Mann beschäftigt sich am Handy anstatt zu arbeiten
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Prokrastination: 15 Tipps gegen die Aufschieberitis

Von: Daniela Heinisch (Medizinautorin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 03.01.2025

Fast jeder Mensch kennt den Spruch: "Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!" Leichter gesagt, als getan – etwa jede*r fünfte Erwachsene in Deutschland leidet Umfragen zufolge unter Prokrastination (vom lateinischen "procrastinare", auf Deutsch "Vertagung", Aufschieben). Dabei kann die Prokrastination auch Hinweis auf eine zugrundeliegende psychische Erkrankung sein. Was Prokrastination genau bedeutet, wann eine Therapie sinnvoll ist und welche Tipps dabei helfen, die sogenannte Aufschieberitis zu überwinden, erfahren Sie im Folgenden.

Definition von Prokrastination

Seit Mitte der 70er Jahre erforschen Wissenschaftler*innen die Aufschieberitis. Bei der Prokrastination handelt es sich um krankhaftes Aufschieben, sprich eine gestörte Kontrolle der eigenen Handlungen.

Von der Störung können dabei sowohl Aufgaben im Arbeitsumfeld als auch im privaten Bereich betroffen sein. Eine Prokrastination kann alleinstehend, aber auch im Rahmen einer anderen psychischen Erkrankung vorkommen, zum Beispiel bei Depressionen oder Angststörungen. Unterschiedliche Faktoren können eine Prokrastination fördern. Dazu gehören beispielsweise die Abneigung vor einer Aufgabe, Probleme mit dem persönlichen Zeitmanagement oder Angst vor Kritik.

Prokrastination: Symptome

In schwerer Form kann Prokrastination in Kombination mit Ängsten, Perfektionsbestrebungen, Depression, Langeweile oder Versagensangst auftreten. Dabei entsteht ein Teufelskreis: Der an Prokrastination Leidende steht dem immer größer werdenden Berg an unverrichteter Arbeit hilflos gegenüber. Zwar weiß er um die Konsequenzen, wenn er die Aufgaben nicht erledigt, wird dadurch jedoch unter noch größeren Druck gesetzt und ist letztendlich erst recht frustriert.

Mögliche Symptome, die bei solch starker Prokrastination auftreten können, sind:

  • andauernder Stress
  • innere Anspannung oder Ängste
  • körperliche Symptome, wie Magen-Darm-Probleme und Schlafstörungen
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15 Tipps gegen Prokrastination

Leichtere Formen der Prokrastination können auch ohne therapeutische Hilfe angegangen werden. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und auch die Gewohnheit, alles aufzuschieben, können wir ablegen, indem wir uns andere Verhaltensweisen antrainieren. Wir zeigen Ihnen mit diesen 15 Tipps gegen Prokrastination, wie Sie den Teufelskreis der Prokrastination durchbrechen können.

1. Gleich anfangen

Wenn Sie eine Aufgabe erhalten oder eine Idee haben, die Sie realisieren möchten, fangen Sie gleich damit an. Hilfreich ist die sogenannte "OHIO-Methode". "OHIO" steht für "Only Handle It Once", also "Nehmen Sie Dinge nur einmal in die Hand". Das bedeutet, wenn eine Aufgabe ansteht, erledigen Sie diese nach Möglichkeit direkt und legen Sie sie nicht erstmal zur Seite. Sie müssen ein Formular ausfüllen oder eine Rechnung bezahlen? Kümmern Sie sich sofort darum und haken Sie die Aufgabe danach ab.

2. Die unangenehmste Aufgabe zuerst

Beginnen Sie mit der unangenehmsten Aufgabe. Gewohnheitsmäßig wird diese nämlich am längsten hinausgezögert, da man negative Gefühle, wie Langeweile, Unsicherheit oder Stress, möglichst vermeiden möchte. Haben Sie sie jedoch gleich als erste Tagesaufgabe gemeistert, erscheinen die folgenden Arbeiten gar nicht mehr als so schlimm.

3. Arbeit in Häppchen aufteilen

Machen Sie aus einer Mammut-Aufgabe mehrere kleine Aufgaben. Sonst wirkt die Arbeit erdrückend und unlösbar, wohingegen Sie sich selbst mit positiven Emotionen belohnen, wenn Sie Zwischenschritte erfolgreich abhaken konnten. Fokussieren Sie sich nicht nur auf den endlos erscheinenden Weg, sondern behalten Sie das Ziel im Auge.

4. Fester Wille

Nutzen Sie die Macht der Gedanken! Ein Gedanke festigt sich, je öfter Sie ihn wiederholen. Sagen Sie sich also immer wieder, dass Sie es schaffen, anstatt zu denken: "Das kann ja nichts werden..."

5. Vergessen Sie Perfektion

Hören Sie auf, perfekt sein zu wollen. Das führt dazu, dass Sie sich verzetteln und schließlich auf der Stelle treten. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf das Wesentliche und erledigen Sie den Rest so gut wie in der verfügbaren Zeit möglich.

6. Loben Sie sich!

Loben Sie sich, anstatt zu zweifeln und belohnen Sie Teilerfolge. Lob führt zu Motivation und stärkt das Vertrauen in die eigenen Kräfte. Dadurch wird die Leistungsfähigkeit tatsächlich gesteigert.

7. Ihr eigener Rhythmus ist wichtig

Beachten Sie Ihren Körperrhythmus: Jeder Mensch hat einen eigenen Biorhythmus. Ob wir Langschläfer oder Frühaufsteher sind, ist zum Großteil genetisch festgelegt. Statt dagegen anzukämpfen, sollten Sie, wann immer möglich, versuchen, schwierige Aufgaben in Ihren persönlichen Leistungsphasen zu erledigen.

8. Störungen meiden

Lassen Sie sich nicht ablenken. Versuchen Sie Störungen zu vermeiden, sei es von Kolleg*innen, dem Telefon oder Ihren eigenen abschweifenden Gedanken. Versuchen Sie sich nur auf das zu konzentrieren, was Sie gerade tun.

9. Zeitlimit setzen

Setzen Sie sich ein Zeitlimit. Umso mehr Zeit Sie für ein Projekt zur Verfügung haben, desto länger benötigen Sie auch dafür. Dies verbessert allerdings nicht das Ergebnis, da der Fokus nicht auf das Wesentliche beschränkt ist. Wenn Sie im Kalender ein Abgabetatum vordatieren, gewinnen Sie zusätzliche Korrekturzeit.

10. Positiver Druck durch andere

Binden Sie Ihre Umwelt ein. Wie jede*r weiß: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Nicht nur Teamarbeit erschwert die Aufschiebelust –  wer Kolleg*innen und Freund*innen von seinen Vorhaben berichtet, schafft sich ein äußeres Druckmittel und damit einen neuen Anreiz.

11. Nicht selbst belügen

Seien Sie ehrlich zu sich selbst: Erfinden Sie gerade eine Ausrede, um etwas aufschieben zu können, oder ist etwas anderes gerade wirklich wichtiger?

12. Priorisieren

Unterscheiden Sie anfallendes nach Wichtigkeit. Planen Sie mithilfe einer Liste am besten im Voraus, welche Aufgaben die höchste Priorität haben und somit als erstes erledigt werden müssen. Halten Sie sich aber auch an diesen Plan!

13. Pausen-Planung

Bleiben Sie in Ihrer Aufgabenplanung realistisch. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor und planen Sie Pausen ein. Nutzen Sie diese Pausen auch für regelmäßigen Sport. Yoga, Joggen oder Pilates eignen sich bestens, um Stress zu reduzieren.

14. Eigene Erfolge anerkennen

Führen Sie sich bewusst Ihre Erfolge und Stärken vor Augen. Das ist effektiver, als Ihre Kraft auf die Bekämpfung Ihrer Schwächen aufzuwenden.

15. Aufgaben willkommen heißen

Nehmen Sie Arbeit als einen Teil Ihres Lebens an. Versuchen Sie, Ihren Job nicht nur als lästige Pflicht anzusehen, sondern nehmen Sie die Möglichkeit zur aktiven Gestaltung wahr. Tricksen Sie Ihre Gedanken aus, indem Sie sich einreden, dass auch die langweiligsten Aufgaben wahnsinnig interessant sind.

Wann ist eine Therapie nötig?

Wann und ob das Prokrastinieren therapeutisch behandelt werden sollte, hängt davon ab, wie stark der Alltag durch die "Aufschieberitis" beeinträchtigt wird und wie sehr die betroffene Person darunter leidet. Die Intensität der Belastung kann in einem Gespräch mit einem*einer Arzt*Ärztin geklärt werden. Zum Teil werden auch standardisierte Fragebögen zur Diagnostik eingesetzt.

Bei deutlichen Beschwerden und Einschränkungen sollte immer ärztlicher Rat gesucht werden – auch, um eventuell vorliegende begleitende psychische Störungen, wie Depressionen oder soziale Phobien, erkennen zu können. Gegebenenfalls können dann Medikamente zum Einsatz kommen oder eine kognitive Verhaltenstherapie.

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