Hallux valgus (Ballenzeh) am Fuß
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Hallux valgus: Behandlung mit Schiene, Übungen, OP & Co.

Von: Dr. rer. nat. Isabel Siegel (Diplom-Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 14.02.2023 - 13:38 Uhr

Der Schuh drückt am vorgewölbten Ballen und der große Zeh steht schief? Diese Beschwerden sind typisch für einen Hallux valgus, eine auch als Ballenzeh bezeichnete Fehlstellung der Füße. Nicht immer bereitet ein Hallux valgus Probleme. Wenn aber Druckstellen, Schmerzen oder Entzündungen auftreten oder sich die Fehlstellung weiter verstärkt, sollte über eine Behandlung nachgedacht werden. Hier kommen unter anderem spezielle Schuhe, Schienen, Bandagen oder Übungen für den Fuß zum Einsatz. Bei starken Beschwerden kann auch eine Operation (OP) helfen, bei der die Stellung der Großzehe korrigiert wird.

Was ist ein Hallux valgus?

Bei einem Hallux valgus (Ballenzeh) handelt es sich um eine häufig vorkommende Fehlstellung der Füße. Charakteristisch ist die Stellung des großen Zehs, der sich vom Grundgelenk ausgehend in Richtung der benachbarten Zehen biegt. Bei starker Ausprägung kann der große Zeh sogar über dem zweiten Zeh liegen.

Der Grund für die Schiefstellung des großen Zehs liegt beim Mittelfußknochen. Dieser schiebt sich beim Hallux valgus in Richtung des anderen Fußes. Durch diese Schiefstellung wölbt sich der Großzehenballen am Innenrand des Fußes deutlich hervor.

Was ist die Ursache für einen Hallux valgus?

Folgende Faktoren können das Risiko für die Entstehung eines Hallux valgus erhöhen:

  • familiäre Veranlagung, zum Beispiel ein schwaches Bindegewebe
  • Fußfehlstellungen wie Spreizfuß oder Knick-Senkfuß
  • Übergewicht
  • Gelenkerkrankungen wie rheumatoide Arthritis
  • verkürzte Achillessehnen oder Wadenmuskeln
  • das häufige Tragen sehr enger, schmaler oder hoher Schuhe

Da mehr Frauen als Männer von einem Ballenzeh betroffen sind, wurde früher vermutet, dass vor allem hochhackige oder zu enge Schuhe die Fehlstellung des Fußes verursachen. Die Schuhe sind nach heutigem Kenntnisstand aber nicht der Hauptauslöser für einen Hallux valgus. Vielmehr kann das schwächere Bindegewebe von Frauen in Kombination mit unsachgemäßem Schuhwerk einen Hallux valgus begünstigen.

Ballenzeh: Welche Symptome können auftreten?

Nicht immer führt ein Hallux valgus zu Beschwerden. Gerade zu Beginn ist der Ballenzeh häufig ein rein ästhetisches Problem. Mit zunehmender Dauer der Fehlstellung können jedoch verschiedene Symptome auftreten. Dazu gehören:

Welche Folgen kann ein Hallux valgus haben?

Im fortgeschrittenen Verlauf kann ein Hallux valgus zu weiteren Funktionseinschränkungen des Fußes führen:

  • Wenn die benachbarten Zehen durch die Fehlstellung des großen Zehs zusammengeschoben werden, kann sich der Druck gegen den Schuh und gegen die benachbarten Zehen bis hin zum kleinen Zeh erhöhen. Dies kann zu Verformungen wie Hammerzehen (Hallux malleus, Digitus malleus) oder Krallenzehen (Digitus flexus) führen. Dabei sind die Zehen stark gebeugt.
  • Durch den Druck und die Reibung in Schuhen kann eine Schleimbeutelentzündung im Großzehengrundgelenk entstehen. Dann können auch Schmerzen im Ruhezustand auftreten.
  • Wenn der große Zeh, bedingt durch die Fehlstellung, beim Gehen nicht gegen den Boden drücken kann, wird die normale Funktion des Vorfußes beeinträchtigt. Es kann zu Schmerzen im Mittelfuß kommen.
  • Auch kann es im Großzehengrundgelenk zu Arthrose (Gelenkverschleiß) kommen, was auch als Hallux rigidus bezeichnet wird.

Hallux valgus: Welche Schweregrade gibt es?

Je nach Ausprägung des Ballenzehs wird dieser in verschiedene Schweregrade eingeteilt. Dabei wird im Rahmen der Diagnosestellung anhand eines Röntgenbildes auch gemessen, wie stark die Fehlstellung von der Normalstellung abweicht. Diese Abweichung wird als Hallux-valgus-Winkel (HV-Winkel) bezeichnet. Je größer der Winkel, desto stärker ist die Fehlstellung:

  • normale Großzehenstellung: HV-Winkel bis zu 20°
  • milde Fehlstellung: HV-Winkel 21° bis 30°
  • mittlere Fehlstellung: HV-Winkel 31° bis 40°
  • schwere Fehlstellung: HV-Winkel größer als 40°

Was kann man gegen einen Hallux valgus tun?

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, einen Ballenzeh zu behandeln. Die konservative Therapie, also die Behandlung ohne OP, dient dazu, die Beschwerden zu vermindern. Die Stellung der großen Zehe kann damit nicht dauerhaft korrigiert werden. Dem gegenüber steht die Operation, bei der der Ballenzeh begradigt wird. Sie kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn ein fortgeschrittener Hallux valgus regelmäßig Schmerzen verursacht und die Beschwerden durch eine konservative Therapie nicht in den Griff zu bekommen sind.

Welche Therapiemaßnahme im Einzelfall geeignet ist, entscheidet der*die behandelnde Orthopäde*Orthopädin in Abhängigkeit vom Schweregrad des Hallux valgus, den möglicherweise vorliegenden Begleiterkrankungen und der persönlichen Lebenssituation der betroffenen Person.

Die allgemeinen Ziele jeder Behandlung sind:

  • Verringerung der Schmerzen
  • Fortschreiten der Fehlstellung verlangsamen
  • Korrektur der Fehlstellung
  • Verbesserung der Funktion und Belastbarkeit des Fußes
  • Ausheilen von Hautschäden wie Schwielen oder Hühneraugen

Hallux valgus: Behandlung ohne OP

Besonders im Anfangsstadium, bei einer milden Fehlstellung, wird der Hallux valgus konservativ behandelt. Die Schiefstellung des Zehs kann sich dadurch jedoch nicht zurückbilden. Eine Verstärkung der Fehlstellung kann aber bis zu einem gewissen Maß verlangsamt oder aufgehalten werden.

Die Behandlung ohne OP umfasst verschiedene Maßnahmen.

Hallux-valgus-Schiene und Zehenspreizer

Bei der Schiene handelt es sich um eine Orthese, die den großen Zeh in eine gerade Position zieht. Dadurch wird die Kapsel des Großzehengrundgelenks entspannt und der Druck auf die benachbarten Zehen vermindert. Da die Schiene für die Betroffenen m Schuh unangenehm zu tragen sein kann, wird sie meist nur nachts getragen.

Kurzfristig können Zehenspreizer manche Beschwerden, wie beispielsweise Druckstellen, vermindern. Da sie jedoch den Druck der Großzehe auf die benachbarten Zehen nicht reduzieren, sondern sogar verstärken können, kann es auf Dauer zu einer Verschlimmerung der Symptomatik kommen. Daher sind sie nicht für eine langfristige Anwendung geeignet.

Bandage und Tapen

Die Großzehe mithilfe von Tapes oder Bandagen in die ursprüngliche Position zu ziehen, stellt eine etwas sanftere Alternative zur Hallux-valgus-Schiene dar. Das Prinzip ist jedoch gleich.

Schuhe und Einlagen

Das empfohlene Schuhwerk sollte flache Absätze, ein weiches Oberleder und ausreichend Freiraum für die Zehen haben.

Zusätzlich zum empfohlenen Schuhwerk können Einlagen helfen, den Fuß abzustützen und das Fortschreiten eines Spreizfußes aufzuhalten. Eine eingearbeitete Pelotte (ein ballenförmiges Polster) im Bereich des Mittelfußes kann zur Schmerzlinderung beitragen.

Darüber hinaus sollten Sie so oft wie möglich barfuß laufen.

Gymnastik und Übungen

Krankengymnastik und Übungen für die Füße tragen zur Stärkung der Fußmuskulatur bei und wirken einem Spreizfuß oder Knick-Senkfuß entgegen.

Hier finden Sie einige Beispiele für Übungen, die Sie selbst zur Behandlung und Vorbeugung durchführen können und die zum Training der Muskulatur in der Großzehe, im Vorfuß oder anderen Bereichen des Fußes dienen. Führen Sie die Fußgymnastik nur durch, wenn sie keine Schmerzen bereitet, und lassen Sie sich nicht demotivieren, wenn die Übungen anfangs schwerfallen:

  1. Diese Zehenübung wird ohne Schuhe im Stehen durchgeführt. Ziehen Sie die mittleren Zehen gestreckt in Richtung Decke, der große und kleine Zeh sollen den Bodenkontakt möglichst nicht verlieren. Die Durchführung gelingt oft nicht auf Anhieb, mit der Zeit fällt sie aber leichter.
  2. Nun heben Sie den großen Zeh an und strecken Sie diesen nach oben, während die restlichen Zehen weiterhin den Boden berühren.
  3. Wiederholen Sie die Übung umgekehrt, sodass der große Zeh am Boden bleibt und die anderen Zehen in die Luft gespreizt werden.
  4. Lassen Sie mehrmals täglich im Sitzen einen Tennis- oder Igelball unter ihrem Fuß entlangrollen. Variieren Sie dabei die Bewegungsrichtung und den Druck, es geht hierbei vor allem um die Massage und Entspannung des Fußgewölbes.

Schmerzmittel

Bei einer Entzündung können schmerzstillende und entzündungshemmende Arzneimittel eingenommen werden. Auch das Auftragen einer Salbe mit einem entzündungshemmenden Wirkstoff kann helfen.

Hallux valgus – wann operieren?

Die Operation des Hallux valgus kann notwendig werden, wenn:

  • die Beschwerden trotz konservativer Behandlungsmaßahmen bestehen bleiben
  • die Schmerzen regelmäßig auftreten
  • der Fuß in seiner Funktion beeinträchtigt ist

Die Hallux-valgus-Operation kann im Sommer oder im Winter gleichermaßen durchgeführt werden. Im Sommer liegt der Vorteil in den leichten und meist offenen Schuhen, die getragen werden können und komfortabel für den operierten Fuß sind. Im Winter hingegen können die niedrigeren Temperaturen dazu beitragen, dass sich die Gefäße in den Beinen sich nicht so stark weiten, wodurch Schwellungen reduziert werden.

Einen Hallux valgus aus rein kosmetischen Gründen zu operieren, ohne dass er Beschwerden verursacht, ist nicht sinnvoll. In diesem Fall kann ein operativer Eingriff sogar dazu führen, dass es nach ursprünglicher Beschwerdefreiheit zu Schmerzen kommt.

Operation bei Hallux valgus

Es gibt eine Vielzahl an Operationstechniken, die bei einem Hallux valgus eingesetzt werden. Sie alle dienen der Korrektur einer Fehlstellung der großen Zehe mit folgenden Zielen:

  • die Schmerzen lindern
  • die Belastbarkeit der Füße steigern
  • ein normales Abrollen der Füße ermöglichen
  • das Gehen erleichtern
  • weitere Fehlstellungen wie Hammer- oder Krallenzehen verhindern

Welches Operationsverfahren zur Anwendung kommt, entscheidet der*die Arzt*Ärztin auf Basis seiner*ihrer Erfahrung sowie abhängig von der Art und dem Ausmaß des Hallux valgus. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:

  • Vorliegen eines Gelenkverschleißes im Zehengrundgelenk (Grundgelenksarthrose)
  • körperliche Aktivität der betroffenen Person
  • Funktionalität des Zehengrundgelenks: Ausrichtung der Gelenkflächen passend aufeinander (kongruent) oder nicht passend (inkongruent)

Um die Fehlstellung der Großzehe zu behandeln, werden beispielsweise

  • Knochen durchtrennt, um sie anschließend in normaler Stellung auszurichten (Korrekturosteotomie; Osteotomie = Knochenumstellung)
  • Teile von geschädigtem Knochen entfernt (Resektionsarthroplastik)
  • Gelenke mit Schrauben, Nägeln oder Platten versteift (Arthrodese)
  • Sehnen und Gelenkkapsel korrigiert

Unter gewissen Voraussetzungen ist auch ein minimalinvasiver operativer Eingriff möglich, bei dem die Fehlstellung der großen Zehe durch sehr kleine Hautschnitte behoben wird.

Was passiert nach der Hallux-valgus-OP?

Der Heilungsverlauf nach der Operation zieht sich über mehrere Wochen. Häufig muss für einen Zeitraum von vier bis acht Wochen ein spezieller Schuh getragen werden, in dem der Fuß je nach Operationsmethode mehr oder weniger belastet werden darf.

Eine physiotherapeutische Behandlung (Krankengymnastik) nach der OP dient dazu, die Beweglichkeit des Großzehengelenks zu erhalten oder zu verbessern. Die Zehengymnastik nach der Hallux-valgus-OP kann nach Anlernen durch eine therapeutische Fachkraft mehrmals täglich selbstständig durchgeführt werden.

Wie lange man nach einer Operation arbeitsunfähig ist, hängt vom ausgeführten Beruf und von dem Ausmaß des operativen Eingriffs ab. Personen, die von Berufs wegen lange stehen oder gehen müssen, sollten länger pausieren. Auch umfangreiche Operationen erfordern häufig eine längere Schonzeit des Fußes. Am besten ist es, sich zu Fragen rund um Operation, Physiotherapie oder Arbeitsunfähigkeit ärztlichen Rat einzuholen.

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