierling
  • Herbstzeitlose (Colchicum, wird häufig mit dem Krokus verwechselt)
  • Stechapfel
  • Seidelbast
  • Engelstrompete
  • Wunderbaum

Etwas weniger giftig, aber trotzdem in größeren mengen potenziell gefährlich sind Wolfsmilchgewächse, Goldregen, Fingerhut (Digitalis), rohe Bohnen, Rhododendron, Oleander, Aronstab, Maiglöckchen (Blätter werden häufig mit Bärlauch verwechselt), Lampignonblume, Efeu und Lebensbaum (Thuja). Von Liguster, Knackbeere und Vogelbeere (Eberesche) sind bis zu 5 Beeren sicher unbedenklich.

Zimmerpflanzen

Potenziell giftig sind unter anderem:

  • Alpenveilchen
  • Korallenstrauch
  • Gummibaum
  • Birkenfeige (Ficus benjamini)
  • Affenbrotbaum
  • Dieffenbachie

Der weiße Milchsaft des zu den Wolfsmilchgewächsen gehörenden Weihnachtssterns ist nur bei den Wildformen giftig; bei den gezüchteten Arten verursacht dieser allenfalls leichte Reizungen des Magen-Darm-Trakts.

Was tun bei Vergiftungen?

Ganz wichtig: Keine Panik; Ruhe bewahren! Schwere oder gar tödliche Vergiftungen mit Pflanzen sind sehr selten. Schimpfen Sie nicht, regen Sie sich und Ihr Kind nicht auf.

Was jetzt zu tun ist:

  • Tee, stilles Wasser oder Saft zu trinken geben, keine Milch!
  • Kein Erbrechen auslösen, kein Salzwasser geben!

Wenn Sie Ihr Kind "auf frischer Tat ertappen", lassen Sie es evtl. noch vorhandene Reste ausspucken und sich zeigen, was es gegessen hat. Wichtig sind die folgenden Punkte:

  • Welche Pflanze hat Ihr Kind verschluckt?
  • Welche Teile der Pflanze wurden gegessen?
  • Wurde nur gekaut und ausgespuckt oder verschluckt?
  • Wie viel wurde verschluckt?

Wurde eine giftige Pflanze verzehrt, Sie sind sich nicht sicher, ob die Pflanze giftig ist oder Ihr Kind kann nicht sagen, wie viel es davon verspeist hat, rufen Sie eine Giftnotrufzentrale an - Sie erhalten dort 24 Stunden am Tag eine kostenlose Auskunft geben, wie das Gift wirkt und welche Gegenmaßnahmen Sie ergreifen können. Wenn Sie eine Pflanze nicht kennen, beschreiben Sie diese dem Berater so genau wie möglich (Aussehen, Standort, Form, Größe, Anordnung der Blätter, Farbe, Blüten, Früchte).

Hat Ihr Kind unerklärliche Symptome rufen Sie ebenfalls eine Vergiftungszentrale an und richten sich nach deren Anweisungen (z. B. Rettungswagen anfordern, selbst in die nächste Kinderklinik fahren).

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Telefonnummern des zuständigen Giftnotrufs

  • (030) 19 240 - Berlin und Brandenburg
  • (0228) 19 240 - Nordrhein-Westfalen (NRW)
  • (0361) 730 730 - Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
  • (0761) 19 240 - Baden-Württemberg
  • (0551) 19 240 - Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein
  • (06841) 19 240 - Saarland
  • (06131) 19 240 - Rheinland-Pfalz und Hessen
  • (089) 19 240 - Bayern
  • (+43) 01–4064343 - Österreich
  • (+41) 044 251 51 51 - Schweiz

Vergessen Sie nicht, einen Zweig/Stängel mit den Pflanzenteilen (Blätter, Früchte, Blüten) aufzubewahren und mit ans Telefon und ggf. mit in die Klinik zu nehmen – das erleichtert die Pflanzenbestimmung.

Vergiftungen mit Pflanzen vorbeugen

Diese Tipps können helfen, eine Vergiftung zu vermeiden:

  • Informieren Sie sich vor dem Kauf über die Unschädlichkeit einer Pflanze.
  • Kontrollieren Sie, ob aufgeführte Pflanzen am Schulweg und im Spielumfeld Ihrer Kinder wachsen. Beraten und die Pflanzen bestimmen können z. B. Gärtner, Förster und Blumenhändler, evtl. auch Apotheker.
  • Besprechen Sie Vergiftungsrisiken behutsam mit Ihren Kindern und bringen Sie ihnen bei, keine Pflanzenteile zu probieren, die sie nicht kennen.