Kind mit Flugzeug
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Dünne Luft – Sauerstoffmangel im Flugzeug?

Von: Sigrid Born (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 20.07.2017 - 16:02 Uhr

Wer mit dem Flugzeug weite Strecken unterwegs ist, bewegt sich in einer Höhe von 9.000 bis 12.000 Metern. Durch eine Technologie, die eine Art künstliche Atmosphäre schafft, herrscht in Flugzeugen ein Druck, der dem in einer Höhe von circa 2.000 Metern bis 2.500 Metern entspricht, also etwa so hoch wie St. Moritz in der Schweiz. Untersuchungen haben ergeben, dass rund die Hälfte aller Passagiere unter Sauerstoffmangel leidet – aber nicht jeder merkt es.

Wie wichtig ist der Sauerstoff?

Forschungsergebnisse von Anästhesisten aus Belfast, die in der Fachzeitschrift "Anaesthesia"(Bd. 60, S. 458, 2005) veröffentlicht wurden, liefern beunruhigende Ergebnisse für Flugreisende.

54 Prozent der Passagiere hatten einen Sauerstoffgehalt im Blut, der zu niedrig war, nämlich 93 Prozent – die normale Sauerstoffkonzentration liegt bei 97 Prozent. Auf den ersten Blick scheint das nur ein kleiner Unterschied zu sein.

15 Liter stündlich – Sauerstoff ist lebenswichtig

Die chemische Formel von Sauerstoff ist O2, denn als ungebundener gasförmiger Stoff besteht er normalerweise aus einem zweiatomigen Molekül. Auf der Erde kommt es häufiger als jedes andere chemische Element vor, aber man kann es weder sehen, riechen oder schmecken.

89 Prozent des Wassers und 50 Prozent der Erdkruste bestehen aus Sauerstoff, den die Pflanzen mit Hilfe von Blattgrün und Licht erzeugen. Die Atemluft setzt sich zusammen aus etwa 80 Prozent Stickstoff und 20 Prozent Sauerstoff in Form von gasförmigen Molekülen.

Aufgrund der Erdanziehungskraft befinden sich die meisten Luftmoleküle in der Nähe der Erdoberfläche. Nach oben hin wird die Luft immer dünner, so auch der Sauerstoff. 

Das bedeutet: Je weniger Moleküle, desto geringer ist der Luftdruck. Im Schnitt verbrauchen wir pro Stunde etwa 15 Liter Sauerstoff; durchschnittlich atmet der Mensch also 19.000 Liter Luft täglich ein und wieder aus. Die Atemtätigkeit muss ununterbrochen erfolgen, weil Sauerstoff nicht wie andere Stoffe im Körper gespeichert werden kann.

Künstlich erhöhter Druck im Flugzeug

Da nur wenige Menschen eine derart gute Kondition wie der Bergsteiger Reinhold Messner haben, der in einer Höhe von weit über 8.000 Metern ohne Sauerstoff auskommen kann, muss in Flugzeugen der Druck künstlich erhöht werden. Das Gesetz schreibt daher vor, dass zivile Fluggesellschaften ihre Maschinen mit Druckkabinen ausrüsten müssen.

Selbst wenn man 100 Prozent Sauerstoff atmen würde, könnte man in Höhen oberhalb von 13.500 Metern nicht überleben.

5 Tipps, die gegen einen Sauerstoffmangel helfen können

  1. Wie schnell ein Fluggast einen Sauerstoffmangel hat, hängt von seinem allgemeinen Gesundheitszustand ab. So haben Raucher vergleichsweise weniger Sauerstoff im Blut als Nichtraucher. Eine Woche vor einem langen Flug den Zigarettenkonsum zu minimieren, könnte helfen, während des Fluges besser mit Sauerstoff versorgt zu sein.
  2. Wer einen Flug vor sich hat, sollte an den Tagen davor vermeiden, schnelle Bergaufstiege oder lange Tauchexpeditionen zu starten. Nach solchen Aktivitäten, die die Sauerstoffzufuhr stark einschränken, sollte man sich ein paar Tage Zeit lassen, damit der Körper wieder genug Sauerstoff im Blut anreichern kann.
  3. Vor allem Sportler haben weniger Probleme mit Sauerstoffmangel im Flugzeug, da sie automatisch eine bessere Sauerstoffsättigung im Blut haben. Die Woche vor dem Flug draußen Sport zu betreiben kann also helfen, Sauerstoff im Körper anzureichern, wird aber nicht sehr viel bewirken, wenn man sonst nie Sport macht.
  4. Ein weiterer Tipp ist: Schlafen. Während wir schlafen, verbrauchen wir deutlich weniger Energie und auch Sauerstoff, da unser Körper in den Ruhezustand versetzt wird. Die einfachste Methode, beim Fliegen weniger Sauerstoff zu brauchen, ist also, so viel wie möglich zu schlafen.
  5. Wenn es das Cockpit gerade erlaubt, stehen Sie auf und gehen Sie ein paar Schritte! Durch das gleichzeitige tiefe und langsame Einatmen können Sie die Sauerstoffzufuhr zusätzlich verbessern. Und: Regelmäßiges Bewegen der Beine beugt außerdem Thrombose auf Langstreckenflügen vor.

Was passiert bei Sauerstoffmangel?

In der Belfaster Studie kamen die Ärzte zu dem Ergebnis, dass 54 Prozent der Passagiere (getestet wurden 84 Personen zwischen 1 und 78 Jahren) zu wenig Sauerstoff im Blut haben.

Dieser O2-Mangel könne erklären, warum sich viele Reisende nach längeren Flugreisen unwohl oder krank fühlten, vor allem, wenn sie zu wenig getrunken hatten, sich kaum bewegten und eine geringe Luftfeuchtigkeit hinzukam.

Ausgleich von Sauerstoffmangel

Ein gesunder Organismus gleicht den niedrigeren Sauerstoffgehalt dadurch aus, dass das Herz schneller schlägt und die Gefäße sich verengen. Herzpatienten und Menschen mit Blutarmut sollten daher unbedingt vor einer Flugreise einen Arzt konsultieren.

Sauerstoffmangel, auch Hypoxie genannt, ist ein Krankheitszustand, der in großen Höhen entsteht. Schon in der untersten Schicht der Atmosphäre, der Troposphäre, wird die Luft in 3.900 Meter Höhe so dünn, dass es zu Sauerstoff-Mangelerscheinungen kommen kann.

Symptome von Sauerstoffmangel

Die Mediziner Eckhart Schröter und Torsten Hahne beschreiben zahlreiche Symptome, wie sie nicht nur Verkehrs-Piloten, sondern auch Gleitschirmflieger erlebt haben:

  • schnelle und tiefe Atmung (Hyperventilation)
  • Kribbeln in den Füssen, Händen und im Gesicht
  • Schwindel
  • Veränderungen im Farben-Sehen
  • Einengung des Gesichtsfeldes
  • Euphorie und Schläfrigkeit

Sind Flugreisen für Schwangere bedenklich?

Ein Fötus braucht für eine problemlose Entwicklung reichlich Sauerstoff. Um herauszufinden, ob dies in großen Höhen gegeben ist, hat Professor Renate Huch von der Universitätsklinik Zürich zehn Schwangere bei 20 Flügen quer durch Europa genau untersucht.

Hier gilt Entwarnung: Sowohl bei Start, Landung oder auf voller Flughöhe schlug das Herz des Embryos genauso schnell wie zu ebener Erde ein sicheres Zeichen dafür, dass es optimal mit Sauerstoff versorgt wurde.

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Sauerstoffmasken ein ungutes Zeichen?

Davor hat wohl jeder Passagier Angst: die Sauerstoffmasken fallen herunter – ein sicheres Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Was ist passiert?

Die Flugzeugkabinen sind grundsätzlich luftdicht. In großen Höhen, wo außen ein sehr niedriger Luftdruck herrscht, wird der Druck künstlich auf normalem Niveau gehalten. Der normale Luftdruck beträgt in Meereshöhe etwa 1.013 Hektopascal.

Der Luftdruck nimmt mit der Höhe ab und halbiert sich nach einer Faustregel ungefähr jeweils nach 5.000 Metern. Fliegt das Flugzeug in Reiseflughöhe, ist die Maschine sozusagen aufgepumpt wie ein Luftballon, das heißt der Druck innerhalb der Kabine ist höher als der Druck der Umgebung.

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Druckabfall löst Sauerstoffmasken aus

Fällt nun der Druck ab, werden die Sauerstoffmasken, die über jedem Sitzplatz eingebaut sind, automatisch ausgelöst. Schon ein undichtes Ventil oder ein kleines Loch im Flugzeug kann die Luft sehr langsam und unmerklich entweichen lassen. Aus diesem Grund gibt es mehrere Sensoren, die den Zustand im Inneren der Kabine ständig überprüfen.

Die Sauerstoffmasken werden daher sehr früh ausgelöst. Zu diesem Zeitpunkt besteht noch keine Gefahr für die Passagiere. Die Piloten müssen nun das Flugzeug möglichst zügig aus der Reiseflughöhe in einem Sinkflug auf eine Höhe bringen, die auch ohne Sauerstoffmasken ein problemloses Atmen ermöglichen. Spätestens ab einer Höhe unter 4.000 Metern muss man keine Sauerstoffmasken mehr tragen.