Bachblüten
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Bachblüten

Von: Sigrid Born (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 25.01.2018 - 16:20 Uhr

Heilkräfte aus der Natur stehen für sanfte Wirkungen ohne Nebenwirkungen – ein Trend, dem sich immer mehr Ärzte und Apotheker anschließen. Auch Bachblüten finden zunehmend Anhänger. Sie sind benannt nach dem Arzt Dr. Edward Bach und helfen bei Angstzuständen, Eifersucht oder Unsicherheit, also negativen Seelenzuständen. Diese sind laut Bach die tieferen Ursachen für körperliche und psychische Erkrankungen.

Panik, Verzweiflung, Mutlosigkeit – Notfalltropfen in der Hausapotheke

Haben Sie schon einmal von den Notfalltropfen (Rescue-Tropfen) gehört? Nicht wenige Menschen schwören darauf: vor Prüfungen, vor dem Zahnarztbesuch, wenn die Kinder mit aufgescheuerten Knien ins Haus kommen oder nach Alpträumen. Fragt man heute in Apotheken nach diesem vielleicht am häufigsten verwendeten Mittel aus der Bachblüten-Therapie, so werden Sie gewiss nicht ungläubig angeschaut.

Die Notfalltropfen sind ein wässriger Auszug aus fünf Blüten-Präparaten:

  1. Impatiens (Drüsentragendes Springkraut)
  2. Star of Bethlehem (Doldiger Milchstern)
  3. Cherry Plum (Kirschpflaume)
  4. Rock Rose (Gelbes Sonnenröschen)
  5. Clematis (Weiße Waldrebe)

Sie sollen bei Panik oder Schock erste Hilfe leisten und beruhigen. Doch sie wirken auch vorbeugend. Den Besuch beim Arzt, um etwa Wunden zu behandeln, ersetzen sie jedoch nicht.

Bach als Pionier der psychosomatischen Medizin

Edward Bach (1886 – 1931) gilt als Pionier der psychosomatischen Medizin. Hinter seiner Lehre steckt das Prinzip, dass allen körperlichen Krankheiten seelische Ursachen zugrunde liegen, die sich vorbeugend positiv beeinflussen lassen. Bach war überzeugt, dass es nicht die Inhaltsstoffe der Pflanze, sondern ihre "Schwingungen" und "Energien" sind, die für den Menschen hilfreich seien.

Zu den Bachblüten zählen insgesamt 38 verschiedene Essenzen, die gruppenweise sieben unterschiedlichen Emotionen zugeordnet sind. So ist zum Beispiel das gelbe Sonnenröschen – siehe Notfalltropfen – der Angst zugewiesen, Waldespen-Essenz (Wild Oat) der Unsicherheit, und die Lärche (Larch) unterstützt Selbstvertrauen. Die "Toleranzblüte" Rotbuche soll überkritischen Menschen zu mehr Einfühlungsvermögen und Mitgefühl verhelfen.

Ungewöhnliche Gewinnung

Gäbe es nicht inzwischen so viele überzeugte Anhänger der Bachblüten und der alternativen Therapien überhaupt, könnte man meinen, das Verfahren, aus dem die Essenzen gewonnen würden, stammten aus dem Handbuch einer Kräuterhexe. Essenzen der Pflanzen werden nach diesem Ritual hergestellt: Vor neun Uhr morgens müssen die Blüten der Pflanzen an einem sonnigen Tag gepflückt und für drei Stunden in Quellwasser gelegt werden. Die Flüssigkeit wird mit Cognac oder Brandy konserviert und im Verhältnis 1:240 verdünnt.

Diese Stammlösungen werden dann in Flaschen – sogenannten stockbottles –abgefüllt. In weiteren Verdünnungsstufen werden aus ihnen dann die Bach-Blütenmittel hergestellt, die die Patienten einnehmen können. Essenzen aus Bäumen oder Sträuchern werden durch Auskochen der Stiele und Blätter gewonnen.

Seelische Unterstützung durch Bach-Blüten

Die Bach-Blüten Therapie wird nicht nur zur Selbstmedikation, sondern auch von Fachleuten wie Psychologen, ganzheitsmedizinisch-orientierten Ärzten oder Heilpraktikern als seelische Unterstützung anderer therapeutischer Möglichkeiten eingesetzt. Ganz individuelle Blütenmischungen kommen je nach Charakterbild und Symptomen dabei heraus.

Interessanterweise werden Bachblüten auch in der Tierheilkunde eingesetzt. Die Bachblüten-Konzentrate sollen helfen, seelische Fehlhaltungen zu harmonisieren. Besonders gute Erfolge werden – dies versichern vor allem Tierheilpraktiker – bei der Behandlung von akuten psychischen Störungen, etwa Ängsten und Aggressivität, Verhaltensstörungen wie Unsauberkeit, bei Notfällen aller Art und als seelische Unterstützung in schwierigen Situationen wie dem Tierarztbesuch erzielt.

Was Bachblüten definitiv nicht können, ist schwere und chronische Erkrankungen zu heilen – sie sind kein Ersatz für schulmedizinische Verfahren.

Kein wissenschaftlicher Beweis für die Wirkung

Für die Wirkung der Bach-Blütentherapie gibt es bis jetzt noch keine wissenschaftlich belegten Anhaltspunkte. Bachblüten sind auch nicht als Arzneimittel anerkannt und Therapien werden nicht von den Krankenkassen bezahlt. In mehreren Untersuchungen ließ sich die Wirkung nicht nachweisen. Chemisch lassen sich die verschiedenen Bach-Blütenessenzen nicht unterscheiden, da die wenigen in das Quellwasser übergegangenen Pflanzeninhaltsstoffe extrem verdünnt werden.

Professor Edzard Ernst von der britischen Universität Exeter hat vor einigen Jahren eine solche Untersuchung durchgeführt. Er verabreichte die Notfalltropfen ausgewählten Studenten unter Prüfungsstress. Die Hälfte der Teilnehmer nahm nach einem genau ausgearbeiteten Therapieplan Bachblüten-Essenzen ein, die andere Hälfte bekam ein Placebo. Der Stress wurde vor und nach der Einnahme gemessen.

Das Ergebnis: Alle Teilnehmer waren am Abend vor der Prüfung etwa gleich stark gestresst. "Wir haben aber sicherlich nicht gezeigt, dass alle Bachblüten-Essenzen für alle medizinischen Anwendungen unwirksam sind", schränkt Edzard Ernst die Ergebnisse ein. Und: Unumstritten und x-fach wissenschaftlich bewiesen ist der Placebo-Effekt, der nach dem Prinzip "Der Glaube versetzt Berge" funktioniert.