Füße eines Babys mit FAS
© Bruno Glätsch (Symbolfoto)

Alkoholgeschädigte Babys – Fetales Alkohol Syndrom (FAS)

Von: Gesundheit-Redaktion, Silke Schwertel (geb. Hamann) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 23.09.2020 - 13:38 Uhr

Das Phänomen ist alt, der Begriff dafür noch relativ jung: Erst 1973 nannten die amerikanischen Wissenschaftler David Smith und Ken Jones (Seattle USA) die permanenten Schäden durch Alkoholmissbrauch in der Schwangerschaft beim Namen: Fetales Alkohol Syndrom (FAS). Mehrere Tausend alkoholgeschädigte Babys werden schätzungsweise jedes Jahr in Deutschland geboren. Sie alle leiden darunter, dass ihre Mütter während der Schwangerschaft übermäßig, dauerhaft und oftmals krankhaft Alkohol getrunken haben. Wie schwer die jeweilige Behinderung des Babys ist, hängt davon ab, wie viel Alkohol die Mutter während der Schwangerschaft konsumiert hat und wie ihr Körper den Schadstoff verarbeitet hat.

Was ist FAS?

Schwerste Behinderungen bei alkoholgeschädigten Babys

Alkoholkonsum während der Schwangerschaft gilt als häufigste Ursache für eine angeborene, verzögerte geistige Entwicklung bei Kindern. Dabei muss immer wieder betont werden, dass diese Schädigungen nicht genetisch bedingt sind und vollkommen vermeidbar wären.

Bei einer alkoholabhängigen Schwangeren liegt das Risiko einer körperlichen Fehlbildung oder geistigen Störung des Neugeborenen bei 32 bis 43 Prozent. Aber auch gelegentlicher Alkoholkonsum während der Schwangerschaft ist für das ungeborene Kind gefährlich. Einen Grenzwert, bei dessen Unterschreiten keinerlei Beeinträchtigungen des Neugeborenen zu befürchten sind, gibt es nicht!

Was ist das Fetale Alkoholsyndrom?

Fetales Alkoholsyndrom (FAS) oder auch Alkoholembryopathie ist eine schwere Hirnschädigung bei Neugeborenen, deren Ursache immer Alkoholmissbrauch der Mutter während der Schwangerschaft ist. Irreversible Folgen sind geistige Behinderungen und körperliche Entwicklungsverzögerungen dieser Kinder. Mit einer solchen Form der Alkoholembryopathie werden jährlich immerhin schätzungsweise 4.000 Kinder in Deutschland geboren – Fachleute befürchten, dass das eine konservative Schätzung ist. 

Ist die Organbildung des Babys zum Zeitpunkt des Alkoholmissbrauchs schon abgeschlossen, kommt es meist nur zu geringen äußerlich sichtbaren Symptomen, wenngleich die Folgen für das Zentrale Nervensystem oft nicht minder gravierend sind. In solchen Fällen spricht man von Fetalen Alkoholeffekten (FAE). 

Mediziner auf internationaler Ebene verwenden inzwischen den Begriff FASD – Fetal Alcohol Spectrum Disorder – und machen so deutlich, dass alle Formen der angeborenen Alkoholschädigungen besondere Aufmerksamkeit verlangen. Schätzungen zufolge liegt die Zahl der Kinder, die jährlich in Deutschland mit solchen unterschiedlich ausgeprägten Alkoholspektrumsstörungen auf die Welt kommen, bei 10.000, wobei die Dunkelziffer vermutlich deutlich höher liegt.

Alkohol während der Schwangerschaft: Folgen

Dass Alkohol ein Zellgift ist, ist schon lange bekannt und ausreichend wissenschaftlich nachgewiesen. Gerade Embryos reagieren in der Zeit der Organentwicklung und -ausbildung besonders empfindlich auf Alkohol.

Die embryonalen Zellen können sich nicht ausreichend entwickeln und vermehren, sodass sich Organe und Gewebe mangelhaft oder fehlerhaft entwickeln. Davon können alle Organe und Organsysteme des Embryos betroffen sein, auch wenn FAS-Kinder neben geistigen Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensstörungen besonders häufig unter Kleinwuchs, Untergewicht und Kleinköpfigkeit leiden.

FAS – schwierige Diagnose

Wenn die Alkoholabhängigkeit der Mutter bekannt ist, ist die Diagnose FAS meistens leicht zu stellen. Komplizierter wird es bei den Kindern, die äußerlich nur wenig ausgeprägte Symptome zeigen.

Die Veränderungen können beim Kind so gering sein, dass die Eltern einen Unterschied zum gesunden Kind nicht bemerken. Die körperlichen Schäden können sich stark von Störungen in der Hirnleistung und Verhaltensstörungen unterscheiden.

Die Ausprägungen sind also sehr unterschiedlich und führen häufig zu Fehldiagnosen, auch weil viele Ärzte nicht genügend Erfahrung mit den unterschiedlichen Symptomen des Krankheitsbildes haben.

Häufige Symptome von FAS

Dies sind häufige Symptome des Fetalen Alkoholsyndroms:

  • Typische körperliche Anzeichen sind Untergewicht, Minderwuchs, Kleinköpfigkeit und mangelhafte Muskelentwicklung.
  • Es kann zu typischen Gesichtsveränderungen kommen, bei denen die Kinder unter anderem kleine Augen und schmale Oberlippen aufweisen.
  • FAS-Kinder werden als Säuglinge häufig mit Sonden gefüttert.
  • Die Erkrankung beschert ihnen zudem eine ausgeprägte Überempfindlichkeit der Haut, die jede Berührung schmerzhaft macht.
  • Motorik und Empfindlichkeit des Mundes sind nicht genügend ausgeprägt. Darunter leiden Schluck- und Sprachentwicklung, weil die Muskulatur des Mundes nicht richtig arbeitet und Laute nicht geformt werden können.
  • Kognitive Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensstörungen gehören ebenfalls zu den typischen Symptomen.

Massive Alltagsprobleme

Die Pflege eines FAS-Säuglings ist komplex und aufreibend. Oft müssen sie rund um die Uhr pflegerisch betreut werden. Schlaf und Erholungsphasen für Eltern und Betreuer sind selten und meist nur mit hohem organisatorischem Aufwand möglich.

In vielen Fällen werden FAS-Kinder nicht von den leiblichen Eltern aufgezogen – doch für alle Eltern gilt, dass die emotionalen Auffälligkeiten ihrer Schützlinge besonders belastend sind. Kinder mit FAS leiden an geistigen Entwicklungsstörungen, die sie in der Schule, in ihrer sozialen Reifung und Lebensführung massiv behindern:

  • Diese Kinder lernen zumeist langsam und können das Gelernte nicht behalten.
  • Ihre Konzentrationsfähigkeit ist stark eingeschränkt, sie sind leicht ablenkbar und können auch einfache Aufträge nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten ausführen.
  • Viele der betroffenen Kinder sind nicht in der Lage, die Folgen und Risiken ihres Tun und Handelns abzuschätzen und setzen sich immer wieder unwissentlich erheblichen Gefahren aus, wie zum Beispiel beim Spielen, im Straßenverkehr oder auch im Umgang mit anderen Menschen.
  • Strafen oder schlechte Erfahrungen hinterlassen bei ihnen keine nachhaltigen Spuren.
  • Oft sind FAS-Kinder und Jugendliche deutlich naiver und leichtgläubiger als ihre Altersgenossen; gerade in der Pubertät laufen sie damit oft Gefahr, ausgenutzt zu werden.
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Bleibende Schäden durch FAS

Während sich die äußerlichen Zeichen einer Alkoholembryopathie mit zunehmendem Alter verlieren, bleibt die geistige Beeinträchtigung uneingeschränkt bestehen. Weder die Erkrankung noch ihre Folgen können beseitigt oder behoben werden. 

Die körperlichen und geistigen Einschränkungen, unter den FAS-Kinder leiden, können bestenfalls mit entsprechenden Behandlungen gemildert werden. Dazu gehören beispielsweise:

  • Sprachtherapie
  • Krankengymnastik
  • Ergotherapie
  • heilpädagogische Ansätze

Es gibt kein Medikament, das die Folgen des mütterlichen Alkoholmissbrauchs während der Schwangerschaft rückgängig machen kann.

Tag des alkoholgeschädigten Kindes

Vor diesem Hintergrund gibt es einen jährlich stattfindenden FAS-Tag, der jedes Jahr am 9. September auf das Schicksal der FAS-Kinder aufmerksam machen und durch Aufklärungskampagnen Informationsdefizite bei der Bevölkerung, der Ärzteschaft, bei Sozialarbeitern und Betreuern beheben soll. 

Der internationale FAS-Tag, der ursprünglich in Kanada ins Leben gerufen wurde, wird in Deutschland von der Selbsthilfegruppe FASworld Deutschland und medizinischen Experten unterstützt.