Person mit Lepra
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Lepra: Was ist das für eine Krankheit?

Von: Julia Scheuble (Studentin der Humanmedizin)
Letzte Aktualisierung: 25.08.2020 - 14:50 Uhr

Lepra – diese Krankheit scheint aus heutiger Sicht bloß noch in den Geschichten biblischer Vorzeit zu existieren und heutzutage, wenn überhaupt, nur noch in weit abgelegenen Ecken des Fernen Ostens wenige kleine Volksgruppen zu infizieren. Dieses oder Ähnliches dürfte vielen Menschen in den Sinn kommen, wenn sie an Lepra denken – auch bekannt unter dem früher gebräuchlichen Namen Aussatz. Man verbindet mit Lepra ausgesprochen starkes körperliches Leid und soziale Ausgrenzung für die Betroffenen, die früher als Aussätzige bezeichnet wurden. Aber was ist Lepra eigentlich und welche Bedeutung hat diese Erkrankung heute?

Was ist Lepra?

Lepra, auch Hansen-Krankheit oder Morbus Hansen genannt, ist eine Infektionskrankheit und wird von Mensch zu Mensch übertragen. Charakteristisch für die Erkrankung sind Veränderungen der Haut und des Nervengewebes: Abhängig von der Lepraform bildet sich entweder ein Ausschlag oder Hautknoten, die aufplatzen können. Durch den Befall des Nervengewebes kommt es zu Verletzungen, Infektionen und Verstümmelungen sowie Sensibilitätsstörungen und Lähmungen.

Der auslösende Erreger ist das Mycobacterium leprae und befindet sich bei Infizierten besonders im Nasen- und Wundsekret. Das Bakterium kann über die sogenannte Tröpfcheninfektion übertragen werden. Da Lepra aber nur schwach ansteckend ist, ist die Infektionsgefahr sehr gering. Zwischen dem Zeitpunkt der Ansteckung und dem Ausbruch der Krankheit können manchmal sogar Jahrzehnte vergehen. Die sogenannte Inkubationszeit ist also relativ lang.

Symptome und Arten: Woran erkennt man Lepra?

Grundsätzlich werden zwei Hauptformen der Lepra unterschieden, die aber von demselben Erreger ausgelöst werden. Beide Formen verursachen Hautläsionen und den Befall des Nervensystems. Darüber hinaus werden in Fachkreisen auch noch Mischformen dieser beiden Hauptformen unterschieden.

Lepra tuberculoides

Die Lepra tuberculoides ist die gutartigere Form der Krankheit und auch die häufigste Form der Lepra: Der Verlauf ist eher langsam und herrscht bei guter Abwehrlage (also einem entsprechend guten Immunsystem) des Betroffenen vor. Diese Form der Lepra äußert sich folgendermaßen:

  • Die Hautläsionen zeigen sich als große sogenannte Maculae (Flecken) mit aufgehelltem Zentrum.
  • Die Krankheit löst tastbare Verdickungen der Nerven vor allem am Ohr und am Unterarm aus.
  • Es kann zu Sensibilitätsstörungen (verringerte Empfindung über die Haut) und Lähmungen kommen.
  • Die Sensibilitätsstörungen können zu versehentlichen Verletzungen und dadurch Verstümmelungen führen.
  • Bei Ausfall des Gesichtsnervs kommt es zum sogenannten Maskengesicht (facies antonina).
  • Außerdem sind häufig die Augen mitbetroffen (Keratomalazie), was unbehandelt zu Erblindung führen kann.

Lepra lepromatosa

Die Lepra lepromatosa kommt bei geschwächter Abwehrlage vor und führt zu dem bekannten Krankheitsbild der Lepra mit folgenden Symptomen:

  • Hautknoten (den sogenannten Lepromen)
  • dem sogenannten Löwengesicht, bei dem sich durch Leprombildung im Gesicht die Gesichtszüge verändern
  • Haarausfall
  • Verstümmelung der Extremitäten (infolge von unbemerkten Verletzungen)
  • chronische Lidrandentzündungen (Madarosis) mit Wimpernverlust
  • Verlust des seitlichen Teils der Augenbrauen (Lucio-Phänomen)
  • Fehlstellung der Schneidezähne (Möller-Christensen-Phänomen)
  • Fehlbildung der Nase (Sattelnasenbildung)
  • raue Stimme durch Kehlkopfbefall
  • verringerte Schweißsekretion
  • Entzündung der Nierenkörperchen (Glomerulonephritis)
  • Amyloidose

Der Krankheitsverlauf ist sehr schnell und in der Regel kommt es nicht von selbst zu einem Nachlassen der Symptome (spontane Remission). Diese Form ist wesentlich infektiöser als die tuberkuloide Lepra und kann unbehandelt jedes Organ befallen.

Wie bekommt man Lepra?

Lepra kann man entweder über den Kontakt mit erkrankten Menschen oder mit dem Neunbinden-Gürteltier (Dasypus novemcinctus) bekommen. Dieses Gürteltier ist in Südamerika ansässig und hat sich vermutlich beim Menschen mit dem Bakterium angesteckt.

Wie wird Lepra übertragen und wo kommt sie vor?

Der Erreger existiert überall auf der Welt – Lepra ist also nicht ausgestorben. Besonders stark betroffene Regionen sind Brasilien, Indien und Indonesien. Für Urlauber ist die Ansteckung sehr unwahrscheinlich, da die Übertragung der Erreger einen langen und engen Kontakt mit Betroffenen voraussetzt und das in der Regel bei Touristen nicht gegeben ist.

Dass sich immer noch jährlich ungefähr 200.000 Menschen mit dieser Krankheit infizieren, liegt daran, dass in den betroffenen Gebieten der Lebensstandard – und dadurch auch die Hygiene und Ernährung – sehr schlecht sind. Die Betroffenen haben meist ein durch Mangelernährung geschwächtes Immunsystem und keinen Zugang zu Medikamenten, um die Krankheit zu behandeln.

Wie wird Lepra behandelt?

Die Therapie von Lepra erfolgt mithilfe einer Antibiotikakombination, die abhängig von der Krankheitsform ein halbes bis zwei Jahre lang eingenommen wird. Heutzutage werden Leprapatienten auch nicht mehr isoliert und sogar in Mehrbettzimmern mit anderen Patienten behandelt, solange sie keine offenen Wunden haben. Die stationäre Aufnahme ist in der Regel nur bei schweren Verläufen nötig, beziehungsweise bei symptomatischer Therapie (beispielsweise der Wundversorgung) sinnvoll.

Ist Lepra heilbar?

Lepra ist bei früher Erkennung und Behandlung heilbar, das weitere Fortschreiten der Krankheit wird also aufgehalten. Durch den Befall des Nervensystems wird jedoch das Sensibilitätsempfinden verschlechtert, was Muskellähmungen und Verstümmelungen, unter anderem durch unzureichende Wahrnehmung von Verletzungen, nach sich ziehen kann. Diese Veränderungen sind leider nicht mehr rückgängig zu machen.

Weiterführende Informationen zum Thema Lepra heute und den Umgang mit dieser Krankheit finden Sie auf der Seite der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe e. V.

Ist Lepra vererbbar?

Lepra ist nicht vererbbar. Es ist zwar möglich, das Bakterium auf das ungeborene Kind zu übertragen, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist sehr gering. Die Plazentaablösung während der Schwangerschaft stellt jedoch eine größere Gefahr für das Ungeborene dar. Es kann dadurch zu einer Fehlgeburt kommen.

Darüber hinaus können die Nebenwirkungen der Medikamente, die für die Therapie der Lepra der Mutter eingesetzt werden, den Fötus in seiner Entwicklung sehr stark schädigen. Unter diese Präparate fallen Thalidomid, auch bekannt als Contergan®, was in den USA und Südamerika zur Behandlung der Hautgeschwüre bei Lepra genutzt wird, sowie die Antibiotika Clofazimin, Ethionamid und Protionamid.

Lepra in Deutschland

Die Neuinfektionsrate schwankt laut Statistik jedes Jahr zwischen null und zwei. Alle Ansteckungen fanden im Ausland statt. Die Gefahr, sich in Deutschland mit Lepra anzustecken, ist daher verschwindend gering. In Deutschland ist der Nachweis des Erregers meldepflichtig.

Was bedeutet das für meinen nächsten Urlaub?

Es ist ratsam, ein Bewusstsein für diese Erkrankung zu haben, jedoch ist man als Urlauber durch die kurzen Kontaktzeiten einem kaum erhöhten Risiko für die Ansteckung ausgesetzt.

Betroffene Gebiete sind Südamerika, Afrika und Südostasien. Besonders in Brasilien, Angola, Madagaskar, Indien und Nepal ist Lepra auch heute noch zu finden. Am besten man informiert sich vor jedem Urlaub individuell über das Urlaubsziel. Eine Impfung zur Vorbeugung von Lepra existiert nicht.

Geschichte der Lepra

Der Ursprung der Lepra wird in Ostafrika oder Indien vermutet. Sie wurde bereits in biblischen Schriften, in ägyptischen Papyri sowie in Schriften der indischen und chinesischen Kultur gefunden. Damals verbreitete die Krankheit noch viel Angst und Schrecken, da sie die Betroffenen verstümmelte, arbeitsunfähig machte und schließlich tödlich endete. Deshalb wurden die Erkrankten sozial ausgegrenzt und schließlich sogar in ghetto-ähnliche Leprakolonien geschickt.

Eine der bekanntesten dieser Leprakolonien ist Spinalonga, nordöstlich der Insel Kreta in Griechenland. Anfang des 20. Jahrhunderts diente Spinalonga als eine solche Quarantäne für Leprakranke, die sie bis zu ihrem Tode auch nicht mehr verlassen durften. Nach der Einführung von Dapson, einem Medikament gegen Lepra, im Jahr 1948 durften die ersten Spinalonga-Bewohner ihr Exil wieder aufgeben und sich in die Gesellschaft reintegrieren. Kurze Zeit später wurden die Wirkstoffe Clofazimin und Rifampicin in den Jahren 1962 und 1971 zum ersten Mal für die Lepra-Therapie eingesetzt und haben seitdem zur starken Eingrenzung der Erkrankung geführt.

Dieser Umgang mit Leprakranken war damals nicht unüblich. Japan war eines der Länder, welches noch bis 1996 an dieser Segregationspolitik festhielt. 2019 entschädigte die japanische Regierung Angehörige Leprakranker ohne Widerspruch gegen ein Gerichtsurteil, an dem 541 Kläger beteiligt waren.