Medikamente als Dickmacher
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Gewichtszunahme durch Medikamente: Was tun?

Von: Dr. med. Jana Wittkowski (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 10.07.2019 - 14:23 Uhr

Die Weihnachtsfeiertage, das gute Essen im Urlaub oder der innere Schweinehund – oftmals ist der Grund für das ein oder andere zusätzliche Kilo auf der Waage offensichtlich. Doch wenn die Hose kneift, obwohl man Ernährung und Gewohnheiten nicht verändert hat, steckt möglicherweise ein Arzneimittel dahinter. Denn einige Wirkstoffe können als Nebenwirkung eine Gewichtszunahme verursachen. Wir erklären, wie es zu einer Gewichtszunahme durch Medikamente kommen kann und welche Tabletten dick machen können.

Warum kommt es zur Gewichtszunahme durch Medikamente?

Verschiedene Mechanismen können Ursache für eine Gewichtszunahme unter Medikamenteneinnahme sein: Häufig führt ein gesteigerter Appetit als Nebenwirkung zu einer erhöhten Kalorienaufnahme.

Zudem können einige Wirkstoffe Mundtrockenheit oder vermehrten Durst verursachen. Werden deshalb vermehrt kalorienhaltige Getränke aufgenommen, kann dies eine Gewichtszunahme begünstigen.

Weiterhin kann es bei Einnahme mancher Arzneimittel zu Wassereinlagerungen kommen, wodurch das Gewicht ansteigt. Auch eine direkte Wirkung bestimmter Medikamente auf den Energiestoffwechsel kann das Gewicht beeinflussen. Häufig ist jedoch die genaue Ursache für die Gewichtszunahme nicht geklärt.

Welche Medikamente machen dick?

Medikamente wirken bei jedem Menschen anders – das Auftreten von Nebenwirkungen ist individuell verschieden und zudem von der Dosierung abhängig. Auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten können eine Rolle spielen.

Eine Liste von Tabletten, die dicker machen, gibt es daher nicht. Dennoch gibt es einige Wirkstoffgruppen, bei denen eine Gewichtszunahme häufig beobachtet wird. Hierzu zählen unter anderem:

Kortison lässt Gewicht steigen

Medikamente mit kortisonähnlichem Wirkstoff können auf verschiedenen Wegen zu einer Gewichtszunahme führen: Zum einen wirkt Kortison appetitanregend. Zum anderen kann es zu Wassereinlagerungen (Ödemen) kommen, die sich etwa durch geschwollene Knöchel und ein aufgedunsenes Gesicht äußern.

Bei Langzeitanwendung begünstigt Kortison zudem den Abbau von Muskulatur, wodurch sich der Energieumsatz verringert. Diese Nebenwirkungen treten jedoch meist nur bei Einnahme von kortisonhaltigen Tabletten auf. Bei einer örtlichen Anwendung – etwa als Spray bei Asthma – ist das Risiko einer Gewichtszunahme sehr gering.

Antidepressiva beeinflussen Appetit

Unter den Medikamenten gegen Depression wirken insbesondere die sogenannten trizyklischen und tetrazyklischen Antidepressiva sowie einige Serotonin-Aufnahmehemmer appetitsteigernd. Die Wirkstoffe Fluoxetin und Bupropion hemmen hingegen den Appetit und können dadurch zu einer Gewichtsabnahme führen.

Lithium, das vorrangig bei manischer Depression eingesetzt wird, führt besonders häufig zu einer Gewichtszunahme. Vermutet wird eine Beeinflussung des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels, der Schilddrüsenfunktion sowie des Appetits.

Valproat und Carbamazepin werden sowohl bei manischer Depression als auch bei Epilepsie angewendet und können ebenfalls das Gewicht erhöhen.

Anti-Baby-Pille: Geringes Risiko für Gewichtszunahme

Die Anti-Baby-Pille steht häufig im Verdacht, dick zu machen. Tatsächlich kann das enthaltene Hormon Gestagen den Appetit steigern.

Zudem ist mit Ausnahme der Minipille in der Regel zusätzlich Östrogen enthalten, das zu Wassereinlagerungen und in höherer Dosierung zu einer Zunahme des Körperfettanteils führen kann.

Allerdings sind die mittlerweile erhältlichen Verhütungsmedikamente so niedrig dosiert, dass das Risiko einer Gewichtszunahme relativ gering ist.

Bei der Hormonersatztherapie, die unter anderem bei Beschwerden in den Wechseljahren eingesetzt wird, werden jedoch unter Umständen höhere Dosierungen angewendet.

Zunehmen durch Medikamente – bei Diabetikern kritisch

Diabetiker, die Insulin spritzen müssen, haben oftmals mit ihrem Gewicht zu kämpfen. Denn Insulin hemmt die Fettverbrennung und fördert den Aufbau von Fettdepots. Doch auch einige als Tablette einzunehmende Medikamente gegen Diabetes können zu einer Gewichtszunahme führen. Hierzu zählen die sogenannten Sulfonylharnstoffe wie Glibenclamid sowie Wirkstoffe mit der Endung -glinid oder -glitazon.

Eine Gewichtszunahme durch Medikamente gegen Diabetes ist oftmals besonders problematisch, da viele Typ-2-Diabetiker bereits übergewichtig sind und sich jedes zusätzliche Kilo negativ auf die Erkrankung auswirkt.

Mögliche Alternativen sind die sogenannten Inkretinmimetika sowie der Wirkstoff Metformin, die eine Gewichtsabnahme begünstigen. Fragen Sie hierzu am besten Ihren Arzt.

Schilddrüsenmedikamente beeinflussen Stoffwechsel

Schilddrüsenhormone spielen eine entscheidende Rolle im Energiestoffwechsel. Werden sie bei Schilddrüsenunterfunktion als Medikament gegeben, können sie zu einer Gewichtsabnahme führen. Wurde die Dosierung jedoch kürzlich verringert, kann dies unter Umständen eine Steigerung des Gewichts erklären.

Sogenannte Thyreostatika, die bei einer Schilddrüsenüberfunktion gegeben werden, hemmen hingegen die Schilddrüsenfunktion und können dadurch eine Gewichtszunahme bewirken.

Sprechen Sie am besten Ihren Arzt darauf an, wenn Sie unter der Einnahme von Schilddrüsenmedikamenten eine Gewichtsveränderung bei sich beobachten.

6 Tipps, um Gewichtszunahme durch Medikamente zu verhindern

Gewichtszunahme kann beim Einnehmen von Arzneimitteln eine unangenehme Nebenwirkung sein, die manche Patienten zu einem eigenständigen Absetzen des Medikaments verleitet. Dies kann gefährliche Folgen haben.

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie durch ein Medikament zunehmen, sollten Sie daher die Einnahme keinesfalls abbrechen, sondern einen Termin bei Ihrem Facharzt vereinbaren.

Er kann unter Umständen Ihre Medikation umstellen oder Ihnen Tipps geben, was Sie gegen die Gewichtszunahme tun können. Wir haben für Sie einen Überblick über mögliche Gegenmaßnahmen zusammengestellt:

  1. Einnahmezeit verändern: Eine appetitsteigernde Wirkung kann man unter Umständen umgehen, wenn das Medikament vor dem Schlafengehen eingenommen wird. Fragen Sie hierzu Ihren Arzt, ob eine abendliche Einnahme möglich wäre.
  2. Entwässerungsmittel bei Ödemen: Einige Medikamente gegen Bluthochdruck können zu Wassereinlagerungen führen. Eine Kombination mit dem entwässernden und blutdrucksenkenden Wirkstoff Hydrochlorothiazid kann Ödemen entgegenwirken. Keinesfalls sollten Sie jedoch eigenständig Entwässerungsmedikamente einnehmen, sondern dies mit Ihrem Arzt besprechen.
  3. Medikament wechseln: Gegen viele Erkrankungen gibt es alternative Wirkstoffe, die ein geringfügigeres Risiko der Gewichtszunahme bergen. Fragen Sie Ihren Arzt, ob ein anderes Medikament für Sie infrage kommt.
  4. Bonbons gegen Mundtrockenheit: Mundtrockenheit als Nebenwirkung kann zum Konsum zuckerhaltiger Getränke verleiten. Greifen Sie stattdessen zu zuckerfreien Bonbons oder Kaugummis.
  5. Ernährung umstellen: Auch wenn die Gewichtszunahme durch ein Medikament bedingt ist, können die geläufigen Maßnahmen zur Gewichtsreduzierung helfen: Eine ausgewogene, kalorienreduzierte Ernährung mit viel Gemüse und Vollkornprodukten sowie der abendliche Verzicht auf Kohlenhydrate können einer Gewichtszunahme entgegenwirken.
  6. Sport treiben: Jegliche Form der Bewegung kann helfen, eine Gewichtszunahme zu verhindern. Gezieltes Krafttraining erhöht zudem durch Aufbau von Muskulatur den Energieumsatz auch in Ruhe.
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