Frau bekommt Interferon
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Interferon: Wann kommt die Interferontherapie zum Einsatz?

Von: Dr. Kathrin Holzschneider (Psychologin), Miriam Funk (Medizinredakteurin und Physiotherapeutin)
Letzte Aktualisierung: 16.07.2020 - 10:52 Uhr

Was ist ein Interferon? Interferone sind wichtige Botenstoffe des natürlichen Immunsystems und verhindern die Ausbreitung viraler Infektionen. Gentechnisch hergestellte Interferone spielen seit einigen Jahren bei der Therapie von Multipler Sklerose eine entscheidende Rolle. Interferone sind körpereigene Proteine, die zur Gruppe der Zytokine gezählt werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der natürlichen Immunabwehr des Körpers und begrenzen die Ausbreitung viraler Infektionen.

Wirkung von Interferon

Eine Zelle, die von einem Virus befallen wird, setzt Interferon frei. Das freigesetzte Interferon stimuliert die natürliche Immunantwort des Körpers und verhindert eine weitere Ausbreitung des Virus. Interferone lassen sich in Subtypen unterteilen, die sich in ihrer chemischen Struktur unterscheiden und von verschiedenen Zelltypen gebildet werden.

Die prominentesten Vertreter sind: Alpha-Interferon (α-IFN), Beta-Interferon (β-IFN) und Gamma-Interferon (γ-IFN).

Mithilfe gentechnischer Verfahren können Interferone inzwischen künstlich hergestellt und zur Therapie bestimmter Erkrankungen eingesetzt werden. Während Alpha-Interferon bei der Behandlung von Hepatitis C und einigen Tumorerkrankungen eingesetzt wurde beziehungsweise wird, ist Beta-Interferon ein wichtiger Baustein bei der Therapie von Multipler Sklerose (MS). Da Interferone die körpereigene Immunantwort stimulieren, ist eine Interferon-Therapie meist von starken Nebenwirkungen begleitet.

Alpha-Interferon und Hepatitis C

Alpha-Interferon wurde früher häufig zur Behandlung akuter und chronischer Hepatitis C eingesetzt. Eine Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus führt zu einer schweren Entzündung der Leber. In vielen Fällen (circa 60 bis 85 Prozent) verläuft die akute Hepatitis-C-Infektion chronisch und kann langfristig zu erheblichen Leberschäden führen. Eine Interferon-Behandlung bei Hepatitis C dauerte zwischen 24 und 48 Wochen.

Mittlerweile wird eine Therapie mit Alpha-Interferon bei Hepatitis C nicht mehr angewendet. Stattdessen kommt seit 2014 eine nebenwirkungsärmere Behandlung mit sogenannten direkt antiviralen Substanzen (auf Englisch "Direct-acting antiviral Agent", kurz DAA) zum Einsatz.

Beta-Interferon und Multiple Sklerose (MS)

Beta-Interferon kommt meist zur Behandlung von Multipler Sklerose (MS) zum Einsatz. Multiple Sklerose ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankung des jungen Erwachsenenalters. In Deutschland sind laut Deutscher Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) derzeit über 250.000 Menschen an MS erkrankt. Multiple Sklerose ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS) bei der eine wichtige Schutzschicht der Nervenfasern, die sogenannten Myelinscheiden, nach und nach degeneriert. Die Kommunikation zwischen Nervenzellen wird dadurch gestört und es kommt zu verschiedenen neurologischen Ausfällen, die meistens schubweise auftreten.

Die Symptome der Multiplen Sklerose sind sehr unterschiedlich und abhängig davon, welcher Bereich des Nervensystems betroffen ist. Auftreten können beispielsweise Sehstörungen, Kribbelempfindungen oder Schwindel. Da die Erkrankung zu den Autoimmunerkranungen zählt, kann Betra-Interferon hier sehr gut zur Therapie eingesetzt werden, um die Anzahl und die Schwere der Schübe zu senken.

MS: Gamma-Interferon entscheidend?

Bei der Multiplen Sklerose bekämpft das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Zellen. Man vermutet, dass Gamma-Interferon bei der Auslösung von MS-Schüben eine entscheidende Rolle spielt. Beta-Interferon hingegen wird zu Behandlung von Multipler Sklerose eingesetzt. Es blockiert die schubauslösende Wirkung des Gamma-Interferon und dämpft die Entzündungsreaktionen im ZNS.

Die Therapie von MS mit Beta-Interferon erfolgt durch regelmäßige Injektionen (mehrmals pro Woche). In verschiedenen Studien konnte eine Reduktion der Schubfrequenz und der Schwere der Schübe durch Beta-Interferon nachgewiesen werden.

Nebenwirkungen einer Interferontherapie

Die häufigste Nebenwirkung einer Interferon-Therapie sind grippeartige Symptome wie Fieber, Gelenkschmerzen und Müdigkeit. Darüber hinaus kann Interferon erhebliche psychische Nebenwirkungen, wie Depression, Aggressivität, Schlafstörungen, Müdigkeit und Antriebsstörungen haben. Sowohl für Alpha-Interferon als auch für Beta-Interferon sind die beschriebenen Nebenwirkungen sehr ähnlich und häufiger Grund für den Abbruch einer Interferon-Therapie.