Ernährung nach Magenentfernung
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Essen und Trinken nach Magenentfernung: Ernährung ohne Magen

Von: Dr. rer. med. Angela Jordan (Diplom-Oecotrophologin)
Letzte Aktualisierung: 27.09.2018 - 15:15 Uhr

Durch eine vollständige aber auch teilweise Entfernung des Magens (Gastrektomie) treten im Verdauungstrakt zahlreiche Veränderungen auf, die mehr oder minder schwere Beschwerden bei dem Betroffenen auslösen können. Die meisten Probleme können aber durch kleine Umstellungen des Ernährungsverhaltens behoben werden. Welche Regeln gelten beim Essen und Trinken nach einer Magenentfernung? Wie sieht die Ernährung ohne Magen aus, ist Alkohol erlaubt und was ist noch zu beachten?

Magenkrebs als häufigste Ursache der Magenentfernung

Die häufigste Ursache für die Entfernung des Magens (Gastrektomie) ist der Magenkrebs. Am Magenkarzinom erkranken in Deutschland jährlich etwa 15.000 Menschen. Eine wichtige Behandlungsmaßnahme ist die Operation mit vollständiger Entfernung des bösartigen Anteils. Dabei wird je nach Ausdehnung des Magenkrebses ein mehr oder weniger großer Teil des Magens (partielle oder totale Gastrektomie) entfernt.

Beschwerden beim Essen und Trinken nach Magenentfernung

Viele Betroffene entwickeln nach der Operation mehr oder minder schwere Ernährungsprobleme. In der Regel nehmen die Probleme mit zunehmendem Abstand zur Operation ab, denn der Organismus kann sich zumindest teilweise auf die veränderten Gegebenheiten einstellen.

Oberbauchbeschwerden

Nach der Nahrungsaufnahme kann es infolge des aufgehobenen Magen-Reservoirs zu Oberbauchbeschwerden wie Völlegefühl, Übelkeit, Aufstoßen und Sodbrennen kommen. Da der Verschluss zur Speiseröhre hin fehlt, klagen viele Patienten über Sodbrennen ausgelöst durch den Rückfluss des Nahrungsbreis in die Speiseröhre (Reflux). Dies ist vor allem ausgeprägt im Liegen.

Frühdumpingsyndrom

Da der Pförtner am ehemaligen Magenausgang fehlt, kommt es häufig zu einer Sturzentleerung ("Dumping") der Nahrungsbestandteile in tiefere Dünndarmabschnitte. Dies wird besonders durch süße, salzige oder hochkonzentrierte Nahrung ausgelöst. Die große Menge an Nährstoffen wird dabei zu einem Flüssigkeitseinstrom aus dem Blutkreislauf in das Darminnere, dadurch kann es zu Füllungsschmerzen, Schwindel und Kreislaufsymptomen kommen.

Durch den beschleunigtem Speisentransport treten außerdem oftmals Durchfälle auf. Dieses so genannte "Frühdumpingsyndrom" tritt gewöhnlich ca. 20 - 30 Min. nach der Mahlzeit auf.

Spätdumpingsyndrom

Treten ca. 1,5 - 3 Std. nach der Mahlzeit Beschwerden wie Benommenheit, Heißhunger, Schwitzen und Pulsbeschleunigung auf, so handelt es sich vermutlich um ein "Spätdumpingsyndrom“. Hierzu kommt es, wenn größere Mengen stark zuckerhaltiger Speisen und Getränke verzehrt werden. Die schnelle Zuckeraufnahme im Dünndarm führt zu einer überschießenden Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) in den Blutkreislauf, die nachfolgend eine Unterzuckerung hervorrufen kann.

Mangel an wichtigen Nährstoffen

Einige Patienten können Fette nicht mehr so gut verdauen. Sie leiden dann unter so genannten Fettstühlen (Steatorrhö). Werden die Fette mit dem Stuhl ausgeschieden, fehlen diese als wichtige Energiequelle.

Außerdem kann es zu einem Mangel an fettlöslichen Vitaminen und essentiellen Fettsäuren kommen. In der Magenwand wird ein Kofaktor (Intrinsic Faktor) gebildet, der zur Aufnahme von Vitamin B12 benötigt wird. Die fehlende Bildung des Intrinsic Faktors nach Magenentfernung führt zu einem Vitamin B12 -Mangel, der eine Anämie (Blutarmut) zur Folge hat. Vitamin B12 muss deshalb regelmäßig gespritzt werden. Des Weiteren können Vitamin D, Calcium, Folsäure und Eisen kritisch sein.

Ernährung: Es geht auch ohne Magen!

Zweifelsohne hat der Magen wichtige Aufgaben bei der Verdauung unserer Nahrung. Doch auch, wenn der Magen entfernt wurde, kann die Verdauung stattfinden. Führt man sich die Veränderungen im Verdauungstrakt vor Augen, die mit der Magenentfernung auftreten, so können einige Umstellungen im Ernährungsverhalten Abhilfe bei den meisten Beschwerden schaffen.

  1. Grundsätzlich können Sie alles essen, was Sie vertragen und wozu Sie Lust haben. Probieren Sie es selbst aus und lassen Sie sich den Genuss des Essens nicht verderben.
  2. Da der Magen als Reservoir für die Nahrung fehlt, sollte diese Funktion durch die Häufigkeit der Mahlzeiten gesteuert werden. Essen Sie lieber viele kleine (6-8 oder mehr), statt 2-3 große Mahlzeiten.
  3. Essen Sie langsam und kauen Sie gründlich. Bedenken Sie, dass Ihr Magen die Funktion der Durchmischung und Zerkleinerung nicht mehr übernehmen kann.
  4. Trinken Sie nur wenig zu den Mahlzeiten, sondern eher zwischen den Mahlzeiten, um ein frühzeitiges Sättigungsgefühl zu vermeiden. Achten Sie aber insgesamt auf eine ausreichende Trinkmenge von mindestens 1,5 Litern.
  5. Ernähren sie sich eiweißreich und fettarm. Bevorzugen Sie deshalb mageres Fleisch und Fisch, magere Wurstsorten (z. B. Geflügelwurst, Kochschinken, roher Schinken ohne Fettrand, Corned Beef), magere Milch- und Milchprodukte.
  6. Meiden Sie größere Mengen zuckerreicher Speisen und Getränke wie z. B. Süßigkeiten, Marmelade, Kuchen und Limonaden. Diese Produkte führen leichter zu einem Dumpingsyndrom (Sturzentleerung). Verwenden Sie anstatt Zucker besser Süßstoff. Testen Sie eventuell Diabetikerprodukte als Ersatz für Süßigkeiten aus.
  7. Manche Lebensmittel können in der Anfangsphase Unverträglichkeiten hervorrufen: blähende Obst- und Gemüsesorten (Trockenobst, Kohlsorten und Hülsenfrüchte), Milch, frittierte Speisen, kohlensäurehaltige Getränke, scharfe Gewürze, zu heiße oder zu kalte Speisen. Testen Sie bei diesen Lebensmitteln vorsichtig die individuelle Verträglichkeit aus.
  8. Trinken Sie Alkohol mit Vorsicht, möglicherweise reagiert Ihr Körper durch die veränderte Situation anders als Sie es gewohnt sind.
  9. Eine Aufgabe der Magensäure ist die Abtötung schädlicher Keime in der Nahrung. Da diese Funktion wegfällt, achten Sie auf eine hygienische Verarbeitung der Speisen und bewahren Sie Reste immer abgedeckt im Kühlschrank auf, um die Aufnahme von schädlichen Keimen möglichst gering zu halten.
  10. Lassen Sie regelmäßig Vitamin D, Calcium, Folsäure und Eisen kontrollieren und nehmen Sie diese bei Bedarf als Ergänzung ein.
  11. Denken Sie daran, dass vierteljährlich Vitamin B12 vom Hausarzt gespritzt wird.

Bei den meisten Patienten können die genannten Ratschläge Abhilfe bei bestehenden Beschwerden schaffen. Manchmal ist aber eine darüber hinaus gehende individuelle Beratung erforderlich. Ziehen Sie hierzu eine/n qualifizierte/n Ernährungsberater/in zu Rate.