Mann mit Alzheimer bei Puzzle (menschlicher Kopf)
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Alzheimer: Symptome & Behandlung der Krankheit

Von: Roxana Männle (Studentin der Humanmedizin)
Letzte Aktualisierung: 04.05.2022 - 09:56 Uhr

Vergessen, den Herd abzustellen oder einen wichtigen Termin verpasst? Zunehmende Vergesslichkeit kann den Alltag deutlich erschweren. Dass Menschen sich mit dem Alter schlechter erinnern können, ist völlig normal. Doch wann ist die Vergesslichkeit krankhaft? Und wann verbirgt sich dahinter die gefürchtete Alzheimer-Erkrankung? In Deutschland sind 1,2 Millionen Menschen von der Diagnose Alzheimer betroffen. Die Krankheit stellt eine enorme Belastung für Betroffene und deren Angehörige dar. Woran Sie die Symptome einer Alzheimer-Demenz erkennen, wie der Verlauf der Erkrankung aussieht und welche Möglichkeiten der Behandlung es gibt, lesen Sie hier.

Definition: Was ist Alzheimer?

Morbus Alzheimer ist eine Demenzerkrankung, die durch Ablagerungen von altersbedingten Eiweiß-Plaques und sogenannten "Alzheimer-Fibrillen" im Gehirn entsteht. Mit zunehmender Dichte der Ablagerungen kommt es zu langsam voranschreitenden Gedächtnisstörungen, kognitivem Abbau und Persönlichkeitsveränderung.

Was ist der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?

Alzheimer ist weltweit die häufigste Ursache einer Demenz. Oft wird deshalb im allgemeinen Sprachgebrauch Demenz mit Alzheimer gleichgesetzt. Doch neben Alzheimer gibt es viele weitere Formen von Demenzerkrankungen, die mit typischen Demenzsymptomen wie beeinträchtigter Gedächtnisleistung, verminderten kognitiven Fähigkeiten und Beeinträchtigungen im Alltag einhergehen. Die einzelnen Demenzerkrankungen unterscheiden sich jedoch in Ursache, Symptomen und Krankheitsverlauf voneinander.

Ursachen: Ist Alzheimer erblich?

Inzwischen hat die Forschung herausgefunden, dass an der Entstehung von Alzheimer genetische Faktoren beteiligt sind. Gendefekte wie das Vorliegen von sogenannten Apolipoprotein-E-Typ-4-Allelen erhöhen das Risiko einer sporadisch auftretenden Alzheimer-Erkrankung um das Zwei- bis Zehnfache. Bei der erblichen Form sind Mutationen im Presenilin-1- oder -2-Gen (PSEN1 oder PSEN2) und im Amyloid-Vorläufer-Protein-Gen (APP-Gen) verantwortlich.

Die Alzheimer-Erkrankung kann also in der Familie vererbbar sein. Dies macht jedoch nur einen geringen Anteil von etwa fünf Prozent aller Fälle aus. Die meisten Alzheimer-Erkrankungen treten sporadisch und mit dem höheren Lebensalter verbunden auf.

Wie entsteht Alzheimer?

Die genaue Krankheitsentstehung ist aus Sicht der Wissenschaft noch immer unklar. Durch Untersuchungen von Hirngewebe wird angenommen, dass fehlgefaltete Proteine (Eiweiße) über immunologische Veränderungen (also Reaktionen des Immunsystems) zunächst zu Ablagerungen an den Nervenzellen im Gehirn und dann zum Absterben dieser Zellen führen.

Dabei soll das Amyloid-Vorläufer-Protein eine wesentliche Rolle spielen. Das Amyloid-Vorläufer-Protein kommt natürlicherweise im Körper vor und wird von Enzymen zerschnitten, sodass das Eiweiß ß-Amyloid freigesetzt wird. Beim gesunden Menschen wird dieses Eiweiß anschließend vom Körper abgebaut. Genetische Veränderungen können jedoch dazu führen, dass dieser Abbau nicht mehr ausreichend stattfinden kann und sich das ß-Amyloid als Plaques (also Beläge) in der Gehirnrinde oder in den Gefäßen des Gehirns ablagert.

Zu hohe Mengen an ß-Amyloid wirken wie Gift auf das Nervensystem und können die Bildung von sogenannten Alzheimer-Fibrillen in der Nervenzelle bewirken. Alzheimer-Fibrillen sind eine Zusammenlagerung eines weiteren Eiweißes: des Tau-Proteins. Es trägt normalerweise zur Stabilität von Strukturen im Nervensystem bei. Durch Fehlfaltungen verklumpt es zu Fibrillen (also Bündeln aus Proteinen) und verliert seine Funktion.

Durch all diese Veränderungen kommt es zur Zerstörung der Synapsen, also der Verbindungen der einzelnen Nervenzellen im Gehirn miteinander, die für den Informationsfluss im Gehirn von wesentlicher Bedeutung sind. Dies passiert insbesondere zwischen hippo- und parahippokampalem Kortex – das sind Bereich des Gehirns, in denen wichtige Prozesse für die Gedächtnisleistung ablaufen. Zudem verringert sich oft die Konzentration von Botenstoffen, die ebenfalls für die Informationsweiterleitung im Gehirn zuständig sind. Auf Ebene des Immunsystems werden schließlich Entzündungsstoffe ausgeschüttet, die zum Absterben der Nervenzellen führen können.

In welchem Alter tritt Alzheimer auf?

Alzheimer ist mit einem Anteil von etwa 70 Prozent die häufigste vorkommende Demenzform im höheren Lebensalter. Ein hohes Alter ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Erkrankung. 30 bis 40 Prozent der über 80-Jährigen sind von Alzheimer-Demenz betroffen.

Die senile Form dieser Demenzerkrankung tritt definitionsgemäß nach dem 65. Lebensjahr auf und ist durch ein langsames Fortschreiten gekennzeichnet. Alzheimer kann jedoch auch bei jüngeren Menschen auftreten. Man spricht dann von der präsenilen Demenz. Diese geht oft mit einer rasch zunehmenden Verschlechterung der Kognition, also der Wahrnehmungs- und Denkfähigkeit, einher.

Bei Menschen mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) beginnen Alzheimer-Symptome typischerweise bereits früher, mit circa 40 Jahren.

Was sind die ersten Symptome von Alzheimer?

Charakteristischerweise bleibt die Erkrankung über lange Zeit nahezu symptomlos. Erst nach und nach beginnt ein schleichender Verlauf, dabei bleibt die äußere Fassade oft lange gewahrt.

Erste Anzeichen sind meist verminderte Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisstörungen. Am Anfang können neu erlebte Dinge nicht mehr gut erinnert werden und werden leicht vergessen. Das Langzeitgedächtnis hingegen weist erst viel später Lücken auf. Zuerst kommt es zu Schwierigkeiten der zeitlichen und örtlichen Orientierung und dann zu fehlenden Erinnerungen zur eigenen Person oder der aktuellen Situation.

Neben der Beeinträchtigung von Gedächtnis und Orientierung sind weitere Merkmale, die im Verlauf auftreten:

  • häufiges Verlegen von Gegenständen an unpassende Stellen, wie zum Beispiel das Klopapier in den Kühlschrank
  • eingeschränktes Urteilsvermögen, zum Beispiel bei der passenden Kleiderwahl im Sommer und Winter
  • Abnahme des Geruchssinns
  • Sprachstörungen: häufige Wiederholungen, Wortfindungsstörungen oder Wortverwechslungen ähnlicher Begriffe wie Hund statt Katze
  • Störungen in der Ausführung zielgerichteter Bewegungen
  • Nicht-Erkennen von Buchstaben, Wörtern oder Sätzen
  • Verlust der Fähigkeit des Schreibens
  • Beeinträchtigungen im Umgang mit Zahlen, zum Beispiel beim Begleichen von Rechnungen
  • Störung der Sinnesverarbeitung, zum Beispiel beim Erkennen von Bildern, vertrauten Gesichtern oder beim Abschätzen von räumlichen Dimensionen
  • Störungen des Schlaf- und Wachrhythmus
  • Harn- und Stuhlinkontinenz

Die Betroffenen ziehen sich oft aus Unsicherheit vom sozialen Leben immer mehr zurück, geben Hobbys auf und zeigen weniger Eigeninitiative als früher. Die Persönlichkeit bleibt lange unverändert. Persönlichkeitsveränderungen können dann aber sehr ausgeprägt auftreten und sich in verschiedenen Formen zeigen: von Misstrauen und Unwohlsein in fremder Umgebung bis zu aggressivem Verhalten, wahnhaften Theorien als Erklärungsversuche und depressiver Verstimmung durch die emotionale Belastung der Betroffenen.

Verlauf der Alzheimer-Krankheit

Die Erkrankung zeichnet sich oft durch einen wellenartigen Verlauf aus. Der Beginn ist meist schleichend und nimmt in der mittleren Phase plötzlich an Geschwindigkeit zu. Im späten Stadium wird der Krankheitsfortschritt wieder langsamer.

Diagnose der Alzheimer-Demenz

Um die Alzheimer-Erkrankung sicher zu diagnostizieren, wird der*die Arzt*Ärztin zunächst eine ausführliche Anamnese mit der betroffenen Person und wenn möglich mit einer nahestehenden Person führen. Dann folgt eine körperliche Untersuchung mit neurologischer Überprüfung und Erhebung von Laborwerten aus Blut und Urin.

Bei Verdacht auf Alzheimer steht die neuropsychologische Testung im Vordergrund, mit welcher die Gedächtnisleistung erfasst werden kann. Diese Untersuchung umfasst verschiedene Tests:

  • DemTect: Demenz-Screening-Test zur Früherkennung bei Verdacht auf Demenz
  • Mini-Mental-Status-Test (MMST): Erfassung von Orientierung (Jahr, Datum, Jahreszeit), Merkfähigkeit (Wörter wiederholen), Konzentration (Buchstabieren, Rechnen), Sprachvermögen (Gegenstände benennen, Nachsprechen, Schreiben, Zeichnen)
  • MoCA-Test für frühe Stadien und leichte kognitive Symptome
  • Uhrentest zur Überprüfung des räumlichen und abstrakten Denkens: Es soll eine Uhr gezeichnet und eine vorgegebene Uhrzeit darauf markiert werden

Zusätzlich findet eine Bildgebung des Gehirns statt mithilfe von CT, MRT oder SPECT (einer speziellen Methode der Computertomografie). Hierüber sollen Informationen über die Schrumpfung der Hirnrinde und andere Auffälligkeiten wie erweiterte Liquorräume geliefert werden. In der PET (Positronen-Emissions-Tomografie) können die Hirndurchblutung sowie der Sauerstoffgehalt und Zuckerstoffwechsel in den geschrumpften Hirnarealen aufgezeigt werden.

Mithilfe einer Liquorpunktion am Rückenmark kann das gewonnene Gehirnwasser, das sogenannte Liquor, auf erhöhtes Tau-Protein untersucht werden. Das ß-Amyloid ist im Liquor dagegen erniedrigt, da es verstärkt im Hirngewebe abgelagert wird.

In der Histologie (mikroskopische Untersuchung von Gewebeproben) können verkümmerte Gehirnnervenzellen und eine verringerte Anzahl von Synapsen nachgewiesen werden. Ebenfalls unter dem Mikroskop sind Amyloid-Plaques außerhalb der Nervenzellen, wie zum Beispiel in Blutgefäßen, sichtbar. Zudem können Tau-Proteine und Alzheimer-Fibrillen nachweisbar sein.

Mit diesen diagnostischen Verfahren lassen sich symptomatische Demenzformen konkretisieren und andere Ursachen ausschließen. Alzheimer oder andere Arten der Demenz sind nicht immer der Grund für Vergesslichkeit: Auch andere Erkrankungen wie Depression oder Bewusstseinsstörungen können die typischen Gedächtnisstörungen hervorrufen.

Wie erfolgt die Behandlung bei Morbus Alzheimer?

Obwohl an Alzheimer viel geforscht wird, ist die Erkrankung bisher nicht heilbar. Die Medikamente für Alzheimer, sogenannte Antidementiva, wirken nur kurzzeitig und können den Krankheitsfortschritt nicht dauerhaft aufhalten. Auch wenn mit der Behandlung zum aktuellen Forschungszeitpunkt keine Heilung bewirkt werden kann, sollte möglichst früh mit einer Therapie begonnen werden, um Betroffenen trotz Alzheimer noch eine möglichst lange Selbständigkeit zu ermöglichen.

Aktuell werden zwei Medikamente eingesetzt:

  • Zentrale Acetyylcholinesterase-Hemmer wie zum Beispiel Donepezil, Rivastigmin und Galantamin führen zu einem verringerten Abbau von Acetylcholin, einem Botenstoff zur Informationsvermittlung. Durch den verringerten Abbau soll dem Rückgang der Synapsen entgegenwirkt werden. Im leichten bis mittleren Stadium können eine positive Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und eine Verbesserung der Alltagssituation erzielt werden.
  • Der NMD-Rezeptorantagonist Memantin soll die Nervenzellen vor Glutamat schützen. Glutamat kommt bei Alzheimer oft in zu großer Konzentration vor. Memantin kann nachgewiesenermaßen eine Verbesserung der Gehirnleistung und eine damit verbundene verbesserte Alltagsbewältigung sowie ein reduziertes Pflegebedürfnis bewirken. Empfohlen wird Memantin für mittlere bis schwere Formen.

Auch das pflanzlichen Präparat Ginkgo biloba kann gemäß der wissenschaftlichen Leitlinie zur Behandlung von Demenz verwendet werden.

Weitere Formen der Therapie

Neben der medikamentösen Behandlung kann gleichrangig auch die nichtmedikamentöse Therapie wie Musik- und Bewegungstherapie, Logopädie und Ergotherapie, eingesetzt werden. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Verbesserung der Stimmung der Betroffenen und der Unterstützung beim Erlangen einer selbstständigen Bewältigung des Alltags mit der Krankheit.

Eine Strukturierung des Tagesablaufs mit festen Gewohnheiten und Regeln sowie Merkhilfen und die Wiederaufnahme sozialer Kontakte und Aktivitäten können zu Erfolgserlebnissen und erhöhter Lebensqualität beitragen. Hilfreich können auch das Anpassen der Wohnung und andere medizinische Hilfsmittel sein, um die auftretenden Probleme im täglichen Leben besser zu bewältigen.

Warum ist Alzheimer tödlich?

Im Endstadium der Demenz kann es sein, dass Betroffene kaum noch Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen können und die Pflegebedürftigkeit stark zunimmt. Die häufigste Todesursache Demenzkranker sind Infektionen wie Lungenentzündungen. Die Lebenserwartung mit Alzheimer ist kürzer und beträgt durchschnittlich nach Diagnosestellung noch etwa acht Jahre.

Wie kann man Alzheimer vorbeugen?

Menschen mit hohem Bildungsgrad und sozialen Aktivitäten sind oft weniger von Alzheimer betroffen. Vermutet wird, dass zum Beispiel durch intensives Üben die neuronale Plastizität (also die Veränderbarkeit des Gehirns durch Training) gefördert wird und es zur Vermehrung von Nervenverbindungen kommt. Dies kann den Abbau von Nervenzellen zwar nicht aufhalten, aber ausgleichen.

Das Erlernen einer neuen Sprache oder Rechnungen selbst im Kopf zu lösen, statt den Taschenrechner zur Hilfe zu nehmen, können helfen, das Gehirn lange fit zu halten. Außerdem sollte auf regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf geachtet werden. Auch das Beisammensein mit Freunden oder Angehörigen sorgt für geistigen Austausch.

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