Mit Selbsthypnose gegen Schmerzen

Schmerzen, in erster Linie chronische Schmerzen, lassen sich mittels Hypnose deutlich verringern. Eine Studie der Universität Göttingen beweist, dass dank der erlernbaren Selbsthypnose bis zu 75 Prozent an Medikamenten eingespart werden kann. Sogar ein chronischer Reizdarm kann mit Hypnose therapiert werden. Hypnose hat als therapeutisches Verfahren eine lange Tradition. Seit Jahrtausenden sind Suggestionen und Trance-Rituale wichtige Bestandteile von Heilungsprozessen. Ihre Bedeutung in der modernen Psychotherapie, Medizin und Zahnmedizin wird zunehmend wieder erkannt.
Weniger Medikamente dank Selbsthypnose
Ein Zustand tiefster Entspannung, begleitet von angenehmen Bildern, Wärme, Wohlfühlen, und dabei die Pein vergessen, die jahrelange Rückenschmerzen, Migräneattacken oder Rheuma bereiten: das ist mit Hypnose und Selbsthypnose möglich.
Dr. Stefan Jacobs vom Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie der Göttinger Universität hat dies mit 28 Schmerzpatienten untersucht. Die Patienten lernen, sich selbst bei auftretenden Schmerzattacken in einen Zustand tiefer Entspannung zu versetzen und mindern dadurch den Schmerz.
Als Folge können sie dauerhaft auf 60 bis 75 Prozent ihrer Medikamente verzichten. Nach Angaben des Wissenschaftlers konnte die Dosis bei Schmerzmitteln um 60 Prozent, bei Antidepressiva um 63 Prozent und bei Opiaten sogar um 75 Prozent gesenkt werden. Die Verbesserungen bleiben bei den meisten über etliche Wochen stabil, wie eine Nachuntersuchung nach drei Monaten zeigte.
Insgesamt ging es den Probanden erheblich besser, sie waren arbeitsfähig und gingen wieder unter Menschen. Auch in der Psychotherapie gibt es Erfolge mit Hypnose etwa bei Angstzuständen, die sonst medikamentös behandelt werden.
Hypnose bei Reizdarm
Hypnose wirkt, dies hat eine Studie mit mehr als 200 Patienten gezeigt, sehr erfolgreich gegen das Reizdarm-Syndrom. Wissenschaftler in Manchester behandelten die Patienten mit zwölf einstündigen Hypnose-Sitzungen. 71 Prozent sprachen anschließend von einer nachhaltigen Besserung. Die Wirkung hielt bis zu sechs Jahre an.
Das Reizdarm-Syndrom ist ein weit verbreitetes Krankheitsbild, dessen Ursache unklar ist. Die Betroffenen leiden hauptsächlich unter Schmerzen im Magen-Darm-Trakt, unregelmäßigem Stuhlgang und Blähungen.
Hypnose für jeden?
Zehn Sitzungen mit einem geschulten Therapeuten sind nötig, um Selbsthypnose zu erlernen. Dabei hilft ihnen eine individuell besprochene Audiokassette, sich in die Tiefenentspannung zu versetzen.
Die wenigsten Patienten haben tatsächlich Erfahrung mit Hypnose, viele fragen sich, ob sie überhaupt hypnotisierbar sind. Und erstaunlich hoch ist die Zahl derer, bei denen sich ein solcher Trancezustand erreichen lässt:
- so sind zehn Prozent der Menschen sehr gut hypnotisierbar
- bei 80 Prozent klappt es gut bis zufriedenstellend
- nur bei den restlichen zehn Prozent geht es nicht
Ein eher schlechtes Image, das sie in die Nähe des Hokuspokus rückte, bekam die Hypnose durch die Showhypnosen im Fernsehen, die aus den Patienten scheinbar willenlose Wesen macht. Was aber passiert? In Trance treten gut erforschte physiologische Veränderungen auf: Muskelspannung, Herzfrequenz und Blutdruck werden niedriger, die Atmung gleichmäßig und langsam, der Stresshormonspiegel senkt sich.
Hypnose – die einzelnen Phasen
Den Hypnosezustand kennzeichnen drei Phasen:
- In der Einleitungsphase lenkt der Therapeut die Aufmerksamkeit des Patienten von Außen nach Innen, ein Zustand tiefer Entspannungszustand wird suggeriert. Dies dauert fünf bis zehn Minuten, für besonders tiefe Trancezustände kann sie mehr Zeit beanspruchen.
- In der Behandlungsphase werden mit Hilfe von gezielten Suggestionen und mit Hilfe von Trance-Szenerien und Symbolen Einstellungen, Erleben und Verhalten des Patienten umgelenkt. Hier werden eigene, meist verborgene Kräfte geweckt. Die Behandlungsphase kann je nach Therapieziel wenige Minuten (Schnellhypnose) bis mehrere Stunden (z.B. bei chirurgischen Eingriffen) dauern.
- Vorsichtig wird in der Reorientierungsphase die Trance gründlich wieder zurückgenommen, indem die Wahrnehmung des Patienten wieder von Innen nach Außen gelenkt wird. Auch dies dauert einige Minuten.
Kostenübernahme bei Hypnotherapie
Nach Auskunft der Deutschen Gesellschaft für Hypnose wird Hypnotherapie von den gesetzlichen Krankenkassen nur in Ausnahmefällen auf Antrag übernommen. Bei Privatkassen sind die Kostenübernahmeregelungen sehr unterschiedlich. Der Patient sollte sich vor Therapiebeginn unbedingt bei seiner Krankenkasse über die Möglichkeiten einer Kostenübernahme informieren.
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