Meningokokken (Illustration)
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Meningokokken – Infektion und Impfung

Von: Henrik Janke (Student der Humanmedizin)
Letzte Aktualisierung: 19.01.2024 - 13:34 Uhr

Meningokokken sind eine Gruppe von Bakterien. Sie kommen weltweit vor und befallen nur den Menschen. Die zwei wesentlichen Erkrankungen, die Meningokokken auslösen können, sind Meningitis (Hirnhautentzündung) und Sepsis (auch bekannt als Blutvergiftung). Eine gefährliche Komplikation stellt das Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom dar. Bei einer Meningokokken-Infektion sollte sofort eine ärztliche Behandlung eingeleitet werden. Ohne Therapie kann das Krankheitsbild tödlich verlaufen. Was sind Meningokokken genau und wie behandelt man eine Infektion mit Meningokokken? Gegen welche Arten des Bakteriums kann man sich mit einer Impfung schützen? Das und mehr erfahren Sie hier.

Was sind Meningokokken?

Meningokokken (Neisseria meningitidis) sind Bakterien und zählen zu den sogenannten Diplokokken. Diesen Namen verdanken sie ihrer Form und Anordnung unter dem Mikroskop. Sie sind in Pärchen (diplo) angeordnet und kugelig rund (kókkos).

Meningokokken gehören zur Gruppe der gramnegativen Bakterien. Das bedeutet, sie zeigen bei der mikroskopischen Untersuchung durch die sogenannte Gramfärbung eine bestimmte Farbreaktion. Sie gehören neben dem Erreger der Gonorrhoe (Gonokokken) zur Gruppe der Neisserien.

Welche Arten von Meningokokken gibt es?

Meningokokken kommen weltweit vor und können in verschiedene Serogruppen eingeteilt werden. Diese Einteilung in Serogruppen erfolgt jeweils anhand der Ähnlichkeit ihrer Antigene. Das sind Oberflächenstrukturen, anhand derer das Immunsystem die Bakterien erkennen kann. Mittlerweile sind 12 verschiedene Gruppen bekannt, von denen folgende Subtypen für den Großteil der durch Meningokokken verursachten Erkrankungen verantwortlich sind:

  • Meningokokken A: dominanteste Form auf dem afrikanischen und asiatischen Kontinent ("Meningitisgürtel")
  • Meningokokken B und C: häufigste Ursache von Meningokokken-Infektionen in Deutschland
  • Meningokokken W und Y: weitere, aber seltene Ursache von Meningokokken-Infektionen in Deutschland

Wie und wo kann man sich mit Meningokokken anstecken?

Meningokokken sind ansteckend. Sie werden über Tröpfcheninfektionen beim Husten oder Niesen übertragen. Da die Bakterien außerhalb des Körpers in der Regel schnell absterben, ist meistens ein enger Hautkontakt von Schleimhautsekreten, wie zum Beispiel beim Küssen, nötig.

In die Schleimhaut aufgenommen, haften sich die Bakterien über ihre Fortsätze (sogenannte Pili) im Rachenraum an und verbleiben dort. Nicht immer verursachen sie auch eine Erkrankung. Insbesondere Personen mit einer geschwächten Immunabwehr haben aber ein erhöhtes Risiko, zu erkranken. Der Mensch ist der einzige Wirt, Tiere können sich also weder mit den Bakterien infizieren noch diese übertragen.

Die Inkubationszeit einer Meningokokken-Infektion dauert drei bis vier Tage, in selten Fällen bis zu zehn Tage. Infizierte sind bereits bis zu sieben Tage vor Symptombeginn ansteckend. Auch bei Beginn einer Antibiotika-Therapie sind Betroffene noch mindestens 24 Stunden übertragungsfähig.

Eine Ansteckung mit Meningokokken muss gemäß des Infektionsschutzgesetzes dem Gesundheitsamt namentlich gemeldet werden. Die Anzahl der auftretenden Fälle in Deutschland ist in den letzten Jahren rückläufig, unter anderem infolge der seit 2006 standardmäßig empfohlenen Impfung gegen Meningokokken C für Kinder. Derzeit werden jährlich unter 0,4 Fälle pro 100.000 Personen registriert. 60 Prozent werden durch die Serogruppe B verursacht.

Vorbeugung: Wie sinnvoll ist die Meningokokken-Impfung?

Wichtigste präventive Maßnahme stellt die Impfung dar. In Deutschland existieren drei Impfstoffe. Diese richten sich vor allem gegen die fünf dominanten Serogruppen B, C, W, Y und A.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt generell als Standardimpfung für alle Kinder eine Grundimmunisierung gegen Gruppe C im Alter von 12 Monaten. Erfolgt diese Meningokokken-C-Impfung nicht bereits als Baby, sollte sie gemäß der Impfempfehlung der STIKO spätestens bis zum 18. Lebensjahr nachgeholt werden.

Daneben wird seit Januar 2024 die Meningokokken-B-Impfung als Standardimpfung für Säuglinge empfohlen. Sie sollte im Alter von zwei Monaten mit dem Impfstoff 4CMenB erfolgen. Auch wenn es die häufigste Serogruppe in Deutschland ist, war diese Impfung zuvor nur für Risikogruppen empfohlen. Dazu zählen beispielsweise Menschen mit einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche.

Des Weiteren empfiehlt die STIKO Personen mit Immunschwäche und berufsbedingt höherem Infektionsrisiko zusätzlich eine Impfung mit dem Konjugatimpfstoff ACWY gegen die Gruppen A, C, W und Y. Konjugatimpfstoff oder konjugierter Impfstoff ist die Bezeichnung für Impfstoffe, bei denen das Antigen an ein Eiweiß gebunden ist, um die Immunreaktion zu verbessern. Auch vor Reisen in Risikogebiete wie Asien, Afrika und weitere Endemieländer (also Länder, in denen die Erreger häufig vorkommen) wird diese Impfung empfohlen.

Wie oft die Meningokokken-Impfung erfolgen muss, ist vom jeweiligen Impfstoff abhängig. Für die Standardimpfung gegen die Serogruppe C langt eine einmalige Impfstoffgabe. Die Meningokokken-B-Impfung erfordert drei Impfstoffdosen im Alter von zwei, vier und zwölf Monaten.

Die empfohlenen Standardimpfungen sind in der Regel kostenlos. Für die Kosten einer Impfung gegen die anderen Serogruppen muss der*die Patient*in zunächst selbst aufkommen. Allerdings übernehmen die Krankenkassen in der Regel bei ärztlicher Begründung den Betrag und erstatten ihn zurück.

Alle Impfungen werden generell gut vertragen und lösen wenige Nebenwirkungen aus. In manchen Fällen kommt es zu lokalen Impfreaktion an der Einstichstelle mit Rötung und Schmerzen sowie zu Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit, Durchfall, Schüttelfrost und leichtem Fieber. Letzteres sollte bei Kindern und Jugendlichen nach der Impfung kontrolliert werden, um einen Fieberschub zu vermeiden. Für die Meningokokken-B-Impfung empfiehlt die STIKO bei Kindern unter zwei Jahren eine vorbeugende Gabe von Paracetamol zur Vermeidung von Fieber. Seltener können Appetitlosigkeit und Schläfrigkeit auftreten.

Symptome: Was sind Anzeichen einer Meningokokken-Infektion?

Meningokokken-Infektionen zeigen sich hauptsächlich als Meningitis, also Hirnhautentzündung, oder Sepsis, die im Volksmund auch als Blutvergiftung bekannt ist. Es können auch Mischformen auftreten, die andere Organe wie Herz, Lunge oder Knochen betreffen. In sehr seltenen Fällen kann eine Meningokokken-Infektion auch zu Bindehaut- oder Harnwegsinfektionen führen.

Bei den durch Meningokokken ausgelösten Erkrankungen treten häufig nach einem kurzen Vorstadium mit allgemeinen Erkältungszeichen plötzlich Symptome wie Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Schwindel mit schwerem Schwächegefühl auf. Innerhalb weniger Stunden können sich diese Beschwerden erheblich verschlimmern.

Charakteristisch sind kleine Hautblutungen (Petechien) oder größere Einblutungen in der Haut, insbesondere bei einer Sepsis. Es kann auch ein rötlicher Hautausschlag mit Pusteln auftreten. Ohne Behandlung kommt es zu einem Abfall des Blutdrucks, einer Bildung von zahlreichen kleinen Blutgerinnseln, die schließlich zu starken Blutungen führen (disseminierte intravasale Gerinnungsstörung) und einem Organversagen.

Bei einer Meningitis sind Erbrechen und Nackensteifigkeit typische Anzeichen. Zusätzlich können neurologische Symptome wie Reizbarkeit, Schläfrigkeit, Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma, Lichtscheu, Krampfanfälle oder Lähmungen auftreten. Bei Säuglingen und Kindern sind die Symptome und der Verlauf oft weniger eindeutig. Es kann zu Fieber, Erbrechen, Unruhe und Krämpfen kommen. In manchen Fällen zeigt sich eine vorgewölbte oder gespannte Schädeldecke (Fontanelle). Die Nackensteifigkeit kann auch fehlen.

Beide Krankheitsbilder sind dringende Notfälle, die umgehend in einer Notfallambulanz therapiert werden müssen, da sie unbehandelt tödlich verlaufen.

Diagnose: Welche Tests gibt es?

Eine Verdachtsdiagnose lässt sich häufig durch das klinische Bild, also aufgrund der Symptome, stellen.

Bei Meningitis kann auch eine neurologischen Überprüfung Hinweise geben. Charakteristisch dafür sind die Nackensteifigkeit, Lichtempfindlichkeit und ein positiver Babinski-Reflex. Hierbei streicht die untersuchende Person dem*der liegenden Patient*in über die Fußsohle. Im Normalfall bewegt sich die Großzehe in Richtung Fußsohle. Bei einer Meningitis zeigt die Großzehe kopfwärts.

Um Meningokokken mit absoluter Sicherheit zu diagnostizieren, muss ein Erregernachweis im Labor erfolgen. Dafür benötigt man Blut und Liquor (Nervenwasser).

Um eine Sepsis zu diagnostizieren, bewertet man die Symptome und analysiert das Blutbild des*der Patient*in. Hierbei zeigt sich eine drastische Erhöhung der Entzündungsmarker.

Therapie: Wie behandelt man Meningokokken?

Besteht der Verdacht auf eine Meningokokken-Infektion, sollte schnellstmöglich eine antibiotische Therapie eingeleitet werden. Noch vor Erregernachweis werden bei entsprechendem klinischen Bild Cephalosporine der dritten Generation (Ceftriaxon oder Ceftazidim) und entzündungshemmende Medikamente wie Dexamethason verabreicht. Wirksam ist ebenfalls das klassische Penicillin G.

Die Behandlung erfolgt im Krankenhaus. Bis 24 Stunden nach Beginn der Gabe eines Antibiotikums werden Patient*innen mit Verdacht auf Meningokokken isoliert, um andere Personen nicht zu gefährden.

Enge Kontaktpersonen, bei denen es bereits zu einer Übertragung gekommen sein könnte, sollten kurzzeitig mit einem Antibiotikum (zum Beispiel Rifampicin) behandelt werden (Chemoprophylaxe). Diese Empfehlung gilt auch, wenn eine Kontaktperson gegen Meningokokken geimpft ist. Besteht keine Impfung gegen den auslösenden Serotyp, wird zusätzlich zur Chemoprophylaxe empfohlen, sich schnellstmöglich gegen den entsprechenden Erreger impfen zu lassen.

Wie gefährlich sind Meningokokken?

Durch eine schnelle Antibiotika-Therapie lässt sich eine Infektion mit Meningokokken meist gut behandeln. Immungeschwächte Personen, alte Menschen und Kleinkinder haben ein erhöhtes Risiko für eine schwerwiegenderen Verlauf.

Eine gefürchtete Komplikation bei Meningokokken ist das Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom. Dabei kommt es durch freigesetzte Toxine des Erregers zu massiven Blutungen und Thrombosen. Betroffen sind vor allem Haut, Gehirn, Herz und die Nebennieren. Es kann zu Schlaganfällen, Gefäßverschlüssen und Nebennierenschäden kommen.

Die Sterblichkeit bei Meningokokken-Meningitis beträgt in Deutschland etwa 1 Prozent, bei Sepsis etwa 13 Prozent und bei Sepsis mit Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom ungefähr 33 Prozent.

Darüber hinaus treten bei etwa 15 Prozent der Betroffenen Spätfolgen auf. Nach einer Meningitis können dies Hirnnervenlähmungen, Halbseitenlähmung (Hemiplegie), Krampfanfälle sowie Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten sein. Komplikationen nach septischen Verläufen reichen von begrenzten Nekrosen (Absterben von Gewebe) bis hin zu ausgedehntem Gewebezerfall an den Armen oder Beinen, die eine Amputation des betroffenen Körperteils erfordern können.

Meningokokken verursachen ernstzunehmende Erkrankungen, die umgehend behandelt werden sollten. Ansonsten kann es zu schwerwiegenden Verläufen und Spätkomplikationen kommen. Frühzeitig behandelt lässt sich eine Infektion mit Meningokokken in den meisten Fällen aber gut heilen.

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