Taubheitsgefühl im Arm
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Taubheitsgefühl in Gesicht, Arm oder Beinen – was steckt dahinter?

Von: Kathrin Mehner (Medizinredakteurin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 14.03.2023 - 10:21 Uhr

Hinter einem Taubheitsgefühl in den Armen, den Beinen, den Füßen oder im Gesicht können verschiedene Ursachen stecken. Oft ist eine mangelnde Durchblutung oder ein abgeklemmter Nerv für die Beschwerden verantwortlich. Aber auch ernste Erkrankungen wie ein Bandscheibenvorfall oder ein Schlaganfall können mit einem Taubheitsgefühl einhergehen. Wir informieren Sie über mögliche Ursachen und geben Tipps, was Sie gegen das taube Gefühl tun können.

Wie entsteht ein Taubheitsgefühl (Hypästhesie)?

Ein taubes Gefühl – medizinisch als Hypästhesie bezeichnet – entsteht durch eine verringerte Sensibilität der Haut. Liegt ein solches Taubheitsgefühl vor, ist der Gefühlssinn gestört und es können auf diesem Weg keine oder nur noch eingeschränkt Informationen über äußere Reize an das Gehirn weitergeleitet werden. Dazu gehören Informationen über Wärme und Kälte, Berührung und Druck, Schmerzen sowie Vibrationen. Ein vollständiger Ausfall des Gefühlssinns wird als Anästhesie bezeichnet.

Die Störung des Gefühlssinns tritt vor allem in den Extremitäten auf. So kommt ein Taubheitsgefühl in den Fingern, den Zehen, den Armen und den Beinen besonders häufig vor. Im Gesicht oder am Rumpf entsteht es dagegen eher selten. Das taube Gefühl kann sowohl einseitig als auch beidseitig auftreten. Häufig wird das Taubheitsgefühl von einem unangenehmen Kribbeln ("Ameisenlaufen") begleitet.

Ursachen: Woher kommt ein Taubheitsgefühl?

Hinter einem Taubheitsgefühl können verschiedenste Ursachen stecken. In einigen Fällen sind diese harmlos, ein immer wiederkehrendes Taubheitsgefühl kann aber auch auf eine ernsthafte Erkrankung hindeuten. Tritt das Symptom häufiger auf, sollte deswegen unbedingt ärztlicher Rat gesucht werden.

Zu den möglichen Ursachen des Taubheitsgefühls gehören unter anderem:

  • Durchblutungsstörungen
  • abgeklemmte Nerven
  • Karpaltunnelsyndrom
  • Polyneuropathie
  • Bandscheibenvorfall
  • Schlaganfall
  • Infektionen
  • Mangelerscheinungen
  • Tumore

Je nach Ursache des Taubheitsgefühls können gleichzeitig auch weitere Symptome auftreten, wie beispielsweise Schmerzen oder motorische Einschränkungen. Im Folgenden werden häufige Ursachen genauer vorgestellt.

Durchblutungsstörungen als Ursache

Bei niedrigen Temperaturen im Winter kann es passieren, dass unsere Hände und Füße zu kalt werden und wir kein Gefühl mehr in ihnen haben. Durch die Kälte ziehen sich die Gefäße zusammen und die Extremitäten werden schlechter durchblutet. Erst bei wärmeren Temperaturen verschwindet das Taubheitsgefühl und die Empfindung kehrt zurück – dieser Prozess wird häufig von einem unangenehmen Kribbeln in den Fingern und Zehen begleitet.

Auch das Einklemmen von Blutgefäßen (beispielsweise durch Sitzen mit übereinandergeschlagenen Beinen oder das Liegen auf einer Hand) kann dazu führen, dass Beine, Hände oder Arme "einschlafen" und im Zuge dessen Gefühlsstörungen auftreten.

Während kältebedingte, kurzfristige Durchblutungsstörungen in der Regel harmlos sind, sollten Sie bei einer Durchblutungsstörung ohne erkenntliche Ursache zeitnah ärztlichen Rat suchen. Dann können Erkrankungen wie Arteriosklerose oder die Raynaud-Krankheit, bei der in erster Linie die Arterien in den Fingern und Zehen betroffen sind, hinter dem Taubheitsgefühl stecken. Auch Durchblutungsstörungen im Gehirn sowie in den Beinen können ein taubes Gefühl auslösen. Durchblutungsstörungen am Herzen machen sich dagegen eher durch Enge im Brustkorb bemerkbar.

Eingeklemmte Nerven als Ursache

Taubheitsgefühle in Armen, Beinen, Händen und Füßen, die durch einen eingeklemmten Nerv verursacht werden, hat wahrscheinlich jeder Mensch schon einmal erlebt: Ähnlich wie beim Einklemmen von Blutgefäßen wird dann durch eine falsche Körperhaltung – beispielsweise beim Sitzen oder Liegen – ein Nerv abgeklemmt und die Reizweiterleitung dadurch gestört. Auch bei einem dadurch ausgelösten Gefühlsverlust spricht man von eingeschlafenen Gliedmaßen.

In der Folge fühlt sich die Hand oder der Arm taub an und kann meist nicht mehr willentlich bewegt werden. Häufig geht ein eingeschlafener Arm oder ein eingeschlafenes Bein mit einem unangenehmen Kribbeln auf der Haut einher. Sobald wir das eingeschlafene Körperteil ein wenig bewegen, verschwindet das taube Gefühl aber in der Regel von selbst wieder. Ist dies nicht der Fall oder tritt die Beschwerde häufiger auf, steckt vermutlich eine andere Ursache dahinter, die ärztlich abgeklärt werden sollte.

Daneben kann ein Taubheitsgefühl in den Fingern und Händen aber auch entstehen, wenn andere Nerven, beispielsweise der Ellennerv, eingeklemmt werden (Ulnartunnel-Syndrom). Dieses Syndrom wird auch als Radfahrerlähmung bezeichnet, da es meist durch das feste Umgreifen des Lenkers verursacht wird.

Zu Verengungen der Nervenkanäle kann es jedoch nicht nur an den Armen, sondern auch an den Beinen kommen. Besonders oft tritt ein eingeklemmter Nerv und das damit verbundene Taubheitsgefühl am Oberschenkel auf. Dies wird als Inguinaltunnel-Syndrom (Leistentunnelsyndrom) beziehungsweise als Jeanskrankheit bezeichnet. Dabei wird durch Übergewicht, aber auch durch zu enge Kleidung, der Oberschenkelhautnerv geschädigt. Je nach Stadium des Syndroms kommen eine medikamentöse, eine physikalische oder eine operative Therapie infrage.

Karpaltunnelsyndrom steckt häufig hinter tauben Fingern

Kommt es in den Fingern zu einem ständig wiederkehrenden Taubheitsgefühl und einem unangenehmen Kribbeln, steckt oft ein Karpaltunnelsyndrom hinter den Beschwerden. Dabei wird der Mittelhandnerv beim Durchtritt durch den Handwurzelkanal eingeengt. Die Ursachen eines Karpaltunnelsyndroms können vielfältig sein, beispielsweise zählen knöcherne Fehlstellungen nach Frakturen oder Sehnenscheidenentzündungen dazu. Oft lässt sich aber auch keine direkte Ursache ermitteln. Durch das Tragen einer speziellen Schiene kann das Taubheitsgefühl in den Fingern meist behoben werden. Tritt keine Besserung ein, erfolgt eine operative Behandlung.

Polyneuropathie als Ursache des Taubheitsgefühls

Unter einer Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems zu verstehen, die mit Missempfindungen und Taubheitsgefühlen – häufig in den Händen und Füßen – einhergeht. Diese werden durch gereizte, entzündete oder geschädigte Nervenbahnen ausgelöst. Je nach Ursache der Erkrankung kann es zu weiteren Symptomen kommen, häufig tritt beispielsweise auch eine Muskelschwäche auf.

Eine Sonderform ist die diabetische Polyneuropathie, die unterschiedliche Nervenbereiche betreffen kann. Neben Diabetes kann eine Polyneuropathie unter anderem auch durch chronischen Alkoholmissbrauch, Vergiftungen oder Infektionen entstehen.

Eine weitere Sonderform ist das sogenannte Guillain-Barré-Syndrom. Dabei kommt es in kurzer Zeit zu Symptomen wie Schmerzen und Lähmungserscheinungen. So kann es passieren, dass Betroffene plötzlich kein Gefühl mehr in den Beinen haben. Hinter diesem Symptom kann allerdings auch ein Bandscheibenvorfall stecken.

Ist eine Polyneuropathie die Ursache der Gefühlsstörungen, richtet sich die Behandlung nach der jeweiligen Form der Erkrankung.

Taubheitsgefühl in den Beinen häufig durch Bandscheibenvorfall

Bei einem Bandscheibenvorfall können durch Druck auf die Nervenwurzel starke Schmerzen im jeweiligen Versorgungsgebiet des Nervs entstehen. Häufig werden diese von Kribbeln oder einem Taubheitsgefühl im Lendenbereich oder den Beinen begleitet. Es kann darüber hinaus zu Lähmungen in den Beinen, Füßen oder im Extremfall von Blase und Darm kommen. Treten solche Symptome auf, sollte immer ein*e Arzt*Ärztin aufgesucht werden. Dann wird untersucht, ob es sich tatsächlich um einen Bandscheibenvorfall handelt und entschieden, ob dieser konservativ oder durch eine Operation behandelt werden sollte. Letztere ist jedoch meist nur in schweren Fällen nötig.

Neben einem Bandscheibenvorfall können auch andere Probleme im Bereich der Wirbelsäule, besonders im Bereich der Halswirbelsäule, für ein Taubheitsgefühl sorgen. Meist tritt die Beschwerde dann gemeinsam mit einem unangenehmen Kribbeln in den betroffenen Gliedmaßen auf. Deswegen sollten Sie bei anhaltenden Gefühlsstörungen unbedingt daran denken, sich orthopädisch untersuchen zu lassen.

Schlaganfall als Ursache einseitiger Taubheitsgefühle

Bei einem Schlaganfall wird das Gehirn nicht mehr mit ausreichend Blut und somit auch nicht mehr mit genügend Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Da der betroffene Bereich seiner Funktion nicht mehr nachkommen kann, treten verschiedene Störungen auf. Zu diesen können auch nervale Ausfälle gehören.

Durch solche Ausfälle kann es passieren, dass sich Arme oder Beine taub anfühlen und nicht mehr bewegt werden können. Typischerweise treten die Taubheitsgefühle einseitig auf, betreffen also nur eine Hälfte des Gesichts oder den rechten oder linken Arm. Weitere Symptome, die auf einen Schlaganfall hindeuten können, sind Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Seh- und Sprachstörungen sowie halbseitige Lähmungserscheinungen. Liegt der Verdacht nahe, dass ein Schlaganfall vorliegt, sollten Sie umgehend den Notruf verständigen.

Infektionen als Auslöser

Verschiedenste Infektionen mit Bakterien oder Viren können ein taubes Gefühl im Körper auslösen. Zu solchen Infektionen gehören beispielsweise Gürtelrose oder Borreliose. Je nach Art und Schweregrad der Infektion werden entsprechende Medikamente verordnet. Bakterielle Infektionen werden in der Regel mit Antibiotika behandelt.

Mangelerscheinungen als Auslöser

Schließlich kann auch ein Vitamin-B12-Mangel ein Taubheitsgefühl, das häufig auf der Zunge auftritt, auslösen. Daneben kann es in diesem Fall auch an den Händen und Füßen zu Empfindungsstörungen kommen. Denn Vitamin B12 ist für unser Nervensystem von entscheidender Bedeutung und ein Mangel kann zu Störungen im zentralen Nervensystem führen. Neben dem Taubheitsgefühl können sich bei einem solchen Mangel auch Symptome wie Blässe, Müdigkeit und Konzentrationsprobleme bemerkbar machen.

Auch Magnesium trägt zu einer gesunden Funktion des Nervensystems bei. Ein ausgeprägter Magnesiummangel kann sich deshalb ebenfalls in Form eines Taubheitsgefühls oder eines Kribbelns in Armen und Beinen bemerkbar machen.

Taubheitsgefühle als Nebenwirkung von Medikamenten

In seltenen Fällen können auch bestimmte Medikamente Missempfindungen wie ein taubes Gesicht oder taube Hände sowie ein Kribbeln auslösen. Dazu gehören unter anderem Statine, ACE-Hemmer oder Calcium-Antagonisten. Wurden Medikamente eingenommen und kommt es daraufhin zu Taubheitsgefühlen oder Kribbeln, sollte der Beipackzettel kontrolliert und gegebenenfalls ärztlicher oder pharmazeutischer Rat eingeholt werden.

Häufige Auslöser von Kribbeln und Taubheitsgefühlen im Gesicht

Ein Kribbeln und/oder Taubheitsgefühl im Kopf oder im Gesicht ist oft Vorbote eines Migräneanfalls. Daneben kann ein solches komisches Gefühl im Gesicht aber auch auf Durchblutungsstörungen und Tumore im Gehirn sowie auf Angst- oder Panikattacken hindeuten. Im Gesicht kann ein Taubheitsgefühl zudem durch Verbrennungen oder Erfrierungen hervorgerufen werden. Auch Multiple Sklerose (MS) kann unter Umständen zu einem tauben Gefühl im Gesicht, aber auch in den Armen oder Beinen führen.

Generell können Störungen der Gesichtsnerven Taubheitsgefühle auslösen. Diese treten dann oftmals einseitig auf, da meist nicht alle Gesichtsnerven betroffen sind. Ein weiterer möglicher Grund für einseitige Taubheitsgefühle im Gesicht ist die Gesichtslähmung (Fazialisparese). Empfindungsstörungen wie eine taube Wange können dann erste Warnsignale sein. Ursächlich für eine Gesichtslähmung sind Schädigungen des siebten Gesichtsnervs. Weitere Symptome sind ein gestörter Lidschluss, hängende Mundwinkel sowie Störungen des Speichel- und Tränenflusses.

Diagnose und Therapie von Taubheitsgefühlen

Bei der Diagnose ist zunächst entscheidend, wo, seit wann und in welchen Situationen das Taubheitsgefühl auftritt, ob es einseitig oder beidseitig vorkommt und ob es seit dem ersten Auftreten anhält oder von selbst wieder verschwindet. Um mögliche Nervenschädigungen festzustellen, prüft der*die Arzt*Ärztin die Reflexe sowie verschieden Sinnesleistungen – beispielsweise das Gehör und das Sehen. Besteht ein erster Verdacht, können weitere Untersuchungen nötig werden.

Generell ist die Therapie von Taubheitsgefühlen sehr stark von der Ursache abhängig. Wie bereits erwähnt, kann bei einem Karpaltunnelsyndrom das Tragen einer Schiene helfen, bei einem Bandscheibenvorfall eine physiotherapeutische Behandlung. Es ist also sehr wichtig, den Auslöser der Beschwerden zu identifizieren. Kommt es nur gelegentlich zu Beschwerden und hängen diese sicher mit Faktoren wie Kälte oder einer falschen Sitzhaltung zusammen, muss in der Regel kein ärztlicher Rat gesucht werden. Bei unklaren Ursachen oder wenn die Beschwerden sehr häufig auftreten oder sehr stark sind, sollte aber medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden.

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