Hand hält eine Methadon-Tablette
© Getty Images/Hazal Ak

Methadon: Anwendungsgebiete und Nebenwirkungen

Von: Jule Eder (Studentin der Humanmedizin)
Letzte Aktualisierung: 07.03.2024 - 10:37 Uhr

Methadon ist ein Wirkstoff, der vor allem bei der sogenannten Substitutionstherapie in der Therapie von Heroinabhängigen eingesetzt wird. Der Begriff Substitutionstherapie bezeichnet dabei die Behandlung von opiatabhängigen Patient*innen mit Ersatzstoffen, wobei meist ein endgültiger Entzug angestrebt wird. Einer der bekanntesten der angewendeten Wirkstoffe ist Methadon. Doch was ist Methadon, wann kommt es noch zum Einsatz und wie wirkt es? Und welche Rolle kann Methadon bei der Behandlung von Krebs spielen? Das lesen Sie im Folgenden.

Was ist Methadon für ein Medikament?

Methadon ist ein synthetisch hergestelltes Opioid. Unter Opioiden versteht man eine Gruppe von Arzneistoffen, welche an den sogenannten Opioidrezeptoren wirken. Diese finden sich vor allem im zentralen Nervensystem des Menschen wieder, aber auch an anderen Stellen des Körpers. Rezeptoren sind Andockstellen einer Zelle, welche einen bestimmten Signalstoff binden können – so wie ein Schloss mit dem dazu passenden Schlüssel geöffnet werden kann. Durch die Bindung an einen Rezeptor wird dann eine entsprechende Reaktion ausgelöst.

Die Opioidrezeptoren lassen sich in weitere Gruppen unterteilen, wobei im Falle von Methadon der sogenannte µ-Rezeptor interessant ist. An diesen bindet das Methadon als "Vollagonist", was bedeutet, dass Methadon eine ausschließlich aktivierende Wirkung auf diesen Rezeptor hat und die größtmögliche Wirkung entfaltet.

Methadon unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz und kann nur mit einem speziellen Rezept verschrieben werden.

Wie wirkt Methadon?

Wie alle Opioide hat auch Methadon eine schmerzlindernde, dämpfende und beruhigende Wirkung. Eine besondere Rolle kommt dem Wirkstoff jedoch als Substitutionsmittel zu. Um die Wirkungsweise von Methadon zu veranschaulichen, betrachten wir das Beispiel einer Heroinabhängigkeit. Dabei entsteht sowohl eine körperliche als auch eine psychische Abhängigkeit. Eine Droge wie Heroin gelangt rasch ins Gehirn, hat einen schnellen und starken Wirkeintritt und führt damit zu dem sogenannten "Kick".

Wird im Rahmen der Sucht keine passende Substanz zugeführt, kommt es zu Entzugserscheinungen. Diese können sehr vielfältig sein: von Zittern, Schwitzen und Übelkeit über Schmerzen, Krampfanfälle und psychische Ausnahmezustände. Das sogenannte "Craving", der Suchtzwang, wird nun zu stoppen versucht – da kommt Methadon ins Spiel.

Methadon bindet an die gleichen Rezeptoren wie Heroin und andere Opioide und blockiert diese für einen gewissen Zeitraum. Da Methadon langsamer ins Gehirn gelangt als beispielsweise Heroin, bleibt der „Kick“ aus, wodurch kein Rausch ausgelöst wird. Gleichzeitig wird die Entzugssymptomatik aber verhindert – das körperliche Verlangen ist in dem Moment gestillt.

Im Rahmen einer Substitutionstherapie, manchmal Methadon-Programm genannt, wird versucht, die Dosis von Methadon kontrolliert immer weiter zu reduzieren, bis eine völlige Opioidabstinenz mit erträglichen Entzugserscheinungen erreicht ist. Neben Methadon kommen auch andere Substitutionsmittel zum Einsatz. Eines der bekannteren hat den Handelsnamen Subutex®. Dahinter steckt der Wirkstoff Buprenorphin, ebenfalls ein Opioid. Welches Mittel im Rahmen eines Entzugs verwendet wird, obliegt dem*der behandelnden Arzt*Ärztin.

Abgesehen von der Wahl des Wirkstoffs ist vor allem auch auf eine vollumfängliche Therapie zu achten, da auch die psychische Komponente von entscheidender Bedeutung bei der Behandlung einer Suchterkrankung ist. Das Arzneimittel kann also immer nur ein Baustein eines Drogenentzugs sein, allein reicht ein Ersatz für das Suchtmittel nicht aus, um eine Drogensucht zu überwinden.

Für was nimmt man Methadon noch?

Das wohl bekannteste Anwendungsgebiet von Methadon ist der Einsatz im Rahmen einer Substitutionstherapie, doch angewendet wird es darüber hinaus auch in der Schmerztherapie, wie etwa bei nicht heilbarem Krebs oder neuropathischen Schmerzen. Dies sind Schmerzen, welche durch eine Verletzung oder Dysfunktion (Fehlfunktion) des Nervensystems verursacht werden.  

Bei starken Schmerzen im Rahmen einer unheilbaren Krebserkrankung wird Methadon in den aktuellen Leitlinien zur Schmerztherapie empfohlen. Jedoch wird in Deutschland hierfür eine dem Methadon sehr ähnliche Substanz, das Levomethadon (Handelsname L-Polamidon®) verwendet. Da Levomethadon in seiner Anwendung, Wirkung und Halbwertszeit individuell sehr verschieden ist, wird die Anwendung nur im Rahmen einer Begleitung durch erfahrene Mediziner*innen empfohlen. Dies ist der Grund, warum auch in der Palliativmedizin von Krebserkrankten Levomethadon nicht das Mittel der ersten Wahl ist.

Was sind die Nebenwirkungen von Methadon?

Methadon hat die gleichen – mitunter schweren – Nebenwirkungen wie andere Opioide auch. Dazu zählen:

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Obstipation (Verstopfung) oder Durchfall
  • Appetitverlust
  • Libidoverlust
  • Mundtrockenheit
  • Harnverhalt (Unvermögen, die Blase zu entleeren)
  • Atemdepression, also Schwierigkeiten beim Atmen bis hin zum Aussetzen der Atmung bei Überdosierung
  • Unruhe und Schlaflosigkeit
  • Schwitzen
  • Juckreiz
  • Verlangsamung der Herztätigkeit
  • Kreislaufprobleme

Und obwohl es das Mittel der Wahl bei der Behandlung von Drogenabhängigen ist, kann auch Methadon langfristig abhängig machen.

Bei einer Überdosis kann das Arzneimittel zudem nicht nur zu Atemstillstand führen, sondern auch Krämpfe, Lungenödeme, ein Schock oder ein Kreislaufstillstand sind mögliche Folgen. Die Nebenwirkungen des Opiats sind also nicht zu unterschätzen und Grund dafür, warum man Methadon nicht ohne Rezept kaufen kann.

Methadon und Wechselwirkungen

Verschiedene Substanzen können mit Methadon in Wechselwirkung treten. So verstärkt zum Beispiel die zeitgleiche Einnahme von Alkohol, Benzodiazepinen, Barbituraten oder Antidepressiva die Nebenwirkungen und ist somit zu vermeiden. Auch aus diesem Grund ist eine Methadontherapie nur in Absprache mit speziell ausgebildetem ärztlichem Personal durchzuführen.

Wann sollte man kein Methadon nehmen?

Die Einnahme von Methadon ist in jeder Hinsicht ärztlich abzuklären. Bei bestimmten Patientengruppen ist von der Gabe von Methadon jedoch grundsätzlich abzuraten. Dies ist beispielsweise der Fall bei:

Eine Methadontherapie bei Kindern und Jugendlichen ist nicht empfohlen. Schwangere können mit Methadon behandelt werden, gegebenenfalls aber mit angepasster Dosis.

Wie erfolgt die Dosierung bei einem Entzug?

Zu Beginn einer Substitutionstherapie gilt es, die niedrigstmögliche Dosis zu finden, wobei auch Unterdosierungen aufgrund der auftretenden Entzugssymptome zu vermeiden sind. Klassischerweise startet man mit einer Dosierung von 20 bis 40 mg als Einmaldosis (10 mg entsprechen 1 ml). Diese Dosis kann nach etwa 12 Stunden bei Bedarf angepasst werden, wobei eine Dosissteigerung die Regel und nicht die Ausnahme ist.

Die Einstellungsphase ist hierbei entscheidend für den Erfolg der Behandlung und unterliegt engmaschigen Kontrollen. Durchschnittlich erhält ein*e Patient*in 60 bis 120 mg am Tag, wobei 120 mg die Maximaldosis ist.

Eine letale, also tödliche, Dosis ist schwer zu bestimmen, jedoch kann es im Falle einer Überdosierung zu lebensbedrohlichen Zuständen mit Schock, Kreislaufversagen und Krämpfen kommen. Wichtig ist, dass während der Substitution komplett auf andere Drogen verzichtet wird, denn dieser sogenannte Beikonsum erhöht das Risiko für eine tödliche Überdosierung.

Wie wird Methadon genommen?

Methadon wird klassischerweise im Rahmen eines Entzugs als Tropfen oder in Form von Tabletten eingenommen. Die Einnahme erfolgt normalerweise einmal am Tag.

Zu Beginn wird Methadon unter Sichtkontrolle eingenommen, also unter professioneller Überwachung. Im Verlauf der Therapie ist es möglich, eine "Take-Home-Verschreibung" zu bekommen. In diesem Fall bekommt der*die Patient*in ein Rezept für einen klar definierten Zeitraum, kann dieses bei einer Apotheke einlösen und das Methadon eigenverantwortlich im häuslichen Umfeld einnehmen. Diese Methode erfordert jedoch unter anderem eine ausreichende Stabilität der betroffenen Person und wird im Laufe der Behandlung fortlaufend evaluiert.

Eine Methadontherapie kann nur von qualifiziertem medizinischem Personal durchgeführt werden. Der*die behandelnde Arzt*Ärztin benötigt die Zusatzqualifikation "suchtmedizinische Grundversorgung". Falls diese fehlt, kann eine Therapie auch in Abstimmung mit suchtmedizinisch geschultem ärztlichem Personal erfolgen.

Methadon gegen Krebs?

Die Theorie, Methadon könne ein wirksames Mittel in der Behandlung von Krebs sein, ist bereits seit Anfang der Nullerjahre Gegenstand der Forschung. Labor- und Tierversuche sowie Einzelfallberichte von Betroffenen mit einer Krebserkrankung, die eine Schmerztherapie mit Methadon erhielten, setzten in der Wissenschaft die Diskussion über den Nutzen zur Krebstherapie in Gang. Im Jahre 2019 wurde eine klinische Studie bewilligt, welche untersuchen soll, ob Methadon die Chemotherapie effektiver machen kann. Die Studie wurde allerdings noch nicht abgeschlossen.

Die Theorie dahinter: Tumore, welche nicht mehr auf eine Chemotherapie ansprechen, könnten durch das Opioid Methadon wieder empfänglicher werden. Vermutet wird, dass der Wirkstoff an den Opioidrezeptoren der Krebszellen andockt und dafür sorgt, dass die Chemotherapeutika (Krebsmittel) in die Zellen eindringen.

Belegbare wissenschaftliche Daten gibt es zu dem Thema aber noch nicht, ein Ergebnis der Studie wird erst für 2025 erwartet. Und auch dann ist der Weg zu einer klinischen Anwendung noch weit. Methadon als Mittel zur Krebsheilung steckt also noch in den Kinderschuhen, das Potenzial ist stark umstritten und wird sich erst in Zukunft zeigen.

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