Frau verspürt Nebenwirkungen von Amitriptylin
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Amitriptylin: Wirkung & Nebenwirkungen

Von: Kathrin Mehner (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 01.09.2020 - 10:28 Uhr

Der Wirkstoff Amitriptylin ist ein Antidepressivum, das in erster Linie zur Behandlung von Depressionen eingesetzt wird. Daneben ist es aber auch zur Therapie von chronischen Schmerzen geeignet. Wie viele andere Antidepressiva hat auch Amitriptylin Nebenwirkungen. Zu diesen zählen unter anderem Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme oder eine Gewichtszunahme. Informieren Sie sich hier umfassend über Wirkung, Nebenwirkungen, Dosierung, Gegenanzeigen sowie die Wechselwirkungen von Amitriptylin.

Was ist Amitriptylin?

Amitriptylin ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der trizyklischen Antidepressiva. In Arzneimitteln liegt er üblicherweise in Salzform als Amitriptylinhydrochlorid vor. Neben Amitriptylin zählen unter anderem noch die Wirkstoffe Doxepin und Trimipramin zur Gruppe der trizyklischen Antidepressiva.

Wirkung: Wofür wird Amitriptylin verwendet?

Amitriptylin wird aufgrund seiner beruhigenden und stimmungsaufhellenden Wirkung vor allem zur Behandlung von Depressionen eingesetzt, die mit Angst und Unruhegefühlen einhergehen.

Neben Depressionen wird Amitriptylin auch zur langfristigen Behandlung von chronischen Schmerzen verwendet. So ist der Wirkstoff beispielsweise zur Vorbeugung von Migräneattacken und Spannungskopfschmerzen geeignet. Aufgrund seiner beruhigenden Wirkung wird Amitriptylin teilweise auch zur Behandlung von krankheitsbedingten Schlafstörungen verschrieben.

Die beruhigende Wirkung von Amitriptylin setzt meist bereits kurze Zeit nach der Einnahme ein. Bis das Antidepressivum auch stimmungsaufhellend wirkt, können jedoch einige Tage bis hin zu wenigen Wochen vergehen.

Einnahme und Dosierung

Amitriptylin kann entweder oral in Form von Tabletten oder Tropfen eingenommen oder als Injektionslösung gespritzt werden. Wie der Wirkstoff dosiert werden muss, ist individuell verschieden und wird jeweils durch den behandelnden Arzt festgelegt. Verstehen Sie daher bitte die folgenden Dosierungsangaben lediglich als allgemeine Richtlinien.

Zu Beginn der Behandlung wird die Amitriptylin-Dosis langsam gesteigert, bis die kleinste wirksame Dosis ermittelt wurde. Bei Depressionen werden zu Beginn häufig zwischen 50 und 75 Milligramm verteilt auf zwei oder drei Dosen verabreicht. Die maximale Dosis liegt ambulant bei 150 Milligramm. Bei älteren Patienten genügt oft schon eine deutlich geringere Dosis, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Generell sollten ältere Patienten den Wirkstoff jedoch nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiken-Abwägung einnehmen.

Wird Amitriptylin zur Behandlung von chronischen Schmerzen eingesetzt, wird in der Regel mit einer Dosis von 25 Milligramm begonnen. Schrittweise kann die Dosis auf bis zu 100 Milligramm angehoben werden.

Wann man Amitriptylin einnehmen sollte, ist nicht vom Anwendungsgebiet abhängig. Das Mittel sollte möglichst abends vor dem Einschlafen eingenommen werden. Dies gilt auch, wenn Amitriptylin zur Behandlung von Schlafstörungen angewendet wird.

Nebenwirkungen von Amitriptylin

Bei der Einnahme von Amitriptylin kann es vor allem zu Beginn der Behandlung zu unangenehmen Nebenwirkungen kommen, weshalb ihm mitunter ein negativer Ruf anhaftet. Manche Betroffene berichten von negativen Erfahrung und bezeichnen den Wirkstoff als "Teufelszeug". Mit der Zeit lassen diese Nebeneffekte jedoch oft nach. Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Amitriptylin zählen Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit, Zittern, niedriger Blutdruck und Kreislaufstörungen. Ebenfalls häufig sind Herzrhythmusstörungen, Herzrasen, Verstopfungen, Gewichtszunahme und Mundtrockenheit.

Oft treten durch die Einnahme von Amitriptylin außerdem Hautausschläge, Bewegungs- und Geschmacksstörungen, Blasenentleerungsstörungen, Störungen der sexuellen Erregbarkeit, Durstgefühl, innere Unruhe, Verwirrtheit und Konzentrationsstörungen auf. Gelegentlich kann es zu Ohrensausen, Durchfall, Bluthochdruck, Verfolgungswahn und Angst kommen. Vereinzelt können sich Nebenwirkungen wie eine Darmlähmung oder ein Darmverschluss sowie eine Leberfunktionsstörung bemerkbar machen.

In seltenen Fällen können durch die Einnahme von Amitriptylin schließlich Nebenwirkungen wie Herzmuskelschäden, Wahnvorstellungen, Gehirnkrämpfe, Nervenschäden, Bewegungsstörungen im Gesicht sowie eine Erhöhungen des Augeninnendrucks auftreten. Ebenso ist eine Zerstörung der weißen Blutkörperchen – eine sogenannte Agranulozytose – möglich.

Durch die Einnahme des Wirkstoffes kann es passieren, dass beim Patienten mögliche Selbstmordgedanken insbesondere zu Beginn der Behandlung verstärkt werden. Gefährdete Patienten sollten deswegen eng überwacht werden.

Überdosierung von Amitriptylin

Wenn Sie die Einnahme von Amitriptylin vergessen haben, ist der Zeitpunkt entscheidend dafür, ob Sie die Einnahme nachholen sollten oder nicht. Liegt dieser bereits relativ nah an der nächsten Einnahme, sollten Sie die Einnahme nicht nachholen. Wenden Sie sich im Zweifelsfall an den behandelnden Arzt.

Wenn Sie eine zu hohe Dosis des Wirkstoffes zu sich genommen haben, suchen Sie sofort einen Arzt auf. Denn bei einer Überdosierung kann der Wirkstoff gefährliche Nebenwirkungen haben. Symptome, die auf eine Überdosierung hindeuten können, sind Mundtrockenheit, ein erhöhter Puls sowie Probleme beim Wasserlassen.

Zudem können bei einer Überdosis Störungen des Zentralnervensystems sowie des Herz-Kreislauf-Systems auftreten. Diese können sich in Symptomen wie Verwirrung, Bewusstseinstrübung, Herz-Rhythmus-Störungen und Krampfanfälle äußern. Außerdem kann es zu Sehstörungen, Störungen der Harnausscheidung und Verstopfungen kommen.

Amitriptylin absetzen

Amitriptylin sollte nie einfach so abgesetzt werden – ansonsten können Nebenwirkungen wie Schlaflosigkeit, Schweißausbrüche, Angstgefühle, Unruhe sowie Übelkeit und Erbrechen auftreten. Stattdessen sollte die Dosis des Medikamentes über einen längeren Zeitraum langsam verringert werden. Besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt, wie Sie die Behandlung mit Amitriptylin am besten beenden können.

Wenn Sie das Medikament nicht gut vertragen, sollten Sie ebenfalls mit Ihrem Arzt Rücksprache halten und Amitriptylin nicht leichtfertig selbstständig absetzen. Auch wenn während der Einnahme manische Phasen auftreten, ist es ratsam, den behandelnden Arzt zu kontaktieren. In der Regel wird dieser den Wirkstoff dann direkt absetzen. Gleiches gilt, wenn sich während der Behandlung zusätzlich neue depressive Symptome zeigen.

Gegenanzeigen von Amitriptylin

Genau wie bei jedem anderen Wirkstoff darf auch Amitriptylin unter bestimmten Umständen nicht angewendet werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff vorliegt.

Weitere Gegenanzeigen sind:

  • Gutartige Prostatavergrößerung mit Restharnbildung
  • Verwirrtheits- oder Erregungszustände mit Sinnestäuschungen
  • Akute Vergiftungen mit Alkohol, Schmerzmitteln, Schlafmitteln oder Psychopharmaka
  • Unbehandelter erhöhter Augeninnendruck (Engwinkelglaukom)
  • Harnverhaltung
  • Verengung des Magenausgangs (Pylorusstenose)
  • Darmverschluss oder Darmlähmung

Ebenso sollte bei Patienten auf die Gabe von Amitriptylin verzichtet werden, die zu Krampfanfällen neigen, an einem Kaliummangel leiden, einen verlangsamten Herzschlag haben oder an bestimmten Herzerkrankungen oder Herzschäden (wie um Beispiel Erregungsleitungsstörungen) leiden.

Bei Patienten mit einer eingeschränkten Leber- und Nierenfunktion, einer gutartigen Prostatavergrößerung ohne Restharnbildung oder Störungen der Blutbildung darf der Wirkstoff nur nach Rücksprache mit einem Arzt und einer sorgfältigen Nutzen-Kosten-Abwägung eingenommen werden.

Amitriptylin in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft sollte Amitriptylin nur angewendet werden, wenn es unbedingt nötig ist. Zwar liegen bislang nur wenige Erfahrungen mit der Anwendung des Wirkstoffes in der Schwangerschaft vor – in Tierversuchen wurden durch die Einnahme jedoch Schäden am Fötus beobachtet. Klären Sie deshalb im Einzelfall immer mit Ihrem behandelnden Arzt ab, ob eine Einnahme während der Schwangerschaft erfolgen kann.

Auch während der Stillzeit sollte der Wirkstoff nicht eingenommen werden, da er in die Muttermilch übergehen kann. Muss während der Stillzeit eine Behandlung mit Amitriptylin erfolgen, sollte vorher abgestillt werden.

Kinder unter 18 Jahren sollten kein Amitriptylin einnehmen, da hier keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen, auch was mögliche Langzeitfolgen für Wachstum und Entwicklung betrifft.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Bevor Sie die Behandlung mit Amitriptylin beginnen, besprechen Sie bitte mit Ihrem Arzt, ob es zu Wechselwirkungen mit anderen von ihnen eingenommenen Medikamenten kommen kann. Unter anderem können folgende Wechselwirkungen auftreten:

  • Bei gleichzeitiger Einnahme von MAO-Hemmern kann das lebensbedrohliche Serotonin-Syndrom auftreten. Deswegen dürfen MAO-Hemmer nicht mit Amitriptylin kombiniert werden. Auch andere Antidepressiva sollten nicht gemeinsam mit Amitriptylin eingenommen werden – dies gilt insbesondere für die Wirkstoffe Fluoxetin und Fluvoxamin.
  • Wird Amitriptylin gleichzeitig mit Medikamenten verwendet, die Einfluss auf die QT-Zeit nehmen, besteht ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen.
  • Bei der Gabe von Blutgerinnungsmitteln vom Cumarin-Typ müssen die Blutgerinnungswerte regelmäßig ärztlich überprüft werden.

Verringerung der Wirkung von Amitriptylin

Bei der gleichzeitigen Einnahme von Amitriptylin kann es bei den folgenden Medikamenten und Wirkstoffen zu einer Wirkungsverstärkung kommen:

  • Schmerz-, Schlaf- oder Beruhigungsmitteln
  • Antihistaminika, Anticholinergika und direkter Sympathomimetika
  • Bestimmte Wirkstoffe gegen Herzrhythmusstörungen wie Amiodaron oder Chinidin
  • Bestimmte Wirkstoffe gegen Epilepsie wie Carbamazepin oder Phenytoin

Gleichzeitig kann es zu einer Verringerung der Wirkung von Amitriptylin kommen. Eine solche Abschwächung der Wirkung kann auch durch die Einnahme von Medikamenten mit den Wirkstoffen Carbamazepin und Phenytoin hervorgerufen werden. Ebenso kann die Konzentration des Antidepressivums im Blut durch Medikamente, die Wirkstoffe aus Johanniskraut enthalten, Nikotin sowie hormonelle Verhütungsmittel herabgesetzt werden.

Der Wirkstoff selbst schwächt dagegen einige Antihypertensiva in ihrer Wirkung ab. Betroffen sind unter anderem Wirkstoffe vom Typ des Clonidins oder Guanethidins. Durch die gleichzeitige Einnahme der Wirkstoffe Cimetidin oder Methylphenidat kann es zu einer Verstärkung der Wirkung und Nebenwirkungen von Amitriptylin kommen. Dies gilt auch für die gleichzeitige Einnahme von Neuroleptika und Antiepileptika.

Amitriptylin und Alkohol

Patienten, die Amitriptylin einnehmen, sollten während der Behandlung auf den Genuss von Alkohol verzichten. Da der Wirkstoff sedierend wirkt, ist es zudem empfehlenswert, das Führen von Fahrzeugen sowie andere gefährliche Tätigkeiten zumindest in den ersten Tagen der Behandlung zu unterlassen. Anschließend sollte der Arzt im Einzelfall unter Berücksichtigung der Dosierung sowie individueller Reaktionen eine Entscheidung treffen.

Weitere Hinweise zur Einnahme von Amitriptylin

Bitte beachten Sie bei der Einnahme von Amitriptylin auch die folgenden Hinweise:

  • Durch die Einnahme kann es zu einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche kommen.
  • Bei Kontaktlinsenträgern können während der Behandlung durch die verminderte Tränendrüsentätigkeit Hornhautschäden auftreten.
  • Intensives Sonnenlicht sollte während der Behandlung möglichst vermieden werden.
  • Die Zähne sollten bei einer Langzeitbehandlung regelmäßig untersucht werden, da ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Karies besteht.