Frau mit Netzhautablösung
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Netzhautablösung: Ursachen, Symptome & Behandlung

Von: Dr. med. Jana Wittkowski (Ärztin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 01.11.2023 - 15:05 Uhr

Viele Menschen sehen beim Blick in den Himmel oder auf eine weiße Fläche kleine schwarze Punkte oder "fliegende Mücken". Dies ist meist ein Zeichen für eine harmlose Trübung des Glaskörpers im Auge. Treten jedoch plötzlich ganze "Mückenschwärme" (auch "Rußregen") oder Blitze im Auge auf, kann dies auf eine Netzhautablösung hinweisen. Dann sollten Sie sofort ärztlichen Rat suchen, denn im schlimmsten Fall kann eine Netzhautablösung zur Erblindung führen. Hier erfahren Sie, wie Sie die Symptome einer Netzhautablösung erkennen, welche Ursachen vorliegen können, wie die Behandlung aussieht und wann eine OP nötig ist.

Was ist eine Netzhautablösung?

Bei einer Netzhautablösung (in der Fachsprache Ablatio retinae oder Amotio retinae genannt) löst sich die obere Schicht der Netzhaut von der darunter liegenden retinalen Pigmentzellschicht (Pigmentepithel) ab. Die Bereiche der abgelösten Netzhaut können dann nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden, da kein Kontakt zu den Blutgefäßen besteht, die unterhalb des Pigmentepithels verlaufen. Dadurch kommt es zum Absterben von Sehzellen.

Welche Ursachen hat eine Netzhautablösung?

Je nach zugrundeliegender Ursache unterscheidet man verschiedene Formen der Netzhautablösung:

  • Bei der rhegmatogenen Netzhautablösung führt ein Loch oder ein Riss in der Netzhaut zur Ablösung. Solche Defekte entstehen meist, wenn der Glaskörper, der den Augapfel von innen auskleidet, Zug auf die Netzhaut ausübt. Eine solche Glaskörperabhebung ist häufig bei älteren Menschen der Fall, da der Glaskörper im Alter schrumpft. Auch starke Kurzsichtigkeit, eine genetische Vorbelastung oder eine vorangegangene Augenoperation wegen eines grauen Stars erhöhen das Risiko für Netzhautdefekte. Zudem kann ein Schlag auf das Auge zu einer Netzhautablösung führen.
  • Bei der exsudativen Netzhautablösung tritt Flüssigkeit aus den Zellen der Aderhaut aus und sammelt sich zwischen Netzhaut und Pigmentzellschicht. Dadurch löst sich die Netzhaut ab. Auslöser hierfür können Entzündungen oder Gefäßerkrankungen sein. Auch Bluthochdruck kann zu einer Schädigung der Gefäße führen, weshalb Stress ein Risikofaktor für eine Netzhautablösung sein kann. In seltenen Fällen wird diese Form der Netzhautablösung durch einen Tumor im Auge, beispielsweise ein Aderhautmelanom, verursacht.
  • Bei einer traktiven Netzhautablösung übt Narbengewebe Zug auf die Netzhaut aus. Grund für eine Vernarbung der Netzhaut sind meist Langzeitschäden eines Diabetes mellitus (diabetische Retinopathie).

Eine sehr seltene Ursache für eine Netzhautablösung ist ein sogenannter persistierender hyperplastischer primärer Glaskörper. Dabei handelt es sich um eine angeborene Störung, bei der sich der Glaskörper des Embryos nicht richtig entwickelt hat. Diese Störung kann schließlich eine Netzhautablösung zur Folge haben. Man spricht dann von einer falciformen Netzhautablösung.

Netzhautablösung erkennen: Symptome

Eine Netzhautablösung verläuft in der Regel schmerzfrei, jedoch treten meist typische Symptome auf, an denen man die Erkrankung erkennen kann:

  • Wenn der Glaskörper an der Netzhaut zieht und diese einreißt, äußert sich das häufig durch Lichtblitze.
  • Hebt sich die Netzhaut ab, können Betroffene dies als einen Schatten oder einen schwarzen Vorhang wahrnehmen, der sich in das Gesichtsfeld schiebt (teilweiser Gesichtsfeldausfall).
  • Auch die Sehschärfe kann vermindert sein oder Dinge werden verzerrt gesehen.
  • Kommt es rissbedingt zu einer Blutung der Netzhaut, kann es zum verstärkten Sehen von schwarzen Punkten kommen, die wie ein "Rußregen" vor den Augen auftreten. In der Regel erscheinen diese Punkte zunächst am Rand des Sichtfelds. Fixiert man einen Bereich, ist dieser zu Beginn der Beschwerden noch nicht vom Rußregen betroffen.

Andere Auslöser der Beschwerden möglich

Einzelne schwarze Fäden, Punkte oder "fliegende Mücken" (sogenannte "Mouches volantes") sind in der Regel unbedenklich und auf eine harmlose Glaskörpertrübung zurückzuführen. Treten sie allerdings zum ersten Mal auf, sind die Beschwerden sehr stark oder ist nur ein Auge betroffen, sollten Sie sicherheitshalber ärztlichen Rat suchen. Das gleiche gilt, wenn die Beschwerden in Kombination mit anderen typischen Anzeichen einer Netzhautablösung auftreten.  Eine weitere krankhafte Ursache von Mouches volantes kann eine Entzündung der Augenhaut sein. Auch diese sollte ärztlich abgeklärt werden.

Einschränkungen des Gesichtsfelds können neben einer Netzhautablösung noch durch andere Augenerkrankungen, wie eine altersbedingte Makuladegeneration oder ein Glaukom (Grüner Star), ausgelöst werden, aber beispielsweise auch auf einen Schlaganfall zurückgehen.

Eine verminderte Sehschärfe kann unter anderem Hinweis auf eine Sehschwäche (oder einer falsch angepasste Brille), eine Katarakt (Grauer Star) oder eine Glaskörperabhebung sein. Auch als Nebenwirkungen bestimmter Medikamente (wie Antiepileptika) kann es zu einer verschwommenen Sicht kommen.

Kommt es zu Blitzen im Auge, liegt aber nachgewiesenermaßen keine Netzhautablösung vor, kann eine altersbedingte und harmlose Schrumpfung des Glaskörpers dahinterstecken.

Generell sollten Störungen beim Sehen immer ärztlich abgeklärt werden, insbesondere wenn es zu starken und ungewöhnlichen Beschwerden kommt. 

Wie schnell muss eine Netzhautablösung behandelt werden?

Eine Netzhautablösung ist ein medizinischer Notfall. Denn ist die Netzhaut im Bereich des gelben Flecks (Makula) – dem Punkt des schärfsten Sehens – von der Abhebung betroffen, kann dies zu einer Verminderung der Sehschärfe bis zur Erblindung führen.

Eine weitere Komplikation der Netzhautablösung ist eine sogenannte proliferative Vitreoretinopathie (PVR), bei der es zu Gewebewucherung unter oder auf der Netzhaut kommt. Auch diese kann im schlimmsten Fall einen kompletten Verlust der Sehkraft zur Folge haben.

Daher sollten Sie eine Netzhautablösung schnellstmöglich behandeln lassen. Suchen Sie ärztlichen Rat oder verständigen Sie am Wochenende den augenärztlichen Notdienst.

Netzhautablösung: Wie wird die Diagnose gestellt?

Bei Verdacht auf eine Netzhautablösung untersucht der*die Augenarzt*Augenärztin durch eine Augenspiegelung (Ophthalmoskopie) den Augenhintergrund. Dafür muss die Pupille zunächst mit Augentropfen erweitert werden. Mit einem sogenannten Ophtalmoskop können dann alle Bereiche der Netzhaut eingesehen werden.

Dabei zeigen sich je nach Ursache der Netzhautablösung unterschiedliche Veränderungen. Allen Formen der Netzhautablösung gemeinsam ist, dass die Netzhaut bei einer Augenspiegelung nicht durchsichtig erscheint, sondern gelblich-weiß eingetrübt und geschwollen.

Sofern mithilfe der Ophthalmoskopie keine eindeutige Diagnose möglich ist (beispielsweise, weil Glaskörperblutungen ein klares Bild verhindern), kann ein Ultraschall des Auges durchgeführt werden.

Wichtig ist, bei Verdacht auf eine Netzhautablösung an einem Auge immer auch das andere Auge zu untersuchen. Denn in knapp einem Viertel der Fälle liegen beim zweiten Auge bereits kleinere Löcher oder Risse vor, die dann rechtzeitig erkannt und behandelt werden können, damit es nicht zu einer Ablösung der Netzhaut kommt.

Netzhautablösung behandeln

Je nachdem, wie weit die Netzhautablösung bereits fortgeschritten ist, stehen unterschiedliche Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Diese stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

Netzhautablösung: Behandlung mit Laser

Werden bei der Ophthalmoskopie Risse oder Löcher entdeckt, die noch nicht oder nur zu einer geringen Ablösung geführt haben, können diese durch eine Lasertherapie behandelt werden. Dabei handelt es sich um eine sogenannte (Argon‑)Laser-Koagulation.

Im Rahmen dieser Behandlung werden mit dem Laserstrahl punktförmige Herde um den Netzhautdefekt gesetzt, die nach einigen Tagen vernarben und so die Netzhaut "anheften". Vorhandene Löcher oder Risse werden dadurch zwar nicht geschlossen, die Netzhaut kann sich aber nicht weiter ablösen.

Die Laserbehandlung erfolgt in der Regel ambulant. Meist ist danach die Sehschärfe für etwa einen Tag etwas eingeschränkt, weshalb Sie 24 Stunden kein Auto fahren dürfen. Zudem sollten Sie für ungefähr eine Woche starke Erschütterungen – etwa durch Sport – vermeiden, bis die Vernarbung erfolgt ist.

Kryokoagulation: Behandlung mit Kälte

Ist eine Behandlung mittels Laser nicht möglich oder zeigt die Therapie keinen Erfolg, kann als Alternative eine Kryokoagulation durchgeführt werden. Diese funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die Laserbehandlung, nur dass anstelle eines Laserstrahls (also eines Hitzereizes) ein starker Kältereiz durch eine Kältesonde die Vernarbungen an der Netzhaut auslösen und diese somit befestigen soll. Die Verwendung eines Laserstrahls ist für das Auge aber schonender als die Kryokoagulation.

OP zur Behandlung einer Netzhautablösung

Hat sich die Netzhaut bereits abgelöst, ist eine Operation in einer spezialisierten Augenklinik oder der entsprechenden Fachabteilung eines Krankenhauses zwingend notwendig. Dabei kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz: Am häufigsten wird ein Schaumstoffschwämmchen (Silikonschaumplombe) von außen auf die Lederhaut des Auges genäht.

Durch das Einsetzen der Plombe kommt es zu einer Eindellung der Augapfelwand, wodurch der Zug des Glaskörpers reduziert wird und sich die Netzhaut wieder anlegt. Sind verschiedene Stellen von der Ablösung betroffen, kann die Eindellung mit einem Silikonband (Cerclage) erfolgen, das um den Augapfel herum gelegt wird.

Sowohl die Silikonschaumplombe als auch das Silikonband werden durch den Körper in der Regel gut vertragen, sodass sie meist nicht entfernt werden, sondern dauerhaft im Auge bleiben.

In seltenen Fällen muss der Glaskörper operativ entfernt und ersetzt werden (Vitrektomie). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn sich ein Fremdkörper im Glaskörper befindet oder sich dieser durch eine Entzündung eintrübt. Dann wird im Rahmen der Vitrektomie zunächst der Glaskörper entnommen und stattdessen eine schwere Flüssigkeit in das Auge gegeben, die die Netzhaut andrückt. Diese wird anschließend abgesaugt und der Augapfel mit Silikonöl, Ringer-Lösung (einer elektrolythaltigen Infusionslösung) oder einem Luft-Gas-Gemisch gefüllt, was den Glaskörper ersetzt. Silikonöl übt dabei den größten Druck auf die gesamte Netzhaut aus. In der Regel wird es eher bei komplizierten Fällen von Netzhautablösung verwendet.

Verhalten und Sehkraft nach OP

Die Operationen zur Behandlung einer Netzhautablösung können in lokaler Betäubung durchgeführt werden, allerdings kann in einigen Fällen eine Vollnarkose nötig sein. Meist müssen die Betroffenen einige Tage im Krankenhaus bleiben und dürfen etwa vier Wochen lang nicht lesen, um ein "Ruckeln" des Auges durch die schnelle Augenbewegung zu vermeiden.

Wurde bei einer Glaskörperentfernung Gas als Ersatz verwendet, sind Flugreisen einige Monate tabu, da sich das Gas durch die Höhenänderung ausdehnen kann.

Ringer-Lösung und Gas werden durch den Körper natürlicherweise abgebaut. Der Hohlraum füllt sich dann mit körpereigener Flüssigkeit. Bei Silikonöl muss hingegen nach etwa drei bis sechs Monaten ein zweiter Eingriff erfolgen, um dieses wieder aus dem Auge zu entfernen.

Die Sehkraft kann nach der OP noch für einige Tage eingeschränkt sein. Sie kehrt in der Regel aber wieder vollständig zurück. Ausgenommen sind Netzhautablösungen, bei denen auch die Makula, also der Punkt des schärfsten Sehens, betroffen war. In diesen Fällen kann es passieren, dass eine vollständige Heilung nicht möglich ist. Das bedeutet, die Sehkraft kann auch nach einer erfolgreichen OP nicht wieder komplett hergestellt werden.
 

Kann man einer Netzhautablösung vorbeugen?

Leidet man an Diabetes mellitus, sollte man darauf achten, dass dieser passend therapiert wird, um Schäden an den Gefäßen zu vermeiden, die eine Netzhautablösung begünstigen könnten. Dasselbe gilt für Bluthochdruck.

Da das Risiko einer Netzhautablösung mit steigendem Alter zunimmt, sollte man zudem ab 40 Jahren einmal jährlich augenärztliche Kontrolluntersuchungen wahrnehmen. Dann können Vorstufen der Erkrankung im Idealfall rechtzeitig erkannt und behandelt werden.