Erkälteter Mann mit Halswickel
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Bewährte Hausmittel: Wickel & Kompressen

Von: Sigrid Born (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 16.03.2017 - 15:34 Uhr

Den berühmten Wadenwickel bei Fieber hat fast jeder einmal ausprobiert. Bei einfachen Erkrankungen wie leichten Erkältungen sind Wickel ein wirksames Mittel, um die körpereigenen Kräfte zu aktivieren. Mit einem Quarkwickel lassen sich dagegen verschiedene Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Sonnenbrand oder Insektenstiche behandeln. Bewährt hat er sich auch bei Halsentzündungen und bei Brustentzündungen stillender Mütter. Hier ein paar nützliche Tipps, wie man Wickel richtig anlegt und eine kleine Auswahl aus den Anwendungsmöglichkeiten.

Wickel als Urgroßmutters Hausmittel

Vinzenz Prießnitz (1799 - 1851) und Sebastian Kneipp (1821 - 1897) haben Wickel – für größere Körperflächen und Kompressen für einzelne Körperstellen – in ihrer naturkundlichen Medizin sehr erfolgreich eingesetzt. Beim "klassischen" Prießnitz-Wickel, den man bei Halsschmerzen anlegt, wird ein dünnes Tuch zu einem Drittel in kaltes Wasser getaucht und so zusammengelegt, dass die nasskalte Seite auf zwei trockenen Schichten zu liegen kommt. Die feuchte Seite wird nun auf den vorderen Hals aufgelegt und mit einem trockenen Tuch befestigt. Der Wickel kühlt und wirkt schmerzlindernd.

Original Kneippwickel bestehen aus drei verschiedenen Tüchern, dem nassen Leinentuch für innen, einem Baumwolltuch als Zwischenlage und einem Wolltuch als Außentuch. Es gibt in der Apotheke unterschiedliche Fertigsets, es können aber auch Geschirr-, Bett- und Frotteetücher verwendet werden. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen heißen und kalten Wickeln:

  • Heiße Wickel fördern dabei die Durchblutung und wirken krampflösend.
  • Kalte Wickel entziehen Wärme, dadurch senken sie Fieber und lindern Entzündungen. Sie sollten abgenommen werden, wenn sie sich erwärmt haben.

Wickel bestehen meistens aus einem Außen- und einem Innentuch. Naturstoffe wie Leinen, Baumwolle oder Wolle haben sich in der Anwendung bewährt – synthetische Stoffe sollte man nicht nehmen, da sie Hitze und Feuchtigkeit stauen. Bei allen Wickeln, warmen wie kalten, müssen die Füße zuerst warm sein (eventuell vorher mit einer Wärmflasche anwärmen).

Ganz wichtig ist, dass der Patient sich mit dem Wickel wohl fühlt. Er darf daher nicht zu locker oder zu stramm angelegt sein. Außerdem muss die Temperatur stimmen: Zu große Hitze führt zu Verbrennungen und Unwohlsein. Fängt der Kranke an zu frieren, sollte der Wickel sofort wieder abgenommen werden.

Wadenwickel bei Fieber – oder Essigsocken

Der bekannteste unter den kalten Wickeln ist der Wadenwickel. Er hilft, die Körpertemperatur um ein Grad zu senken. Wichtig dabei ist, dass man ihn keinesfalls anwenden soll, wenn der Patient fröstelt – dies ist in Zeichen, dass das Fieber noch ansteigt. Man taucht ein Leinen- oder Baumwolltuch in kaltes Wasser und wringt es aus, es soll nicht tropfen.

Das Tuch wird eng, aber nicht zu fest um die Wade gewickelt. Nun kommt ein zweites, trockenes Tuch darüber. Es soll das untere Tuch vollständig bedecken. Ein drittes Wolltuch bildet den Abschluss. Es darf nicht auf der Haut kratzen. Alternativ kann man auch Wollstrümpfe überziehen. Nach einer halben Stunde wird der Wickel entfernt und kann bei Bedarf nach einer Stunde erneut angelegt werden.

Anstelle der Wickel kann man auch einfach Socken verwenden, die man zuvor in kaltes Essigwasser getaucht hat. Über die nassen Socken werden dann längere, trockene Strümpfe gezogen. Bei Bedarf kann diese Behandlung zwei- bis dreimal wiederholt werden.

Fußwickel bei Verstauchungen, Einschlafstörungen und Kopfweh

Man braucht drei nicht zu kleine quadratische Tücher (circa 50 x 50 cm), die zu einem Dreieck gefaltet werden. Man befeuchtet das Innentuch, legt die beiden trockenen Tücher darüber, so dass alle übereinander liegen. Man stellt den Fuß in die Mitte des Innentuchs, schlägt die Tuchspitze über den Fußrücken, erst den rechten, dann den linken Zipfel unter den Fuß schlagen und eventuell unter der Fußsohle ineinander stecken, Zwischentuch und Wolltuch auf die gleiche Weise einschlagen.

Wickel und Kompressen bei Erkältungskrankheiten

Bei verschleimten Bronchien unterstützt diese Anwendung die Selbstheilung: Man taucht ein Baumwolltuch (circa 40 x 190 cm) in heißes Wasser, wringt es aus und wickelt es dann straff um den Oberkörper – von den Achselhöhlen bis zu den unteren Rippen. Darüber kommt ein Zwischentuch und abschließend ein Wolltuch. Solange der Wickel als warm empfunden wird, lässt man ihn liegen (in der Regel etwa 30 Minuten).

Vorsicht: Bei Fieber den Brustwickel nicht anwenden.

Hat sich die Erkältung auch in den Nebenhöhlen festgesetzt, kann ein Wickel mit Heilerde oder Leinsamen Linderung verschaffen. Dazu rührt man zwei bis drei Teelöffel Heilerde in warmes Wasser. Statt Heilerde verwendet man fünf Esslöffel Leinsamen auf zwei Tassen Wasser, den Leinsamen kochen, bis er weich ist. Den etwas abgekühlten Brei verteilt man gleichmäßig auf ein Tuch, deckt es gut ab mit einem weiteren Tuch und legt diese Kompresse für ungefähr zwanzig Minuten auf den Nasenbereich. Die Wärme fördert die Durchblutung und unterstützt auf diese Weise die Heilung.

Wickel bei Gelenkbeschwerden: Heilerde oder Senfmehl

Die Arthrose, eine degenerative Gelenkerkrankung, betrifft viele Menschen. Statt starker Schmerzmittel verwendet man mehr und mehr bewährte Hausmittel, die die Beschwerden lindern helfen. So entfalten sich die Wirkstoffe der Heilerde unter einem Wickel besonders gut: Man vermischt dazu Heilerde mit Wasser, so dass eine streichfähige Paste entsteht, streicht diese dick auf die schmerzenden Stellen und umwickelt das Gelenk mit einem feuchten Tuch, über das ein Baumwolltuch sowie am Schluss das Wolltuch gewickelt werden. Ein bis zwei Stunden kann der Wickel auf der Haut bleiben, dann beginnt die Heilerde zu trocknen.

Nicht für akute Entzündungen, sondern für chronische Schmerzen geeignet: Senfmehl. Das kauft man in der Apotheke: drei bis vier Esslöffel schwarzes Senfmehl mit warmem bis heißem Wasser (maximal 60 Grad) verrühren, diesen Brei auf eine Mullbinde oder Baumwolltuch auftragen und mit einer weiteren Mullbinde abdecken – diese Mischung darf nicht direkt auf die Haut, es brennt! Dieser Wickel kommt auf die Haut und wird mit einem weiteren Tuch gut abgedeckt. Nach 10 bis 15 Minuten sollte dieser Wickel wieder herunter. Auch bei Hexenschuss, Nerven- oder Kopfschmerzen, Ischias oder Rheuma hat sich diese Methode bewährt.

Umschläge und Wickel bei Bauchbeschwerden

Sebastian Kneipp hat bei allen Beschwerden rund um Bauch und Darm den Leibwickel eingesetzt, der häufig genug Linderung bringt. Ein warmer Wickel um den Bauch, den man auch mit Ölen wie Lavendel-, Oliven- oder Rizinusöl tränken kann, hilft bei Blähungen, Durchfall, Übelkeit und Schlafstörungen. Ein warmer Lendenwickel ist für Nieren- und Blasenentzündungen geeignet. Ein kalter Wickel soll bei Verstopfung eingesetzt werden.

Das Wissen um die einfachen Hausmittel wie Wickel und Kompressen hat mit dem Siegeszug der medikamentösen Therapie zwar abgenommen, wird aber zunehmend auch von Ärzten aller Fachrichtungen unterstützt. Vielfach werden zum Beispiel über Volkshochschulen "Wickelkurse" angeboten, bei denen man neben der richtigen Wickeltechnik allerlei nützliche Tipps mitbekommt.

Alles in allem lässt sich festhalten: Wickel könnten – neben schulmedizinischen oder naturheilkundlichen Methoden – sogar bei schweren Erkrankungen eingesetzt werden. Wichtig ist aber, dass die Patienten und ihre Betreuer ihre medizinische Kompetenz nicht überschätzen und bei einem unklaren Krankheitsverlauf immer den Arzt konsultieren.