Frau mit Cytomegalie-Virus
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Cytomegalie-Viren – schlummernde Gefahr

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 08.08.2017 - 15:09 Uhr

Das Cytomegalie-Virus (CMV) ist weltweit verbreitet. Viele Menschen infizieren sich unbemerkt im Laufe ihres Lebens. Doch einmal erworben, verbleibt der Erreger im Körper und kann zur Gefahr werden: bei einer Immunschwäche für den Betroffenen, in einer Schwangerschaft für das Ungeborene. Das CMV gehört zur großen Gruppe der Herpesviren, die nicht nur die bekannten Lippenbläschen, sondern auch Windpocken, Gürtelrose und das Pfeiffer-Drüsenfieber verursachen können.

Virus bleibt lebenslang im Körper

Allen gemeinsam ist, dass sie lebenslang im Körper verbleiben, meist ohne sich bemerkbar zu machen. Erst wenn das Immunsystem geschwächt ist, erwachen sie wieder zum Leben. Das kann durch Stress und Fieber (zum Beispiel bei Lippenherpes), aber auch schwerwiegende Infektionen, Krebserkrankungen oder Organtransplantationen verursacht sein. Dann sind die Viren besonders gefährlich, weil sie ernste Krankheiten auslösen können.

Verbreitung von Cytomegalie-Viren

Man schätzt, dass 50 bis 80 Prozent der Erwachsenen mit dem Virus infiziert sind. Damit ist die Gefahr, sich anzustecken, kaum zu bannen. Das gilt umso mehr, als dass die meisten Menschen nicht wissen, dass sie das CMV in sich tragen, da die Erstinfektion meist unbemerkt verläuft oder sich nur in leichten grippeähnlichen Symptomen äußert.

Die Erreger befinden sich in Körperflüssigkeiten wie Speichel, Blut, Urin, Sperma oder dem Schleim des Gebärmutterhalses – ihre Übertragung erfolgt durch Haut und Schleimhäute infolge von Schmier- oder Tröpfcheninfektion. Das Ungeborene kann sich über die Plazenta infizieren, der Säugling über die Muttermilch beim Stillen. Letzteres ist bei Frühgeborenen problematisch, da das Virus bei diesen evtl. noch Hirnschäden verursachen kann.

Symptome von Cytomegalie

Die Erstinfektion verläuft in den meisten Fällen unproblematisch mit keinen oder wenig Symptomen. Infizieren sich allerdings immungeschwächte Menschen oder kommt es bei ihnen zur Reaktivierung des bereits lauernden Virus, können lebensbedrohliche Krankheitsbilder auftreten. Deshalb muss bei entsprechendem Verdacht ein Bluttest durchgeführt werden, mittels dessen das Virus frühzeitig entdeckt und eine Therapie eingeleitet werden kann.

Unterbleibt diese, kommt es nach einigen Tagen zunächst zu Abgeschlagenheit, Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen ähnlich einer Grippe. Im weiteren Verlauf können verschiedene Organsysteme vom Virus befallen werden – typisch sind zum Beispiel Entzündungen der Lunge, des Herzmuskels, der Nieren, der Leber, des Gehirns und der Netzhaut (Retinitis). Auch das Knochenmark kann betroffen sein, was zu Störungen der Blutzellproduktion und damit zu einer weiteren Schwächung der Immunabwehr und erhöhten Infektionsgefahr zum Beispiel durch Pilze führen kann.

In etwa ein Drittel der Fälle, bei denen sich Frauen während der Schwangerschaft mit CMV erstmalig infizieren, wird das Virus auf das Ungeborene übertragen. Die Symptome variieren von Leber- und Milzvergrößerung bis zu lebensbedrohlichen Erkrankungen. Als Komplikationen können Hör- und Sehverlust sowie Störungen der geistigen Entwicklung auftreten. Waren die Schwangeren bereits vorher infiziert, liegt die Rate der Infektionsübertragung auf das Kind nur bei einem Prozent, wobei in der Regel keine Symptome oder Störungen zu befürchten sind.

Diagnose von Cytomegalie

Der Nachweis der CMV-Infektion erfolgt mittels verschiedener Blutuntersuchungen. So kann zum einen das Virus direkt quantitativ nachgewiesen werden. Dabei wird bestimmt, wie hoch die "Viruslast" ist, also wie viele Viren sich im Körper befinden. Dieses Verfahren ist wichtig, um zu prüfen, ob ein Medikament wirkt. Zum anderen kann die Infektion indirekt durch das Vorhandensein bestimmter Antikörper nachgewiesen werden. Letztere zeigen auch an, ob die Infektion akut ist oder bereits längere Zeit zurückliegt.

Vorbeugung und Therapie von Cytomegalie

Patienten mit geschwächtem Immunsystem müssen vor einer CMV-Infektion beziehungsweise -Reaktivierung geschützt werden. Zu den Betroffenen gehören:

  • HIV-Infizierte
  • Krebspatienten vor allem unter Chemotherapie
  • Transplantatempfänger. Die CMV-Infektion ist eine der häufigsten Komplikationen bei Transplantationen, speziell die Retinitis eine häufige Komplikation bei HIV-Patienten.

Zur effizienten Prophylaxe wird zunächst eingeschätzt, wie hoch das individuelle Risiko ist und die Behandlung beziehungsweise Kontrollen werden entsprechend darauf abgestimmt. Ist es hoch, erhalten die Betroffenen ein virenhemmendes Mittel (Virustatikum), bevor sich das Virus im Blut überhaupt vermehren kann. Ist es geringer, werden sie regelmäßig mittels Bluttest überwacht und – bei Virusvermehrung – gegebenenfalls therapeutische Maßnahmen eingeleitet, bevor Symptome auftreten. Je nach Fall gibt es die Medikamente in Form von Infusionen oder als Tabletten respektive Kapseln.