Mann mit Ulcus molle
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Ulcus molle (Weicher Schanker)

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 08.12.2017 - 18:03 Uhr

Der "weiche Schanker" gehört zu den vier klassischen Geschlechtskrankheiten. Er ist allerdings in Europa seit 100 Jahren sehr selten und kommt hauptsächlich in Afrika, der Karibik und in Asien vor. Auslöser sind Bakterien des Stammes Haemophilus ducreyi. Hier erfahren Sie mehr über Symptome und Therapie.

Von Mikroben und Menschen

Noch bis Anfang des letzten Jahrhunderts war das Ulcus molle (oder auch "Chancroid") auch in unseren Breitengraden relativ häufig. Heute betrifft er v.a. tropische und subtropische Regionen und dort überwiegend sozial tiefer gestellte Gruppen. Die Übertragung der Keime erfolgt durch kleine Haut- oder Schleimhautverletzungen beim ungeschützten Geschlechtsverkehr. Der weiche Schanker tritt bei Männern bedeutend häufiger als bei Frauen auf, beschnittene Männer werden seltener infiziert. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion ist erhöht bei Personen, die bereits unter einer anderen Geschlechtskrankheit leiden.

Harte Fakten und dunkle Ziffern

Genaue Erkrankungszahlen sind v.a. aufgrund der schwierigen Diagnostik, aber auch wegen des oft verkannten Krankheitsbildes nicht zu erhalten. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt die Neuerkrankungsrate im Jahr 1995 auf weltweit 7 Millionen. In den USA wurden in den letzten Jahren immer mal wieder Ausbrüche in größeren Städten registriert; die Häufigkeit wird als zehnmal seltener als die der Syphilis eingeschätzt. In Deutschland wurden in den Jahren 1991–99 weniger als 100 Fälle diagnostiziert. Vermutlich liegt die wirkliche Zahl der Erkrankungen um einiges höher.

Symptome und Stadien

Wie bei vielen anderen Geschlechtskrankheiten beschreibt der Name bereits einen Teil der Symptome: Typisch sind – sich schnell aus kleinen Knötchen entwickelnde – Geschwüre ("Ulcus"), die sich weich ("molle") anfühlen und bei Berührung schnell bluten. Diese extrem schmerzhaften Hautveränderungen mit typischerweise überhängenden Rändern bilden sich wenige Tage nach der Infektion an der Eintrittsstelle des Erregers, also z.B. Penis, Schamlippen oder Scheide.

Die in der Nähe liegenden Lymphknoten z.B. in der Leiste schwellen nach Tagen bis Wochen meist einseitig stark an ("Bubo") und schmerzen. Sie können vereitern und aufplatzen.

Beim Mann kann sich eine Entzündung der Eichel oder Verengung der Vorhaut hinzugesellen. Manchmal verläuft die Infektion auch unbemerkt. Nach Wochen verschwinden die Symptome; die Erreger verbleiben allerdings im Körper und können zu erneuter Infektion führen.

Nachweis und Therapie

Die Symptome können zur Verwechslung mit einer anderen, Geschwüre bildenden Geschlechtskrankheit wie Syphilis oder Herpes genitalis führen. Die Diagnosestellung im Labor ist schwierig. Sie erfolgt durch mikroskopischen Nachweis des Erregers von Abstrichen aus den Geschwüren bzw. durch eine Anzüchtung des Keims. Sind klinische und Laborbefunde nicht eindeutig, muss ggf. eine der anderen Krankheiten ausgeschlossen werden.

Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika. Fast immer ist eine einmalige hochdosierte Gabe ausreichend, meist als Spritze in den Muskel. Um geschwollene Lymphknoten zu entlasten, können diese punktiert werden. Bis zur völligen Abheilung sollte auf Geschlechtsverkehr verzichtet werden.

Auf den Punkt gebracht

  • Das Ulcus molle ist v.a. eine in den Tropen und Subtropen vorkommende Erkrankung.
  • Die Infektion erfolgt durch alle mit Schleimhautkontakten verbundene sexuelle Praktiken.
  • Schutz bieten Kondome. Erstes Zeichen sind kleine, schmerzhafte Geschwüre. Eine vollständige Heilung mittels Antibiotika ist möglich.
  • Die Sexualpartner sollten ggf. mitbehandelt werden.
  • Man kann sich immer wieder infizieren.