Milz im menschlichen Körper (Illustration)
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Milz: Funktion und Krankheiten

Von: Nathalie Blanck (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 20.12.2017 - 12:25 Uhr

Die Milz führt eher ein Schattendasein: Wo liegt die Milz eigentlich und was macht sie genau? Nur die wenigsten Menschen können diese Fragen spontan beantworten. Dabei ist die Milz die Filteranlage unseres Blutsystems und erfüllt eine wichtige Funktion bei der Abwehr des Körpers von fremden Stoffen. Zudem ist sie ein Speicher für Monozyten, sondert alte, rote Blutkörperchen aus und ist an der Vermehrung der Lymphozyten beteiligt. Beim Fötus und beim Kleinkind übernimmt die Milz eine wichtige Rolle bei der Bildung roter Blutkörperchen. Erkrankungen der Milz sind relativ selten – häufig handelt es sich in diesen Fällen um Folgeerkrankungen anderer Organe, oder, wie etwa beim Milzriss, um die Einwirkung einer äußeren Kraft. Oft treten dann Schmerzen auf. Wir informieren über die Funktion der Milz, ihre Lage im Körper und mögliche Krankheiten des Organs.

Das steckt hinter einer vergrößerten Milz

Wo ist die Milz und wie sieht sie aus?

Die Milz (Synonyme: Splen, Lien) ist ein relativ kleines Organ – normalerweise kann man sie von außen nicht ertasten. Sie ist etwa 11 cm lang, 7 cm breit und 4 cm dick und wiegt zwischen 150 g und 200 g. Sie hat ungefähr die Form einer Bohne und fühlt sich weich an, ihre Farbe schwankt zwischen kirschrot und blauviolett.

Die Milz liegt unterhalb des linken Rippenbogens, genauer unterhalb des Zwerchfells im linken Oberbauch: Sie grenzt dort an den Magen, die linke Niere und das Pankreas, also die Bauchspeicheldrüse. Durch bindegewebige Bänder ist sie mit den Nachbarorganen verbunden. Von außen umgibt die Milz eine Bindegewebekapsel (Tunica fibrosa), die das weiche Innere schützt.

Von ihr aus führen stützende Balken nach innen, zwischen denen die Milzpulpa (lat. pulpa = Fleisch) sitzt. Diese Pulpa wird in die sogenannte rote Pulpa (Pulpa rubra) und weiße Pulpa (Pulpa alba) unterteilt – sie erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Die Namen hängen mit dem Aussehen der Milzbezirke zusammen: Wenn man die Milz aufschneidet, erscheint die rote Pulpa als rotes Gewebe, in dem als weiße Knötchen die weiße Pulpa sitzt.

Über die Milzschlagader (Arteria lienalis) wird die Milz mit Blut versorgt, von der Milz aus fließt das Blut über die Vena lienalis dann weiter zur Leber. Die Milz ist besonders gut durchblutet: Unser komplettes Blut wird jeden Tag etwa 500 Mal durch sie hindurch gepumpt.

Welche Funktion hat die Milz?

Die rote Pulpa besteht aus einem gut durchbluteten Bindegewebenetz (Reticulum splenicum), in dem alte Blutkörperchen (Erythrozyten) hängenbleiben, die nicht mehr so elastisch sind und vom Netz "gefangen" werden – sie werden dann von Makrophagen abgebaut. Dabei "recycelt" die Milz das Eisen aus dem Hämoglobin (roten Blutfarbstoff). Auch kleine Blutgerinnsel und "verbrauchte" Thrombozyten (Blutplättchen) werden in der Milz aussortiert und abgebaut.

Die weiße Pulpa gehört zu unserem Immunsystem. Zum einen speichert sie Lymphozyten (das ist eine bestimmte Art weißer Blutkörperchen), die teilweise auch in der Milz heranreifen. Ungefähr 30 Prozent aller weißen Blutkörperchen werden so gespeichert. Die Lymphozyten reagieren auf Krankheitserreger wie zum Beispiel Bakterien, die mit dem Blut in die Milz gelangen, und können so eine Infektion abwehren. Bei Bedarf werden die in der Milz gespeicherten Lymphozyten auch in das Blut ausgeschüttet. Außerdem werden in der weißen Pulpa Immunglobuline gebildet, das sind spezielle Abwehrstoffe gegen Krankheitserreger.

Daneben speichert die Milz auch immer eine gewisse Menge Blut, die zum Beispiel bei einer Blutung im Körper oder bei großer Anstrengung frei gesetzt werden kann. Dadurch entsteht vermutlich das Seitenstechen, das uns manchmal beim Sport plagt.

Aufgaben der Milz im Lauf des Lebens

Bei ungeborenen Kindern produziert die Milz maßgeblich die Blutkörperchen. Diese Funktion stellt sie nach der Geburt normalerweise ein – das Knochenmark übernimmt dann die Blutproduktion. Wenn die Blutzellenproduktion des Knochenmarks allerdings durch eine Krankheit (zum Beispiel Leukämie) gestört ist, kann die Milz wieder aktiv werden.

Alle Aufgaben, die die Milz erfüllt, nehmen auch andere Organe im Körper wahr: Das Knochenmark produziert Blutzellen und die Lymphknoten bekämpfen eingedrungene Krankheitserreger. Das macht die Milz entbehrlich, man kann auch ohne sie überleben. Eventuell erhöht sich dadurch allerdings die Anfälligkeit für bestimmte Erreger, zum Beispiel scheinen Pneumokokken eher eine gefährliche Hirnhaut- oder Lungenentzündung auszulösen – eine Impfung bietet dann Schutz.

Milz erkrankt: Schmerzen unter dem linken Rippenbogen

Genau wie andere Organe kann auch die Milz erkranken oder verletzt werden. Verspürt man Schmerzen unter dem linken Rippenbogen, kann eine durch eine bakterielle oder virale Infektion ausgelöste Milzschwellung die Ursache sein. Strahlen die Schmerzen in die linke Schulter oder die linke Halsseite aus, ist es möglich, dass eine Milzruptur hinter den Beschwerden steckt. Eine solche Verletzung kann beispielsweise durch einen Unfall hervorgerufen werden. Erfahren Sie hier mehr über typische Erkrankungen und Verletzungen der Milz.

Welche Krankheiten können die Milz treffen?

Mögliche Erkrankungen der Milz sind:

  • Milzschwellung
  • Milzriss
  • Milzstauung
  • OPSI-Syndrom
  • Autoimmunkrankheiten
  • Fehlbildungen der roten Blutkörperchen
  • Tumore

Im Folgenden stellen wir Ihnen die Krankheiten der Milz näher vor.

Milzschwellung

Schwillt die Milz stark an, spricht man von einer Splenomegalie. Die Milz kann unter dem linken Rippenbogen getastet werden, wenn sie auf das Doppelte ihres normalen Gewichts angeschwollen ist – diese Milzschwellung kann durchaus schmerzhaft sein. Meist ist eine Milzschwellung ein Anzeichen für eine durch Bakterien, Viren oder Parasiten hervorgerufene Infektion wie Drüsenfieber, Tuberkulose oder Malaria.

Die verstärkte Aktivität des Immunsystems, das ja die Eindringlinge abwehren will, führt zu der Milzvergrößerung. Eine Milzschwellung kommt häufig vor, sie kann auch durch eine Stauung hervorgerufen werden (siehe unten).

Daneben kann auch eine Leukämie, eine bösartige Veränderung der weißen Blutkörperchen, eine Splenomegalie bedingen. Beim Morbus Gaucher, einer angeborenen Fettspeicherkrankheit, werden wegen eines defekten Enzyms Fettstoffe nicht abgebaut, sondern stattdessen in den Organen, zum Beispiel auch in der Milz, abgelagert. Die Milz kann dabei bis auf das 20-fache ihrer normalen Größe anschwellen.

Milzriss

Das Einwirken von großer Kraft, zum Beispiel bei einem Unfall, oder eine gebrochene Rippe kann zu einem Riss in der Milz führen. Da die Milz sehr gut durchblutet ist, führt eine Verletzung schnell zu hohem Blutverlust. In vielen Fällen ist dann die operative Blutstillung die einzige mögliche Therapie, manchmal muss die Milz sogar komplett entfernt werden (Splenektomie), um den Blutverlust zu stoppen.

Gefürchtet ist die sogenannte zweizeitige Milzruptur, bei der zuerst das Innere der Milz einreißt und die starke Blutung dann dazu führt, dass irgendwann die mit Blut gefüllte Milz ihre Kapsel sprengt.

Milzstauung

Erkrankungen der Leber, zum Beispiel eine Leberzirrhose, oder eine Rechtsherzinsuffizienz verändern den Blutkreislauf zwischen Darm und Leber, es kann ein sogenannter Pfortaderhochdruck entstehen. Da in dieses System auch die Milz eingeschaltet ist, kann sich Blut in die Milz zurückstauen – was eine Vergrößerung der Milz erzeugt. Diese zieht wiederum einen vermehrten Abbau von roten Blutkörperchen nach sich.

OPSI-Syndrom (overwhelming postsplenectomy infection)

Bei Menschen mit gestörter Milzfunktion oder ohne Milz kann eine Überempfindlichkeit gegen bestimmte bakterielle Krankheitserreger wie Pneumokokken (Erreger der Lungen- und Hirnhautentzündung) auftreten. In seltenen Fällen führt dann eine Infektion mit diesen Bakterien zu einem besonders schwerwiegenden Verlauf der Krankheit mit einer Sepsis (Blutvergiftung) und hoher Sterblichkeitsrate. Eine rechtzeitige Impfung kann davor schützen.

Autoimmunkrankheiten

Wenn unser Organismus seine körpereigenen Bestandteile angreift, entsteht eine Autoimmunkrankheit. Die Abwehrstoffe, so genannte Autoantikörper, lösen dort eine chronische Entzündung aus. Bei Kollagenosen wie dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) ist das Bindegewebe Ziel des Angriffs, auch das der Milz. Bei der rheumatoiden Arthritis werden durch die Autoantikörper vor allem die Knorpel- und Knochenstrukturen zerstört. Doch durch die fehlerhafte starke Immunreaktion des Körpers werden auch innere Organe wie die Milz angegriffen und geschädigt.

Fehlbildungen der roten Blutkörperchen

Die Sichelzellanämie ist eine vererbte Fehlbildung des roten Blutfarbstoffs, bei der das Hämoglobin eine sichelähnliche Form annimmt. Bei der besonders schweren Form (homozygot) wird nur Sichelzellhämoglobin gebildet, bei der etwas leichteren Form (heterozygot) hat das Hämoglobin zum Teil auch die normale Form. Das Sichelzellhämoglobin verstopft kleine Blutgefäße und bleibt leichter im Bindegewebenetz der Milz hängen, wo es abgebaut wird.

Die Thalassämie ist ebenfalls eine vererbbare Krankheit, bei der die Produktion des Hämoglobins gestört ist. Der rote Blutfarbstoff bindet weniger gut Sauerstoff, deshalb werden die Organe schlecht mit Sauerstoff versorgt. Auch hier bleiben die verformten Erythrozyten leichter im Netz der Milz stecken und werden dort vermehrt abgebaut. Bei beiden Krankheiten wird in manchen Fällen die Milz operativ entfernt, um den vermehrten Abbau roter Blutkörperchen zu verhindern.

Tumore

Eher selten bilden sich an der Milz sowohl gutartige als auch bösartige Tumoren. Auch Metastasen bösartiger Tumoren siedeln sich manchmal an der Milz an.

Wie kann ich meine Milz schützen und unterstützen?

Da die Milz zum Immunsystem gehört, kann sie mit einer ausgewogenen Ernährung und allen Verhaltensregeln, die die Abwehrkräfte unterstützen, indirekt unterstützt werden – eine spezielle Empfehlung hinsichtlich Ernährung oder Verhalten existiert allerdings nicht.

Im Mittelalter wurden Schwefeldämpfe zur Reinigung von Leber und Milz empfohlen: Diese Therapie ist inzwischen glücklicherweise nicht mehr "up to date". In der traditionellen chinesischen Medizin spielt die Milz eine große Rolle für unser Wohlbefinden: Sie ist die Herrscherin über die Körperflüssigkeiten. Bitterstoffe, die etwa in Endiviensalat oder Chicoree enthalten sind, stärken zum Beispiel die Milzkraft.

Um unser Immunsystem zu stärken, zu dem die Milz gehört, empfiehlt die chinesische Ernährungslehre Knoblauch, Zwiebel und Fenchel, Rettich und Radieschen. So können Sie durch ein leckeres Essen zusätzlich etwas für Ihre Gesundheit tun.