Frau wechselt Insulinpen-Nadel
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Insulinpen – Empfehlung zum Wechsel der Nadel

Von: Gesund und aktiv leben mit Diabetes, Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 07.09.2020 - 14:58 Uhr

Die meisten Diabetiker nutzen im Rahmen ihrer Insulintherapie einen sogenannten Insulinpen. Diese sind etwa stiftgroß und ermöglichen eine einfache Dosierung der Insulineinheiten. Oft kommt die Frage auf, wie oft man die Nadeln des Insulinpens wechseln muss: Nach jedem Gebrauch, oder können die Pen-Nadeln auch mehrmals verwendet werden? Wie Sie den Insulinpen richtig anwenden, ob eine mehrfache Verwendung von Insulinpen-Nadeln möglich ist und welche Risiken das mit sich bringen kann, erfahren Sie in diesem Artikel. 

Welche Insulinpens gibt es?

Zunächst einmal unterscheidet man Einmalpens und wiederbefüllbare Pens. Bei Einmalpens ist die Insulinampulle nicht auswechselbar. Nachdem diese geleert ist, kann der Pen also nicht wiederverwendet werden.

Darüber hinaus gibt es vollautomatische und halbautomatische Insulinpens:

  • Beim halbautomatischen Pen wird beim Festlegen der Insulindosis eine Feder gespannt. Durch leichten Druck auf den Auslöseknopf kann das Insulin injiziert werden.
  • Wer die Injektion nicht selbst ausüben möchte, sollte einen vollautomatischen Insulinpen verwenden. Beim Drücken des Auslöseknopfes wird hierbei die Kanüle direkt in die Haut gestochen und das Insulin so injiziert.

Insulinpen richtig anwenden und einstellen

Durch Drehen des Dosierknopfes kann die gewünschte Anzahl der Insulineinheiten eingestellt werden. Die Dosis wird analog oder digital angezeigt. Jeder Dosierschritt ist sichtbar und hörbar, beispielsweise durch ein Klickgeräusch.

Die richtige Anwendung des Insulinpens ist ein wichtiges Element einer wirksamen Insulintherapie. Die Injektion von Insulin erfolgt in das Unterhaut-Fettgewebe (subkutan) vom Bauch (schnelle Insulinaufnahme) oder in die Außenseiten der Oberschenkel (langsame Insulinaufnahme), aber auch Gesäß und Oberarm sind denkbar. Beim Injizieren wird mit dem Daumen und Zeigefinger eine Hautfalte gebildet, dadurch reduziert man das Risiko einer Injektion in den Muskel.

Um eine optimale Verteilung des Insulins im Fettgewebe zu gewährleisten, sollte das Insulin langsam injiziert werden und die Nadel erst zehn Sekunden nach der vollständigen Injektion wieder entfernt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der optimalen Insulininjektion ist der richtige Injektionswinkel. Bei Bildung einer Hautfalte kann man sowohl schräg (45 Grad) als auch senkrecht (90 Grad) einstechen und die Nadellänge entsprechend der Dicke des Unterfettgewebes wählen.

Zur Reinigung des Insulinpens dürfen keine alkoholhaltigen Reinigungsmittel verwendet werden. Zur Säuberung genügt ein feuchtes Tuch. Der Pen darf nicht in Wasser eingetaucht werden.

Wie können Schmerzen bei der Insulininjektion vermieden werden?

Um die Unannehmlichkeiten bei der Insulininjektion deutlich zu verringern, wurden dünnere, kürzere und schärfere Nadeln mit einem speziellen Gleitfilm entwickelt. Der Gleitfilm sorgt für eine nahezu schmerzfreie Injektion. Bei einer Wiederverwendung wird jedoch die Leistungsfähigkeit und Sicherheit der Nadeln beeinträchtigt. Sowohl der Verlust des Gleitmittels als auch die Schädigungen an der Nadelspitze erhöhen die Unannehmlichkeiten bei der Injektion.

Wie oft sollte die Nadel des Insulinpens gewechselt werden?

Pen-Nadeln sind Einwegprodukte. Vor jeder Injektion sollte eine neue Nadel aufgesetzt werden. Bei der Mehrfachverwendung von Pen-Nadeln können verschiedene Probleme auftreten. Unter anderem können wieder verwendete Nadeln so genannte Lipohypertrophien verstärken. Dabei handelt es sich um Gewebeveränderungen mit einer an den Einstichstellen sichtbaren Verdickung des Gewebes. Darüber hinaus können mehrfach verwendete Pen-Nadeln durch Abstumpfung der Nadelstütze zu schmerzhaften Injektionen führen.

Welche Vorteile hat die Einmalverwendung von Pen-Nadeln?

Die Injektion ist generell schmerzärmer. Zum einen hat die Oberfläche der Pen-Nadel einen intakten Gleitfilm, zum anderen besteht keine Gefahr, dass die Nadelspitze bereits verbogen ist. Dadurch wird auch das Auftreten von Lipohypertrophien minimiert und eine gleichmäßigere Aufnahme des Insulins aus den Spritzsteilen gefördert. Dies führt zu einem stabileren Blutzuckerspiegel in der Insulintherapie. Mit jedem Wechsel der Pen-Nadel wird vermieden, dass Rückstände des zuvor gespritzten Insulins als kristalline Rückstände ausfallen und so die Nadel verstopfen.

Entstehen durch den häufigen Nadelwechsel zusätzliche Kosten für den Patienten und das Gesundheitssystem?

Für Diabetiker, die Pen-Nadeln vom Arzt verschrieben bekommen, entstehen keine höheren Kosten. Der Vorteil für sie und unser Gesundheitssystem besteht unter anderem darin, dass Blutzuckerschwankungen als Folge der Lipohypertrophien besser vermieden werden können. Das führt zu einer kalkulierbareren Insulinversorgung und begünstigt daher eine gute Kontrolle der Blutzuckerwerte.

Eine gute Insulintherapie führt langfristig zu einer Reduzierung von Folgeerkrankungen wie Amputationen, Erblindung, Dialyse etc. Eine konsequente Einmalverwendung von Pen-Nadeln könnte so vielmehr zu einer langfristigen Entlastung der Krankenkassen beitragen, da die Kosten für die Behandlung von Folgeerkrankungen des Diabetes reduziert werden.

Was passiert, wenn man eine Pen-Nadel mehrfach verwendet?

Die modernen Pen-Nadeln sind sehr dünn, fein geschliffen und mit einem Gleitfilm behaftet. Nach jeder Verwendung wird die Nadel stumpfer oder bekommt kleine Verformungen und verliert durch Abnutzung des Gleitfilms ihre Gleitfähigkeit. Durch die Mehrfachverwendung der Pen-Nadel können deshalb verschiedene gesundheitliche Risiken für die Patienten entstehen:

  • Durch die Abnutzung an der Nadelspitze können zusätzlich zum eigentlichen Einstich kleine Verletzungen und Blutungen (blaue Flecken) entstehen. Die Injektionen werden dann nicht nur zunehmend schmerzhafter, es steigt auch das Risiko der Bildung von so genannten Lipohypertrophien. Durch diese Veränderung des Unterhautfettgewebes (Fettgewebswucherungen) wird die Absorption (Aufnahme) des Insulins an diesen Stellen verändert. Die Folge ist ein unkalkulierbarer Wirkeintritt des Insulins und damit die Gefahr von Blutzuckerschwankungen.
  • Die Pen-Nadel ist bereits nach der ersten Verwendung nicht mehr steril. Zusätzlich können Gewebereste an der Pen-Nadel anhaften. Dies ist nicht nur unhygienisch, zusätzlich steigt auch das Risiko von Infektionen.
  • Auskristallisiertes Insulin und anhaftende Gewebereste können zur Verstopfung der Pen-Nadel und damit zu einer Unterdosierung von Insulin führen.
  • Luftblasen in der Insulinpatrone können sich bei aufgesetzter Nadel abhängig von der Temperatur weiter ausdehnen oder auch neu bilden. In der Folge tropft nach der Injektion Insulin aus der Nadel und es besteht das Risiko einer ungenauen Dosierung durch Luftinjektion.
  • Durch eine mehrfach verwendete Nadel werden zusätzlich kleinste Verletzungen verursacht. Das Wachstum der Fettzellen und die Narbenbildung werden dann zunehmend stimuliert. An den Injektionsstellen entstehen eher Verdickungen, die härter sind als übliches Unterhautfettgewebe und wie kleine Hügel aussehen.

Ist die Mehrfachverwendung von Pen-Nadeln unhygienisch?

Fabrikneue Insulinnadeln sind steril, das heißt absolut keimfrei. Eine gebrauchte oder direkt berührte Nadel ist dagegen mit Bakterien und anderen Keimen besetzt. Dies ist nicht nur unhygienisch, die Keime können bei Mehrfachverwendung der Nadel auch in die Haut eindringen und im ungünstigsten Fall Infektionen hervorrufen. Erste Anzeichen sind kleine Akne-Pickel und runde Rötungen im Einstichbereich, im schlimmsten Fall entstehen Hautabszesse.

Kann eine mehrfach genutzte Pen-Nadel verstopfen?

Wird die Nadel auf dem Insulinpen gelassen, kann das in der Nadel verbleibende Insulin zwischen den Injektionen auskristallisieren und eine Blockade verursachen, sodass die Verabreichung des Insulins bei der nächsten Injektion unmöglich ist. Die Wiederverwendung der Pen-Nadel kann zu einer mikroskopisch kleinen Verbiegung der Spitze und zu einer Abnutzung des Gleitfilms führen. Ein Schaden, der mit dem bloßen Auge nicht wahrzunehmen ist. Die beschädigte Spitze führt beim Einstechen der Injektionsnadel in die Haut zusätzlich zu minimalen Verletzungen, die als Schmerzen wahrgenommen werden können. Im Extremfall kann die Schädigung der Nadelspitze möglicherweise auch dazu führen, dass kleine Metallfragmente absplittern und sich im Fettgewebe einlagern. In seltenen Fällen kann es sogar zum Bruch der Nadel kommen.

Was empfehlen Ärzte und Diabetesberaterinnen zum Thema Nadelwechsel?

Auch Ärzte und Diabetesberaterinnen empfehlen, Pen-Nadeln vor jeder Anwendung zu wechseln. Die Experten weisen darauf hin, dass in der Praxis viele Patienten Gefahren des Mehrfachgebrauchs unterschätzen. Unterstützt wird diese Aussage durch internationale Studien in unseren europäischen Nachbarländern, wo das Bewusstsein für den Nadelwechsel wesentlich ausgeprägter ist als in Deutschland. Besonders vorbildlich verhalten sich Menschen mit Diabetes in Frankreich und Holland: Hier wird die Pen-Nadel durchschnittlich nur ein bis maximal zwei Mal benutzt.