Mann mit Vorhofflimmern
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Vorhofflimmern erkennen und behandeln

Von: Gerlinde Felix (Wissenschafts- und Medizinjournalistin), Silke Schwertel (geb. Hamann) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 16.07.2020 - 20:38 Uhr

Wenn das Herz gänzlich aus dem Takt kommt, spricht man im Rahmen von Herzrhythmusstörungen häufig auch von Vorhofflimmern. Diese Störung im Rhythmus der Herzens ist vergleichsweise häufig. Was ist Vorhofflimmern, wie erkennt man die Symptome und welche Behandlung hilft, das Herz wieder in den richtigen Takt zu bekommen? Das und mehr erfahren Sie hier.

Wie entsteht Vorhofflimmern?

Das menschliche Herz schlägt etwa 60 bis 100 Mal pro Minute. Auf diese Weise pumpt es das Blut unaufhörlich durch unseren Körper. Es setzt ein perfekt koordiniertes Agieren der zwei größeren Herzkammern und zwei kleineren Vorhöfe voraus.

Zwischen den Vorhöfen und den Herzkammern befinden sich die sogenannten Atrioventrikularklappen (kurz AV-Klappen), die wie ein Ventil verhindern, dass das Blut in die Vorhöfe zurückfließt. Ziehen sich die Vorhöfe zusammen, wird das Blut in die Kammern transportiert. Sobald diese ganz gefüllt sind, ziehen sie sich ebenfalls zusammen und pumpen das Blut in den Kreislauf. Damit dieser koordinierte Pumpvorgang abläuft, ist es notwendig, dass spezialisierte Zellen des sogenannten Sinusknotens elektrische Impulse auf die Vorhöfe und von dort zu den Herzkammern (AV-Knoten) übertragen.

Gelegentlich gerät das Herz etwas aus dem Takt. Das ist nicht schlimm. Aber es kann auch ganz aus dem Rhythmus kommen wie das beim seltenen, lebensbedrohlichen Kammerflimmern und dem häufigen Vorhofflimmern der Fall ist. Rund 1 Million – insbesondere ältere – Patienten in Deutschland haben Vorhofflimmern. In ihrem Herzen verliert die vom Sinusknoten ausgehende Erregungswelle ihre Ausrichtung. Die Vorhöfe ziehen sich dann nicht mehr zusammen, sondern zucken nur noch unrhythmisch bis zu 600 Mal pro Minute.

Vorhofflimmern als häufigste Herzrhythmusstörung

Vorhofflimmern hat zur Folge, dass sich die Herzkammern nicht mehr richtig füllen und die Pumpleistung des Herzens vermindert ist. Es gibt verschiedene Arten dieser Arrhthmie:

  • Vom paroxysmalen Vorhofflimmern spricht man, wenn es anfallartig auftritt und die Störungen nach Stunden oder Tagen von allein verschwinden.
  • Hört es nicht von alleine auf und muss behandelt werden, wird es als persistierendes Vorhofflimmern bezeichnet.
  • Im Extremfall liegt ein permanentes Vorhofflimmern vor, welches durch gängige Maßnahmen nicht in den Griff zu bekommen ist, weil elektrische und mechanische Umbauvorgänge die Vorhöfe stark verändert haben. Problematisch ist, dass sich das Vorhofflimmern selbst verstärkt, da sich die Vorhofzellen so verändern, dass sie immer schneller elektrisch aktivierbar werden.

Das im Vergleich zum Vorhofflimmern seltenere Vorhofflattern liegt dagegen vor, wenn die Herzvorhöfe sich 250 bis 300 mal pro Minute zusammenziehen. Ohne medikamentöse Behandlung führt Vorhofflattern häufig zu Herzrasen.

Ursachen von Vorhofflimmern

Zu den möglichen Ursachen von Vorhofflimmern gehören Grunderkrankungen des Herzens wie beispielsweise die Verengung der Herzkranzgefäße und Herzmuskelerkrankungen. Zudem erhöhen folgende Aspekte in der gesundheitlichen Vorgeschichte das Risiko für Herzrhythmusstörungen wie das Vorhofflimmern:

Bluthochdruck, krankhaft veränderte Herzklappen (insbesondere die Mitralklappen), angeborene Herzfehler, starker Nikotingenuss und zunehmendes Alter sind weitere Risikofaktoren.

Vorhofflimmern kann aber auch akut durch übermäßigen Alkoholgenuss (holiday-heart-syndrome) und emotionalen Stress ausgelöst werden. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen keine Ursache des Vorhofflimmerns feststellbar ist.

Vorhofflimmern: typische Symptome

Gerät das Herz nur kurzzeitig aus dem Takt, bemerken es die meisten Patienten gar nicht – man spricht dann von einem stummen Vorhofflimmern. Hält das Flimmern länger an, treten folgende Symptome auf:

  • völlig unregelmäßiger Puls
  • Atemnot
  • Angstgefühle
  • Schwäche
  • Atemnot
  • Wasseransammlungen

Wie erfolgt die Diagnose?

Eine frühzeitige Diagnose und eine rasch eingeleitete Behandlung bei ersten Anzeichen von Vorhofflimmern sind wichtig. Für die Diagnose tastet der Arzt den Puls und hört den Patienten mit dem Stethoskop ab. Durch ein Elektrokardiogramm (EKG) kann er sich die Diagnose bestätigen lassen.

Experten empfehlen die regelmäßige Vorsorge durch EKG-Messungen bei Patienten ab 65 Jahren, da viele Menschen Vorhofflimmern haben, ohne es zu wissen.

Wie gefährlich ist Vorhofflimmern?

Vorhofflimmern kann lebensbedrohlich werden, da das Embolie-Risiko aufgrund veränderter Blutströmungsverhältnisse gesteigert ist. In kleinen Ausziehungen der Herzvorhöfe, genannt Herzohren, fließt das Blut dann besonders langsam, sodass sich dort häufiger Blutgerinnsel (Thromben) bilden. Das Risiko für einen Schlaganfall ist um das Fünffache erhöht.

Therapie von Vorhofflimmern

Zu den geeigneten Medikamenten im Rahmen der Therapie zählen:

  • die Herzfrequenz verlangsamende Beta-Blocker
  • Kalziumkanalblocker (auch bekannt als Kalziumantagonisten, zum Beispiel Verapamil oder Diltiazem)
  • die nur selten eingesetzten Herzglykoside (zum Beispiel Digitoxin)

Gegebenenfalls kann eine Kombination aus diesen Medikamenten zum Einsatz kommen. Diese Medikamente haben zum Ziel, die Herzfrequenz zu regulieren. Bei anhaltendem Vorhofflimmern kann der Herzrhythmus nur durch Elektroschocks (elektrische Kardioversion) normalisiert werden.

Schlaganfall-Prävention als Teil der Behandlung

Darüber hinaus ist es wichtig, als Teil der Schlaganfall-Prävention auch Mittel zur Blutgerinnung zur verabreichen. Herkömmliche blutgerinnungshemmende Präparate wie die Vitamin-K-Antagonisten Warfarin und Phenprocoumon erfordern eine ständige Dosisanpassung und Laborkontrollen. Für Menschen mit mechanischen Herzklappen sind sie jedoch die einzige Behandlungsoption.

Neuere Medikamente aus der Wirkstoffgruppe der neuen oralen Antikoagulanzien (Gerinnungshemmer) gelten nach den Leitlinien als Mittel der ersten Wahl, denn sie verbessern die Schlaganfallprävention und haben für Patienten mit Vorhofflimmern nicht die genannten Nachteile. Dazu zählt das Anfang 2011 zugelassene Dabigatran – zu beachten ist jedoch, dass das Medikament Pradaxa® für Menschen mit einer Funktionsstörung der Nieren ungeeignet ist.

Ablation mittels Herzkatheter

Falls die genannten Therapie-Methoden nicht ausreichend sind, kann eine Katheterablation erfolgen. Bei einer Ablation mittels Herzkatheter werden die Einmündungsstellen der Lungenvenen in die Vorhöfe verödet. Damit der normale Rhythmus dann erhalten bleibt, werden zur nachfolgenden Behandlung sogenannte Antiarrythmika eingesetzt.

Darüber hinaus sollten auch nach Abklingen des akuten Vorhofflimmern Maßnahmen ergriffen werden, um die Herzfrequenz dauerhaft zu stabilisieren und mögliche Ursachen zu identifizieren.