Depressive Person und Angehöriger
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Depression: Hilfe für Angehörige

Von: Dr. med. Julia Völker (Ärztin und Journalistin)
Letzte Aktualisierung: 04.12.2018 - 14:15 Uhr

Jeder dritte Deutsche leidet im Laufe seines Lebens an einer psychischen Erkrankung – die meisten an Depression. Die Zahl macht deutlich, dass fast jeder Mensch direkt oder indirekt durch Familienmitglieder und Freunde mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen in Kontakt kommt. Damit umzugehen, dass ein naher Angehöriger betroffen ist, und die Depression als Krankheit anzuerkennen fällt meist schwer. Ein Grund ist die Tabuisierung der Psychiatrie in der Gesellschaft. Durch Fälle wie den des bekannten Fußballers Robert Enke konnte zumindest die Depression mehr Anerkennung finden. Depressionen sind sowieso die noch gesellschaftsfähigsten Krankheitsbilder, denn jeder kennt das Gefühl der Traurigkeit und Antriebslosigkeit wie beispielsweise nach Todesfällen, so Karl Heinz Möhrmann, Vorsitzender des Landesverbandes Bayern der Angehörigen psychisch Kranker e.V. (LApK).

Hilfe für Depressive und Angehörige

Was oft vergessen wird: Nicht nur der Erkrankte selbst benötigt Hilfe, auch die Angehörigen stehen unter starkem psychischem Druck. "Zwei von drei Angehörigen chronisch psychisch kranker Menschen drohen langfristig selbst zu erkranken: Depressionen, psychosomatische Erkrankungen, Schlafstörungen, Magengeschwüre und Gallensteine sind mögliche Langzeitfolgen", erklärt Möhrmann. Die Kraft der Angehörigen sei aber sehr wichtig, wenn auch sie krank werden, "geht gar nichts mehr".

Deshalb ist ein wichtiger Ratschlag, sich selbst nicht zu vergessen, sich täglich etwas Zeit zu nehmen und sich selbst etwas Gutes zu tun. Versteht der Partner das nicht, dann kann man versuchen, ihm zu erklären "Ich mache das nur, dass es dir und uns bald wieder besser geht", rät Möhrmann.

Ein gutes Stressmanagement sei deshalb auch von hohem Wert. Es federt die schwierige Situation für den Angehörigen etwas ab und lässt ihn nicht so schnell an seine Grenzen stoßen.

Depressionen: Anzeichen für Angehörige

Der erste Schritt ist oft, sich selbst einzugestehen, dass der Partner krank ist. Mögliche Frühwarnsymptome sind unter anderem:

  • Schlafstörungen
  • nachlässige Körperpflege
  • eine allgemeine Lustlosigkeit

Eine Vorstufe kann auch ein Burnout-Syndrom sein.

Wichtig ist nun, dass man den depressiven Angehörigen nicht dazu zu zwingen versucht, sich zusammenzureißen oder immer wieder Vorschläge für Unternehmungen und Freizeitgestaltungen macht, weiß Möhrmann: "Das führt nur zur Überforderung und zu Aggressionen. Der Kranke fühlt sich nicht verstanden."

Angehörige suchen nach Ursachen

Automatisch stellt sich die Frage nach der Schuld: Ist man als Angehöriger vielleicht auch verantwortlich für die Erkrankung? "Das ist man in aller Regel nicht", erklärt Möhrmann. Weiterhin sagt er: "Es ist ein sehr wichtiges Ziel, das dem Angehörigen klar zu machen".

Es sei auch ganz normal, dass es manchmal zu Streit kommt, dass vielleicht auch mal eine Türe zugeschlagen werde. "Auch Angehörige sind nur Menschen", betont Möhrmann. Man darf nur nach der Auseinandersetzung nicht vergessen, dem Partner oder Familienmitglied das Gefühl zu geben, dass man für ihn da ist.

Die Ursache ist nicht immer ersichtlich

Manchmal gibt es Gründe für den Ausbruch einer Depression, wie plötzliche Arbeitslosigkeit oder den Verlust eines geliebten Menschen. Eine solche vordergründige Ursache ist aber nicht immer zu finden.

In jedem Falle ist professionelle Hilfe anzuraten, nicht zuletzt, weil die Suizidrate unter Depressiven drastisch erhöht ist. Es gibt individuelle Lösungen – von ambulanten Gesprächen und medikamentöser Unterstützung über Tageskliniken bis zu einem stationären Aufenthalt.

Depression: Angehörige in die Therapie einbeziehen

Nicht nur der Erkrankte, auch die Angehörigen sollten mit in die Behandlung einbezogen werden, beispielsweise angehört werden, über die Krankheit, die Behandlung und Medikamente aufgeklärt werden und vielleicht auch gelegentlich in Therapiesitzungen dabei sein.

Wichtig ist die Krankheitseinsicht des Betroffenen. Diese kann man als Angehöriger fördern, indem man die eigenen Hemmungen überwindet und mit dem Erkrankten über die Veränderungen redet, die man an ihm bemerkt hat.

Eine Zwangsbehandlung gegen den Willen des Betroffenen ist nur möglich, wenn akute Selbst- oder Fremdgefährdung besteht, in der Regel also bei Suizidversuchen.

Hilfe bei Beratungsnetzwerken einholen

Weiß man selbst nicht mehr weiter, sind Beratungsnetzwerke eine große Hilfe. So gibt es Landesverbände der Angehörigen psychisch Kranker und den Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK), aber auch die Stiftung Deutsche Depressionshilfe mit regionalen Angeboten. Dort kann man – auch anonym – anrufen oder vorbeikommen, um sich Hilfe aus erster Hand zu holen.