Untersuchung der Leber- und Gallenwege
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Untersuchungen von Leber und Gallenwegen

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 01.07.2021 - 18:15 Uhr

Die Leber ist die "Chemiefabrik" des Körpers: Sie entgiftet das Blut und produziert, verarbeitet und speichert wichtige Substanzen. Die von ihr hergestellte Galle dient der Fettaufnahme im Darm und der Ausscheidung von Stoffwechselschlacken. Der Mensch kann zwar ohne Gallenblase, nicht jedoch ohne Leber existieren. Trotzdem verursachen Leberkrankheiten meist erst spät Beschwerden. Durch welche Untersuchungen man Erkrankungen der Leber und Gallenwege erkennen kann, erfahren Sie im Folgenden.

Erkrankungen der Leber und Gallenwege: Warnsignale und Symptome

Wird Gewebe der Leber – zum Beispiel durch eine Entzündung – zerstört, gelangen Substanzen aus den Leberzellen ins Blut und lassen sich dort nachweisen. Lässt die Funktion der Leber nach, zeiget sich dies durch vermindert gebildeten Substanzen oder die Ausgangsprodukte stauen sich, weil sie nicht richtig weiterverarbeitet werden können. Auch dies lässt sich vor allem im Blut nachweisen.

Unspezifische Warnsignale werden zunächst häufig übersehen – erst, wenn sich auch Wirkungen an anderen Organen wie Haut, Milz und Gehirn zeigen, wird die Erkrankung richtig wahrgenommen. Lebersymptome sind gerade am Anfang recht unspezifisch:

Juckreiz, Gelbfärbung der Haut und Augenbindehaut, dunkler Urin und heller Stuhl, Wassereinlagerung im Bauch, Schmerzen von Muskeln und Gelenken, Nasenblutungen und Blutergüsse sowie – bei Männern – vermindertes Wachstum der Brust- und Bauchbehaarung treten meist erst später auf.

Leber und Gallenwege: Welcher Arzt?

Zunächst einmal stellt sich die Frage, welcher Arzt zur Untersuchung von Leber- und Gallenwegen aufgesucht werden sollte. Schwerpunktmäßig befasst sich ein Gastroenterologe mit Erkrankungen der Leber, der Gallenblase sowie des Magen-Darm-Traktes. Ausschließlich auf Leber und Galle spezialisiert ist ein Hepatologe.

Grunddiagnostik – welche Untersuchungen werden durchgeführt?

Bei der körperlichen Untersuchung liegt der Betroffene in der Regel.

  • Äußerlich sichtbare Krankheitszeichen (Inspektion) sind zum Beispiel Wassereinlagerungen, gelbliche Bindehäute der Augen und Kratzspuren oder Gefäßspinnen an der Haut.
  • Bei der Tastuntersuchung (Palpation) und beim Abklopfen (Perkussion) kann der Arzt die Leber und Gallenblase unter dem rechten Rippenbogen untersuchen und prüfen, ob diese schmerzempfindlich sind.
  • Setzt er gleichzeitig sein Stethoskop zum Abhören ein (Auskultation), kann er auch die Darmgeräusche und größere Wassereinlagerungen beurteilen.

Bestimmung der Leberwerte

Zur Grunddiagnostik gehört auch die Bestimmung der sogenannten Leberwerte. Dazu gehören die Transaminasen (ALAT = GPT, ASAT = GOT), Gamma-GT sowie die alkalische Phosphatase (AP). Diese werden bei den meisten Routineblutuntersuchungen mitbestimmt, da sie gut geeignet sind, erste Hinweise auf eine Leberstörung oder Gallestau zu geben. Sind sie erhöht, müssen spezifischere Tests folgen.

Da die Leber bei einer Vielzahl von Stoffwechselprozessen beteiligt ist, kann ihre Leistung nur in der Zusammenschau verschiedener Tests eingeschätzt werden. Die wichtigste Rolle spielen hierbei Blutuntersuchungen:

  • Bilirubin: Der Gallenfarbstoff ist häufig erhöht, da er von der Leber nicht mehr so verändert wird, dass er über die Galle und den Darm ausgeschieden werden kann. Auch durch Gallensteine oder Tumore kann Bilirubin nicht mehr richtig abfließen. Stattdessen bleibt er im Blut, lagert sich in den Augen und der Haut ab und führt zur Gelbsucht.
  • Cholinesterase: Dieses Enzym wird normalerweise von den Leberzellen produziert und ins Blut abgegeben. Es ist bei Funktionsstörungen also erniedrigt.
  • Ammoniak: Dieses Stoffwechselendprodukt wird bei Leberstörungen, wie beispielsweise einer Leberzirrhose, nicht mehr ausreichend ausgeschieden und reichert sich so im gesamten Körper an. Im Gehirn führt es zu Hirnleistungsstörungen.
  • Albumin / Eiweiße: Eine verminderte Leberfunktion bedeutet auch eine verminderte Synthese von Eiweißen. Diese sind deshalb – in bestimmter Konstellation – im Blut vermindert.
  • Quick-Wert (bzw. INR-Wert): Viele Gerinnungsfaktoren werden in der Leber produziert. Ist ihre Herstellung gestört, ändern sich die Gerinnungsparameter wie der Quickwert entsprechend.
  • Blutplättchen (Thrombozyten): Da infolge des Leberversagens häufig auch die Milz vergrößert ist, werden dort die Blutplättchen vermehrt abgebaut. Auch dies führt zu Gerinnungsstörungen.
  • Gallensäuren: Diese werden wie das Bilirubin nicht mehr ausreichend ausgeschieden. Durch diese Gallenstauung (Cholestase) steigen die Bestandteile der Gallenflüssigkeit im Blut an und können zu Juckreiz führen.
  • Vitamine: Um die Vitamine A, D, E und K aus dem Darm aufzunehmen, braucht man einen intakten Fettstoffwechsel. Dieser ist bei Leberkrankheiten häufig gestört. Bei Alkoholmissbrauch sind oft auch Vitamin B, Folsäure und Spurenelemente wie Zink vermindert.
  • Blutzucker: Zucker wird über Leber und Darm ins Blut aufgenommen. Nicht selten kommt es im fortgeschrittenen Stadium einer Lebererkrankung zu Störungen im Zuckerstoffwechsel bis hin zu einem Diabetes mellitus.
  • Elektrolyte: Salze wie Natrium und Kalium können im Blut vermindert oder im Überschuss vorhanden sein.

Das Ausmaß des Leberversagens und die Prognose lassen sich mit einem Klassifikationssystem (nach Child-Pugh) beurteilen – dazu werden drei Laborwerte (Bilirubin, Albumin, INR-Wert) und zwei klinische Befunde (Bauchwasser, Hirnleistungsstörungen) zueinander in Bezug gesetzt und in Punkte aufgeteilt.

Die Punktewerte des Klassifikationssystems bedeuten folgendes:

  • 5 bis 6 Punkte: gute Leberfunktion (Stadium A)
  • 7 bis 9 Punkte: mäßige Leberfunktion (Stadium B)
  • > 10 Punkte: geringe Leberfunktion (Stadium C)

Bildgebende Verfahren

Neben der Grunddiagnostik und der Erhebung der Leberwerte können auch Geräteuntersuchung Aufschluss über Störungen der Leber und Gallenwege geben. Zur Diagnostik der Erkrankung können ganz unterschiedliche bildgebende Verfahren eingesetzt werden, die je nach vermuteter Ursache ausgewählt werden.

Ultraschall (Sonographie)

Im Vergleich zum Abtasten erlaubt der Ultraschall wesentlich genauere Aussagen über Organgröße, Gewebsstruktur und diffuse oder lokale Veränderungen wie Leberverfettung oder Gallensteine. Benötigt man eine Gewebeprobe (beispielsweise bei dem Verdacht auf einen Tumor oder zur Einschätzung der Bindgewebsveränderung), lässt sich bei der Leberpunktion unter Ultraschallkontrolle die entsprechende Stelle gezielt ansteuern und kontrollieren.

Mit einer Zusatzeinrichtung kann man mittels Doppler- und Duplexsonographie den Blutstrom farbig sichtbar und hörbar machen und so die Gefäße beurteilen und Verschlüsse oder Krampfadern erkennen. Andere bildgebende Verfahren sind meist spezielleren Problemen vorbehalten.

Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT)

In Zweifelsfällen oder bei schwierigen Fragestellungen können diese Untersuchungen die Sonographie ergänzen. Auch Verletzungen, zum Beispiel nach einem Verkehrsunfall, werden mit ihrer Hilfe beurteilt. Besonders bei der Beurteilung von Tumoren und Gallengangsveränderungen spielt das MRT eine wichtige Rolle.

ERC(P) (Endoskopisch-Retrograde-Cholangio-[Pankreato-]grafie)

Mit einem Endoskop lassen sich Gallensteine in den Gallengängen nachweisen und häufig sogar entfernen. Dieses wird – wie bei einer Magenspiegelung – bis in den Zwölffingerdarm vorgeschoben, dann wird Kontrastmittel in die Gallengänge gespritzt und diese werden dann im Röntgenbild beurteilt. Eine endoskopische Untersuchung wird allerdings bei Gerinnungsstörungen wegen der Blutungsgefahr in der Regel nicht durchgeführt.

Leberszintigraphie

Bei der Leberszintigraphie lassen sich mit Hilfe radioaktiv markierter roter Blutkörperchen die Leberfunktion, der Galleabfluss und die Durchströmung der Lebergefäße beurteilen. Dazu wird ein Radiopharmakon in eine Vene injiziert. Mithilfe einer Gamma-Kamera kann der Weg dieses Stoffes durch den Körper sichtbar gemacht werden. So wird beurteilt, ob der Stoff durch die Leber richtig aufgenommen und über die Gallenwege wieder ausgeschieden wird.
Die Untersuchung wird durch die Krankenkassen bezahlt. Bei einer Schwangerschaft ist sie nicht empfehlenswert.

Behandlung von Galle und Leber

Gallensteine können sich durch Druckgefühl im rechten Oberbauch, Völlegefühl, Blähungen und Unwohlsein vor allem bei Aufnahme fettreicher Speisen und kalter Getränke sowie durch wiederkehrende Koliken äußern. Während sich das letztere Problem vergleichsweise einfach und dann meist endgültig durch eine Entfernung der Gallenblase lösen lässt, besteht bei fortgeschrittenen Lebererkrankungen mit der Folge der Leberzirrhose, also dem Umbau in funktionsloses Bindegewebe, meist nur noch die Möglichkeit einer Lebertransplantation oder nur der Beschwerdelinderung ohne Heilung.

Deshalb ist eine frühzeitige Diagnosestellung so wichtig. Alle Krankheiten der Leber (zum Beispiel Virusinfektionen, chronische Vergiftungen, Alkoholmissbrauch) können letztlich zu einer Leberzirrhose und damit zu Beschwerden führen. Das gezielte Befragen des Betroffenen zu seiner Krankengeschichte (Anamnese) dient daher vor allem dazu, erst einmal auf die richtige Fährte zu gelangen; für eine genaue Ursachenbestimmung müssen dann meist verschiedene diagnostische Verfahren eingesetzt werden, wie die Bestimmung von Viren oder Antikörpern im Blut.

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