Arzt zeigt Herzklappen am Modell
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Herzklappen: Aufbau und Herzklappenfehler

Von: Constantin Weichert (Arzt)
Letzte Aktualisierung: 02.06.2021 - 12:14 Uhr

Das Herz ist die Pumpe, die den menschlichen Körper am Laufen hält. Das 300 Gramm schwere und etwa faustgroße Organ sorgt dafür, dass alle Organe unseres Körpers mit ausreichend Blut versorgt werden. Dafür schlägt es etwa 100.000-mal am Tag. Bis zu einem Alter von 70 Jahren kommen so knapp 2,5 Milliarden Schläge zusammen. Fünf bis sechs Liter Blut werden pro Minute durch den Körper gepumpt. Damit das Herz diese Höchstleistungen zuverlässig erbringen kann, ist seine Anatomie (Aufbau) entscheidend. Es besteht zum größten Teil aus Muskulatur und wird in vier Kammern unterteilt, die perfekt aufeinander abgestimmt arbeiten. Damit das Blut zum richtigen Zeitpunkt in die richtige Richtung fließt, sind kleine, zarte Strukturen unerlässlich: die Herzklappen. Sie sind die Ventile des Herzens und entscheidend für dessen Funktion.

Wie viele und welche Herzklappen hat ein Mensch?

Insgesamt gibt es vier Herzklappen. Davon liegen zwei zwischen den Vorhöfen und den Kammern des Herzens, die anderen beiden befinden sich vor den großen Gefäßen, die vom Herzen wegführen, die Pulmonalvene und die Aorta. Die beiden Klappen zwischen Vorhöfen und Kammern werden als Trikuspidal- und Mitralklappe bezeichnet. Es handelt sich um sogenannte Segelklappen.

Die beiden Herzklappen vor den großen Gefäßen werden nach selbigen benannt und daher als Pulmonalklappe und Aortenklappe bezeichnet. Diese beiden Herzklappen werden als Taschenklappen bezeichnet. Diesen Begriff verdanken sie – ähnlich wie die Segelklappen – ihrem Aufbau. Die Bestandteile der Segelklappen erinnern in ihrer Form eher an gespannte Segel, während die der Taschenklappen Ähnlichkeit zu Taschen aufweisen.

Das sind die Besonderheiten der vier Herzklappen:

  1. Trikuspidalklappe: Sie befindet sich zwischen dem rechten Herzvorhof und der rechten Herzkammer. Ihren Namen verdankt sie ihrem Aufbau. Sie besteht aus drei (lat.: tri) Zipfeln oder Segeln (lat.: cuspis). Durch sie fließ das sauerstoffarme Blut vom Vorhof in die Kammer.
  2. Mitralklappe: Sie befindet sich zwischen linkem Herzvorhof und linker Herzkammer. Ihre Namensgebung ist auf ihr Aussehen zurückzuführen: Ihre Form erinnert an die Mitra, Kopfbedeckung von Bischöfen in vielen christlichen Kirchen. Sie trägt aber noch einen zweiten Namen: Analog zur Trikuspidalklappe wird sie auch als Bikuspidalklappe bezeichnet, da sie aus nur zwei (lat.: bi) Segeln besteht. Durch sie fließt sauerstoffreiches Blut vom linken Vorhof in die linke Kammer.
  3. Pulmonalklappe: Sie liegt zwischen rechter Herzkammer und Pulmonalvene. Das sauerstoffarme Blut wird durch sie hindurch in Richtung Lunge gepumpt. Sie gehört zu den Taschenklappen und besteht aus drei Klappentaschen.
  4. Aortenklappe: Sie markiert den Übergang vom Herzen zum Körperkreislauf. Hier startet das Blut seine Reise durch die Blutgefäße des Körpers. Sie ist ebenfalls eine Taschenklappe besteht in der Regel auch aus drei Klappentaschen.

Aufbau der Herzklappen

Herzklappen sind anatomisch gesehen Teil des Endokards (Herzinnenhaut). Es handelt sich dabei um eine sehr dünne Haut (0,5 bis 1 Millimeter), die das Herz von innen auskleidet. Sie besteht einer einlagigen Zellschicht, dem sogenannten Endothel. Darunter befinden sich verschiedene Lagen aus kollagenem und elastischem Bindegewebe.

Die Segel und Taschen der Klappen selbst sind frei von Blutgefäßen. Das bedeutet, dass sie keine eigene Blutversorgung besitzen, sondern durch das vorbeiströmende Blut ernährt werden. Solche Gewebe werden auch als bradytroph (von griechisch brados = langsam und trophe = Ernährung) bezeichnet. Neben den Herzklappen sind auch Knorpel, Bänder, Augenlinse, Hornhaut und Narbengewebe im menschlichen Körper bradytroph.

Funktion der Herzklappen

Die Herzklappen funktionieren wie Ventile, die das Blut in eine Richtung passieren lassen, einen Rückstrom allerdings verhindern. Dabei steht die Öffnung der jeweiligen Klappen unmittelbar im Zusammenhang mit der Herzaktion. Es handelt sich nicht um ein aktives Öffnen und Schließen der Klappen, wie zum Beispiel beim Öffnen einer Tür. Vielmehr werden die Herzklappen passiv durch die Druckverhältnisse geöffnet und geschlossen.

Zum besseren Verständnis betrachtet man die beiden Phasen der Herzaktion – Systole (Auswurfphase) und Diastole (Füllungsphase) – am besten getrennt.

  • Zu Beginn der Systole spannt sich der Herzmuskel an, so erhöht sich der Druck in den Kammern und übersteigt irgendwann den Druck in den Vorhöfen, wodurch die Segelklappen schließen. Dies verhindert einen Rückstrom des Blutes von den Kammern in die Vorhöfe.
  • Für einen Augenblick sind alle vier Klappen geschlossen, bis der Druck in den Kammern so groß wird, dass die Taschenklappen (Pulmonal- und Aortenklappen) aufgrund des großen Drucks öffnen. Nun kann das Blut aus den Kammern in die Aorta und die Pulmonalvene fließen. In dieser Zeit sind die Segelklappen weiterhin geschlossen. Ihr "Durchschlagen" in die Vorhöfe wird durch die Papillarmuskeln verhindert, die über die sogenannten Sehnenfäden (Chordae tendineae) mit den Segeln der Segelklappen verbunden sind.
  • Durch das Ende der Kontraktion im Zuge der Diastole sinkt der Druck in den Kammern wieder, bis er niedriger ist als in der Pulmonalvene beziehungsweise Aorta. Ist dieser Punkt erreicht, schließen sich die Taschenklappen wieder.
  • Auch hier sind für Bruchteile einer Sekunde wieder alle vier Herzklappen geschlossen. Sinkt der Kammerdruck noch weiter, unter den in den Vorhöfen, öffnen sich die Segelklappen und Blut strömt von den Vorhöfen in die Kammern ein.
  • Nun kommt es erneut zur Kontraktion des Herzmuskels und damit beginnt eine neue Herzaktion.

Erkrankungen der Herzklappen

Meist handelt es sich bei Herzklappenerkrankungen um Krankheiten, die im Laufe des Lebens auftreten. Sie werden daher auch als erworben bezeichnet. Dabei steigt die Häufigkeit mit dem Alter deutlich an. Bei den 55-Jährigen sind etwa 2 Prozent betroffen, bei den über 75-Jährigen schon 13 Prozent. Dabei erkranken Männer etwa dreimal häufiger an Herzklappendefekten als Frauen.

Grundsätzlich lassen sich zwei große Gruppen von Problemen mit den Herzklappen unterscheiden:

  • Herzklappenstenosen: Dabei ist die Öffnung der Herzklappen verengt. Das bedeutet, dass weniger Blut hindurchfließen kann als normalerweise. Die Aortenklappenstenose ist der häufigste behandlungsbedürftige Herzklappenfehler überhaupt. Sie kommt häufig bei älteren Menschen vor, die eine verkalkte Herzklappe aufweisen.
  • Herzklappeninsuffizienzen: Hierbei ist eine Herzklappe undicht und schließt nicht richtig. Der Rückstrom des Blutes wird also nicht zuverlässig verhindert. Stattdessen fließt mehr oder weniger Blut in die "falsche" Richtung. Die Mitralklappeninsuffizienz kommt am häufigsten vor, ist aber seltener behandlungsbedürftig als die Aortenklappenstenose. Die Aortenklappeninsuffizienz ist der insgesamt dritthäufigste Herzklappenfehler.

Erkrankungen der Pulmonal- oder Trikuspidalklappe sind sehr selten. Dies liegt daran, dass im rechten Herzen deutlich niedrigere Druckverhältnisse herrschen und die Belastung der Klappen damit geringer ist.

Einen Sonderfall stellt der Mitralklappenprolaps dar. Es handelt sich um eine meist angeborene Fehlfunktion der Mitralklappe, bei der sich Anteile während der Systole in den linken Vorhof vorwölben (prolabieren). Knapp 3 Prozent der Menschen weisen diese Abnormalität auf, meist verursacht sie jedoch keine Beschwerden und muss nur selten behandelt werden.

Ursache von Herzklappenerkrankungen

Mit Abstand am häufigsten werden Herzklappenerkrankungen durch Abnutzung und Verkalkung im Laufe des Lebens verursacht. Herzklappen werden im Laufe der Jahre durch das ständig vorbeiströmende Blut einer erheblichen Belastung ausgesetzt. Dies kann degenerative Schäden (Verschleißschäden) verursachen.
In nur etwa 10 Prozent der Fälle sind angeborene Herzklappenfehler oder Anlagefehler Ursache für eine defekte Herzklappe. Hier ist vor allem die bikuspide Aortenklappe zu nennen, die statt drei nur zwei Taschen besitzt. Bikuspide Aortenklappen sind früher von degenerativen Schäden betroffen als solche mit drei Taschen.

Darüber hinaus kommen Infektionen oder metabolische Ursachen infrage, also Stoffwechselprozesse. Herzklappenerkrankungen können zum Beispiel Folge eines Herzinfarktes sein. Auch Entzündungen des Herzmuskels (Myokarditiden) oder Entzündungen des Endokards (Endokarditiden) können die Herzklappen schädigen. Mitralklappenstenosen waren vor allem früher häufig Folge eines rheumatischen Fiebers, ausgelöst durch Streptokokken. Heutzutage werden Streptokokkeninfektionen aber frühzeitig mit Antibiotika behandelt und das rheumatische Fieber ist selten geworden.

Folgen von Herzklappenfehlern

Egal ob Stenose oder Insuffizienz, eine Erkrankung der Herzklappen führt zu einer Belastung des Herzmuskels, da das Herz nicht mehr so effizient wie gewohnt arbeiten kann. Bei einer Stenose muss mehr Druck aufgebaut werden, um die gleiche Menge Blut durch eine kleinere Öffnung zu pressen. Dies wird als Druckbelastung bezeichnet. Im Falle einer Insuffizienz ist das Volumen in Kammer oder Vorhof durch das zurückströmende Blut erhöht, was als Volumenbelastung bezeichnet wird.

Die Folge ist in beiden Fällen eine Vergrößerung des Herzens (Hypertrophie), die mit der Zeit zu einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) führen kann.

Symptome von Erkrankungen der Herzklappen

Leichte Formen der Herzklappenfehler verursachen häufig keine Symptome oder erst dann, wenn der Körper besonders beansprucht wird (zum Beispiel durch einen Infekt, Sport etc.). Dann kommt es zu unspezifischen Symptomen wie:

Eine länger bestehende, unbehandelte Erkrankung der Herzklappen kann dann zu den Symptomen einer Herzschwäche führen. Dazu gehören unter anderem Kurzatmigkeit, Luftnot und Wassereinlagerung in den Beinen.

Diagnostik von Herzklappenerkrankungen

Neben der Befragung der Betroffenen Person nach Symptomen (Anamnese) ist die körperliche Untersuchung, insbesondere das "Abhören" mit dem Stethoskop, ein wichtiger erster Schritt. Fließt das Blut durch eine zu kleine Öffnung oder kommt es zu einem Rückstrom, verursacht das Herzgeräusche, die bei normalen Strömungsverhältnissen nicht zu erwarten sind. Dies kann erste Hinweise auf eine Erkrankung der Herzklappen geben.

Der zweite Schritt ist in der Regel eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie). Hier können Stenose und Insuffizienzen sichtbar gemacht und ihre Schwere eingeschätzt werden. Ergänzend werden meist Röntgenbilder des Brustkorbs (Thorax) und eine EKG angefertigt sowie Laboruntersuchungen vorgenommen.

Behandlung von Herzklappenfehlern

Herzklappenerkrankungen werden meist operativ behandelt. Symptomatisch kann die daraus entstehende Herzinsuffizienz auch mit Medikamenten behandelt werden. Dies ist dann notwendig, wenn eine OP nicht oder nicht unmittelbar möglich ist. Hier kann teilweise auch eine Verdünnung des Blutes notwendig sein, um die Strömungsverhältnisse zu verbessern. Außerdem kann es sinnvoll sein, mithilfe von Antibiotika einer Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) vorzubeugen.

Diese Therapieansätze beseitigen allerdings das eigentliche anatomische Problem nicht. In einem Großteil der Fälle wird eine Operation notwendig.

Herzklappen-OP: So erfolgt die Operation

Die OP bei Herzklappenerkrankungen ist eine Operation am offenen Herzen. Sie erfolgt mit Herz-Lungen-Maschine und geht mit einem nicht unerheblichen Risiko für OP-Komplikationen einher. Die OP-Dauer beträgt zwischen zwei und drei Stunden. Betroffene sollten in Bezug auf ihren körperlichen Zustand ausreichend fit sein, um eine solche OP überstehen zu können.

Auch die anschließende Erholungsphase nimmt einige Zeit in Anspruch. Die Reha nach einer Herzklappen-Operation dauert in der Regel drei bis vier Wochen und dient dem langsamen Aufbau der Leistungsfähigkeit.

Grundsätzlich existieren für die OP zwei Ansätze: Die kaputte Klappe kann rekonstruiert oder ersetzt werden. Die Rekonstruktions-OP ist mit einer etwas niedrigeren Sterberate verbunden als die Herzklappenersatz-OP, daher wird die Rekonstruktion in vielen Krankenhäusern bevorzugt. Allerdings haben rekonstruierte Klappen ein erhöhtes Risiko für erneute Stenosen oder Insuffizienzen als ersetzte Klappen.

Herzklappenersatz: Biologische oder künstliche Herzklappe?

Wird eine Herzklappe ersetzt, gibt es zwei verschiedene Optionen:

  • Künstliche Herzklappe (mechanische Klappenprothese): Besteht aus künstlichem Material (Carbon und Polyester) und zeichnet sich durch eine lange Haltbarkeit aus. Allerdings ist in der Folge eine lebenslange Blutverdünnung notwendig.
  • Biologische Herzklappe: Es handelt sich um Herzklappen aus Schweine- oder Rindergewebe, die auf einem Metallgerüst montiert sind. Das Gewebe wurde speziell behandelte, um eine Abstoßungsreaktion durch das Immunsystem auszuschließen. Eine Immunsuppression ist in der Folge genauso wenig nötig wie eine Blutverdünnung. Allerdings ist die Haltbarkeit von biologischen Klappen mit im Durchschnitt 12 Jahren kürzer.

Eine Alternative zur sehr belastenden Herzklappen-OP bei Aortenklappenstenose stellt insbesondere bei älteren Betroffenen der kathetergestützte Klappenersatz dar. Er wird als TAVI (transcatheter aortic valve implantation) bezeichnet. Hierbei wird die kaputte Klappe mithilfe eines Ballons dilatiert (durch Ausdehnung des Ballons zur Seite gedrängt) und durch eine biologische Klappe ersetzt.

Eine andere Option stellt die alleinige Ballondilatation dar, bei der die alte Klappe zwar dilatiert wird, allerdings keine neue Herzklappe eingesetzt wird. Die Ergebnisse dieser Variante sind in der Regel wenig zufriedenstellend. Daher beschränkt sich ihr Einsatz auf die palliative Anwendung oder ist zur Überbrückung bis zur definitiven OP geeignet.

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