Gentechnik
Insulin mit Hilfe der Gentechnik
Über 300.000 Menschen in Deutschland leiden an Diabetes. Sie benötigen Insulin, ein Hormon, das mittlerweile auf gentechnischem Weg produziert wird. Insulin wird von den Langerhans'schen Inseln der Bauchspeicheldrüse produziert, es sorgt für die Regulation des Zuckerspiegels. Fällt das Hormon aus, führt dies zum Krankheitsbild der Diabetes. Menschliches Insulin ist das erste Medikament, das gentechnisch hergestellt wurde. Seit 15 Jahren kann das für Zuckerkranke lebenswichtige Hormon produziert werden, ohne es aus der Bauchspeicheldrüse von geschlachteten Rindern oder Schweinen zu gewinnen. Mit Hilfe der Gentechnik wurde der Insulin-Bauplan aus den Zellen eines Menschen isoliert und in Bakterien oder Hefen übertragen. In großen Rührkesseln, sogenannten Fermentern, vermehren sich die Mikroorganismen und stellen menschliches Insulin her. Gentechnisch hergestelltes Insulin ist deshalb absolut frei von Erregern aus Tieren.
Schwierige Begriffe: Gen, Genom und Gentechnik
Das Gen ist die kleinste Einheit des Erbgutes (Erbgut wird auch Genom genannt, also die Gesamtheit aller Gene eines Organismus). Unser Genom beinhaltet zwischen 30.000 bis 40.000 Gene; das sind nur ca. 300 Gene mehr als die Maus und rund doppelt so viele wie die Fruchtfliege. Ungefähr 9.000 menschliche Gene sind schon nachgewiesen. Die Gentechnik umfasst alle biologisch-technischen Verfahren, die gezielt das Erbgut einer Zelle verändern. Die Erbinformation ist in einem gigantischen Molekül mit dem Namen Desoxyribonukleinsäure gespeichert, dafür hat sich im wissenschaftlichen Sprachgebrauch die Abkürzung DNA eingebürgert (nach dem englischen Begriff desoxyribonucleid acid), im Deutschen wird ansonsten von DNS gesprochen.
Das Prinzip der Gentechnik: Abschnitte fremder DNA werden in die Zelle eingeschleust, um dort definierte Veränderungen herbeizuführen. Das bekannte Beispiel ist das so hergestellte Medikament Humaninsulin. Bei der gentechnischen Herstellung von Medikamenten werden Gene, die therapeutisch verwertbare Substanzen codieren, in möglichst einfach kultivierbare Zellen übertragen. Ideal dafür sind Bakterien, seltener auch Hefe- und Säug etierzellen. Mit Hilfe der Gentechnologie entstanden neue Medikamente wie Humaninsulin, Impfstoffe wie ein Mittel gegen Hepatitis B und Diagnostika, die heute bereits weltweit eingesetzt werden.
Die Zulassung von Medikamenten, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Organismen hergestellt werden, wird durch das Arzneimittel- und das Tierseuchengesetz geregelt. Außerdem muss eine Genehmigung nach dem Gentechnikgesetz vorliegen. Eine wesentliche Aufgabe der Humangenomforschung ist es zu erkennen, welche Gene wie an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind. Daraus erwarten die Wissenschaftler neue Konzepte für die Behandlung etwa von Herz-Kreislaufkrankheiten, Krebs, Infektionskrankheiten oder Krankheiten des Nervensystems wie der Parkinsonschen Krankheit, der Multiplen Sklerose oder der Alzheimerschen Erkrankung.
Das geklonte Schaf
Schottischen Wissenschaftlern war es 1996 gelungen, ein Schaf zu klonen, nachdem sie die Euterzelle eines sechs Jahre alten Schafs entnommen und in eine zuvor entkernte Eizelle eingesetzt hatten. Dolly, die Kopie eines anderen Schafes, ein Wundertier der Wis senschaft, das Kunstprodukt aus Fleisch und Blut war aus dem Erbgut einer Köperzelle entstanden. Doch schon Mitte 1999 stellte man fest, dass Dollys Erbgut ungewöhnlich alt aussah - Dolly musste kürzlich eingeschläfert werden. Beim Klonen jedoch findet keine Veränderung des Erbguts statt. Unter Klonen versteht man im allgemeinen die künstliche Herstellung genetisch identischer Lebewesen. Natürlicherweise genetisch identisch sind beispielweise alle Bakterien einer Kolonie, beim Menschen als Sonderfall die eineiigen Zwillinge.
Grüne Gentechnik
Ein Einsatzgebiet der so genannten grünen Gentechnik ist die Herstellung von Lebensmitteln. Experten schätzen, dass in Deutschland zwischen 50 und 70 Prozent unserer Nahrungsmittel mit Gentechnik in Berührung gekommen sind. Angefangen bei den Enzymen und Aromastoffen für unser Brot über Anti-Matsch-Tomaten, pilzresistenten Rotwein bis zur leistungsgesteigerten Milchkuh reicht die Bandbreite der genveränderten Produkte. Man untersucht die Nutzung gentechnischer Veränderungen etwa bei der Biologischen Schädlingsbekämpfung mittels genmanipulierter Viren oder zur Qualitätsverbesserung pflanzlicher Erzeugnisse, etwa bei Lebensmitteln die Verbesserung von Haltbarkeit, Lagerfähigkeit, Verträglichkeit, Nährwert und Geschmack. Nicht nur Tiere und Pflanzen, die unmittelbar als Lebensmittel dienen, werden gentechnisch verändert, sondern auch Mikroorganismen, die Lebensmittel verändern und veredeln. Beispiele sind die klassischen biologischen Verfahren der Bier- und Weinproduk tion oder der Reifung von Käse.
Hoffnung Gentherapie
Die Gentherapie verwendet alle Verfahren, die eingesetzt werden, um direkt das Erbgut für medizinische Zielsetzungen zu beeinflussen. Gentherapeutische Maßnahmen werden zur Behandlung von Erb- und Krebskrankheiten bereits verwendet. Hier liegen große Hoffnungen, die zwar vorsichtig und in einem langen Zeitraum gedacht sind und sich darauf stützen, dieses Verständnis für bessere Therapien von bestimmten Krankheiten nutzen zu können. Gelingt es z.B. Gene zu identifizieren, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, könnten im Idealfall neuartige Medikamente entwickelt werden, die die Ursachen bekämpfen und nicht nur die Symptome.
Stammzellen-Behandlung im Mutterleib
Mit einer Stammzellen-Behandlung im Mutterleib ist es Kalifornischen Wissenschaftlern erstmals gelungen, eine Erbkrankheit schon vor der Geburt zu heilen. Immundefizienz ist eine Krankheit, bei der die Neugeborenen keine Abwehrkräfte gegenüber Bakterien haben und deshalb die ersten Lebensjahre in einem keimfreien Zelt leben müssen. Dazu wurden dem Ungeborenen noch vor der 16. Schwangerschafts-Woche gesunde Stammzellen von dem Nabelschnurblut eines anderen Babys injiziert. Stammzellen sind Vorläufer ausdifferenzierter und damit spezialisierter Zellen. Im Knochenmark beispielsweise befinden sich u.a. Stammzellen für die im Blut vorkommenden Zellen wie Lymphozyten.
Stammzellen von Embryonen können sich zu einem kompletten Organismus entwickeln (dann spricht man von Totipotenz). Stammzellen sehr niedrigen Reifegrades befinden sich, wenn auch in sehr geringer Zahl, ebenfalls in Geweben des erwachsenen Menschen wie Leber, Niere, Gehirn oder auch im Nabelschnurblut des Neugeborenen könnten als A lternative zu embryonalen Stammzellen dienen - dies ist gegenwärtig Gegenstand der Forschung. Mit der Stammzellen-Transplantation gelang es den Forschern erstmals, die Immundefizienz schon im Mutterleib zu heilen. Daher können die injizierten, gesunden Zellen an Stelle der körpereigenen Zellen treten. Wenn sich die gesunden Zellen im Körper des Babys ansiedeln, ist das fehlende Enzym ersetzt und der Defekt ist ausgeschaltet.
Das menschliche Erbgut ist weitgehend entschlüsselt. Dies gilt als Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. Doch genau hier stellen sich neue Anforderungen an Wissenschaft, Politik und Ethik. Die Ethik ist gefordert, aufzuzeigen, ob und wie sich diese Erkenntnisse in so unterschiedlichen Bereichen wie Medizin und Landwirtschaft verantwortungsbewusst nutzen lassen.
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