Mann mit Diabetes mellitus misst Blutzucker in der Küche
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Richtige Ernährung bei Diabetes

Von: Gesundheit-Redaktion, Dagmar Schüller (Medizinredakteurin und Dipl.-Trophologin)
Letzte Aktualisierung: 23.09.2020 - 14:06 Uhr

Bei Diabetes mellitus ist die richtige Ernährung eine wichtige Behandlungsmaßnahme. Grundsätzlich folgt die moderne Diabeteskost den Regeln einer gesunden Ernährung, die auch für Menschen ohne Stoffwechselerkrankung gelten. Aber was heißt das konkret? In vielen Fällen führt eine Ernährungsumstellung und Gewichtsabnahme zu einer deutlichen Verbesserung der Blutzuckerwerte. Frisches Obst, Gemüse und Salat, Hülsenfrüchte, Vollkornreis und -nudeln sowie fettarme Milchprodukte sind die Grundlagen einer richtigen Ernährung für Diabetiker.

Kohlenhydrate und Ballaststoffe

In der täglich verzehrten Nahrung sollte der Anteil an Kohlenhydraten für Diabetiker 45-60 Prozent betragen. Besonders empfehlenswert sind Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst und Getreideprodukte, da sie lange sättigen und reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen sind. Vor allem Diabetiker, die Insulin spritzen, müssen ihre Kohlenhydrate berechnen. Hierfür gibt es die Hilfsgröße Brot-Einheit (BE). Eine BE bedeutet immer 10-12 g Kohlenhydrate. BE-Austauschtabellen erleichtern die Wahl der richtigen BE-Mengen.

Ballaststoffe sind für Diabetiker besonders geeignet, da sie satt machen und nur langsam im Blut anfluten.Täglich sollten etwa mindestens 30 g Ballaststoffe verzehrt werden. Wenn möglich, sollten Menschen mit Diabetes mellitus Nahrungsmittel mit niedrigem glykämischen Index wie Hülsenfrüchte, Hafer oder Vollkornnudeln anstelle von Lebensmitteln mit hohem glykämischen Index verzehren. Der glykämische Index(GI) beschreibt die sofortige Wirkung der Lebensmittel auf den Blutzuckerverlauf. Dabei wird der schnelle Anstieg des Blutzuckers durch Traubenzucker (GI = 100) auf den Blutzucker als Vergleichswert für die Wirkung anderer Lebensmittel herangezogen.

Ernährungstipps bei Diabetes

Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe

Zuckeraustauschstoffe sind süß schmeckende Zuckeralkohole (Kohlenhydrate) und können wie normaler Zucker verarbeitet werden. Ihre Süßkraft beträgt zwischen 40 bis 70 Prozent der des Haushaltszuckers beziehungsweise bei Fruchtzucker circa 150 Prozent. Im Vergleich zu normalem Zucker liefern sie mit 2,4 Kalorien pro Gramm rund halb so viele Kalorien. In größeren Mengen können Zuckeraustauschstoffe abführend wirken – die meisten Menschen vertragen jedoch bis zu 20 g pro Tag ohne Probleme.

Zu den Zuckeraustauschstoffen zählen:

  • Erythrit (E-Nummer 968)
  • Isomalt (E 953)
  • Lactit (E 966)
  • Maltit (E 965)
  • Mannit (E 421)
  • Polyglycitolsirup (E 964)
  • Sorbit (E 420)
  • Xylit (E 967)

Von den Zuckeraustauschstoffen werden Süßstoffe unterschieden: Sie sind chemische Verbindungen mit einer Süßkraft, die um das 30- bis 3.000-fache über der des Haushaltszuckers liegt. Im Gegensatz zu Zucker liefern Süßstoffe keine beziehungsweise nur sehr wenige Kalorien.

Zugelassene Süßstoffe: 

  • Acesulfam-K (E 950)
  • Advantam (E 969)
  • Aspartam (E 951)
  • Acesulfam-Aspartam-Salz (E 951)
  • Cyclamat (E 952)
  • Neohesperidin DC (E 959)
  • Neotam (E 961)
  • Saccharin (E 954)
  • Steviolglycoside “Stevia” (E 960)
  • Sucralose (E 955)
  • Thaumatin (E 957)

Fett ist nicht gleich Fett

Die meisten Menschen nehmen zuviel Fett mit der Nahrung auf. Ein hoher Fettanteil in der Nahrung verzögert allerdings die Aufnahme von Kohlenhydraten. Außerdem ist die Auswahl der richtigen Fette wichtig. Pflanzliche Fette mit einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren bieten den Gefäßen Schutz vor Arteriosklerose und sind günstiger als tierisches Fett. Eine sinnvolle Diabetes-Ernährung besteht daher in der konsequenten Reduktion von gesättigten Fettsäuren in der Nahrung.

  • Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind in Sonnenblumen-, Distel-, Weizenkeim-, Soja- und Maiskeimöl enthalten.
  • Oliven- und Rapsöl haben einen hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren.
  • 1-2 Mal pro Woche Fisch auf den Speiseplan setzen, der ebenfalls ungesättigte Fettsäuren enthält.
  • Fette tierischer Herkunft wie Butter, Milchfett, Speck und Schweinefett sowie das pflanzliche Kokosfett enthalten gesättigte Fettsäuren. Sie beeinflussen die Fettwerte negativ und gelten als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Verzehr von Fleisch und Wurstwaren besser reduzieren.

Nicht zu viel Eiweiß bei Nierenschäden

Wie beim Fettverzehr ist auch die mittlere Eiweißaufnahme in den mitteleuropäischen Ländern zu hoch. Eine hohe Eiweißaufnahme belastet die Nieren. Deshalb sollten insbesondere Menschen mit Diabetes mellitus, die unter Nierenschädenleiden auf ihren Eiweißanteil in der Nahrung achten. Bei Diabetikern mit einer Mikroalbuminurie oder fortgeschrittener Nephropathie sollte die Eiweißaufnahme im unteren Bereich der empfohlenen Werte liegen: 0,8 g/kg Körpergewicht/Tag bzw. 47-48 g/Tag für Frauen und 55-57 g/Tag für Männer.

Alkohol nur in Maßen genießen

Gegen ein Glas Wein oder Bier ab und zu ist auch bei Menschen mit Diabetes mellitus nichts einzuwenden. Diabetiker, die mit Insulin oder insulinotropen Medikamenten behandelt werden, sollten Alkohol am besten nur zusammen mit einem kohlenhydrathaltigen Imbiss konsumieren. Der Grund: Nach Alkoholgenuss wird die Neusynthese von Traubenzucker in der Leber (Gluconeogenese) gehemmt, der Blutzuckerspiegel sinkt ab. Eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) ist sogar am nächsten Vormittag noch möglich.

Messen Sie vor dem Einschlafen noch einmal den Blutzucker, dieser sollte nicht unter 180 mg/dl liegen. Bei zu niederen Werten sollten Sie vor dem Schlafengehen zusätzlich ein bis zwei BE essen. Außerdem sollten Sie am Tag nach dem Alkoholgenuss den Blutzucker häufiger kontrollieren. Durch körperliche Anstrengung werden die Zellen des Körpers gegenüber Insulin empfindlicher, der Blutzucker fällt ab. Die erhöhte Insulinempfindlichkeit hält dabei über mehrere Stunden an. Trinken Sie vor oder nach körperlicher Anstrengung am besten keinen Alkohol.

Einige Getränke wie zum Beispiel Liköre, süße Obstweine, Portwein oder alkoholfreies Bier sind stark zuckerhaltig und lassen den Blutzucker rasch ansteigen. Solche Getränke sollten Sie nach Möglichkeit ganz meiden. Geeignete Getränke sind zum Beispiel Diabetiker-Weine, trockene Weine, Leichtbier oder Branntweine. Außerdem hat Alkohol einen hohen Energiewert (1 g = 7,1 kcal) und liefert somit viele Kalorien. Alkoholkonsum hemmt außerdem den Fettabbau in der Leber, sodass der Körper die überschüssige Energie als zusätzliche Kilos Körpergewicht speichert.

Spezielle Diätprodukte sind unnötig

Spezielle Diätprodukte sind unnötig, da sie teilweise große Fett- und Energiemengen enthalten und oft teurer als reguläre Produkte sind. Zum Süßen der Produkte werden Zuckeraustauschstoffe oder Süßstoffe verwendet. Für die Empfehlung zum Verzehr spezieller Diabetikerprodukte oder Diätprodukte finden sich keine Begründungen.

Fünf Tipps für die Ernährung bei Diabetes mellitus

  1. Die Ernährung sollte eine abwechslungsreiche Vollwertkost enthalten.
  2. Übergewicht sollten Betroffene mit fett- und kalorienarmer Kost abbauen.
  3. Ausreichend trinken, mindestens 1,5 Liter am Tag. Alkohol nur in Maßen, da Hypoglykämien drohen.
  4. Spezielle Diätprodukte sind nicht notwendig. Diese enthalten zwar keinen Zucker, dafür aber oft sehr viele Kalorien.
  5. Körperliche Aktivität hat positive Auswirkungen auf den Diabetes. Diabetiker sollten deshalb möglichst jeden Tag eine halbe Stunde moderate körperliche Aktivität ausüben. Das Ausmaß der Bewegung sollte vom Alter und dem Grad der Fitness abhängen.

Diabetes mellitus: Nährstoffmangel vorbeugen

Was selbst erfahrene Diabetiker meistens nicht wissen: Ihr Körper hat einen erhöhten Bedarf an bestimmten Mikronährstoffen. Eine optimale Versorgung mit diesen Mikronährstoffen kann das Risiko von Folgeschäden, die aufgrund des erhöhten Bedarfs auftreten, senken. Betroffene sollten mit ihrem behandelnden Arzt klären, ob bei ihnen ein Mangel an Mikronährstoffen oder Vitaminen vorliegt und wie sie diesen am besten behandeln können.

  • Diabetiker haben häufig reduzierte Magnesiumspiegel. Bei Insulin-abhängigen Diabetikern, die gleichzeitig an Magnesiummangel litten, kam es häufiger zu Augenschäden. Die erhöhte Rate an Fehlgeburten sowie an Geburtsdefekten bei Müttern mit Diabetes wurde ebenfalls mit Magnesiummangel in Zusammenhang gebracht.
  • Viele Diabetiker haben einen Zinkmangel, was zu einer Beeinträchtigung des Immunsystems führen kann. Daher empfehlen Experten die Einnahme von 15-25 mg Zink täglich.
  • Auch der Vitamin C-Blutspiegel eines Diabetikers ist häufig verringert. Studien zeigten, dass die Einnahme von Vitamin C die Glukosetoleranz verbessern und die Nieren schützen kann.
  • Ähnliche Ergebnisse wurden auch für Vitamin B6 berichtet. Die gemessenen Blutspiegel waren bei Diabetes-Patienten mit Nervenschäden besonders niedrig. Der gleichzeitige Verzehr von Vitamin B1 und B12 wird insbesondere bei Diabetikern mit Neuropathie empfohlen.
  • Im Glukosestoffwechsel spielen Biotin und Coenzym Q10 eine Rolle. Die Einnahme von 9-16 mg Biotin für mindestens 1 Woche konnte in verschiedenen Studien den Nüchternblutzucker von Diabetikern deutlich senken. Eine positive Wirkung auf den Schmerz bei Nervenschädigungen wurde ebenfalls beschrieben. Um einem möglichen Coenzym Q10-Mangel, wie er bei Altersdiabetikern beobachtet wurde, vorzubeugen, raten manche Experten zusätzlich zum Verzehr von 50 mg Coenzym Q10 täglich.

Fasten auch mit Diabetes mellitus möglich?

Viele Menschen wollen während der Fastenzeit bewusst kürzer treten. Meist wird in den Wochen zwischen Fasching und Ostern auf bestimmte Konsum- und Genussgüter wie Fleisch, Alkohol, Nikotin oder Süßigkeiten verzichtet. Grundsätzlich ist Fasten auch für Menschen mit Diabetes möglich, solange sie keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Probleme mit Niere oder Leber haben. Sie müssen beim Fasten jedoch besondere Vorsicht walten lassen: Regelmäßiges Messen des Blutzuckers und eine Anpassung der Therapie sind unumgänglich.

Jede radikale Ernährungsumstellung wirkt sich stark auf die Stoffwechselvorgänge im Körper aus. Insbesondere für Diabetiker, die mit blutzuckersenkenden Mitteln oder Insulin therapiert werden, steigt das Risiko auf Unterzuckerung (Hypoglykämie). Um während des Fastens den Stoffwechsel zu regulieren, muss die Insulindosis oder der oralen Antidiabetika individuell an die Nahrungsaufnahme angepasst werden. Um Risiken auszuschließen, ist eine ärztliche Anleitung und Überwachung der gesamten Fastenkur zu empfehlen.

Menschen mit Diabetes sollten keine strengen Fastenkuren oder Saftkuren ohne feste Nahrung (Nulldiät) durchführen. Schonender ist das Heilfasten, dessen entschlackende und entgiftende Wirkung auf den Körper Krankheiten vorbeugen soll. Zusätzlich sind bei Diabetes Fastenkuren empfehlenswert, die den Körper ausreichend mit Nährstoffen und Mineralstoffen versorgen, wie etwa die Schrothkur (7-Tage-Körner Kur) oder das auch für den Alltag geeignete Basenfasten mit Hülsenfrüchten, Getreide, Obst und Gemüse.