Frau macht progressive Muskelentspannung nach Jacobson (PMR)
© Getty Images/Kobus Louw

Progressive Muskelentspannung: Anleitung und Wirkung

Von: Gesundheit-Redaktion, Marina Bierbrauer (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 29.01.2025

Die progressive Muskelentspannung ist ein Entspannungsverfahren, das von dem US-amerikanischen Arzt und Physiologen Edmund Jacobson entwickelt wurde. Es folgt dem einfachen Prinzip, Muskeln bewusst anzuspannen und dann zu entspannen. Auf diese Weise können verschiedene körperliche und psychische Beschwerden und Krankheiten gebessert werden. Anders als andere Entspannungstechniken ist die progressive Muskelentspannung nach Jacobson einfach zu erlernen und ihre Wirksamkeit zudem wissenschaftlich gut belegt. Im folgenden Artikel erklären wir mit einer Anleitung, wie die Methode funktioniert und welche Wirkung sie hat.

Das Prinzip der progressiven Muskelentspannung

Wenn wir Angst haben, unter starker Anspannung oder Druck stehen, spannt sich automatisch und oft unbewusst unsere Muskulatur an – zum Beispiel schließt man die Hände unbewusst zur Faust oder presst den Kiefer zusammen. Je größer die psychische Anspannung durch Ereignisse wie Stress, Angst oder Ärger ist, desto ausgeprägter sind auch die Muskelanspannungen. Unter Umständen können sich Blockaden ergeben, die Schmerzen und psychosomatische Störungen verursachen.

Edmund Jacobson beschäftigte sich in den 1920er-Jahren eingehend mit der Funktion der Muskeln und fand heraus, dass durch ein gezieltes Anspannen und anschließendes Entspannen einzelner Muskelgruppen eine tiefe körperliche und psychische Entspannung erreicht werden kann.

Auf Basis dieser Erkenntnis entwickelte der Wissenschaftler 1929 die Methode der progressiven Muskelentspannung, kurz PME oder auch PMR für progressive Muskelrelaxation. Relaxation ist der medizinische Fachbegriff und zugleich die englische Übersetzung für Entspannung. Progressiv bedeutet voranschreitend oder sich weiterentwickelnd. Das meint zum einen, dass das Entspannungsverfahren mit der Zeit auf immer mehr Muskeln angewendet werden kann und zum anderen, dass man die bewusste Entspannung mit etwas Übung in ganz unterschiedlichen Situationen im Alltag anwenden kann.

Progressive Muskelentspannung: Anleitung und Übungen

Das Prinzip dieser Tiefenentspannung ist denkbar einfach und beruht darauf, einzelne Muskeln zunächst gezielt und bewusst anzuspannen, die Anspannung kurz zu halten und dann zu entspannen. Das Ziel: Durch gezieltes Anspannen verschiedener Muskelgruppen und anschließender Lösung der Spannung soll sich die Muskulatur über das Ausgangsniveau hinaus entspannen.

Im Folgenden finden Sie eine Anleitung für eine Übung, die bei der PMR zumeist als erstes erlernt wird. Suchen Sie sich für die Übung eine ruhige Umgebung, in der Sie ungestört sind. PMR wird meistens auf dem Rücken liegend auf einer bequemen Unterlage durchgeführt. Sie können die Übung auch im Bett ausprobieren. Einige Menschen bevorzugen die Ausführung von PME auch im Sitzen.

So funktioniert es:

  1. Konzentrieren Sie sich auf die Muskeln Ihrer rechten Hand. Ballen Sie die Hand langsam zur Faust und spannen Sie sie so stark wie möglich an. Lenken Sie dabei Ihre Aufmerksamkeit gezielt darauf, wie sich diese Anspannung anfühlt.
  2. Halten Sie die Spannung für etwa fünf bis acht Sekunden.
  3. Entspannen Sie alle Muskeln in Ihrer Hand ebenso bewusst für etwa 30 Sekunden. Fühlen Sie auch hier, wie sich diese Entspannung anfühlt.
  4. Wiederholen Sie diese Übung einmal.
  5. Anschließend können Sie die Übung mit anderen Muskelgruppen durchführen. Üblich ist diese Reihenfolge: linke Hand, Arme, Gesicht, Schultern, Nacken, Rücken, Bauch, Beine und Füße. Arme, Beine und Füße werden für gewöhnlich jeweils einzeln nacheinander angespannt. Fortgeschrittene können dies auch gleichzeitig tun.

Zu Beginn können Sie sich jedoch auf einzelne Körperpartien beschränken, zum Beispiel nur die Hände, und nach und nach weitere Körperteile einbeziehen.

PMR lernen mit Kursen & Co.

Ursprünglich umfasste die PMR nach Jacobson 30 Übungen, die in 56 Sitzungen erlernt wurden. In den 1970er Jahren wurde das Verfahren von den Psychotherapeuten Bernstein und Borkovec zur Vereinfachung auf 16 Übungen reduziert. Da die Grundübung aber so einfach ist, können Sie die Muskelentspannung auch alleine zu Hause üben. Dazu finden Sie zum Beispiel im Internet zahlreiche Videos und Audiodateien, die Sie durch das Entspannungsverfahren leiten.

Alternativ gibt es die Möglichkeit, die progressive Muskelentspannung in einem Kurs zu erlernen. Diese werden von den meisten gesetzlichen Krankenkassen als sogenannte Gesundheitskurse oder Präventionskurse bezahlt. Ein Kurs besteht in der Regel aus acht bis zwölf Einheiten von 60 bis 90 Minuten.

Für die progressive Muskelrelaxation als Entspannungsmethode ist eine gute und schnelle Wirksamkeit belegt. Mit der Zeit lernt man, ein Gefühl für Anspannung und Entspannung zu bekommen, um auch im Alltag besser entspannen und loslassen zu können.

Fühlen Sie sich durch Lärm belästigt?
Ja, häufig
38%
Ja, ab und zu
50%
Nein, nie
13%
Mehr Umfragen

Für wen ist die progressive Muskelentspannung geeignet?

Grundsätzlich eignet sich PMR für alle, die Stress reduzieren und sich leichter entspannen möchten. Besonders für Menschen, die mit anderen Entspannungsmethoden, wie autogenes Training, Meditation oder Yoga, Schwierigkeiten haben, kann die PME eine Alternative sein. Dies liegt daran, dass die progressive Muskelrelaxation eine rein körperliche Methode ist, was vielen Menschen leichter fällt als solche, die beispielsweise mit Vorstellungen oder Gedanken arbeiten.

Auch für Kinder ab acht Jahren ist progressive Muskelentspannung geeignet. Hier gibt es spezielle Kurse und Anleitungen, die das Verfahren eher spielerisch vermitteln.

PME kann bei einigen Beschwerden als alleinige Therapie sehr gut helfen. Häufig wird sie jedoch mit anderen Verfahren kombiniert, zum Beispiel bei psychischen Beschwerden mit einer Verhaltenstherapie.

Für folgende Situationen und Erkrankungen ist die Wirkung von progressiver Muskelentspannung (zumindest als ergänzende Behandlung) untersucht und belegt:

Sprechen Sie zur Sicherheit mit Ihrem*Ihrer Arzt*Ärztin, ob progressive Muskelentspannung für Sie (zusätzlich) hilfreich sein könnte.

Für wen ist PMR nicht geeignet?

Auch wenn die progressive Muskelentspannung nach Jacobson eigentlich keine Nachteile hat, sollte sie von bestimmten Personengruppen beziehungsweise in einigen Situationen nicht angewendet werden.

Dazu zählt Folgendes:

  • akute Psychosen
  • schwere Depressionen oder Manie
  • schwere Zwangsstörungen
  • akute entzündliche Erkrankungen
  • schwerwiegende Erkrankungen von Bewegungsapparat oder Muskeln
Passend zum Thema
Mann mit Burnout erschöpft am Schreibtisch
Burnout – so erkennen Sie die Symptome!
Burnout – so erkennen Sie die Symptome!
Mann mit Stress-Symptomen
Stress-Symptome erkennen: Wie gestresst sind Sie?
Stress-Symptome erkennen: Wie gestresst sind Sie?
Work-Life-Balance: Entspannte Frau bei der Arbeit
Work-Life-Balance: 12 Maßnahmen, mit denen sie gelingt
Work-Life-Balance: 12 Maßnahmen, mit denen sie gelingt
2 Frauen machen Breathwalk
Breathwalk: Anleitung und einfache Übungen
Breathwalk: Anleitung und einfache Übungen
Frau beim Waldbaden
Waldbaden: Wirkung auf Psyche und Gesundheit
Waldbaden: Wirkung auf Psyche und Gesundheit
Patient bei Verhaltenstherapie
Verhaltenstherapie und kognitive Verhaltenstherapie
Verhaltenstherapie und kognitive Verhaltenstherapie