normale Wirbelsäule und bei Morbus Scheuermann (Kyphose) im Vergleich (Illustration)
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Morbus Scheuermann – was ist das?

Von: Dr. med. Lisa Rosch (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 12.01.2022 - 18:22 Uhr

Der Morbus Scheuermann (auch: Scheuermann-Krankheit, Adoleszentenkyphose oder juvenile Kyphose) ist eine Wirbelsäulenerkrankung bei Jugendlichen. Sie betrifft vor allem die Brustwirbelsäule und seltener die obere Lendenwirbelsäule. Es kommt zur rundlichen Verformung der Wirbelsäule (Kyphose) mit der Gefahr der Ausbildung von Folgeschäden im Erwachsenenalter. Welche Symptome bei Morbus Scheuermann auftreten und welche Übungen helfen können, Spätfolgen zu verhindern, erfahren Sie im Folgenden.

Ursachen: Wie entsteht Morbus Scheuermann?

Typischerweise tritt der Morbus Scheuermann zwischen dem achten und 14. Lebensjahr auf. Jungen sind doppelt so häufig betroffen wie Mädchen.

Bei Morbus Scheuermann liegt eine verminderte Belastbarkeit der Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper vor. In der Folge verformen sich die Wirbelkörper keilförmig, Bandscheibengewebe bricht in die Wirbelkörper ein und die Höhe der Bandscheibenfächer nimmt ab. Durch die verminderte Höhe der Wirbelkörpervorderseite entsteht ein zunehmender Rundrücken der Brustwirbelsäule. Als Ausgleich steht die Lendenwirbelsäule zunehmend im Hohlkreuz (Hyperlordose).

Seltener ist die lumbale Form des Morbus Scheuermann, welche die Lendenwirbelsäule (LWS) betrifft. Es kommt zu einem Flachrücken der LWS (Entlordosierung) mit schwer zu behandelnden Langzeitschäden.

Die Ursachen des Morbus Scheuermann sind nicht geklärt. Diskutiert werden Entwicklungsstörungen der Grund- und Deckplatten, eine angeborene Bindegewebsschwäche und Durchblutungsstörungen der Wirbelkörper.

Eine "schlechte" Körperhaltung von Kindern und Jugendlichen mit nach vorne gekrümmten Schultern kann einen Morbus Scheuermann eventuell mitverursachen. Die Brustmuskulatur, der M. pectoralis, verkürzt sich und die Ausbildung des Rundrückens schreitet fort. Auch starke mechanische Beanspruchung durch bestimmte Sportarten wie Turnen und Leistungs-Trampolinspringen werden als Ursachen vermutet.

Symptome bei Morbus Scheuermann

Die Beschwerden treten meist erst im Erwachsenenalter auf, nur ein geringer Anteil der Betroffenen beklagt bereits im Jugendalter Rückenschmerzen. Auffällig ist jedoch bereits bei Jugendlichen der Rundrücken, Heranwachsende werden durch die Eltern oft wegen ihrer schlechten Körperhaltung zur ärztlichen Untersuchung geschickt. Abzugrenzen sind vorübergehende Haltungsschwächen, die viele Jugendliche während der Wachstumsphase aufweisen.

Die Spätfolgen im Erwachsenenalter sind durch die rundliche Fehlstellung der Brustwirbelsäule und die damit einhergehende veränderte Statik der gesamten Wirbelsäule bedingt. Teilweise ist der Morbus Scheuermann von einer seitlichen Wirbelsäulenverkrümmung, einer Skoliose, begleitet.

Es kommt zu Verspannungen und Schmerzen der Rückenmuskulatur und einem vorzeitigen Verschleiß der Wirbelkörpersegmente (Osteochondrose). Am häufigsten beklagen die Betroffenen Schmerzen der Lendenwirbelsäule als Folge der Überlastung.

Wie erfolgt die Diagnose Morbus Scheuermann?

Besteht der Verdacht auf die Scheuermann-Krankheit, stehen an erster Stelle die klinische Untersuchung und spezielle Tests auf Morbus Scheuermann im Rahmen einer orthopädischen Untersuchung. Die Diagnose kann anhand eines Röntgenbilds der Wirbelsäule gestellt werden. Je nachdem, wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist, zeigen sich mehr oder weniger eindeutige Zeichen im Röntgenbild. Dazu gehören:

  • die Keilform der Brustwirbelkörper
  • in die Wirbelkörper eingebrochene Bandscheibenanteile (Schmorl'sche Knötchen)
  • ein übermäßiger Rundrücken

Eine MRT (Magnetresonanztomografie) der Wirbelsäule muss manchmal bei Verdacht auf ein Frühstadium durchgeführt werden, wenn sich keine entsprechenden Veränderungen im Röntgenbild erkennen lassen. Darüber hinaus wird die MRT zum Ausschluss von Differentialdiagnosen oder Spätfolgen, wie zum Beispiel einem Bandscheibenvorfall, genutzt.

Therapie: Was kann man gegen M. Scheuermann tun?

Die Behandlung des Morbus Scheuermann erfolgt normalerweise konservativ. Wird die Diagnose frühzeitig gestellt, kann mit Physiotherapie einer Verschlimmerung vorgebeugt werden. Im Fokus stehen druckentlastende Übungen, der Erhalt der Beweglichkeit, die Kräftigung der Bauch- und Rückenstreck-Muskulatur und Haltungsgymnastik. Viele Übungen eignen sich auch zur selbstständigen Durchführung zu Hause.

Übungen bei Morbus Scheuermann

Die folgenden Übungen können bei Morbus Scheuermann durchgeführt werden:

  1. Kräftigungsübung in Bauchlage: Legen Sie sich auf einer entsprechenden Unterlage auf den Bauch und blicken Sie zu Boden, die Halswirbelsäule soll gerade sein. Heben Sie nun beide Arme und Beine vom Boden ab und führen Sie im Rechts-Links-Wechsel kleine schnelle Hackbewegungen Richtung Boden aus. Führen Sie jeweils 30 Wiederholungen und mehrere Runden durch.
  2. Dehnübung im Stand: Stellen Sie sich in eine Zimmerecke oder in den Türrahmen, sodass die Hände bei leicht ausgebreiteten Armen gegen Türrahmen oder Wände gedrückt werden können. Ein Bein steht vorne. Lehnen Sie sich nun mit dem Oberkörper vor, sodass sich die Schulterblätter annähern und Sie eine angenehme Dehnung der Brustmuskulatur verspüren. Diese Übung sollten Sie eine Minute halten und mehrmals wiederholen.

Korsett als Therapie

Ein Korsett kann im Wachstumsalter bei schweren Verformungen der Wirbelsäule zur Korrektur angepasst werden. Hierbei gibt es Varianten, die eine aktive Aufrichtung durch Muskelkraft erfordern oder auch Passiv-Korsetts, die mehr unterstützend und entlastend wirken.

Bei bereits eingetretenen Spätfolgen dient ein Korsett lediglich der kurzzeitigen Entlastung, führt langfristig jedoch zu einer Schwächung der Haltemuskulatur und ist somit kontraproduktiv.

OP bei Morbus Scheuermann

Eine operative Therapie muss nur in seltenen Fällen und bei weit fortgeschrittenen Fehlstellungen durchgeführt werden. Das Ausmaß des chirurgischen Eingriffs ist abhängig vom Alter der betroffenen Person und der notwendigen Korrektur. Das Spektrum reicht von minimalinvasiven Eingriffen bis hin zu großen Operationen mit langstreckigen Aufrichtungs- und Versteifungsmaßnahmen, die mehrere Segmente der Wirbelsäule umfassen.

Weitere Maßnahmen

Bei Kindern sollte besonders auf geeignete Sitzmöbel geachtet werden, die eine aufrechte Haltung unterstützen. Auch sportliche Betätigungen, die zu einer Haltungsverbesserung führen, sind sinnvoll. Eine gute Sportart bei Morbus Scheuermann ist beispielsweise Schwimmen.

Kann man Morbus Scheuermann heilen?

Der Verlauf des Morbus Scheuermann kann durch frühzeitiges physiotherapeutisches Gegensteuern gebremst werden. Oftmals wird die Diagnose jedoch erst im Erwachsenenalter und bei Auftreten der beschriebenen Spätfolgen gestellt. Die Wirbelkörperveränderungen sind nicht heilbar, die schmerzhaften Auswirkungen können jedoch in den allermeisten Fällen durch entsprechendes Training beherrscht werden.

Gravierende Auswirkungen auf die Berufsfähigkeit oder gar eine Frührente stellen die Ausnahme dar. Eine Berufsberatung kann bei körperlich belastender Arbeit sowie ausnehmend sitzender Tätigkeit dennoch sinnvoll sein.

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