Frau mit Schwankschwindel stützt sich an Wand ab
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Schwankschwindel: Ursachen & Behandlung von phobischem Schwindel & Co.

Von: Dr. rer. nat. Isabel Siegel (Diplom-Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 14.04.2023 - 10:36 Uhr

Schwankschwindel ist eine Form des Schwindels, die von Betroffenen wie ein Gefühl, auf einem schwankenden Schiff zu stehen, beschrieben wird. Schwankschwindel kann neben körperlichen auch psychische Ursachen haben. Besonders häufig ist der phobische Schwankschwindel, der meist in belastenden Alltagssituationen auftritt und auch als Angstschwindel bezeichnet wird. Welche Ursachen einem Schwankschwindel zugrunde liegen können, was man dagegen tun kann und ob das Schwindelgefühl gefährlich ist, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Was ist Schwankschwindel?

Schwankschwindel ist keine eigenständige Erkrankung, sondern das Symptom entweder einer körperlichen oder einer psychischen Störung oder Krankheit. Der phobische Schwankschwindel, eine besondere Form des Schwankschwindels, ist mit ungefähr 15 Prozent nach dem Drehschwindel die am zweithäufigsten vorkommende Schwindelform.

Symptome: Wie fühlt sich Schwankschwindel an?

Im Gegensatz zum Drehschwindel, der mit einem Gefühl des Karussellfahrens verglichen werden kann, haben von Schwankschwindel Betroffene den Eindruck, der Boden unter ihren Füßen würde schwanken wie auf einem Schiff. Zu dieser Empfindung kommen bei Schwankschwindel oft eine gewisse Benommenheit sowie eine Gang- und Standunsicherheit und eine damit verbundene Neigung zum Hinfallen hinzu. Es wird auch davon berichtet, sich wie in Watte gepackt und sehr ängstlich zu fühlen.

Bei einer sehr kurzen Schwindelattacke kann das Schwindelgefühl nur für einige Sekunden andauern. Es kann aber auch sein, dass Betroffenen über Stunden oder sogar dauerhaft (chronisch) schwindelig ist.

Selten treten auch andere Symptome, wie Übelkeit oder Erbrechen auf. Ein Zittern der Augen (Nystagmus), wie es beim gutartigen Lagerungsschwindel zu beobachten ist, kommt nicht vor.

Ursachen: Woher kommt Schwankschwindel?

Schwankschwindel kann viele verschiedene Ursachen haben. Grundsätzlich können entweder körperliche (organische) oder psychische (nicht-organische) Auslöser zu Schwankschwindel führen.

Zu den organischen Ursachen gehören unter anderem:

  • Herzrhythmusstörungen: Gerät das Herz aus dem Takt, kann dies zu einem kurzzeitigen Schwindelgefühl führen. Es kann zu Übelkeit kommen, ein Erbrechen bleibt jedoch meistens aus.
  • Kreislaufbeschwerden: Ein rasches Aufstehen oder Aufrichten aus dem Liegen oder Sitzen kann vor allem bei Menschen mit niedrigem Blutdruck zu kurzzeitigem Schwankschwindel führen. In diesem Zusammenhang ist auch ein Schwarzwerden vor Augen oder eine kurze Ohnmacht möglich. Der Grund: Das Blut versackt in der aufrechten Körperhaltung (Orthostase) kurzzeitig in den Beinen. Daher wird diese Form des Schwindels auch als orthostatischer Schwindel bezeichnet.
  • Muskelverspannungen und Beeinträchtigung von Nackenreflexen: Manchmal können Bewegungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) oder auch eine HWS-Blockade zu Schwankschwindel führen. Grund dafür scheinen Muskelverspannungen, Durchblutungsstörungen und gestörte Reflexe im Nacken beziehungsweise Fehlimpulse des Gleichgewichtsnervs zu sein. Diese Schwindelform wird auch zervikogener Schwindel genannt (zervikogen: von der Halswirbelsäule herrührend).
  • Multiple Sklerose (MS): Schwindel und Gangstörungen können auch bei MS auftreten. Es ist jedoch nicht eindeutig beschrieben, um welche Schwindelform – Dreh- oder Schwankschwindel – es sich vorwiegend handelt. Bekannt ist jedoch, dass das bei MS auftretende Schwindelgefühl zum zentralen Schwindel gehört, der durch eine Störung des Gleichgewichtszentrums im Gehirns ausgelöst wird.
  • Schlaganfall: Ein plötzlich auftretender Schwindelanfall gehört neben Seh- und Sprachstörungen, Lähmungen und Taubheitsgefühlen zu den wichtigsten Anzeichen für einen Schlaganfall. Wie bei MS ist das Gleichgewichtszentrum im Gehirn von einer Schädigung betroffen. Dies kann zu Dreh-, Lift- oder Schwankschwindel führen.

Lässt sich keine organische Ursache finden, wird der Schwindel als nicht-organisch oder somatoform bezeichnet. Ebenfalls finden Begriffe wie psychogener Schwindel oder psychosomatischer Schwindel Verwendung. Eine besondere Form des psychogenen Schwindels stellt der phobische Schwindel, oder genauer gesagt der phobische Schwankschwindel dar.

Phobischer Schwankschwindel als häufige Schwindelform

Diese besondere Art des psychogenen Schwindels trägt auch den Namen Angstschwindel, denn er geht oft mit Angstgefühlen und Depressionen einher. Zusätzlich zum teilweise permanenten Schwankschwindel können Steh- oder Gangunsicherheiten sowie ein Benommenheitsgefühl auftreten. Phobischer Schwankschwindel ist lagerungsunabhängig, das heißt er kann beim Gehen, Stehen oder im Liegen gleichermaßen auftreten. Oft verstärkt er sich jedoch in aufrechter Körperposition. Seine Dauer beträgt zwischen wenigen Sekunden und mehreren Stunden.

Das Schwindelgefühl wird durch sportliche Aktivität verbessert, ebenso wie bei Ablenkung oder nach dem Genuss kleinerer Mengen an Alkohol. Eine organische Ursache für diese Form des Schwindels liegt in der Regel nicht vor, Begleitsymptome wie Übelkeit und Erbrechen fehlen in der Regel.

Phobischer Schwankschwindel wird seit 2019 auch als "Persistierender postural-perzeptiver Schwindel" (englisch: Persistent Postural-Perceptual Dizziness, PPPD) bezeichnet, was "anhaltender Schwindel in aufrechter Körperhaltung" bedeutet.

Wie entsteht phobischer Schwankschwindel?

Phobischer Schwankschwindel kann infolge einer Gleichgewichtsstörung auftreten, wenn die ursprünglichen Symptome schon abgeklungen sind. Das kann zum Beispiel nach einem Lagerungsschwindel sein, dem eine Störung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr zugrunde liegt. Auch nach einer extremen psychisch-emotionalen Belastung, wie beispielsweise dem Tod einer nahestehenden Person oder infolge existentieller Sorgen, kann diese Schwindelform auftreten. Dies erklärt man sich so, dass das Gehirn die Erfahrungen aus einer vorherigen Erkrankung oder einem Erlebnis speichert und diese dann in bestimmten Situationen wieder zum Vorschein kommen.

In Alltagssituationen, die sehr belastend auf die Betroffenen wirken oder die Wahrnehmung überfordern, verschlechtern sich daher oft die Beschwerden. Dies kann in der Warteschlage in einem Supermarkt sein, in engen, geschlossenen Räumen, in größeren Menschenmengen, in beruflichen Meetings oder sogar auf leeren Plätzen. Die Angst vor einer Schwindelattacke in diesen Situationen allein kann schon zu Schwindel führen und hat oft zur Folge, dass Betroffene sehr verunsichert sind und sich zurückziehen, um entsprechende Auslöser zu vermeiden.

Daneben kann phobischer Schwankschwindel ein Symptom psychischer Grunderkrankungen sein, etwa bei Angsterkrankungen. So können beispielsweise Höhenangst oder Klaustrophobie die Schwindelanfälle auslösen. Damit geht ein teils sehr starkes Angstempfinden einher. Auch im Rahmen einer Panikattacke tritt der Schwankschwindel auf, dann meist zusammen mit weiteren Symptomen wie Herzrasen oder Schweißausbrüchen.

Arztbesuch: Wie läuft die Diagnose ab?

Schwankschwindel ist keine eigene Krankheit. Er kann – muss aber nicht – das Symptom einer Erkrankung sein. Daher ist es für den*die Arzt*Ärztin wichtig, im Rahmen der Anamnese (Gespräch über den Verlauf des Schwindels und den allgemeinen Gesundheitszustand) und einer körperlichen Untersuchung ein genaues Bild über die Schwindelbeschwerden zu erhalten. So können organische Ursachen recht schnell bestätigt oder ausgeschossen und den Betroffenen möglicherweise vorhandene Ängste genommen werden.

Es werden in der Regel diese oder ähnliche Fragen gestellt, um zunächst herauszufinden, ob es sich tatsächlich um Schwankschwindel handelt und welche Ursachen zugrunde liegen könnten:

  1. Fühlt sich der Schwindel an wie auf einem Karussell, wie im Fahrstuhl oder wie auf einem schwankenden Schiff?
  2. Fühlen Sie sich benommen?
  3. Wie lange bestehen die Schwindelbeschwerden schon?
  4. Wie häufig tritt der Schwindel auf?
  5. Wie lange dauert der Schwindel an?
  6. Kehrt der Schwindel immer wieder oder tritt er dauerhaft auf?
  7. In welchen Situationen wird Ihnen schwindelig oder was könnte den Schwindel auslösen?
  8. Haben Sie Begleitsymptome, wie beispielsweise Übelkeit, Ohrgeräusche, Kopfschmerzen, Augenzittern (Nystagmus) oder Sehstörungen?
  9. Wird das Schwindelgefühl bei Bewegung besser?
  10. Gab es in der Vergangenheit schon einmal Schwindelbeschwerden?
  11. Haben Sie stark belastende berufliche oder private Probleme?
  12. Welche Erkrankungen liegen noch vor, zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Angststörungen oder Depressionen?

Daran schließt sich eine gründliche körperliche Untersuchung an, bei der unter anderem zunächst folgende Fragestellungen geklärt werden:

  1. Liegt ein Nystagmus vor?
  2. Funktioniert das Zusammenspiel zwischen Augen und Gleichgewichtssinn (vestibulo-okulärer Reflex)?
  3. Wie ist das Geh- und Standvermögen?
  4. Ist der Gehörsinn beeinträchtigt?

Nach Auswertung der Informationen kann der*die Arzt*Ärztin häufig feststellen, welcher Auslöser dem Schwindel zugrunde liegt. Ist das nicht möglich, können weitere Untersuchungen folgen, bis sicher ist, ob und welche organische Ursache für das Symptom Schwankschwindel verantwortlich ist.

Auch der Besuch in einer Schwindelbambulanz kann sinnvoll sein. Dabei handelt es sich um eine Spezialklinik, die sich auf das Thema Schwindel spezialisiert hat und in der ein ärztliches Team aus verschiedenen Fachrichtungen unter einem Dach den Betroffenen zur Verfügung steht.

Behandlung: Was tun gegen Schwankschwindel?

Die Therapie des Schwankschwindels richtet sich immer nach der Ursache. Einigen Betroffenen kann geholfen werden, indem die Grunderkrankung behandelt wird. Dies erfolgt beispielsweise mit Physiotherapie und Übungen gegen Muskelverspannungen sowie mit Medikamenten gegen Herzrhythmusstörungen oder Kreislaufprobleme.

Liegt keine organische Ursache zugrunde, wie es beim phobischen Schwankschwindel der Fall ist, ist es wichtig, sich möglicherweise schwindelauslösenden Situationen zu stellen und diese nicht zu meiden. Was oft hilft, sind regelmäßige Bewegung und Sport. Bei phobischem Schwankschwindel wird auch die Kombination aus einer Verhaltenstherapie und Medikamenten wie Antidepressiva (Serotoninaufnahmehemmer) empfohlen. Dank dieser Therapie können etwa sieben von zehn Betroffenen erfolgreich behandelt werden. Es fehlen allerdings kontrollierte klinische Studien, um die Wirksamkeit dieser Behandlungsmöglichkeit wissenschaftlich zu belegen.

Ist Schwankschwindel gefährlich?

Meistens ist Schwindel als harmlos zu betrachten. Je nachdem, wie ausgeprägt der Schwankschwindel ist und welche Ursache zugrunde liegt, kann dieser aber auch gefährlich werden und den Alltag stark beeinträchtigen:

  • Die Stand- und Gangunsicherheit durch Schwindelanfälle steigert das Risiko für Stürze und Unfälle, die Verletzungen zur Folge haben können.
  • Die Angst vor Schwindelanfällen in Alltags- und Stresssituationen kann dazu führen, dass bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchgeführt werden. Es folgt ein Rückzug in die eigenen vier Wände, wodurch das Arbeits- und Sozialleben stark belastet werden kann.
  • Wird der Schwindel ignoriert, können ursächliche Erkrankungen wie Schlaganfall, Multiple Sklerose oder Herzrhythmusstörungen nicht entdeckt und somit nicht angemessen oder gar nicht behandelt werden.

Aus diesen Gründen ist es immer wichtig, Schwindelbeschwerden genau zu beobachten und bei Unsicherheiten möglichst frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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