Frau mit Lichen sclerosus
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Lichen sclerosus – was dahintersteckt

Von: Dr. med. Jana Wittkowski (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 10.07.2019 - 14:20 Uhr

Lichen sclerosus ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Bindegewebes der Haut, die meist im Genitalbereich auftritt und sich durch helle, juckende Flecken äußert. Am häufigsten sind Frauen betroffen, doch auch bei Kindern und Männern kann ein Lichen sclerosus auftreten.

Wichtig ist eine frühzeitige Therapie, um Schäden an der Haut vorzubeugen, sowie regelmäßige Kontrolluntersuchungen. Denn bei Patienten mit Lichen sclerosus ist das Risiko für eine bestimmte Form von Hautkrebs erhöht. Während beim Mann eine Heilung durch Beschneidung möglich ist, ist die Erkrankung bei Frauen bislang nicht heilbar.

Was ist Lichen sclerosus?

Lichen sclerosus et atrophicus (LSA) – so der früher gebräuchliche, vollständige Name – bezeichnet eine Hauterkrankung, bei der im betroffenen Bereich weißliche Flecken auftreten, die verhärten (sklerosieren) und verdicken (lichenifizieren) können.

Daher wird Lichen sclerosus auch Weißfleckenkrankheit genannt – nicht zu verwechseln mit der Hauterkrankung Vitiligo, die ebenfalls als Weißfleckenkrankheit bezeichnet wird. Die Erkrankung verläuft meist chronisch über Jahre hinweg in Schüben.

Häufigste Form: Lichen sclerosus genitalis

In den meisten Fällen handelt es sich um einen Lichen sclerosus genitalis, bei dem die Hautveränderungen die Genitalregion betreffen. In etwa 15 bis 20 Prozent tritt ein Lichen sclerosus an anderen Stellen des Körpers auf, beispielsweise an Rücken, Armen oder Oberschenkeln sowie selten an der Mundschleimhaut. 

Wie entsteht Lichen sclerosus?

Die Ursache für Lichen sclerosus ist unbekannt. Diskutiert wird eine Beteiligung des Immunsystems, zumal einige Patienten zusätzlich unter einer Autoimmunerkrankung leiden. Auch genetische oder hormonelle Einflüsse sind möglich. 

Zudem scheint Lichen sclerosus gehäuft in Bereichen geschädigter Haut aufzutreten, etwa nach Operationen, Verletzungen oder starkem Kratzen. Die Erkrankung ist nicht ansteckend und kann daher nicht beim Geschlechtsverkehr übertragen werden.

Wie sieht Lichen sclerosus aus?

Bei Lichen sclerosus entstehen helle Flecken auf der Haut, die häufig erhaben und verhärtet sind und sich dann wie Papeln oder Knötchen anfühlen. Die Haut in diesem Bereich ist oft verletzlich, sodass es zu Rissen und Blutungen kommen kann, insbesondere durch Kratzen. 

Bei Frauen tritt Lichen sclerosus meist an der Vulva (äußeres Genital mit Schamlippen und Scheideneingang) sowie im Bereich des Anus auf. Beim Mann sind in der Regel Eichel und Vorhaut betroffen. 

Weitere Symptome: Juckreiz und Schmerzen

Die Hautveränderungen bei Lichen sclerosus jucken oftmals stark und neigen zu Hauteinrissen. So kann es zu Wundsein sowie zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Stuhlgang und Wasserlassen kommen. 

Allerdings kann ein Lichen sclerosus auch ohne zusätzliche Symptome auftreten: Die Hauterscheinungen werden dann meist zufällig entdeckt, etwa bei einer Routineuntersuchung beim Frauenarzt

Wer behandelt Lichen sclerosus?

Lichen sclerosus ist eine fachübergreifende Erkrankung – zuständig sind hauptsächlich Hautärzte, Frauenärzte und Urologen. Als erste Anlaufstelle können Sie sich jedoch auch an Ihren Hausarzt oder Kinderarzt wenden, der Sie an einen Spezialisten überweisen kann.

Diagnose: Gewebeprobe in Zweifelsfällen

Lichen sclerosus lässt sich oftmals aufgrund des typischen Erscheinungsbildes feststellen. Um die Diagnose zu sichern, kann unter lokaler Betäubung eine Gewebeprobe (Biopsie) der Haut entnommen werden. 

Dies kann sinnvoll sein, um eine bösartige Hautveränderung auszuschließen. Auch andere mögliche Diagnosen wie zum Beispiel ein Lichen ruber planus können so abgegrenzt werden. Bei Kindern wird jedoch meist darauf verzichtet, sofern die Diagnose Lichen sclerosus eindeutig ist.

LSA: Behandlung mit Salben

Die Therapie von Lichen sclerosus erfolgt zunächst meist örtlich durch eine stark kortisonhaltige Salbe. Erfolgt keine ausreichende Besserung, kann der Arzt alternativ Kortison unter die Haut in den betroffenen Bereichen spritzen. Kortison wirkt entzündungshemmend und kann so die Symptome von Lichen sclerosus lindern. 

Eine weitere Alternative können Salben mit stärkeren immunsuppressiven (immunsystemunterdrückenden) Wirkstoffen wie Tacrolimus sein. Tacrolimus ist unter dem Handelsnamen Protopic® bekannt).

Bei nicht-genitalem (extragenitalem) Lichen sclerosus können zusätzlich Vitamin-D-haltige Cremes sowie eine UV-Therapie zum Einsatz kommen.

Heilung durch Beschneidung möglich

Bei Männern und Jungen ist Lichen sclerosus durch eine Beschneidung heilbar. Daher sollte diese Möglichkeit bei männlichen Patienten in Betracht gezogen werden, wenn Kortisonsalben keine ausreichende Wirkung zeigen. 

In einem frühen Stadium und in leichten Fällen von Lichen sclerosus kann eine inkomplette Beschneidung mit partiellem Erhalt der Vorhaut in Erwägung gezogen werden, jedoch kann es dann unter Umständen zu einem Rückfall (Rezidiv) kommen.

Vorhautverengung als mögliche Komplikation

Wird ein Lichen sclerosus nicht rechtzeitig behandelt, können durch die chronische Entzündung verschiedene Komplikationen auftreten.

Bei Männern und Jungen kommt es nicht selten zu einer Vorhautverengung (Phimose), wegen der dann oftmals eine Beschneidung notwendig wird. 

Bei Frauen können Schrumpfungen und Verwachsungen der Schamlippen Folge eines unbehandelten Lichen sclerosus sein.

Zudem sind bei beiden Geschlechtern unter anderem folgende Komplikationen möglich:

  • Infektionen bei geschädigter Haut
  • Einengung der Harnröhre durch Verwachsungen
  • Harnverhalt bei Verengung der Harnröhre
  • Verstopfung aufgrund Unterdrückung des schmerzhaften Stuhlgangs
  • Beeinträchtigung der sexuellen Funktion aufgrund von Verwachsungen und Schmerzen
  • Narben durch Verletzung der Haut

Operation bei Komplikationen

In manchen Fällen wird bei Komplikationen eines Lichen sclerosus eine Operation notwendig: Eine Verengung der Harnröhre kann einen operativen Eingriff notwendig machen, etwa wenn das Wasserlassen erschwert, schmerzhaft oder unmöglich ist. 

Bei Frauen mit Lichen sclerosus kann eine Operation bei einer Verwachsung der Schamlippen oder einer Einengung des Scheideneingangs sinnvoll sein. Zudem sollten krebsverdächtige Hautveränderungen operativ entfernt und mikroskopisch untersucht werden.

Lichen sclerosus bei Kindern

Symptome und Therapie von Lichen sclerosus bei Kindern sind ähnlich wie bei Erwachsenen. Jungen profitieren ebenso wie Männer von einer Beschneidung im Zuge der Behandlung – eine Heilung ist dann oftmals möglich.

Bei Mädchen kann es im Laufe der Pubertät zu einem spontanen Rückgang der Symptome kommen. 

Allerdings sollte bei Mädchen ein sexueller Missbrauch ausgeschlossen werden: Denn zum einen können die Hautveränderungen ähnlich wie die Spuren von sexueller Gewalt aussehen und zum anderen können die Verletzungen bei einem Missbrauch die Entstehung von Lichen sclerosus begünstigen.

Wie gefährlich ist Lichen sclerosus?

Lichen sclerosus ist eine gutartige Erkrankung, die bei frühzeitiger Therapie in der Regel harmlos ist. Bei Patientinnen mit genitalem Lichen sclerosus liegt jedoch ein erhöhtes Risiko für eine bestimmte Form von Hautkrebs (Plattenepithelkarzinom) – insbesondere im Bereich der Vulva (Vulvakarzinom) – vor. Daher sollten regelmäßige Kontrollen beim Frauenarzt erfolgen.

Bei Männern mit genitalem Lichen sclerosus ist die Entstehung von Krebs hingegen sehr selten, bei extragenitalem Lichen sclerorus ist bislang kein Fall von Hautkrebs bekannt.

Lichen sclerosus: Was Sie selbst tun können

Da bei Lichen sclerosus die betroffene Haut sehr empfindlich ist, sollten Sie auf eine schützende Hautpflege achten. Wir geben Ihnen hierfür vier Tipps:

  1. Benutzen Sie milde, ph-hautneutrale Duschgele – beispielsweise spezielle Intimwaschlotionen.
  2. Vermeiden Sie enge, scheuernde Kleidung und Unterwäsche.
  3. Pflegen Sie die Haut mit Wundheilsalben, etwa mit dem Wirkstoff Dexpanthenol.
  4. Verwenden Sie Gleitgel beim Geschlechtsverkehr, falls notwendig.

Da die Erkrankung aufgrund quälender Symptome sowie Einschränkungen beim Geschlechtsverkehr unter Umständen sehr belastend sein kann, kann eine Selbsthilfegruppe oder ein Forum zum Thema Lichen sclerosus durch einen Austausch mit anderen Patienten psychologische Unterstützung leisten. 

Naturheilkunde bei Lichen sclerosus

Bei einigen Patienten können naturheilkundliche Behandlungsmethoden wie Homöopathie zu einer Linderung der Symptome beitragen. 

Weiterhin wird über eine Wirksamkeit von Präparaten mit Colostrum bei Lichen sclerosus spekuliert. Dabei handelt es sich um die Erstmilch von Kühen oder anderen Säugetieren, die das Immunsystem positiv beeinflussen soll. Naturheilkundliche Behandlungen sollten Sie nur zusätzlich, nicht jedoch als Ersatz für die von Ihrem Arzt verschriebene Therapie anwenden.