Frau mit Zerrung nach Umknicken
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Prellung & Zerrung – Symptome, Behandlung & Dauer der Heilung

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 06.02.2018 - 10:50 Uhr

Ein Stolperstein auf dem Waldweg, ein falscher Schritt auf der Treppe, eine ungünstige Bewegung beim Sport – schnell sind Knöchel verstaucht, Bänder gezerrt, Muskeln geprellt. Auch wenn die Verletzung nicht immer sichtbar ist, Schmerzen verursacht sie fast immer. Was Sie nach einer Prellung oder Zerrung tun sollten, was der Unterschied zwischen den verschiedenen Arten von Verletzungen ist und wie lange die Heilung dauert, wird in folgendem Artikel erläutert.

Prellungen und Zerrungen: Was sind stumpfe Verletzungen?

Verletzungen, die ohne äußere Blutungen und offene Wunden einhergehen, werden in der Medizin als "stumpfe Verletzungen" bezeichnet. Besonders häufig kommen sie am Bewegungsapparat – also den Muskeln, Sehnen, Bändern und Knochen – vor und zwar als Prellung, Zerrung, Verrenkung, Quetschung oder Knochenbruch (wobei die beiden Letzteren auch als offene Verletzung auftreten können).

Ursachen von Prellungen und Zerrungen

Prellungen und Zerrungen können unterschiedliche Ursachen haben, wie die folgenden Definitionen zeigen:

  • Prellung (Contusio): Eine Prellung entsteht durch stumpfe Gewalteinwirkung, also einen Sturz, Schlag, Stoß oder Aufprall. Eine typische Sportverletzung ist die Prellung von Muskeln, Rippen und Gelenken. Doch auch Bauchorgane, der Augapfel oder das Gehirn können von einer Prellung betroffen sein.
  • Zerrung: Damit werden Schäden bezeichnet, die durch Überdehnungen oder winzige Risse in Faserstrukturen zustande kommen. Ist der Kapsel-Band-Anteil eines Gelenks betroffen, spricht man von Bänderzerrung, Bänderdehnung oder auch Verstauchung (Distorsion), sonst von Muskelzerrung.
  • Die Bänderzerrung entsteht, wenn die natürlichen Beweglichkeitsgrenzen des Gelenkes überschritten werden, meist beim "Umknicken" im Bereich des oberen Sprunggelenks ("verknackster Fuß", "umgeknickter Fuß"), oft aber auch in Bereich von Knie, Ellenbogen, Handgelenk und Schulter. Sie lässt sich nicht immer von einem Bänderriss unterscheiden, obwohl bei einer Bänderdehnung die stabilisierende Funktion des Kapsel-Bandapparates erhalten ist.
  • Die Muskelzerrung entsteht meist dann, wenn die Muskulatur nicht ausreichend aufgewärmt ist und dann plötzlich angespannt wird. Besonders prädestiniert sind deshalb Sportarten wie Squash, Kurzstreckenlauf oder Fußball, wo abrupt beschleunigt oder gestoppt werden muss. Auch untrainierte Muskelgruppen sind anfälliger für plötzliche Überdehnungen. Auch hier ist die Abgrenzung zum Muskelfaserriss oft nicht ohne Weiteres möglich.
  • Verrenkung (Auskugelung): Zu dieser Gelenkverletzung kommt es, wenn sich die Knochenenden, die ein Gelenk bilden, gegeneinander verschieben – meist als Folge einer ausgeprägten Gewalteinwirkung wie ein Sturz oder durch einen starken Zug am Gelenk. Ist kein Kontakt mehr zwischen den Knochenenden vorhanden, spricht der Mediziner von Luxation, berühren sie sich noch, von Subluxation. Meist kommen bei einer Verrenkung auch die Gelenkkapsel und Bänder sowie die Knorpel der Gelenkflächen zu Schaden. Eine relativ häufige Sonderform ist die Ellenbogenausrenkung bei Kleinkindern (Chaissaignac-Lähmung), die dadurch zustande kommt, dass ein Erwachsener ruckartig am ausgestreckten Arm des Kindes zieht (zum Beispiel um es beim Stolpern festzuhalten).

Symptome einer Prellung oder Zerrung

Die Anzeichen aller stumpfen Verletzungen sind Schmerzen, Schwellungen, Blutergüsse und Bewegungseinschränkungen – je nach Form und Schwere der Verletzung unterschiedlich stark ausgeprägt. Prellungen und Zerrungen können jedoch unterschiedliche Symptome verursachen.

Symptome einer Prellung

Besonders schmerzhaft sind Prellungen: Sie können brennende oder stechende Schmerzen zur Folge haben. Manchmal verursachen sie mehr Beschwerden, als wenn an entsprechender Stelle ein Bruch vorliegt; typisches Beispiel ist hier die Rippenprellung.

Die Schmerzen sind Folge der Weichteilschwellung, die oft von einem Bluterguss begleitet ist, bei dem die Haut anschwillt und blau oder violett wird, aber nicht reißt. Nicht immer ist von außen eine Verletzung sichtbar, besonders wenn tieferliegende Gefäße betroffen sind – tückisch und vor allem gefährlich, wenn die Prellung zum Beispiel innere Organe betrifft. Bei der Prellung sowie bei der Zerrung lösen Druck und Belastung Schmerzen aus.

Sehr unangenehm, jedoch zu den häufigen Sportverletzungen zählend, ist eine Prellung der Muskeln, da sich der Bluterguss zwischen den einzelnen Fasern bildet. Starke Schmerzen, Bewegungsunfähigkeit oder Lähmungserscheinungen des betroffenen Körperteils können die Folge sein. Teilweise kommt es zu Muskelverhärtungen.

Manche Sportarten, wie Handball oder Fußball, bergen ein hohes Risiko für den sogenannten Pferdekuss, eine schmerzhafte Prellung des Oberschenkels. Hingegen erleiden Volleyballer häufig eine Prellung am Knie. Auch Prellungen am Fuß, dem Rücken oder der Schulter passieren oft beim Sport und verursachen bisweilen einen Erguss im Gelenk. Prellungen der Knochen sind mit großen Schmerzen verbunden, die aber relativ schnell wieder nachlassen.

Länger bleibt dagegen die hohe Empfindlichkeit der Haut. Da die Symptome von Prellung und Knochenbruch sehr ähnlich sein können, muss letzterer immer durch einen Fachmann ausgeschlossen werden.

Anzeichen einer Zerrung

Während Prellungen infolge von Aufprällen oder Schlägen entstehen, sind Zerrungen meist das Resultat von schnellen, ruckartigen Bewegungen. Es kommt zu einer Überdehnung der einzelnen Muskelfasern und einer Schädigung des Bindegewebes. Auch eine Zerrung passiert meist beim Sport, insbesondere bei vernachlässigtem Aufwärmtraining. Besonders häufig sind Zerrungen des Oberschenkels oder der Wade.

Die Zerrung verursacht plötzlich einsetzende, stechende Schmerzen. Die schmerzhafte Bewegungseinschränkung zeigt sich vor allem beim Gebrauch des betroffenen Körperteils und verhindert bei der Muskelzerrung ein Dehnen des Muskels, bei der Bänderzerrung die Bewegung des Gelenks.

Die Schmerzen können in Ruhe zum Beispiel bei der Bänderzerrung völlig verschwinden. Der Bluterguss kann sichtbar oder als Verhärtung tastbar sein. Hierbei kommt es auch auf den Schweregrad der Zerrung an:

  • Eine leichte Zerrung der Wade etwa verursacht nur geringe Beschwerden bei Belastung, die sich wie ein Krampf anfühlen.
  • Sind einzelne Fasern gerissen, meldet sich sofort ein stechender Schmerz, der Bluterguss wird nach einigen Tagen sichtbar.
  • Sind bei der Zerrung mehrere Fasern oder sogar Bündel betroffen, tut jede Bewegung weh.

Tipps und Behandlung bei einer Prellung oder Zerrung

Zur Behandlung einer Prellung, Zerrung oder Verrenkung gilt es als erstes, nach dem sogenannten "PECH-Schema" vorzugehen. Dieses beschreibt die Sofortmaßnahmen, die nach einer solchen Verletzung schnellstmöglich ergriffen werden sollten:

  • Pause: Unterbrechen Sie sofort die (sportliche) Tätigkeit.
  • Eis: Kühlen Sie die betroffene Körperstelle für 15 bis 20 Minuten. Am besten eignen sich Eiswürfel, Gel-Packs oder auch Tiefkühlgemüse, die Sie erst mit einem Handtuch oder ähnlichem umwickeln sollten, um Hautschäden zu vermeiden. Alternativ können Sie kühles Wasser über das Gelenk laufen lassen; auch Quark aus dem Kühlschrank eignet sich.
  • Compression: Umwickeln Sie das betroffene Gelenk mit einer elastischer Binde. Abschwellend und schmerzlindernd wirken zusätzlich eine Lösung mit Arnika-Tinktur (Arnika mit kühlem Wasser im Verhältnis 1 zu 9) oder auch mit Essig (Essig und Wasser im Verhältnis 1 zu 3), die sie einfach über den Kompressionsverband gießen können.
  • Hochlagern und Ruhigstellen der betroffenen Gliedmaße.

Je schneller Sie diese Maßnahmen ergreifen, desto geringer werden die Beschwerden ausfallen und desto schneller werden sie sich wieder zurückbilden.

Sehr große Blutergüsse und Gelenkergüsse müssen eventuell vom Arzt punktiert, also die Flüssigkeit mit einer Nadel entfernt werden. Ein älterer Bluterguss muss eventuell vorher mit einem speziellen Wirkstoff (der eingespritzt wird) verflüssigt werden; in manchen Fällen wird er durch einen kleinen Schnitt ausgeräumt.

Schonen beschleunigt die Heilung

Nach den Erste-Hilfe-Maßnahmen sollten die von Zerrungen und Prellungen betroffenen Körperteile mehrere Tage gekühlt und hochgelegt beziehungsweise entlastet werden. Vorsichtige, langsame Bewegungen bei einer Zerrung verbessern die Durchblutung des Gewebes und fördern somit den Heilungsprozess.

Bei einer Prellung sollte generell vorsichtiger verfahren werden: Erst wenn Schwellung und Bluterguss abgeklungen sind, darf die Beweglichkeit wieder mehr trainiert werden. Wie lange mit der sportlichen Betätigung ausgesetzt werden muss, hängt vom Ausmaß der Verletzung und den Beschwerden ab.

Dauer von Prellungen und Zerrungen

Als Faustregel bei Zerrungen und Prellungen gilt, dass Sie dann vorsichtig wieder mit dem Training und Dehnen beginnen können, wenn Sie keine Schmerzen mehr haben – was bei einer Prellung ebenso lange dauern kann wie bei einem Bruch. Meist dauert eine Prellung etwa zehn bis 14 Tage, die Heilungsdauer kann jedoch auch drei bis vier Wochen betragen.

Handelt es sich nur um eine leichte Zerrung oder Überdehnung, können Sie bei sofortiger Behandlung schon nach drei bis fünf Tagen wieder fit sein. Muskelfaserrisse beziehungsweise Muskelrisse erfordern mehrere Wochen Pause, damit sich keine Narben bilden, die besonders anfällig für erneute Verletzungen sind. Im Zweifelsfall fragen Sie Ihren Arzt.

Wann zum Arzt?

Bei folgenden Symptomen sollten Sie den Arzt aufsuchen:

  • wenn ein Gelenk stark anschwillt
  • wenn sich ein großer Bluterguss bildet
  • wenn sich das Gelenk nicht mehr bewegen lässt beziehungsweise Sie nicht mehr auftreten können
  • wenn die Schmerzen nach etwa einer Stunde nicht zurückgehen oder stärker werden
  • bei Deformierungen oder Verdacht auf einen Knochenbruch

Diagnostik – was tut der Arzt?

Bei der körperlichen Untersuchung lassen sich Bagatellverletzungen nicht immer von ernsteren Beeinträchtigungen abgrenzen. Deshalb wird oft zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, bei der sich zum Beispiel Einblutungen, Muskelrisse, Verletzungen am Kapsel-Band-Apparat, Gelenkergüsse und Sehnenverletzungen besonders in oberflächlich liegenden Bereichen darstellen lassen.

Im Zweifelsfall kommt auch die Kernspintomographie (MRT) zum Einsatz.

Prellungen und Zerrungen vorbeugen

Vermeiden Sie Verletzungen beim Sport, indem Sie dosiert und Ihrer Fitness entsprechend trainieren um Fehl- und Überbelastung vorzubeugen, und sich ausreichend lange aufwärmen (Dehnübungen, langsames Laufen).

Das Aufwärmtraining sollte auf die jeweilige Sportart ausgerichtet sein und vor allem auch schon unter den gleichen Bedingungen erfolgen, unter denen später trainiert wird oder ein Wettkampf stattfindet. Konkret heißt das, dass man zum Beispiel bereits dieselben Schuhe anzieht, um die Muskeln und Gelenke schon entsprechend zu belasten.

Auch auf den langen Trainingsanzug verzichtet man besser, denn zieht man diesen aus, kommt es zu einem Temperaturabfall, welcher die durch das Aufwärmen erweiterten Gefäße wieder verengt und somit das Verletzungsrisiko steigert.

Beachte Sie außerdem folgende Tipps, um Prellungen und Zerrungen beim Sport zu vermeiden:

  • Gerade nach einer (vielleicht noch nicht vollständig ausgeheilten) Krankheit sollten Sie es langsam angehen lassen.
  • Auch Übermüdung und Unterkühlung erhöhen die Gefahr einer Zerrung.
  • Ist ein Gelenk Ihre bekannte Schwachstelle (zum Beispiel wenn Sie immer wieder umknicken), schützen Sie dieses beispielsweise mit einem elastischen Verband.
  • Treiben Sie eine Sportart, bei der bestimmte Verletzungen gehäuft auftreten, beugen Sie mit entsprechender Schutzkleidung vor – zum Beispiel Knieschützer beim Volleyball, ein Helm beim Inlineskaten, ein Rückenprotektor beim Mountainbiking oder einer Fußmanschette beim Kampfsport.
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