Frau mit Mundschutz zum Schutz vor Corona
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Sterblichkeit bei Corona: So beeinflussen Alter & Co. das Sterberisiko

Von: Miriam Funk (Medizinredakteurin und Physiotherapeutin), Silke Schwertel (geb. Hamann) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 05.01.2022 - 17:52 Uhr

Die Sterblichkeitsrate bei COVID-19, also Infektionen mit dem Coronavirus, ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Unter anderem spielen das Alter und das jeweilige Land, aber auch das Geschlecht, Vorerkrankungen oder der Impfstatus eine große Rolle, sodass die Angaben zur Sterblichkeit durch Corona stark variieren können. Woran liegt das, wie berechnet man die Sterberate und wie hoch ist die Letalität bei COVID-19 im Durchschnitt? Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Faktoren.

Wie wird die Sterblichkeit durch Corona bestimmt?

Es gibt verschiedene Wege, um das Sterberisiko durch COVID-19 zu berechnen:

  1. Infektions-Sterberate: Hier geht es um das Verhältnis der Verstorbenen zur Gesamtzahl aller Infizierten, wobei für die Zahl der Infektionen auch Schätzungen zur Dunkelziffer nicht gemeldeter Fälle einbezogen werden.
  2. Fall-Verstorbenen-Anteil: Hierbei wird die Zahl der Verstorbenen ins Verhältnis zu den gemeldeten Fällen gesetzt. Diese Zahl kann durch die Art des jeweiligen Test- und Meldesystems beeinflusst werden.
  3. Letalität: Hierbei wird der Anteil der Personen betrachtet, die Symptome einer Infektion zeigen, also an COVID-19 erkranken, und versterben. Es ist jedoch schwer, genaue Zahlen diesbezüglich zu ermitteln, weil die Anzahl der Menschen mit symptomatischen COVID-19-Verläufen nicht genau erfasst wird.

Diese Unterscheidung zeigt bereits, dass es schwer sein kann, die Sterberate infolge von COVID-19 genau zu beziffern. Im Folgenden erfahren Sie, welche Faktoren die Angaben zur Sterberate außerdem beeinflussen.

Wie hoch ist die Sterblichkeit durch Corona?

Laut zu Beginn der Pandemie veröffentlichten Zahlen aus dem chinesischen Wuhan lag die Sterblichkeit zu diesem Zeitpunkt bei 1,4 Prozent. Betrachtete man allerdings davon nur Personen, die eine symptomatisch verlaufende Infektion hatten, lag die Letalität bei 4,5 Prozent. Außerdem wurde die Sterblichkeit für verschiedene Altersgruppen unterschiedlich angegeben. Die höchste Gefahr, an einer Corona-Infektion zu sterben, hatten Menschen über 60 Jahre. Ihr Sterberisiko war in der Auswertung fünfmal so hoch wie das von 30- bis 59-Jährigen. Allerdings muss bei diesen Angaben beachtet werden, dass sie auf den Daten aus Wuhan basieren und teilweise hochgerechnet wurden.1

Mittlerweile wird eine weltweite Sterblichkeit von 2,1 Prozent angegeben. Gemeint ist damit das Verhältnis von Todesfällen zu gemeldeten Infektionsfällen. Für Deutschland beläuft sich diese Zahl auf 1,9 Prozent (Stand: 12/2021).2

Deutlich niedriger liegt die Infektions-Sterberate nach Angaben des Robert Koch-Instituts unter Einbeziehung von Schätzungen zu nicht gemeldeten Infektionen: Diese Rate beträgt etwa 0,4 bis 0,9 Prozent (Stand: 11/2021). Die Letalität liegt laut Berechnungen des Robert Koch-Instituts für die erste Welle der Pandemie bei etwa 6,2 Prozent.3

Corona: Sterblichkeit nach Alter

Etwa 85 Prozent aller an oder mit Corona Verstorbenen in Deutschland waren 70 Jahre alt oder älter. Nur etwa 1,5 Prozent waren jünger als 50 Jahre (Stand: 01/2022).4 Die meisten von ihnen litten an Vorerkrankungen.

Nach einer im Dezember 2020 veröffentlichten Metaanalyse von Daten aus Deutschland setzt sich das Sterberisiko nach Alter (für nicht geimpfte und nicht genesene Personen) folgendermaßen zusammen:5

  • mit 10 Jahren: 0,002 Prozent
  • mit 25 Jahren: 0,1 Prozent
  • mit 55 Jahren: 0,4 Prozent
  • mit 65 Jahren: 1,4 Prozent
  • mit 75 Jahren: 4,6 Prozent
  • mit 85 Jahren: 15 Prozent
  • ab 90 Jahren: 25 Prozent

Anderen Berechnungen zufolge verzehnfacht sich das Risiko, an einer Corona-Infektion zu sterben, alle 20 Lebensjahre. Damit wäre das Risiko für einen tödlichen Verlauf bei einer 60-jährigen Person 100-mal höher als bei einer 20-jährigen.

Dennoch sind auch jüngere Menschen ohne Vorerkrankungen immer wieder von schweren Verläufen betroffen und versterben. So gibt es auch einige Todesfälle bei Kindern.

Menschen mit einem schweren COVID-19-Verlauf sterben durchschnittlich etwa drei Wochen nach dem Auftreten erster Symptome.

Warum sterben so viele alte Menschen an SARS-CoV-2?

Es ist eher ungewöhnlich, dass die meisten Todesopfer in der Altersgruppe über 60 Jahre liegen. Bei anderen Pandemien, wie der Grippe, sind normalerweise auch kleine Kinder stark betroffen. Dass vor allem ältere Menschen sterben, liegt daran, dass es sich um ein recht neues Virus handelt.

Vereinfacht gesagt: Das Immunsystem kann mit zunehmendem Alter nicht mehr so schnell und gezielt auf neue Viren reagieren. Das Virus und das angeborene Immunsystem greifen das körpereigene Gewebe an und zerstören es, da die zielgerichtete Immunreaktion verzögert ist. Auch haben viele ältere Menschen Vorerkrankungen, die einen schweren Infektionsverlauf ebenfalls begünstigen.

Sterberaten je nach Land

Die Angaben zur Sterblichkeit variieren stark in Abhängigkeit von den verschiedenen Ländern. In Deutschland beträgt die Sterberate 1,9 Prozent (Stand: 12/2021). In Indien wird sie mit nur 1,3 Prozent angegeben. In Mexiko dagegen liegt sie bei 8,3 Prozent.2 Zeitweise lag sie beispielsweise in Italien sogar im zweistelligen Bereich.

Mögliche Ursachen für diese erheblichen Abweichungen liegen unter anderem in der medizinischen Versorgung und der unterschiedlichen Altersstruktur verschiedener Länder. Eine große Rolle spielt aber auch, wie viel getestet wird. Werden nur Personen mit symptomatischen Verläufen getestet, werden viele Menschen mit asymptomatischem Verlauf nicht als infiziert erkannt. Infolgedessen gibt es eine höhere Dunkelziffer. So steigt der prozentuale Anteil von schweren und tödlichen Verläufen und die Sterberate ist höher als in Ländern, in denen auch Infizierte ohne Symptome erfasst werden.

Andererseits kann es auch bei den Todesfällen eine hohe Dunkelziffer geben, wenn nur wenig getestet und die Todesursache irrtümlich nicht auf eine COVID-19-Infektion zurückgeführt wird.

Weitere Einflussfaktoren auf die Sterberate

Laut Daten des Robert Koch-Instituts können auch soziale Unterschiede die Sterblichkeit beeinflussen – so war die Sterberate hierzulande während der zweiten Infektionswelle in sozial benachteiligten Regionen um 50 bis 70 Prozent höher.

Auch das Geschlecht kann einen Einfluss haben. 53 Prozent der Verstorbenen in Deutschland waren Männer.

Darüber hinaus erhöhen Vorerkrankungen das Risiko für einen schweren Verlauf und damit auch die Sterberate. So ist das Sterberisiko bei einer Demenz doppelt so hoch, nach einer Organtransplantation ist es sogar viermal höher als sonst. Weitere Risikogruppen für einen schweren Verlauf stellen wir Ihnen in diesem Artikel vor.

Einen erheblichen Einfluss auf das Sterberisiko hat es auch, ob man gegen COVID-19 geimpft ist. Zwar kommt es auch zu Todesfällen trotz Impfung, in der Summe sterben aber deutlich weniger Geimpfte als Ungeimpfte. Meist sind ältere Menschen mit Vorerkrankungen betroffen, wie eine schottische Studie feststellte.6

Im November 2021 veröffentlichte die texanische Gesundheitsbehörde Daten zum Sterberisiko für Geimpfte, bezogen auf den Zeitraum von Mitte Januar bis Anfang Oktober 2021. Demnach war das Risiko, an Corona zu sterben, für Ungeimpfte 40-fach höher als für Geimpfte. Das Risiko, sich mit Corona zu infizieren, war den Daten zufolge 45-mal höher als nach einer vollständigen Impfung.7

Deutschlandweite Analyse zur Letalität

Eine erste deutschlandweite Analyse zur Letalität wurde im Juli 2020 veröffentlicht. Etwa ein Fünftel (22 Prozent) der COVID-19-Infizierten, die von Ende Februar bis Mitte April 2020 in deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden, sind verstorben. Bei Infizierten mit Beatmung lag die Sterblichkeit bei 53 Prozent, bei denen ohne Beatmung mit 16 Prozent dagegen deutlich niedriger. Insgesamt wurden 17 Prozent der Betroffenen beatmet.

Ausgewertet wurden die Daten von etwa 10.000 Personen mit bestätigter COVID-19-Diagnose aus insgesamt 920 deutschen Krankenhäusern.

Sterblichkeit im Zeitverlauf

Bei einer weiteren rückblickenden Analyse in Bezug auf hospitalisierte COVID-19-Infizierte betrug die Gesamtsterblichkeit 18,8 Prozent. Im Falle einer Beatmung wurde die Letalität mit 38,8 Prozent angegeben. Die Sterblichkeit sank im Laufe des Betrachtungszeitraums von zunächst 20,7 Prozent auf später 12,7 Prozent, was als Hinweis auf die verbesserte medizinische Behandlung Erkrankter verstanden werden kann. Für die Analyse wurden Daten von 1.300 Personen in 14 deutschen Universitätskliniken im Zeitraum von Januar 2020 bis September 2020 ausgewertet.

Dies zeigt auch, dass die Sterblichkeit sich mit der Zeit verändern kann. Faktoren wie eine verbesserte Therapie oder eine hohe Impfquote (durch die schwere Verläufe seltener werden) können dazu beitragen, die Sterblichkeit zu senken. Virusmutationen hingegen können dazu führen, dass die Sterberate steigt (oder auch sinkt).

Todesursache – an oder mit Corona verstorben?

Es wird immer wieder der Verdacht geäußert, dass Menschen nicht an, sondern mit Corona sterben – das bedeutet, sie sterben beispielsweise aufgrund etwaiger Vorerkrankungen. Laut Fachleuten ist dies nicht richtig, denn der Hauptteil der untersuchten Verstorbenen ist direkt an dem an den Folgen von COVID-19 gestorben.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die meisten der Toten massive Schäden an Blutgefäßen, eine ausgeprägte Thrombosierung (vor allem in den Lungengefäßen) und eine spezielle Form der Gefäßneubildung zeigten. Dadurch konnte bei 82 Prozent der obduzierten Verstorbenen nachgewiesen werden, dass sie an und nicht mit COVID-19 verstorben waren.

Was bedeutet Übersterblichkeit?

Die Übersterblichkeit (Exzess-Mortalität) ist eine Zahl, die aussagt, wie viel mehr Menschen in einem bestimmten Zeitraum im Vergleich zu anderen Zeiträumen durchschnittlich gestorben sind. Der Begriff beschreibt also faktisch eine höhere Sterberate als gewöhnlich. Während einer Grippewelle steigt die Zahl der Todesfälle beispielsweise in der Regel an, sodass sich aus der Differenz – der Übersterblichkeit – in etwa abschätzen lässt, wie viele Todesfälle auf eine solche Grippewelle zurückgehen.

Auch in der Übersterblichkeit zeigen sich die Todesfälle infolge von COVID-19 – in Deutschland führten die verschiedenen Wellen der Pandemie zu entsprechend erhöhten Sterbefallzahlen. Die Übersterblichkeit gilt als geeignet, die Sterbefälle im internationalen Vergleich zu betrachten, da Faktoren wie unterschiedliche Teststrategien oder Zählweisen dabei keine Rolle spielen.

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