Mücke sticht zu und überträgt West-Nil-Fieber
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West-Nil-Virus: Symptome & Therapie bei West-Nil-Fieber

Von: Nadja Annerl (geb. Weber) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 09.05.2023 - 12:03 Uhr

Immer mehr Menschen in Europa erkranken an dem sogenannten West-Nil-Fieber. Einige Betroffene starben sogar an der Erkrankung. In Deutschland wurde das für die Krankheit verantwortliche Virus erstmals bei Zugvögeln nachgewiesen. Mittlerweile werden auch immer wieder Fälle von erkrankten Personen bekannt. Wir erklären, was hinter dem West-Nil-Virus steckt und wie sich die Symptome des Fiebers beim Menschen äußern.

Was ist das West-Nil-Virus?

Das West-Nil-Virus gehört zur Familie der Flaviviridae und kann sowohl in tropischen als auch in gemäßigten Gebieten vorkommen. Das Virus löst das West-Nil-Fieber aus.

Das West-Nil-Virus befällt hauptsächlich Vögel, kann aber auch auf den Menschen und bestimmte Säugetiere wie zum Beispiel Pferde übertragen werden. Die Infektionskrankheit ist sowohl bei Tieren als auch beim Menschen eine meldepflichtige Krankheit.

Symptome des West-Nil-Fiebers

Beim Menschen entwickeln sich in etwa 80 Prozent aller Fälle keine Symptome; die Infektion mit dem West-Nil-Virus bleibt daher meist unbemerkt.

Bei den restlichen 20 Prozent der Fälle treten grippeähnliche Anzeichen auf. Die Inkubationszeit beträgt hier zwei bis 14 Tage.

Symptome, die durch eine Infektion mit dem West-Nil-Virus ausgelöst werden, können unter anderem sein:

Verlauf der Infektionskrankheit

Nach dem ersten Fieberschub kann es zunächst zu einer Abschwächung der Symptome kommen. Danach erhöht sich das Fieber jedoch erneut (biphasischer Verlauf).

Gegen Ende der Fieberphase berichten etwas weniger als die Hälfte der Betroffenen von einem Hautausschlag, der circa eine Woche anhält. Meist heilt die Krankheit dann von alleine aus.

Komplikationen des West-Nil-Fiebers

Das West-Nil-Fieber kann auch einen schweren Verlauf nehmen, denn das Virus ist in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Dadurch kann eine Enzephalitis (Entzündung des Gehirns), eine Meningitis (Entzündung der Hirnhaut) oder eine Paralyse (akute Lähmungserscheinungen) verursacht werden. Diese Komplikationen können bleibende Schäden zur Folge haben oder gar zum Tod führen.

Erkenntnissen von Fachleuten zufolge kann das Virus auch zu Nierenversagen führen oder andere Organe wie das Herz oder die Leber betreffen.

Eine Infektion mit dem West-Nil-Virus kann auch Monate nach dem Abklingen der Symptome noch Spätfolgen nach sich ziehen. Dazu gehören Beschwerden wie Müdigkeit, Muskelschmerzen oder Konzentrationsstörungen.

Wer ist besonders von einem schweren Verlauf betroffen?

Vor allem Personen über 50 Jahre, Kinder und Menschen mit einer geschwächten Immunabwehr wie Menschen mit Krebs oder HIV laufen Gefahr, dass das West-Nil-Fieber einen schweren Verlauf nimmt.

Je älter die betroffene Person ist, umso größer ist das Risiko der Ausbreitung der Infektionskrankheit auf Gehirn und Nervensystem.

Ein schwerer Verlauf der Erkrankung mit Beteilung des Gehirns oder Rückenmarks (neuroinvasiver Verlauf) tritt bei etwa jeder hundertsten betroffenen Person auf.1 Die Sterblichkeit liegt dann bei etwa fünf bis zehn Prozent.

Diagnose des West-Nil-Fiebers

Die Krankheit kann durch einen direkten Nachweis des Virus im Blut mittels einer kulturellen Anzucht oder eines sogenannten Virusgenomnachweises (RT-PCR; reverse transkriptase-polymerase chain reaction) nachgewiesen werden. Letzteres ist ein spezielles Testverfahren zum Nachweisen von Viren im Blut. Dieses Verfahren wird in der Regel wenige Tage nach Beginn der Symptome angewendet.

Besteht die Erkrankung schon länger, kann das Virus über Antikörper im Blutserum oder Liquor nachgewiesen werden.

Da das West-Nil-Virus anderen Viren der gleichen Gattung sehr ähnelt, besteht oft eine Verwechslungsgefahr, beispielsweise mit dem Dengue- oder dem Gelbfieber-Virus. Um diese Erkrankungen auszuschließen, wird in der Regel ein Plaque-Reduktions-Neutralisationstest (PRNT) durchgeführt. Dabei wird das Blutserum auf neutralisierende Antikörper untersucht.

West-Nil-Fieber – was tun?

Eine spezielle antivirale Therapie des Virus gibt es nicht. Die Behandlung des West-Nil-Fiebers konzentriert sich daher auf das Lindern der Symptome, zum Beispiel durch fiebersenkende Mittel. Zudem wird aktuell an einem Impfstoff gegen das Virus geforscht.

Nimmt die Krankheit einen schweren Verlauf, ist eine Versorgung im Krankenhaus ratsam, um den Komplikationen schnell entgegenwirken zu können.

Wie wird das West-Nil-Virus übertragen?

Das Virus wird durch Stechmücken übertragen. Bislang konnte es bei über 43 Stechmückenarten festgestellt werden, insbesondere bei Mücken der Culex-Gattung.

Meistens sind infizierte Vögel der Reservoirwirt. Das bedeutet, die Vögel sind zwar langfristig mit dem Virus infiziert, leiden jedoch unter keinerlei Krankheitserscheinungen. Reservoirwirte stellen daher eine Quelle gefährlicher Infektionen für den Menschen und andere Säugetiere dar.

Werden solche Vögel von einer Stechmücke gestochen, überträgt sich das Virus über das Blut auf die Stechmücke. Viele Mückenarten stechen sowohl Vögel als auch Menschen – ein Beispiel ist die Asiatische Tigermücke, die sich in ganz Europa ausgebreitet hat. Die Stechmücke verbreitet anschließend das Virus weiter, indem sie einen Menschen oder ein Säugetier sticht.

Das West-Nil-Virus kann auch über einen direkten Blutkontakt weitergegeben werden. Entsprechend ist eine Übertragung von Mensch zu Mensch nicht ausgeschlossen, beispielsweise bei einer Bluttransfusion oder einer Organtransplantation.

Außerdem können infizierte Mütter das Virus während der Schwangerschaft oder später beim Stillen über die Muttermilch auf ihr Kind übertragen.

Virus-Gebiete: Wo tritt das West-Nil-Fieber auf?

Das West-Nil-Virus wurde bislang auf fünf Kontinenten nachgewiesen. Damit ist es geografisch so weit verbreitet wie kein anderes über Mücken übertragbares Virus.

In Afrika wird das West-Nil-Fieber vor allem in Uganda und Mosambik beobachtet. Doch auch in Ägypten, Indien, Südost-Asien und im Mittleren Osten hat sich die Infektionskrankheit ausgebreitet.

Auch in Europa nimmt die Verbreitung des Virus zu.2 Besonders betroffen sind Rumänien, Italien und Griechenland, aber auch in einigen Ländern Zentraleuropas wie Serbien und Ungarn gibt es registrierte Fälle.

West-Nil-Virus in Deutschland

In Deutschland ist das West-Nil-Virus erstmals im Sommer 2018 bei Vögeln in Sachsen-Anhalt nachgewiesen worden. Im September 2019 erkrankte zum ersten Mal ein Mensch am West-Nil-Fieber, der hierzulande von einer Mücke infiziert wurde – zuvor war das Virus in Deutschland nur als Reisekrankheit aufgetreten.

Im September 2020 wurden neun weitere Fälle in Deutschland bestätigt. Diese traten in Sachsen und Berlin auf. Keiner der Betroffenen hatte eine Reise unternommen, sodass die Infektion mit dem West-Nil-Fieber aller Wahrscheinlichkeit nach in Deutschland erfolgt sein musste. Auch 2021, 2022 und 2023 wurden einzelne Fälle gemeldet. Der deutsche Virologe Christian Drosten wies im Frühjahr 2023 auf das gestiegene Vorkommen des Virus in Mücken hin. Das West-Nil-Virus käme mittlerweile in weiten Gebieten Ostdeutschlands vor.

Bisher sind fast alle bestätigten Fälle in Deutschland in Berlin, Brandenburg, Sachsen oder Sachsen-Anhalt aufgetreten. Ein Fall wurde zudem aus Bayern gemeldet. Forschende gehen davon aus, dass sich das West-Nil-Virus in den nächsten Jahren weiter in Deutschland ausbreiten und etablieren wird.