Frau mit Kollagenose spricht mit dem Arzt
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Kollagenose: Symptome & Behandlung

Von: Nathalie Blanck (Ärztin und Medizinautorin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 13.07.2022 - 11:34 Uhr

Genau wie die rheumatische Arthritis gehören Kollagenosen zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, bei denen das Immunsystem Antikörper gegen körpereigene Bestandteile bildet. In diesem Fall ist das Bindegewebe Ziel des Angriffs der Autoantikörper, die dort eine chronische Entzündung auslösen. Je nachdem, welche Organe davon in Mitleidenschaft gezogen werden, werden verschiedene Unterarten der Kollagenosen unterschieden. Welche Arten von Kollagenosen gibt es, welche Symptome treten bei den verschiedenen Formen auf und wie sehen Diagnostik, Behandlung und Prognose aus?

Was ist eine Kollagenose?

Kollagenosen sind eine Gruppe von seltenen Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem Teile des körpereigenen Bindegewebes (des Kollagens) als fremd wahrnimmt und dagegen Antikörper bildet. Da Bindegewebe in zahlreichen Organen vorkommt, sind bei Kollagenosen oft viele Organe – wie Schleimhäute oder Haut, Lunge, Herz oder Gefäße – gleichzeitig befallen.

Medizinisch handelt es sich dabei um eine Form von Rheuma. Genauer gesagt gehört die Kollagenose zu den rheumatisch-entzündlichen Erkrankungen. Unter diesem Begriff werden chronische Erkrankungen des Immunsystems zusammengefasst, die im Körper Entzündungsprozesse auslösen.

Auch Kollagenosen verlaufen chronisch und können die betroffene Person sehr beeinträchtigen. Frauen erkranken wesentlich häufiger als Männer an einer Kollagenose. Die ersten Symptome treten meist im mittleren Lebensalter auf.

Welche Kollagenosen gibt es?

Es gibt sechs verschiedene Hauptformen der Kollagenose, die sich zum Teil nochmals in Unterformen aufteilen lassen.

Diese sechs Hauptformen sind:

  • das Sjögren-Syndrom, die häufigste Form der Kollagenose
  • die Sklerodermie
  • der systemische Lupus erythematodes (SLE)
  • die Polymyositis und die Dermatomyositis
  • das Antiphospholipid-Syndrom
  • die Mischkollagenose, die man auch Sharp-Syndrom nennt

An verwandten Erkrankungen kommen noch das CREST-Syndrom, die eosinophile Fasziitis (auch Shulman-Syndrom genannt) und Krankheiten dazu, die einen äußeren Auslöser haben und ein der Sklerodermie ähnliches Krankheitsbild aufweisen. Daneben gibt es noch sogenannte "Überlappungssyndrome", bei denen es zu Beschwerden von mehreren rheumatisch-entzündlichen Erkrankungen kommt.

Was sind Ursachen und Risikofaktoren für eine Kollagenose?

Welche Ursachen hinter der Entstehung von Kollagenosen stecken, ist noch nicht geklärt.

Es erkranken wesentlich mehr Frauen als Männer an Kollagenosen (Frauen erkranken etwa 10-mal häufiger), sodass ein nicht beeinflussbarer Risikofaktor das weibliche Geschlecht ist. Möglicherweise könnten weibliche Geschlechtshormone bei der Entstehung von Kollagenosen eine Rolle spielen.

Auch findet man eine Häufung von systemischem Lupus erythematodes bei Menschen, die eine bestimmten Antigenkonstellation auf ihren Immunzellen haben – wenn jemand HLA-DR2- oder HLA-DR3-positiv ist, ist das Risiko für eine Kollagenose erhöht. Ähnliches gilt für die Antigene HLA-B8, -B15 und -B19. Also kann auch die genetische Disposition eine Rolle spielen, was sich auch darin zeigt, dass Kollagenosen familiär gehäuft auftreten können.

Als weitere Risikofaktoren werden die Einnahme bestimmter Medikamente, wie Hydralazin oder Procainamid, die regelmäßige Schädigung von Zellen durch Sonnenlicht oder eine Infektion mit bestimmten viralen Erregern diskutiert. Letztlich sind die Auslöser aber weiterhin ungeklärt.

Kollagenose: Welche Symptome treten auf?

Da eine Kollagenose ganz unterschiedliche Formen annehmen kann, unterscheiden sich auch die Symptome der Erkrankung stark. Es gibt jedoch einige wenige Symptome, die typisch für alle Formen der Kollagenose sein können.

Dazu gehören:

  • Gelenkschmerzen
  • Gewichtsverlust
  • Erschöpfung und allgemeines Krankheitsgefühl
  • häufig dauerhaft bestehendes, leichtes Fieber (meist unter 38,5 Grad)
  • vaginale Trockenheit
  • Raynaud-Syndrom (kalte, zunächst weiß verfärbte Finger, die dann eine blaue und schließlich eine rote Färbung annehmen)

Welche Symptome darüber hinaus bei den einzelnen Krankheitsarten auftreten können, lesen Sie im Folgenden.

Sjögren-Syndrom

Das Sjögren-Syndrom macht sich besonders häufig durch trockene Augen und einen trockenen Mund bemerkbar. Treten beide Symptome gemeinsam auf, spricht man auch vom Sicca-Syndrom. Die Verminderung der Tränenflüssigkeit lässt sich mit einem bestimmten Test, dem Schirmer-Test, feststellen. Die verminderte Speichelabsonderung wird mittels des unstimulierten Speicheltests überprüft.

Auch die Gelenke sind beim Sjögren-Syndrom häufig betroffen. Etwa 70 Prozent der Patient*innen leiden an einer nicht-erosiven Arthritis, das heißt, einer Arthritis ohne Erosionen (Gewebeschäden) an den Gelenken.

Das Raynaud-Syndrom tritt bei knapp der Hälfte der betroffenen Personen mit Sjögren-Syndrom auf. Es ist ein besonders frühes Krankheitsanzeichen. Hier finden Sie weitere Informationen zum Sjögren-Syndrom.

Sklerodermie

Man unterscheidet zwischen der progressiven systemischen Sklerodermie (Systemsklerose) und der zirkumskripten Sklerodermie, die jeweils wiederum verschiedene Unterformen aufweisen. Bei der Systemsklerose können auch innere Organe von der Erkrankung betroffen sein, bei der zirkumskripten Sklerodermie kommt es meist zu Veränderungen der Haut, seltener auch des Muskel- und Fettgewebes.

Die Sklerodermie führt zu einer Verhärtung (Sklerose) des Bindegewebes, was eine Beeinträchtigung der Beweglichkeit und der Funktion der betroffenen Organe zur Folge haben kann. Ist die Haut betroffen, zeigt sich die Sklerodermie in Form von Schwellungen, Rötungen und spürbaren Verhärtungen an den jeweiligen Stellen. In diesem Artikel lesen Sie mehr zum Krankheitsbild der Sklerodermie.

Systemischer Lupus erythermatodes

Beim SLE reichen die Symptome von Gelenkbeschwerden, Nierenentzündung und Hauterscheinungen bis zu verstärkter Lichtempfindlichkeit. Häufig kommt es im Gesicht zu einem sogenannten Schmetterlingserythem, also einer schmetterlingsförmigen Rötung an Stirn und Wangen.

Darüber hinaus sind ein kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata) sowie die Bildung von (meist nicht schmerzhaften) Geschwüren am Gaumen zentrale Symptome dieser Kollagenose. Eine umfassende Übersicht zum Lupus eryhtermatodes bietet dieser Artikel.

Polymyositis und Dermatomysitis

Die Polymyositis betrifft hauptsächlich die Muskulatur und das sie umgebende Bindegewebe. Dies zeigt sich insbesondere in einer Muskelschwäche. Sobald es zusätzlich zu Hauterscheinungen wie Rötungen im Gesicht oder ovalen Knötchen (Papeln) an den Streckseiten von Fingern und Händen kommt, nennt man die Kollagenose Dermatomyositis.

Neben starken muskelkaterartigen Beschwerden können auch hierbei Gelenke, Lunge und Herz betroffen sein. Die Diagnose wird mit einer Muskelbiopsie und der Bestimmung der Muskelerregbarkeit gesichert.

Antiphospholipid-Syndrom

Beim Antiphospholipid-Syndrom beeinträchtigen die Autoantikörper die Blutgerinnung. Meist kommt es zu Thrombosen, es kann aber auch eine verstärkte Blutungsneigung auftreten. Bei schwangeren Frauen können Blutgerinnsel in der Plazenta dazu führen, dass der Fötus nicht ausreichend versorgt wird. Bei jungen Frauen, die mehrfach eine Fehlgeburt erleiden, sollte man durch eine ärztliche Diagnose abklären lassen, ob diese Form der Kollagenose vorliegt.

Mischkollagenose

Die Mischkollagenose äußert sich durch eine Mischung verschiedener Symptome der anderen Kollagenose-Formen. Oftmals handelt es sich um eine Mischform zwischen SLE und Systemsklerose. Zu Beginn der Erkrankung tritt besonders häufig das Raynaud-Syndrom auf, viele Betroffene leiden zudem an Entzündungen der Gelenke.

Undifferenzierte Kollagenose

Kann durch die Diagnose (noch) nicht genau geklärt werden, um welche Form der Kollagenose es sich handelt, spricht man zunächst von einer undifferenzierten Kollagenose.

Diagnostik: Wie erkennt man eine Kollagenose?

Eine Kollagenose zu diagnostizieren, ist eine schwierige Angelegenheit. Je nachdem, an welchem Organ die Entzündungen auftreten, variieren die Symptome stark. Zudem können im Rahmen von Blutuntersuchungen zwar Antikörper gegen diverse Zellbestandteile zu finden sein, sie müssen aber nicht unbedingt auftreten. Dennoch liefern Blutwerte wichtige Hinweise bei der Diagnose der Erkrankung.

Daneben kommen je nach vermuteter Organbeteiligung weitere Untersuchungen zur Diagnose infrage. Dazu gehören beispielsweise Gewebeproben aus Haut oder Nieren, die Messung des Blutdrucks, ein Lungenfunktionstest oder eine Urinprobe.

Kollagenose: Welche Blutwerte sind wichtig?

Eine besondere Rolle bei den Blutwerten spielen die Antinukleären Antikörper (ANA). Ihr erhöhtes Vorkommen ist ein Kennzeichen für rheumatisch-entzündliche Erkrankungen und auch bei Kollagenosen ist ihr Anteil im Blutserum häufig erhöht. Gemessen werden ANA in sogenannten Titer-Stufen, bei denen das Blutserum schrittweise verdünnt wird. Je länger die Antinukleären Antikörper im verdünnten Blut nachgewiesen werden können, desto höher ist ihre Konzentration.

Insbesondere bei systemischem Lupus erythematodes, bei Sklerodermie oder Mischkollagenosen können erhöhte Werte ein Hinweis auf die jeweilige Erkrankung sein. Beim Antiphospholipid-Syndrom, dem Sjögren-Syndrom sowie der Polymyositis und Dermatomyositis sind die Antinukleären Antikörper nur in circa 40 bis maximal 70 Prozent aller Krankheitsfälle erhöht. Darüber hinaus können sie gerade im höheren Alter auch bei gesunden Menschen bisweilen erhöht sein.

Die ANA-Werte können also immer nur einen Teil der Diagnostik darstellen und sollten zusätzlich zur Analyse der vorliegenden Beschwerden und möglicher Schädigungen an Organen betrachtet werden.

Gibt es Hinweise auf das Vorliegen einer Kollagenose, können zur genaueren Bestimmung der Form neben den ANA noch weitere Antikörperwerte gemessen werden. So sind beispielsweise beim Sjögren-Syndrom auch die SS-A/Ro-Antikörper sowie die SSB(La)-Antikörper erhöht, beim systemischen Lupus erythermatodes die ENA-Antikörper.

Behandlung von Kollagenosen

Es gibt medikamentöse und nicht-medikamentöse Methoden zur Behandlung von Kollagenosen. Je nach Form der Kollagenose können sich diese Therapieformen jeweils etwas unterscheiden.

Therapie mit Medikamenten

Die Hemmung von Entzündungen und die medikamentöse Unterdrückung des Immunsystems nehmen die Hauptrolle bei der Behandlung der Kollagenosen ein. Um die Reaktion des Immunsystems zu hemmen und akute Entzündungen einzudämmen, kommen in der Regel zunächst Präparate mit Kortison (Glukokortikoide) zum Einsatz. Langfristig sollten diese aber nur in geringer Dosierung angewendet werden, da sie starke Nebenwirkungen auslösen können. Dazu zählen unter anderem eine Erhöhung des Osteoporose-Risikos, erhöhte Blutzuckerwerte und Gewichtszunahme. Daneben werden als Immunsuppressiva oftmals Methotrexat und Azathioprin angewendet.

Des Weiteren werden meist Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) zur Behandlung genutzt. Auch diese wirken entzündungshemmend sowie schmerzlindernd und ersetzen häufig langfristig die Kortison-Präparate ganz oder zumindest teilweise.

Sogenannte Biologika sind eine neuere Form der Therapie. Zur Behandlung des systemischen Lupus erythematodes steht das Antikörper-Mittel Belimumab zur Verfügung, das bestimmte Botenstoffe und damit die Reaktion des Immunsystems hemmt. Das Mittel wird intravenös verabreicht.

Ebenfalls zur Behandlung des SLE zugelassen ist das Anti-Malaria-Mittel Hydroxychloroquin.

Nicht-medikamentöse Therapie

Neben dem Einsatz von Medikamenten können auch andere Behandlungsformen zur Linderung der Beschwerden beitragen.

Die Bewegungseinschränkungen bei der Sklerodermie und den arthritischen Symptomen können mit gezielten Übungen gemildert werden.

Daneben können Symptome wie trockene Augen oder ein trockener Mund beim Sjögren-Syndrom mit künstlicher Tränenflüssigkeit und reichlicher Flüssigkeitsaufnahme gelindert werden.

Gegen das Raynaud-Syndrom hilft ausreichender Kälteschutz, gegen die Photosensibilität muss ein konsequenter Sonnenschutz in Form von Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor benutzt werden.

Für alle Kollagenosen gibt es Selbsthilfegruppen, die mit einer Vielfalt von Informationen auch im Internet vertreten sind. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann auch dabei helfen, mit der eventuell durch die Erkrankung ausgelösten psychischen Belastung besser umzugehen. Im Zweifelsfall kann hier auch eine psychologische Behandlung helfen.

Kollagenose: Prognose und Lebenserwartung

Grundsätzlich gilt, dass Kollagenosen nicht heilbar sind. Die Symptome können aber gelindert und der Krankheitsverlauf gehemmt werden.

Die Lebenserwartung ist geringer, wenn lebenswichtige Organe, wie das Herz oder die Lunge, von der Erkrankung betroffen sind oder wenn eine Nierenbeteiligung vorliegt. Auch gibt es milde und aggressive Verlaufsformen der Kollagenosen, was wiederum die Prognose beeinflusst. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie können die Schädigung von Organen verhindern oder hinauszögern und damit auch die Lebenserwartung verbessern.

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