Anwendung von Ohrenkerzen
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Wie Ohrenkerzen wirken

Von: Sabrina Haas (Medizinautorin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 09.06.2021 - 18:01 Uhr

Ohrenkerzen, auch Ohrkerzen oder Hopi-Kerzen genannt, sollen einer – erfundenen – Legende nach vom indianischen Volk der Hopi traditionell zur Reinigung der Ohren eingesetzt worden sein. Ohrenkerzen werden zur Entspannung, gegen Ohrenschmalz sowie bei Problemen mit dem Ohr, etwa auch bei Ohrengeräuschen eingesetzt. Seit 1990 werden Ohrenkerzen auch in Deutschland verkauft. Den Herstellern zufolge sollen Ohrenkerzen ihre Wirkung bei Erkältungen, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Hyperaktivität, Ohrenschmerzen sowie Tinnitus entfalten können. Wie sinnvoll ist die Anwendung wirklich und welche Risiken gibt es?

Wofür sind Ohrenkerzen gut?

Immer mehr Dienstleister aus dem Wellness-Bereich bieten eine Ohrkerzenbehandlung zum Abbau von Stress an. Durch das Brennen der Ohrenkerze werden leichte Schwingungen erzeugt, die die Ohrstruktur sowie diverse Reflexpunkte stimulieren sollen.

Bekannt sind Ohrenkerzen aber vor allem dafür, angeblich das Ohrenschmalz zu entfernen und so die Ohren zu reinigen.

Woraus Ohrenkerzen bestehen

Eine Ohrkerze besteht aus einem etwa 20 bis 30 Zentimeter langen, hohlen Röhrchen, das wie ein Kegel geformt ist. Traditionell bestehen Ohrkerzen aus Flachs, allerdings dient heute Baumwolle als Ersatz. Der Baumwollstoff ist in Bienenwachs getränkt sowie je nach Produkt mit individuellen Mischungen aus Kräutern und ätherischen Ölen versetzt.

Am unteren Ende der Ohrenkerzen ist oft ein Filter oder Tropfschutz angebracht, damit das Wachs nicht ins Ohr hineingelangen kann.

Anwendung von Ohrkerzen

Bei der Anwendung von Ohrenkerzen liegt man auf der Seite. Die Ohrenkerze wird mit dem schmaleren Ende zunächst mit einer vorsichtigen Drehbewegung senkrecht in das Ohr geführt, sodass der Gehörgang luftdicht verschlossen ist. Wenn nötig werden die Haare mit einem Tuch abgedeckt.

Dann wird die Ohrkerze angezündet, sodass warmer Rauch in das Innere der Ohren gerät. Die Ohrenkerze wird in der Regel bis zu einer vorgegebenen Markierung abgebrannt. Dann wird die Prozedur beim zweiten Ohr wiederholt.

Aus Sicherheitsgründen ist zu empfehlen, dass die Ohrkerze niemals selbst, sondern immer von einer zweiten Person in das Ohr eingeführt werden soll. Grundsätzlich sollte diese zweite Person immer dabeibleiben, um Unfällen und Verletzungen vorzubeugen.

Angebliche Wirkung von Ohrkerzen

Die angebliche positive Wirkung der Ohrkerzen soll durch den sogenannten Kamin-Effekt zustande kommen. Denn durch das Anzünden der Ohrkerze im Ohr entsteht ein Luftzug nach unten, der wiederum einen leichten Überdruck erzeugt. Nachdem die Hälfte der Ohrenkerze abgebrannt ist, gerät der Luftzug nach oben, sodass eine Druckentlastung bewirkt wird.

Eine mögliche Wirkung von Ohrkerzen lässt sich in drei Phasen unterteilen:

  1. Nach dem Anzünden der Ohrkerze kann sich diese auf den äußeren Gehörgang auswirken. Die erwärmten Kräuter sowie Aromen, die sich außerhalb der Ohrenkerze befinden, sollen zu einer Intensivierung der positiven Wirkung führen.
  2. Druckverhältnisse wechseln sich ab und Vibrationswellen entstehen. Dadurch soll die Durchblutung im Ohr gefördert sowie der Lymphfluss angeregt werden. Zudem soll der Unterdruck das Ohrenschmalz aus dem Gehörgang herausziehen.
  3. Nun findet ein Druckausgleich statt. Dieser soll einen entspannenden Effekt auf die Atmung und das Herz haben sowie zu einer kompletten Entspannung des ganzen Körpers führen.

Ohrenkerzen medizinisch höchst umstritten

Eine mögliche positive Wirkung der Ohrenkerzen ist aus medizinischer Sicht nicht belegt. Auch der reinigende Effekt lässt sich nicht bestätigen, denn der entstehende Unterdruck ist nicht stark genug, um den Ohrenschmalz aus den Ohren zu ziehen – allerhöchstens kann dieser etwas gelockert werden.

HNO-Experten weisen sogar daraufhin, dass die Behandlung mit Ohrenkerzen auch Verletzungen am Ohr und im Gesicht verursachen kann. Denn das heiße, tropfende Wachs der Ohrenkerze kann dazu führen, dass der äußere Gehörgang des Ohrs verstopft wird. Zudem kann die brennende Ohrenkerze auch Verbrennungen am äußeren Ohr, dem Mittelohr, dem Trommelfell oder im Gesicht verursachen.

Deshalb ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Ohrenkerze über Sicherheitsmerkmale wie eine Abbrennmarkierung und einen Sicherheitsfilter oder Auffangteller verfügt. Zudem sollte man die Behandlung niemals alleine durchführen. Nach dem Anzünden der Ohrenkerze kann diese nur noch mithilfe von Wasser gelöscht werden, daher sollte bei der Verwendung von Ohrenkerzen ein mit Wasser gefülltes Glas als Vorsichtsmaßnahme in Greifnähe sein.

Des Weiteren können auch allergische Reaktionen auf die Inhaltsstoffe der Ohrkerzen, etwa auf die ätherischen Öle oder Kräuter, ausgelöst werden.

Wann sollte man Ohrenkerzen nicht anwenden?

Bei folgenden Gesundheitszuständen sollte man Ohrkerzen nicht anwenden:

  • bei eitrigen Entzündungen im Ohr
  • bei Pilzinfektionen im Ohr
  • bei Trommelfellverletzungen
  • bei akuten Ohrenschmerzen
  • bei Innenohrimplantaten

Es ist in diesen Fällen ratsam, direkt einen HNO-Arzt aufzusuchen. Wer sich für eine Behandlung mit Ohrenkerzen entscheidet, sollte sich über die Behandlung an sich sowie über alle möglichen Risiken bei der Anwendung von Ohrkerzen von einem Arzt beraten lassen. Auch wenn die behandelte Person aufgrund anderer Erkrankungen (beispielsweise Rückenprobleme oder Husten) nicht über längere Zeit ruhig liegen kann, sollte auf die Anwendung von Ohrenkerzen verzichtet werden. Aufgrund des relativ hohen Verletzungsrisikos sollten Ohrenkerzen zudem nicht bei Kindern angewendet werden.

Alternative zur Entfernung von Ohrenschmalz

Ohrenschmalz, medizinisch auch als Cerumen bezeichnet, erfüllt eine wichtige Schutzfunktion im Gehörgang. Es hält die Haut geschmeidig und beugt Infektionen und Entzündungen vor. Empfindet man es dennoch als störend, beispielsweise wenn zu viel Ohrenschmalz das Hörvermögen beeinträchtigt, können vorsichtige Spülungen mit Wasser oder spezielle Ohrentropfen das Cerumen aufweichen, sodass es leichter abfließen kann. Bei Unsicherheit oder bei bereits vorliegenden Ohrerkrankungen sollte ein HNO-Arzt aufgesucht werden, der eine professionelle Ohrspülung durchführen kann.

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