Blutprobe für IgE-Test (Immunglobulin E)
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Immunglobulin E – was der IgE-Wert bedeutet

Von: Dr. rer. nat. Isabel Siegel (Diplom-Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 20.04.2021 - 10:03 Uhr

Immunglobulin E (IgE) ist ein Antikörper, der eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Allergien, aber auch bei der Abwehr von Parasiten spielt. Die Menge an IgE im Körper kann bei Allergien erhöht sein. Daher wird bei Verdacht auf eine Allergie ein IgE-Test durchgeführt, um den IgE-Wert im Blut zu bestimmen. Aber wann ist der IgE-Wert zu hoch? Was sind die häufigsten Ursachen für einen erhöhten IgE-Wert und wie kann man den IgE-Wert senken? Das und mehr erfahren Sie hier.

Was ist Immunglobulin E?

Immunglobuline sind Proteine (Eiweiße) und Bestandteile der körpereigenen Abwehr, des Immunsystems. Immunglobuline werden auch als Antikörper bezeichnet. Antikörper werden vom Immunsystem als Reaktion auf körperfremde Stoffe, sogenannte Antigene, gebildet. Sie sollen Krankheitserreger und schädliche Fremdstoffe, die in den Körper eindringen, bekämpfen.

Es gibt viele verschiedene Antikörper, die in Klassen eingeteilt werden. Eine dieser Klassen bildet Immunglobulin E, das auch als IgE bekannt ist. Jede Antikörperklasse hat ihre eigene Funktion im Immunsystem. So hat IgE vor allem eine große Bedeutung bei allergischen Reaktionen und bei der Abwehr von Parasiten.

Weitere Immunglobuline

Daneben gibt es weitere Immunglobuline, die für die Abwehrkräfte des Menschen eine zentrale Rolle spielen:

  • Immunglobulin A (IgA) ist vor allem in Körpersekreten wie beispielsweise Tränenflüssigkeit, Speichel, Nasenschleim und Muttermilch enthalten. Es bindet Krankheitserreger und löst Entzündungsreaktionen aus.
  • Immunglobulin M (IgM) ist im Blut zu finden und wird bei erstmaligem Kontakt mit einem bestimmten Krankheitserreger gebildet. Dieser Vorgang wird als primäre Immunantwort bezeichnet.
  • Immunglobulin G (IgG) ist ein sogenannter Zweitantikörper und bildet den Hauptanteil der Antikörper im Blut. Er wird beim wiederholten Kontakt mit einem bestimmten Krankheitserreger gebildet. IgG veranlasst die Fresszellen (Makrophagen), den Krankheitserreger zu vernichten. Man bezeichnet dies als sekundäre Immunantwort.

Wie entsteht eine Allergie?

Bei einer allergischen Reaktion reagiert das Immunsystem auf eigentlich harmlose Antigene aus der Umwelt. Die Allergie auslösenden Antigene werden auch als Allergene bezeichnet. Zu den möglichen Allergenen zählen unter anderem:

Welche Rolle spielt IgE bei allergischen Reaktionen?

Bei bestimmten allergischen Reaktionen vom sogenannten Soforttyp (Typ I) kommt es innerhalb von wenigen Sekunden bis Minuten nach dem Kontakt mit dem Allergen zum Auftreten einer Reaktion. Für diesen schnellen Reaktionstyp ist IgE verantwortlich, das den allergiebedingten Entzündungsprozess antreibt. IgE veranlasst die Freisetzung des Botenstoffs Histamin, was zu typischen Symptomen wie Schwellungen, Juckreiz und Rötungen führen kann.

Neben dem Soforttyp gibt es auch Allergien vom Typ II (Zytotoxischer Typ), Typ III (Immunkomplex-Typ) und Typ IV (Spättyp). Die Unterteilung in diese vier Allergietypen wurde zu Beginn der 1960er Jahre von zwei Immunologen entwickelt und ist bis heute gültig.

Was ist ein IgE-Test?

In bestimmten Fällen kann ein*e Arzt*Ärztin einen IgE-Test durchführen. Dabei handelt es sich um einen Bluttest, bei dem ein Blutbild angefertigt wird und die Blutwerte im Hinblick auf den IgE-Wert bestimmt werden. Ein IgE-Test kann aus zwei Gründen sinnvoll sein:

  1. Da es für jedes Antigen einen speziellen IgE-Typ gibt, kann anhand der Untersuchung der IgE-Typen festgestellt werden, welches Antigen zu einer allergischen Reaktion geführt hat. Zu diesem Zweck wird ein Allergietest, genauer gesagt ein antigenspezifischer IgE-Antikörper-Test, durchgeführt.
  2. Mit dem Ziel, die Gesamtmenge an IgE im Blut zu bestimmen, wird der Total-IgE-Wert oder Gesamt-IgE-Wert ermittelt. Der Total-IgE-Wert kann sich aufgrund eines Parasitenbefalls oder einer allergischen Reaktion erhöhen und ist nur selten zu niedrig.

IgE-Allergietest – welcher Immunglobulin E-Typ liegt vor?

Möchte man abklären, welche Allergene zu einer bestimmten allergischen Reaktion geführt haben, können die allergenspezifischen IgE-Antikörper mittels IgE-Test bestimmt werden. Mithilfe dieses Bluttests kann der genaue Allergietyp (zum Beispiel Gräserpollenallergie, Schimmelpilzallergie, Hausstaubmilbenallergie und andere) ermittelt werden. So können allergieauslösende Substanzen in Zukunft vermieden oder eine entsprechende Behandlung der Allergie eingeleitet werden.

So funktioniert der IgE-Test

Der IgE-Test wird unter Verwendung einer kleinen Menge Blut des Betroffenen durchgeführt. In der Blutprobe werden sowohl die Immunglobulin E-Typen als auch die Gesamtmenge an IgE (Total-IgE-Wert) bestimmt.

Je nach Höhe der Gesamtkonzentration an IgE im Blut wird eine Einteilung in verschiedene Klassen vorgenommen. Dabei bedeutet die niedrigste Klasse (Klasse 0), dass keine Allergie vorliegt, die höchste Klasse (Klasse 6) zeigt eine starke Allergie an.

Wie hoch ist ein normaler IgE-Wert?

Die Menge des gesamten IgE ist vom Alter abhängig. Kinder weisen einen sehr viel niedrigeren Wert auf als Erwachsene. Der Wert steigt in den ersten Lebensjahren an und wird später, im Erwachsenenalter, beibehalten. Gemessen wird der IgE-Wert in IU/ml, das steht für International Units pro Milliliter Blutserum, oder in µg/l, das bedeutet Mikrogramm pro Liter Blutserum.

Die in der folgenden Tabelle gezeigten IgE-Werte (Total-IgE) gelten als normal, wobei die Normwerte je nach Labor etwas abweichen können:

AlterGesamt-IgE
Erwachsenebis zu 100 IU/ml (240 µg/l)
Jugendliche (10-15 Jahre)bis zu 200 IU/ml (480 µg/l)
Kinder (6-9 Jahre)bis zu 90 IU/ml (216 µg/l)
Kleinkinder (1 bis 5 Jahre)bis zu 60 IU/ml (144 µg/l)
Babys (bis 1 Jahr)bis zu 12,2 IU/ml (29,3 µg/l)

IgE-Werte bei einem Allergietest

Bei einem Allergietest wird nicht nur der IgE-Typ bestimmt, der auf ein bestimmtes Allergen hinweist und somit Rückschlüsse zulässt, wogegen man allergisch ist. Daneben ist wird auch die Menge der allergenspezifischen IgE-Antikörper gemessen. Sie gibt Auskunft darüber, wie stark eine Allergie gegen ein spezielles Allergen ausgeprägt sein kann.

Dazu wird eine Blutprobe mithilfe eines speziellen Labortests untersucht. Der sogenannte Radio-Allergo-Sorbent-Test, kurz RAST, ist eine Methode, mit der man die Menge der allergenspezifischen IgE-Antikörper bestimmen und einordnen kann. Eine Alternative hierzu ist der CAP-Test (Carrier-Polymer-System-Test), der als etwas moderner gilt, jedoch vergleichbare Ergebnisse liefert wie der RAS-Test. Insgesamt gibt es sechs sogenannte RAST-Klassen beziehungsweise CAP-Klassen.

RAST-Klasseallergenspezifische IgE (IU/ml)Ergebnis / Auswertung
0< 0,35Untere Nachweisgrenze
10,35 – 0,70Grenzwertig / fragliche Relevanz
20,71 – 3,50Leicht erhöht / Relevanz möglich
33,60 – 17,50Mäßig erhöht / relevant
417,60 – 50,00Stark erhöht / relevant
550,10 – 100,00Sehr stark erhöht / relevant
6> 100,00Sehr stark erhöht / relevant

Die Ergebnisse des RAST allein geben keine Auskunft darüber, ob tatsächlich eine Allergie vorliegt oder nicht. Um eine Allergie nachzuweisen oder auszuschließen, sind immer auch die Anamnese (Patientengespräch) und die Ergebnisse anderer Tests, wie beispielsweise eines Hauttests, dem sognannten Prick-Test, zu berücksichtigen und auszuwerten.

Abweichungen von allen oben genannten Referenzwerten müssen nicht unbedingt auf gesundheitliche Probleme hindeuten. Daher ist es ratsam, die individuellen Blutwerte immer mit dem*der behandelnde*n Arzt*Ärztin zu besprechen.

Immunglobulin E erhöht – was sind die Ursachen?

Ist der Total-IgE-Wert erhöht, also die Gesamtmenge an Immunglobulin E im Blut, kann dies auf eine allergische Erkrankung vom Typ I oder auf einen Parasitenbefall hinweisen. Konkrete mögliche Ursachen sind beispielsweise:

Auch bei bestimmten Formen der Neurodermitis und der Nesselsucht ist der Total-IgE-Wert häufig erhöht. Daneben kann ein hoher Wert an IgE auch ein Anzeichen für das seltene Hyper-IgE-Syndrom (HIES) sein, eine angeborene chronische Erkrankung, bei der das Immunsystem betroffen ist. Diese Krankheit tritt jedoch nur bei rund einer von 100.000 Personen auf.

Behandlung: Was tun bei erhöhtem Immunglobulin E?

Die ursprüngliche Aufgabe von Immunglobulin E, als Bestandteil des Immunsystems, ist das Erkennen und Beseitigen von Fremdstoffen im Körper. Um diese Aufgabe wahrzunehmen, steigt die Menge an IgE an, wenn Allergene erkannt werden. Ein hoher IgE-Wert ist die Folge.

Doch nicht immer ist dieser Anstieg an IgE gewünscht, etwa im Falle einer Allergie. Den IgE-Wert und damit die allergische Reaktion kann man auf unterschiedlichen Wegen senken:

  1. Bekannte Allergene meiden: Wenn keine allergieauslösenden Substanzen zugegen sind, wird der allergische Entzündungsprozess gebremst, da weniger IgE ausgeschüttet wird.
  2. Den Körper an die Allergene gewöhnen: Hierzu dient die sogenannte Hyposensibilisierung. Dabei werden die Allergene in steigender Dosierung regelmäßig unter die Haut gespritzt oder oral verabreicht. Letzteres wird als sublinguale Immuntherapie bezeichnet.
  3. IgE mit einem Antikörper gegen IgE neutralisieren: Diese Form der Behandlung wird auch als Anti-IgE bezeichnet und nur in bestimmten Fällen verabreicht.

Wichtig: Die Höhe des IgE-Wertes steht nicht in direktem Zusammenhang mit der Schwere der Allergie oder eines Parasitenbefalls. Es kann ebenso vorkommen, dass Allergie-Symptome vorhanden sind, der IgE-Wert jedoch nicht maßgeblich erhöht ist. Ebenso kann der IgE-Wert erhöht sein, eine Allergie liegt aber nicht vor. In diesem Fall kann der erhöhte IgE-Wert wie bereits beschrieben auch andere Ursachen haben.

IgE-Wert zu niedrig: Was steckt dahinter?

Zu niedrige IgE-Werte sind in der Regel unproblematisch. Nur in sehr seltenen Fällen sind angeborene Immundefekte, das Louis-Bar-Syndrom (Ataxia teleangiectatica), Erkrankungen des Knochenmarks oder Nierenerkrankungen (nephrotisches Syndrom) der Grund für einen zu geringen IgE-Wert.

Anti-IgE – was ist das?

Anti-IgE ist ein Antikörper gegen Immunglobulin E. Der künstlich hergestellte Anti-IgE-Antikörper Omalizumab wird derzeit als Zusatztherapie bei schwerem allergischem Asthma und Nesselsucht eingesetzt, um die von IgE vermittelte allergische Reaktion und damit die Symptome zu unterdrücken. Omalizumab setzt sich dabei an die IgE-Antikörper und verhindert so, dass der allergische Entzündungsprozess ablaufen kann.