Diese Lebensmittel gelten als Functional Food

Frühstück mit Functional Food
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Viele Lebensmittel enthalten funktionelle Bestandteile, mit denen sich die Gesundheit gezielt verbessern lässt. Mehrere hundert Pflanzenstoffe mit medizinischer Wirkung sind bereits identifiziert und nach ihrer chemischen Struktur bestimmten Wirkstoffgruppen zugeordnet worden. Professor Paul Walter, Biochemiker und Ernährungsexperte, weiß: "Nur jeder Dritte ernährt sich heute ideal. Daher macht es für viele Sinn, Nahrungsmittel zu essen, die mit bestimmten Zusatzstoffen angereichert sind." 

Pflanzenstoffe mit medizinischer Wirkung

  • Brokkoli und andere Kohlarten enthalten Isothiocyanate. Diese aktivieren entgiftende Enzyme im Körper und haben eine krebshemmende Wirkung.
  • Sojaprodukte enthalten Isoflavone. Diese sind den körpereignenen Östrogenen sehr ähnlich. Auch sogenannte Lignane aus Getreide, Beeren und Leinsamen ähneln dem Östrogen. Isoflavone und Lignane wirken günstig auf hormonabhängige Gewebe und schützen durch ihre antioxidative Wirkung vor Krebs. Daneben sind sie für eine Therapie der hormonabhängigen Osteoporose interessant.
  • Karotinoide geben Früchten und Gemüsen die gelbe oder rote Farbe. Sie sollen die Gefäße schützen.
  • Der rote Tomatenfarbstoff Lycopin, sowie Luthein aus Spinat und Kohl scheinen das Risiko für Prostata- und Speiseröhrenkrebs zu reduzieren.
  • Phenole aus Tee, Beeren und Zitrusfrüchten schützen die Zellen vor schädigenden oxidierenden Substanzen.
  • Pflanzliche Öle enthalten verschiedenen Phytosterole, die dem erwünschten Cholesterin verwandt sind. In großen Mengen senken sie wirksam das Blutfett.
  • Zwiebeln, Peperoni und Wein sind reich an Flavonoiden. Flavonoide wirken wie das Katechin des Grüntees antioxidativ und stärken möglicherweise das Immunsystem.
  • Selen und die Vitamine C und E sind in vielen Früchten und Gemüsearten enthalten. Sie wirken antioxidativ und damit positive Wirkung auf die Immunabwehr. Dadurch schützen sie vor Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen.

Gesund und nahrhaft

Stoffe, die mit bestimmten Zusatzstoffen angereichert sind, sind zum Beispiel Ballaststoffe, Vitamine, Spurenelemente, Mineralien, Pflanzeninhaltsstoffe oder sogar lebende Mikroorganismen mit vorteilhaften Wirkungen auf die Darmflora. Ganz wichtig ist dabei eine den Trends folgende Aufmachung und Verpackung dieser Lebensmittel. Wer will sich schon in Pulver- oder Tablettenform oder, wie die Astronauten, buchstäblich "aus der Tube" ernähren? Wohl kaum jemand auf Dauer.

Snacks und Zwischenmahlzeiten nehmen dagegen einen immer breiteren Raum in der Ernährung ein. Darum sind funktionelle Bestandteile auch sehr oft in beliebte Esswaren integriert: in Riegel, Drinks, Joghurts, Getreideflocken oder andere Produkte, die sich rasch und ohne Zusatzaufwand verzehren lassen.

Hausapotheke oder Kühlschrank?

Eine Abgrenzung zwischen Functional Food und Arzneimitteln ist schwierig. Experten streiten sich, ob die neuen Esswaren wirklich gesundheitsfördernd sind, oder nur der Umsatzsteigerung der Nahrungsmittelindustrie dienen. Denn bisher ist nur eines wirklich sicher: die Konsumenten müssen für Functional Food tiefer ins Portemonnaie greifen.

Der Trend treibt zum Teil auch interessante Blüten: Die Cholesterinbombe Ei wurde durch Verfütterung von Leinsamen an Hühner zum Omega-Ei verändert, das nun essentielle Fettsäuren enthält. Ein Löffel geschroteter Leinsamen täglich hat die gleiche Wirkung, wie die neuartigen Eier und ist erst noch deutlich billiger.

Je nach zusätzlichem Inhaltsstoff werden die Grenzen zwischen Nahrungs- und Arzneimittel verwischt. Einige moderne funktionelle Lebensmittel, wie zum Beispiel hypoallergene Säuglingsnahrung sind sehr nahe bei Produkten für die klinische Ernährung (Sondennahrung) anzusiedeln. Das Problem der Abgrenzung von Nahrungs- und Heilmitteln wird sich in den kommenden Jahren vermutlich noch verstärken.

Falsche Versprechungen?

Die Bezeichnung der Lebensmittel mit Zusatznutzen ist schon heute heikel. Denn sie dürfen keine falschen Versprechungen enthalten und die Konsumenten nicht irreführen. Auch wer noch so viele Lebensmittel mit fördernder Wirkung auf Bluthochdruck oder Arteriosklerose isst, wird sich bei extremem Übergewicht oder anderen Risikofaktoren nicht vor einem Herzinfarkt schützen können.

In der Schweiz sind Hinweise auf der Verpackung wie "senkt den Cholesterinspiegel" oder "stärkt die Knochen" erlaubt. Ansprüche auf medizinische Wirkung, sogenannte "Health claims" (Beispiele: "schützt vor Osteoporose" oder "verhindert Prostatakrebs") sind hingegen streng verboten.

Folgende Aussagen (sogenannte "claims") für funktionelle Lebensmittel werden in der Schweiz diskutiert:

Nährstoffgehalt Reich an Kalzium, arm an gesättigten Fetten
Vergleichende Aussagen Energiereduziert, fettreduziert
Gesundes Essverhalten Zum Beispiel: "Reich an Kalzium. Die Gesundheitsbehörde empfiehlt eine tägliche Zufuhr von x Gramm an Kalzium."
Nährstofffunktion Zum Beispiel: "Reich an Kalzium. Kalzium hilft beim Aufbau von gesunden Knochen."
Risiokominderung Zum Beispiel: "Reich an Kalzium. Eine kalziumreiche Ernährung kann Osteoporose im späteren Leben vorbeugen".
Therapeutische Aussagen Jegliche Hinweise auf Behandlung oder Heilung von Erkrankungen sind verboten.

Hilfe, aber kein Ersatz

Alle Ernährungswissenschaftler sind sich einig über den Stellenwert von Functional Food in der Ernährung. Es soll Ergänzung und keinesfalls Ersatz für einen gesunden Speiseplan sein. Das bestätigen der Zürcher Sozial- und Präventivmediziner Prof. Felix Gutzwiller, Prof. Paul Walter aus Basel und die Prof. Michael Teuber und Renato Amadò vom Institut für Lebensmittelwissenschaften der ETH Zürich.

Functional oder Novel Food ist kein Zaubermittel zur Lösung unserer Ernährungs- und Gesundheitsprobleme. Aber es kann eine praktische Ergänzung sein.

Aktualisiert: 09.09.2016

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