Baby: plötzlicher Kindstod
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Plötzlicher Kindstod

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 09.08.2017 - 12:00 Uhr

"Baby tot in der Wiege aufgefunden" – solche Meldungen sind extrem beängstigend für frisch gebackene Eltern. Auch wenn die Ursachen für den Krippentod noch nicht endgültig geklärt sind, kennt man etliche Maßnahmen, mit denen sich das Risiko stark verringern lässt. Obwohl sich seit Ende der Achtzigerjahre die Zahl der betroffenen Kinder um mehr als die Hälfte reduziert hat, werden noch immer jedes Jahr etwa 150 Kinder tot in ihrem Bettchen gefunden. Besonders beunruhigend ist der Punkt, dass diese Situation plötzlich und völlig unerwartet aus voller Gesundheit heraus eintritt. Auch im Nachhinein wird keine Erklärung für den Tod gefunden.

SIDS, Near-SIDS und ALTE

Betroffen sind etwas mehr Jungen (60 Prozent) besonders im zweiten bis vierten Lebensmonat; ab dem Alter von neun Monaten sinkt die Gefahr rapide. Der Tod tritt immer im Schlaf ein, wobei man vermutet, dass die meisten Todesfälle in den frühen Morgenstunden auftreten. Die meisten Säuglinge versterben in den Wintermonaten.

Eine andere Bezeichnung für den plötzlichen Kindstod ist SIDS, die Abkürzung für die englische Bezeichnung "sudden infants death-syndrome". Daneben gibt es noch das Near-SIDS ("near sudden infant death-syndrome") oder auch ALTE ("apparent life-threatening event", also "lebensbedrohlich erscheinendes Ereignis"). Diese Begriffe beschreiben einen plötzlichen lebensbedrohlichen Zustand des Säuglings aus meist unbekannter Ursache, der aber im Gegensatz zum plötzlichen Kindstod überlebt wurde.

Ursachen und Risikofaktoren

Nach wie vor ist die genaue Ursache nicht bekannt. Diskutiert wurden und werden zahlreiche Theorien, die von einem unreifen Atemantrieb mit längeren Atempausen (der sich in der Bauchlage noch stärker bemerkbar macht), über eine gestörte Erregungsleitung im Herzen, Stoffwechselstörungen, Überaktivitäten in bestimmten Nervenzellen bis hin zu Infektionen (zum Beispiel der Atemwege) und verschiedene Bakterien (zum Beispiel Staphylococcus aureus und Escherichia coli) oder Viren reichen.

Doch vermutlich gibt es nicht nur einen bestimmten Auslöser, sondern es müssen mehrere ungünstige Faktoren zusammenkommen.

Weitgehend einig sind sich die Experten über Risikofaktoren, die das Risiko für den plötzlichen Kindstod erhöhen, zum Beispiel das Schlafen in Bauchlage und das Rauchen der Schwangeren / Stillenden. Dies gibt umgekehrt den Eltern die Möglichkeit, mit einigen Vorbeugemaßnahmen die Wahrscheinlichkeit zu verringern.

Aufgrund einer verbesserten Vorsorge hat sich die Anzahl der am plötzlichen Kindstod verstorbenen Kleinkinder seit etwa 1990 bis zum Jahr 2011 etwa auf ein Zehntel verringert.

Vorbeugende Maßnahmen

  • Die mit Abstand wichtigste Maßnahme ist das Schlafen in Rückenlage. Auch die Seitenlage ist risikoreich, wenn ein Drehen in Bauchlage nicht zuverlässig verhindert wird. Sobald sich Ihr Kind allein dreht, müssen Sie es jedoch nicht mehr in Rückenlage zwingen.
  • Zusätzlich tragen zur Risikosenkung die Verwendung eines Schlafsackes statt eines Überbettes bei – so kann der kindliche Kopf nicht unter die Decke rutschen. Verwenden sie eine eher harte Matratze und verzichten Sie auf "Beiwerk" wie Kopfpolster und Schaffell, am besten auch auf loses Flauschiges wie Nestchen, Spuckwindel, Kuscheltier in Kopfnähe.
  • Wichtig ist eine angemessene, nicht zu hohe Raumtemperatur im Schlafzimmer – angemessen sind etwa 18 Grad Celsius. Stellen Sie das Bett nicht direkt neben der Heizung auf. Packen Sie Ihr Baby nicht zu warm ein und benutzen Sie keine Wärmflasche oder Heizdecke! Lüften Sie gut oder stellen Sie einen Ventilator auf – einer amerikanische Studie zufolge ist das Risiko für einen plötzlichen Kindstod in Kinderzimmern mit Ventilator um 72 Prozent niedriger als in Schlafräumen ohne Ventilator.
  • Das Schlafen im Elternschlafzimmer, aber nicht im elterlichen Bett (vor allem bei rauchenden Eltern) scheint das Risiko ebenfalls zu senken.
  • Zigarettenrauchen in der Schwangerschaft und im Haushalt des Kindes ist einer der größten Risikofaktoren, der zudem die Gefährlichkeit der anderer potenziert. Deshalb: Rauchfrei besonders in den Schlafräumen, am besten im ganzen Haus.
  • Ausschließliches Stillen mindestens bis zum vierten Lebensmonat fördern nicht nur die Gesundheit des Säuglings, sondern tragen auch zum Schutz vor dem Plötzlichen Kindstod bei. Auch Schnullern scheint einen positiven Effekt zu haben, vermutlich weil es die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn zu erhöht. Verzichten Sie allerdings auf eine Schnullerkette – Ihr Kind könnte sich damit im Schlaf strangulieren.