Mann mit Hodenkrebs beim Arzt
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Hodenkrebs – so erkennen Sie die Symptome!

Von: Dr. med. Silvana Schönit (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 10.08.2022 - 11:18 Uhr

Der Hodenkrebs ist eine seltene, bösartige Erkrankung des männlichen Geschlechtsorgans. Da es keine Vorsorgeuntersuchung gibt, kommt dem regelmäßigen Abtasten des Hodens eine wichtige Rolle beim Erkennen des Tumors zu. Wie kann man Hodenkrebs ertasten und welche Symptome können außerdem auftreten? Welche Möglichkeiten der Therapie gibt es, wird die Zeugungsfähigkeit durch eine Operation beeinträchtigt und wie sind die Überlebenschancen? Das und mehr lesen Sie hier.

Was ist Hodenkrebs?

Als Hodenkrebs – auch Hodentumor oder Hodenkarzinom – bezeichnet man eine bösartige (maligne) Veränderung des Hodens (Skrotum). Diese lässt sich von gutartigen Veränderungen, wie beispielsweise einer Nebenhodenentzündung (Epididymitis) oder einer Flüssigkeitsansammlung im Hoden (Hydrozele testis), abgrenzen.

Bei den bösartigen Hodentumoren unterscheidet man zwischen Seminomen und der Gruppe der Nicht-Seminome. Seminome entwickeln sich aus den Sperma produzierenden Keimzellen (Spermatogonien) des Mannes. Bei den Nicht-Semiomen werden je nach Ursprung weitere Formen unterteilt (Dottersacktumor, Teratom, Chorionkarzinom, Stromatumor oder Embryonalzellkarzinom). Die Unterscheidung der beiden Formen des Hodenkrebses erfolgt bei der Untersuchung des betroffenen Gewebes unter dem Mikroskop. Die Einteilung ist insbesondere deshalb relevant, weil sich die Formen in der Therapie und Prognose unterscheiden.

Wie häufig treten Hodentumore auf?

Kaum mehr als 4.000 Männer erkrankten im Jahr 2018 in Deutschland an Hodenkrebs. Im selben Jahr erkrankten dagegen über 35.000 Männer an Lungenkrebs. Dieser Vergleich soll die Seltenheit der Erkrankung verdeutlichen.

In welchem Alter erkrankt man an Hodenkrebs?

Hodenkrebs tritt vor allem zwischen dem 25. Und dem 45. Lebensjahr auf, verglichen mit anderen Krebserkrankungen also relativ früh. Außerdem zeigt sich ein zweiter Häufigkeitsgipfel ab dem 70. Lebensjahr.

Hodenkrebs kann jedoch ebenfalls bereits im Kleinkindalter auftreten. So ist zum Beispiel der Dottersacktumor, eine Unterform der Nicht-Seminome, der häufigste Hodentumor bei Kindern unter drei Jahren.

Ursachen: Was ist der Auslöser für Hodenkrebs?

Es gibt bestimmte Risikofaktoren, welche die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Hodenkrebses erhöhen können. Zu diesen zählen:

  • Hodenhochstand (Maldescensus testis)
  • Hodenkrebs in der Familie (vor allem bei den Eltern oder Geschwistern)
  • vorangegangener Hodenkrebs an dem anderen Hoden

Der Hodenhochstand zeichnet sich dadurch aus, dass der Hoden sich nicht im Hodensack, sondern außerhalb von diesem, beispielsweise im Leistenkanal (Leistenhoden) oder sogar im Bauchraum (Bauchhoden) befindet. Die falsche Position des Hodens kommt dadurch zustande, dass dieser normalerweise vor der Geburt aus dem Bauchraum in seine endgültige Lage in den Hodensack wandert. Ist der Hodensack nach der Geburt noch leer, dann wandert der betroffene Hoden im Verlauf des ersten Jahres oft noch von alleine in seine natürliche Position.

Ist der Vorgang am Ende des ersten Lebensjahres jedoch noch nicht abgeschlossen, dann wird in der Regel operativ nachgeholfen. Die erhöhte Temperatur im Bauchraum, verglichen mit den kühleren Temperaturen im Hodensack, erhöht nämlich das Risiko für eine bösartige Entartung des Gewebes und kann somit eine Ursache für den Hodenkrebs sein. Ein zwar geringfügigeres, aber dennoch erhöhtes Risiko für den Hodenkrebs bleibt jedoch auch nach der korrigierenden Operation bestehen.

Das Tragen eines Handys in der Hosentasche scheint dagegen nach der aktuellen Forschungslage kein Risikofaktor für die Entstehung von Hodenkrebs zu sein.

Symptome: Wie erkennt man Hodenkrebs?

Zwar ist der Hodenkrebs eine seltene Erkrankung, aber vor allem dann, wenn einer oder mehrere der oben genannten Risikofaktoren vorliegen, kommt einer regelmäßigen Untersuchung des Hodens eine entscheidende Rolle zu, um Veränderungen frühzeitig zu entdecken.

Durch folgende Anzeichen kann sich der Hodenkrebs äußern:

  • Aussehen: Hodenkrebs verursacht oft eine einseitige Vergrößerung des Hodens.
  • Schmerzen: Diese Vergrößerung ist meist schmerzlos, es können jedoch auch begleitende Hodenschmerzen auftreten.
  • Tastbare Verhärtung: Der Hoden kann sich bei Hodenkrebs verhärtet anfühlen. Auch ein harter Knoten innerhalb des Hodensacks kann ein Hinweis sein.
  • Ziehen und Schweregefühl: Gelegentlich kann es zu einem Gefühl von Spannung und Schwere in einem Hoden oder in der Leiste kommen.

Die genannten Anzeichen sind jedoch nicht spezifisch für Hodenkrebs, sie können ebenfalls bei gutartigen Veränderungen des Hodens auftreten. Eindeutig unterschieden werden können diese von bösartigen Tumoren nur durch spezielle Untersuchungen.

Aufgrund einer übermäßigen Hormonproduktion kann es außerdem zu einer ein- oder beidseitigen Vergrößerung der Brust (Gynäkomastie) kommen.

Gelegentlich kann der Hodentumor auch erst durch die Symptome auffallen, die die Tochtergeschwülste (Metastasen) verursachen. Zu diesen Symptomen können beispielsweise Rückenschmerzen bei Metastasen in der Wirbelsäule zählen.

Wie merkt man, dass man Hodenkrebs hat?

Die bereits erläuterten Anzeichen erkennt man am besten durch das regelmäßige Abtasten beider Hoden. Dadurch kann man den Hodenkrebs in einigen Fällen an sich selbst ertasten. Sollten beim Abtasten Auffälligkeiten auftreten, dann empfiehlt es sich, zeitnah eine*n Urologin*Urologen aufzusuchen.

Eine spezielle Vorsorgeuntersuchung existiert, anders als beispielsweise beim Darm-, Haut- oder Prostatakrebs, für diese Krebserkrankung nicht. Die Selbstuntersuchung stellt also die wichtigste Vorsorge dar.

Wie schnell wächst Hodenkrebs?

Bösartige Hodentumoren haben eine Tumorverdopplungszeit von zehn bis 30 Tagen. Das bedeutet, dass sich die Tumoren innerhalb dieser Zeit in ihrer Größe verdoppeln können. Hodentumore wachsen also im Vergleich zu vielen anderen Krebsarten sehr schnell. Das erklärt auch, weshalb bei verändertem Aussehen oder auffälligem Tastbefund zeitnah eine ärztliche Abklärung erfolgen sollte.

Der Hodenkrebs wird in verschiedene Stadien eingeteilt. Bei der gängigen "Lugano-Klassifikation" spricht man von einem Stadium 1, wenn alle Lymphknoten krebsfrei sind. Sind bereits Lymphknoten betroffen, dann liegt ein Stadium 2 vor. Von einem Stadium 3 spricht man, wenn nicht mehr nur die Lymphknoten in der Umgebung, sondern auch weiter entfernt liegende Lymphknoten, andere Organe oder der Knochen von Metastasen betroffen sind.

Es gibt jedoch auch noch weitere Klassifikationen, anhand derer das Stadium des Krebses etwas abweichend bestimmt werden kann.

Diagnose: Welche Untersuchungen werden durchgeführt?

Begibt man sich mit einer Veränderung am Hoden in eine urologische Praxis, dann wird der betroffene Hoden zunächst inspiziert und abgetastet.

Als weiterführende Diagnostik kann eine Ultraschalluntersuchung des Hodens erfolgen. Außerdem können mithilfe einer Blutuntersuchung spezielle Tumormarker (α1-Fetoprotein (AFP) und humanes Choriongonadotropin (β-HCG)) bestimmt werden.

Operativ entnommenes Gewebe kann noch während der laufenden Operation unter dem Mikroskop untersucht werden, um das Vorliegen des Hodenkrebses zu bestätigen und das weitere operative Vorgehen zu planen. Dieses Vorgehen wird als "Schnellschnitt" bezeichnet. In weiterführenden Untersuchungen unter dem Mikroskop kann außerdem die Tumorform (Seminom oder Nicht-Seminom) bestimmt werden. Weiterhin helfen bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT), die Computertomografie (CT) und das Röntgen bei der Suche nach möglichen Metastasen.

Wie wird Hodenkrebs behandelt?

Bösartige Hodentumore sollten in der Regel operativ entfernt werden. Die Operation beinhaltet üblicherweise die einseitige Hodenentfernung (Orchiektomie).

Liegen bestimmte Risikofaktoren vor (verkleinerter Hoden, Hodenfehllage, Funktionseinschränkung des Hodens oder ein Alter unter 40 Jahren), kann außerdem in einigen Fällen ergänzend Gewebe (Biopsie) des nicht-betroffenen Hodens entnommen werden, um diesen auf bösartige Zellen zu untersuchen.

Auch wenn die Entfernung eines Hoden nicht zwangsläufig eine Unfruchtbarkeit zur Folge hat, empfiehlt sich bei einem späteren Kinderwunsch das Einfrieren von Sperma (Spermakonservierung) vor der Behandlung. Außerdem kann nach der Entfernung des Hodens auch eine sogenannte "Hodenprothese" eingesetzt werden, die allerdings eine rein optische Funktion erfüllt.

Je nachdem, welche Tumorform vorliegt und in welchem Tumorstadium sich der Betroffene befindet, existieren verschiedene ergänzende Behandlungsmethoden, über die in jedem Fall individuell entschieden werden muss:

  • In einigen Fällen empfiehlt sich die sogenannte "Active Surveillance", bei der regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden, jedoch zunächst keine weiteren Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden. Diese Option bietet sich beispielsweise in Abhängigkeit von der Tumorgröße und der Tumorausdehnung im Stadium 1 (nach Lugano-Klassifikation) an.
  • Es kann außerdem eine ergänzende Chemotherapie durchgeführt werden.
  • Eine dritte Möglichkeit ist, den Hodenkrebs mittels Bestrahlung zu behandeln (Strahlentherapie).

Wie sind die Überlebenschancen bei Hodenkrebs?

Der Hodenkrebs zählt glücklicherweise zu denjenigen Krebserkrankungen, die eine relativ gute Prognose haben. Die individuelle Überlebenschance bei diesem Krebs hängt jedoch davon ab, in welchem Stadium man sich befindet und welche Tumorform sich unter dem Mikroskop zeigt (Seminom oder Nicht-Seminom). Bei Nicht-Seminomen liegen häufiger bereits bei der Diagnosestellung Metastasen vor, sie haben damit insgesamt eine schlechtere Prognose als Seminome. Das Auftreten von Metastasen kann auch die Lebenserwartung ohne Behandlung bedeutend verschlechtern.

In den frühen Stadien der Erkrankung ohne Fernmetastasen liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 90 bis 97 Prozent. Die Prognose hat sich insbesondere durch die Einführung der Chemotherapie als Behandlungsoption stark verbessert.

Die Heilungschancen verschlechtern sich, wenn Fernmetastasen vorliegen. Dieser Begriff bezeichnet dabei solche Tochtergeschwülste, die sich nicht in der Umgebung des Tumors oder in seinen umliegenden Lymphknoten befinden, sondern weiter entfernt, beispielsweise in der Wirbelsäule oder den Bauchorganen. Die Lunge ist besonders häufig von Metastasen betroffen, im Fall des Hodenkrebses verschlechtern Lungenmetastasen die Prognose jedoch nicht wesentlich.

Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Fernmetastasen außerhalb der Lunge beträgt, je nach Tumorform, 50 bis 80 Prozent. Das bedeutet, dass auch in diesen Tumorstadien noch bis zu 80 Prozent der Erkrankten die ersten fünf Jahre nach der Diagnosestellung überleben.

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