Besorgte Frau mit Gonorrhö
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Gonorrhö (Tripper)

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 29.06.2016 - 11:43 Uhr

Die eher als Tripper bekannte Infektion ist die weltweit zweithäufigste sexuell übertragbare Krankheit. Missetäter sind Gonokokken, Kugelbakterien, die nur am Menschen leben und fast ausschließlich durch direkten Schleimhautkontakt, also ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen werden.

Von Mikroben und Menschen

Jedes Jahr infizieren sich weltweit über 60 Millionen Menschen. Seit Mitte der 90er Jahre lässt sich wieder eine deutliche Zunahme der Neuerkrankungen beobachten, nachdem deren Zahl über Jahre kontinuierlich rückläufig war.

Gründe gibt es vermutlich mehrere - u.a. werden Massen- und Sextourismus in ferne Länder, insbesondere Asien, der Rückfall in ein leichtsinniges Sexualverhalten nach dem Abklingen der Anti-Aids-Kampagnen und zunehmende Resistenzen der Erreger verantwortlich gemacht. Eine Tendenz, die manchen Forschern Grund zur Besorgnis gibt. Kritische Stimmen merken an, dass sich die derzeit noch leicht zu behandelnde Krankheit in Zukunft zu einem Problemkind entwickeln könnte, ähnlich wie andere Infektionen, bei denen gängige Antibiotika bereits versagen. Dabei wäre die Vorbeugung vergleichsweise einfach.

Für die Erreger, fachsprachlich auch Neisseria gonorrhoeae genannt, ist der Mensch das einzige Reservoir. Da sie extrem empfindlich gegenüber Austrocknung und Kälte sind, haben sie also außerhalb ihres menschlichen Wirts nahezu keine Überlebenschancen. Ihre Ausrottung wäre damit theoretisch möglich. Und da die Keime fast nur beim Geschlechtsverkehr übertragen werden, ist mit einem Kondom die Ansteckungsgefahr minimierbar.

Harte Fakten und dunkle Ziffern

Bis zum Jahr 2001 war die Gonorrhö in Deutschland meldepflichtig. Zu den damals offiziell bekannten jährlichen 2.200 Erkrankungsfällen kam allerdings noch eine geschätzte Dunkelziffer von 80-90% hinzu. Experten gehen davon aus, dass diese Zahlen nach wie vor Gültigkeit haben oder sogar eher höher liegen. Betroffen sind insbesondere jüngere Erwachsene beiden Geschlechts. Dies liegt zum einen am immer früheren Start in die sexuelle Aktivität - bis zum 16. Lebensjahr 45 % der Mädchen und 36 % der Jungen -, verbunden mit einer höheren Anzahl von Sexualpartnern, zum anderen an der Experimentierfreudigkeit für verschiedene Sexualpraktiken sowohl hetero- als auch homosexueller Art sowie der Abneigung, Kondome anzuwenden.

Außerdem scheinen Anatomie und Hormonhaushalt jüngerer Mädchen das Risiko für aufsteigende Infektionen zu erhöhen. Zudem ist die Gonorrhö sehr ansteckend. Etwa ein Drittel der Männer infiziert sich bei einmaligem Sexualkontakt mit einer erkrankten Frau. Für Frauen beträgt das Risiko sogar 60-90 %, wenn sie Geschlechtsverkehr mit einem infizierten Mann haben. Nicht selten sind an Tripper Erkrankte auch mit dem Aids-Virus oder dem Syphiliserreger infiziert.

Die Symptome bei Mann und Frau

  • Frauen: Falls Beschwerden auftreten, sind sie meist unspezifisch und äußern sich als Brennen beim Wasserlassen, unangenehm riechender Scheidenausfluss und Schwellung der Schamlippen. Die Keime können über die Gebärmutter in Eileiter und Eierstöcke aufsteigen und zu Entzündungen mit Fieber und Unterbauchbeschwerden bis hin zur Unfruchtbarkeit führen. An Tripper erkrankte Schwangere können ihr Kind während der Geburt anstecken und zu einer Augenentzündung führen, früher einer der häufigsten Ursache für die Erblindung von Kindern in der westlichen Welt.
  • Männer: Die Erkrankung beginnt mit brennenden Schmerzen beim Wasserlassen, gefolgt von schleimigem, später gelblich-grünen Ausfluss aus der Harnröhre. Dessen morgendliche Ansammlung beim ersten Wasserlassen hat ihm auch zum Namen "Bonjour-Tropfen" verholfen. Die Erreger können zur Prostata und zu den Nebenhoden wandern und dort auch Entzündungen, gefolgt von Unfruchtbarkeit hervorrufen.

Je nach Ort des Übertragungswegs kann es auch zu einer Entzündung des Enddarms oder der Mundschleimhaut kommen. Selten gelangen die Erreger in die Blutbahn und lösen Hautausschläge, Gelenkentzündungen, Fieber und Schüttelfrost aus. Seltene, aber schwere Komplikationen sind dabei Gehirnhaut-, Herzmuskel-, Augen- und Knochenmarksentzündungen.

Nachweis und Therapie

Die Diagnosestellung erfolgt durch Ausstriche von Sekreten aus Scheide und Harnröhre und dem Nachweis der Erreger unter dem Mikroskop. Auch Bakterienkulturen können angelegt werden. Auf die Höhe der Erregerzahl im Blut kann mittels Nukleinsäureamplifikationstest geschlossen werden. Die Therapie mit Antibiotika-Tabletten ist meist schnell und erfolgreich. Nur selten müssen diese gespritzt werden.

Leider sind in den letzten Jahre Erreger (v.a.aus Asien und Afrika) zunehmend widerstandsfähig gegen gängige Antibiotika, sodass auf Reservemittel zurückgegriffen werden muss. Zwingend ist die Mitbehandlung des Sexualpartners, um einen "Ping-Pong-Effekt" zu vermeiden. Eine Woche nach Behandlungsende sollte mit einem Abstrich der Therapieerfolg überprüft werden.

Auf den Punkt gebracht

  • Die Erkrankung kann zunächst beschwerdefrei verlaufen und so unwissentlich weitergetragen werden.
  • Die Infektion erfolgt fast ausschließlich durch vaginalen, analen oder oralen Geschlechtsverkehr.
  • Bei früher Diagnosestellung ist eine rasche und vollständige Heilung mittels Antibiotika möglich, sonst kann es zu Unfruchtbarkeit und anderen Komplikationen bei Mann und Frau kommen.
  • Die Antibiotika müssen korrekt und lang genug eingenommen werden, um Resistenzentwicklung der Erreger zu vermeiden.
  • Die Sexualpartner müssen mitbehandelt werden.
  • Man kann sich immer wieder mit Tripper infizieren.
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