Epstein-Barr-Viren (Illustration des Virus)
© Getty Images/Dr_Microbe

Epstein-Barr-Virus: Symptome und Folgen

Von: Constantin Weichert (Arzt)
Letzte Aktualisierung: 14.01.2022 - 10:47 Uhr

Das Epstein-Barr-Virus (EBV) ist in der deutschen Bevölkerung sehr weit verbreitet und enorm ansteckend. Es gehört zu der Gruppe der Herpesviren. Das Epstein-Barr-Virus ist der Auslöser der infektiösen Mononukleose, die auch als Pfeiffersches Drüsenfieber bekannt ist. Darüber hinaus kann EBV aber noch weitere Krankheiten auslösen. So spielt es zum Beispiel bei der Entstehung von Lymphdrüsenkrebs (Lymphomen) eine Rolle. Außerdem kann es die Entstehung von bösartigen Neubildungen im Nasen-Rachen-Bereich (Nasopharynx) begünstigen. Im Folgenden stellen wir die Besonderheiten dieses Virus vor.

Was ist das Epstein-Barr-Virus?

Das Epstein-Barr-Virus gehört zu den humanen Herpesviren (HHV), von denen es acht verschiedene Untertypen gibt. EBV wird deshalb auch als humanes Herpesvirus Typ 4 (HHV-4) bezeichnet. Bei den Herpesviren unterscheidet man drei Gruppen, die alpha-, beta- und gamma-Herpesviren, wobei EBV zu den gamma-Herpesviren zählt. Zu dieser Gruppe zählt auch das Kaposi-Sarkom-Virus, das allerdings nur bei HIV-Erkrankten eine Rolle spielt.

Herpesviren haben die Eigenschaft, nach einmaliger Infektion lebenslang im menschlichen Körper zu bleiben. Sie lösen dann keine aktive Erkrankung aus, können vom Immunsystem aber auch nicht vollends abgetötet werden. Die gamma-Herpesviren befinden sich dabei vor allem im Lymphsystem des Körpers, deswegen werden sie auch als lymphotrop bezeichnet.

Verbreitung des Epstein-Barr-Virus

Das Epstein-Barr-Virus ist alles andere als ein seltenes Virus. Man geht von einer sogenannten Seroprävalenz in der deutschen Bevölkerung von über 90 Prozent aus. Der Fachbegriff Seroprävalenz bezeichnet die Anwesenheit spezifischer Antikörper gegen das Virus. Dementsprechend hatten über 90 Prozent der deutschen Bevölkerung bereits Kontakt mit EBV und tragen das Virus wahrscheinlich weiterhin in sich.

Wodurch bekommt man EBV?

Die Erstinfektion mit dem Epstein-Barr-Virus erfolgt meist im Kindesalter. Die Erreger befinden sich im Speichel infizierter Kinder und Erwachsener. Dabei ist der Speichel hochinfektiös, sodass die Ansteckung leicht stattfinden kann. Oftmals stecken sich Kleinkinder bei ihren Eltern an.

Auch Jugendliche infizieren sich häufig über den Speichel, zum Beispiel durch Küssen. Daher hat das Pfeiffersche Drüsenfieber auch seine Namen "kissing disease" oder "Kusskrankheit".

Ein Impfstoff gegen das Epstein-Barr-Virus existiert zurzeit nicht, ist jedoch Gegenstand der Forschung.

Wie lange ist das Epstein-Barr-Virus ansteckend?

Bereits innerhalb der Inkubationszeit, also vor dem Auftreten erster Symptome, ist man ansteckend. Diese Infektiosität kann unterschiedlich lange andauern. Man kann auch Wochen nach Abklingen der Symptome noch ansteckend sein. Da der Körper das Virus nicht komplett entfernen kann, lässt sich nur schwer festlegen, wann man nicht mehr ansteckend ist. In der Regel bekommt das Immunsystem das Virus nach einigen Wochen aber so weit in den Griff, dass der Speichel nicht mehr ansteckend ist.

Diagnostik von EBV: Gibt es einen Test?

Die Diagnose einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus wird meist klinisch, also anhand von Symptomen, gestellt. Im Labor zeigt sich bei Untersuchung des Blutbildes eine Erhöhung der weißen Blutkörperchen (Leukozytose). Außerdem sind besondere Formen der T-Zellen (Unterform der weißen Blutkörperchen) feststellbar, diese werden auch als Pfeiffer-Zellen bezeichnet.

Darüber hinaus gibt es Tests, die im Blut Antikörper gegen das Virus nachweisen. Diese Blutwerte sind in der Regel nicht notwendig und die Tests werden nur bei unklarer Diagnose durchgeführt. Je nach Art der nachgewiesenen Antikörper kann man eine frische von einer alten EBV-Infektion unterscheiden.

Welche Symptome treten beim Epstein-Barr-Virus auf?

Meist verläuft die Primärinfektion, also eine erste Infektion, mit dem Epstein-Barr-Virus asymptomatisch, das heißt die Kinder oder Jugendlichen merken überhaupt nicht, dass sie sich infiziert haben. Es gibt jedoch Erkrankungen, die EBV auslösen oder begünstigen kann:

  • Pfeiffersches Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose, kissing disease)
  • Orale Haarleukoplakie (bei Immungeschwächten)
  • Burkitt-Lymphom
  • Nasopharynxkarzinom

Im Folgenden stellen wir Ihnen diese Erkrankungen näher vor.

Pfeiffersches Drüsenfieber

Die infektiöse Mononukleose, besser bekannt als Pfeiffersches Drüsenfieber, ist eine fieberhafte Erkrankung des Kindesalters, die nach einer Inkubationszeit (Zeitspanne zwischen der Ansteckung und dem Auftreten von Symptomen) von einer bis sieben Wochen mit einer Mandelentzündung (Angina tonsillaris), Lymphknotenschwellung und Milzschwellung (Splenomegalie) einhergeht. Manchmal treten auch Gelenkschmerzen und ein Hautausschlag auf.

Eine ursächliche Therapie existiert nicht, man kann nur die Symptome behandeln. Die meisten Kinder überstehen die Erkrankung ohne Folgen, es kann allerdings eine ausgeprägte Abgeschlagenheit (Fatigue) über Wochen bestehen bleiben.

Orale Haarleukoplakie

Bei der oralen Haarleukoplakie handelt es sich um nicht abstreifbare weiße Beläge auf der Zunge, die durch EBV verursacht werden. Sie kommen allerdings nur bei immungeschwächten Personen vor. Insbesondere sind Menschen mit HIV betroffen.

Burkitt-Lymphom

Das Burkitt-Lymphom hat seinen Namen von seinem Erstbeschreiber, dem Chirurgen Denis Parsons Burkitt. Es handelt sich um ein sogenanntes B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom. Hinter diesem komplizierten Namen verbergen sich zum einen die Ursprungszelle (B-Zelle, ein Teil der weißen Blutkörperchen, auch: B-Lymphozyten) und zum anderen der Eigenname Hodgkin. Dieser meint die Zellen, die bei Hodgkin-Lymphomen unter dem Mikroskop sichtbar sind (Hodgkin-Zellen).

Lymphome werden, je nachdem ob diese Hodgkin-Zellen vorhanden sind oder nicht, in Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome eingeteilt. Der Name dieser Zellen geht auf den Arzt und Pathologen Thomas Hodgkin zurück, der diese Zellen entdeckt hat. Das Burkitt-Lymphom tritt endemisch (örtlich begrenzt) in Zentralafrika auf und zeichnet sich durch ein rasantes Tumorwachstum und den Befall der Halslymphknoten mit massiven Lymphknotenschwellungen aus.

Nasopharynxkarzinom

Nasopharynxkarzinome sind bösartige Neubildungen der Nasen-Rachen-Schleimhaut. Hier existieren, je nachdem von welcher Zelle das Karzinom ausgeht, verschiedene Subtypen. Für das lymphoepitheliale Karzinom, das auch als Schmincke-Tumor bezeichnet wird, besteht ein Zusammenhang zu einer EBV-Infektion.

In den Tumorzellen kann häufig Erbgut des Epstein-Barr-Virus nachgewiesen werden. Dennoch spielen für die Entstehung solcher Tumore in der Regel mehrere Faktoren wie Umwelteinflüsse (Rauchen, Alkohol usw.) und genetische Veranlagung eine Rolle.

Kann das Epstein-Barr-Virus Krebs auslösen?

Das Epstein-Barr-Virus allein löst keine Krebserkrankung aus. Allerdings kann es die Entstehung bestimmter Krebserkrankungen begünstigen. Der Grund dafür liegt in einer Eigenschaft der gamma-Herpesviren. Sie sind in der Lage dazu, Körperzellen so zu verändern, dass diese unsterblich werden (immortalisiert). Dies kann bei EBV zum einen Lymphzellen (B-Lymphozyten) betreffen, zum anderen auch Zellen der Schleimhaut im Nase-Rachen-Raum (lymphoepitheliales Karzinom).

Das Epstein-Barr-Virus löst diese bösartigen Neubildungen allerdings nicht allein aus. Es besteht lediglich ein Zusammenhang zwischen diesen Krebsarten und einer EBV-Infektion. Dies gilt beispielsweise für das in Zentralafrika endemisch auftretende Burkitt-Lymphom. Für das sporadische Burkitt-Lymphom außerhalb dieser Region besteht ein solcher Zusammenhang jedoch nicht. Für Nasopharynxkarzinome ist eine solche Assoziation ebenfalls beschrieben.

Eine EBV-Infektion kann also als Risikofaktor für die Entwicklung eines solchen Karzinoms angesehen werden, als alleiniger Auslöser kommt es jedoch nicht infrage. Das bedeutet: Nur weil man mit dem Epstein-Barr-Virus infiziert ist, heißt das nicht, dass man deshalb an Krebs erkrankt.

Ist das Epstein-Barr-Virus heilbar?

Die Besiedlung und das Verbleiben (Persistenz) des Epstein-Barr-Virus im Körper ist nicht mehr rückgängig zu machen. Eine direkte Behandlung im Sinne eines Medikaments, das die Viren abtötet, existiert also nicht, man kann eine EBV-Infektion demnach nicht heilen.

Die Folgen und Symptome lassen sich aber behandeln. Bei Lymphomen werden Chemotherapien angewendet, bei Nasopharynxkarzinomen kann häufig operiert werden. Beim Pfeifferschen Drüsenfieber werden Schmerzmittel gegeben. Es handelt sich allerdings um symptomatische Therapien, die das Virus als solches nicht aus dem Körper entfernen können.

Ist das Epstein-Barr-Virus tödlich?

Eine akute Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus verläuft nur in absoluten Ausnahmefällen tödlich. Allerdings kann das Pfeiffersche Drüsenfieber beispielsweise eine Milzruptur, also einen Milzriss, als Komplikation nach sich ziehen, die potenziell lebensbedrohlich sein kann.

Auch ein Lymphom, das eventuell in Zusammenhang mit einer EBV-Infektion stehen kann, kann tödlich verlaufen. Eine direkte tödliche Wirkung des Epstein-Barr-Virus ist aber nahezu ausgeschlossen.

Kann EBV chronisch werden?

Chronische Verläufe sind äußerst selten und treten vor allem im asiatischen Raum auf. Wichtig zu wissen ist allerdings, dass das Virus im Köper verbleibt, es ergibt sich daraus aber in den meisten Fällen keine Erkrankung. Die Träger sind also in solchen Fällen symptomfrei (asymptomatisch).

Es kann allerdings bei einer Schwächung des Immunsystem zu einer Reaktivierung der EBV-Infektion kommen. Diese zeigt sich dann meist in der Entwicklung von Lymphomen.

Epstein-Barr-Virus: Welche Spätfolgen sind möglich?

Eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus läuft in der Regel sehr mild ab. Die meisten Kinder oder Jugendlichen zeigen keine Symptome. Entwickelt sich das Pfeiffersche Drüsenfieber, überstehen es die meisten Betroffenen sehr gut. Es können allerdings mittelfristig Folgen im Sinne einer gesteigerten Ermüdbarkeit auftreten (Fatigue).

Eine mögliche Spätfolge ist zudem ein erhöhtes Risiko, an bösartigen Neubildungen zu erkranken. Menschen mit einer infektiösen Mononukleose in der Vorgeschichte haben beispielsweise ein dreifach erhöhtes Risiko, an einem Hodgkin-Lymphom (Morbus Hodgkin) zu erkranken.

Multiple Sklerose als Folge des Epstein-Barr-Virus?

Schon länger steht das Epstein-Barr-Virus im Verdacht, die Entstehung anderer Erkrankungen wie zum Beispiel Multipler Sklerose (MS) zu begünstigen. Eine im Jahr 2022 veröffentlichte Studie der Harvard Chan School scheint den Zusammenhang zu bestätigen: Demnach wäre eine Infektion mit dem Virus Voraussetzung dafür, an Multipler Sklerose zu erkranken.

Für die Studie wurden über einen Zeitraum von 20 Jahren regelmäßig entnommene Blutproben von Angehörigen des US-Militärs untersucht. Es zeigte sich, dass von 801 Personen mit Multipler Sklerose nur eine Person keine Antikörper gegen das Epstein-Barr-Virus im Blut hatte. Zudem lieferten die Blutproben der Personen, bei denen die Multiple Sklerose erst im Laufe der Studie ausbrach, interessante Erkenntnisse: Bei denjenigen, die zunächst nicht mit dem EBV infiziert waren, fanden sich anfangs auch keine Biomarker für MS im Blut. Nachdem sich die betroffenen Personen mit dem Virus infiziert hatten, waren diese Biomarker jedoch im Blut nachweisbar – noch bevor die Multiple Sklerose ausbrach.

Auch wenn die Studie nicht beantworten kann, welche Rolle das Epstein-Barr-Virus als Ursache von Multipler Sklerose spielt, so scheint sie zumindest zu bestätigen, dass das Virus an der Entwicklung von MS beteiligt ist, es sich also um eine Art Spätfolge einer EBV-Infektion handeln könnte. Wie die Mechanismen genau zusammenhängen, muss durch weitere Forschung erst noch geklärt werden.