Mann mit Muskelfaserriss umfasst Wade
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Muskelfaserriss: Symptome, Dauer & Behandlung

Von: Kathrin Mehner (Medizinredakteurin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 21.02.2023 - 15:26 Uhr

Ein Muskelfaserriss ist – ähnlich wie ein Bänderriss oder eine Zerrung – eine typische Sportverletzung. Während einer hohen Belastung reißt dabei nicht, wie der Name Muskelfaserriss vermuten lässt, nur eine einzelne Muskelfaser, sondern meist ein ganzes Muskelfaserbündel. Besonders häufig treten Muskelfaserrisse im Oberschenkel und in der Wade auf, aber auch in Oberarm oder Schulter und sogar im Po kann es zu der Verletzung kommen. Wie lange dauert die Heilung und ab wann sind leichte Bewegungen, wie Spazierengehen, aber auch Sport wieder möglich? Erfahren Sie hier mehr über Ursachen, typische Symptome sowie die Behandlung eines Muskelfaserrisses.

Muskelfaserriss in Wade, Oberschenkel oder Arm – Ursachen

Muskelfaserrisse kommen besonders häufig im Bein, Arm oder in der Schulter, aber auch in der Leistengegend oder im Po vor. Beim Oberschenkel ist meist die Muskulatur hinten betroffen, die sogenannte Hamstringmuskulatur.

Risse in den Muskelfasern treten vielfach bei der Ausübung von Sportarten wie Fußball, Handball, Tennis, Squash sowie im Kurzstreckensprint auf. All diese Sportarten zeichnen sich entweder durch plötzlich auftretende maximale Belastungen der Muskulatur (Sprints) oder einen schnellen Wechsel von Abbremsen und Beschleunigen aus. Risse von Muskelfasern oder Muskelfaserbündeln im Oberarm oder in der Schulter können zudem leicht durch das Heben sehr schwerer Gegenstände ausgelöst werden.

Als Folge einer solchen extremen Belastung kann ein Muskelfaserriss entstehen: Zu einem Muskelfaserriss kommt es, wenn die in der Muskulatur wirkenden mechanischen Zugkräfte nicht mehr abgefangen werden können. Dies ist meist nach einer intensiven Belastung, die zu einer Erschöpfung der Muskulatur geführt hat, der Fall.

Die Ursache für einen Muskelfaserriss liegt also zumeist in einer Überlastung der Muskulatur. Daneben steigt das Risiko für einen Muskelfaserriss auch durch eine zu kurze Aufwärmphase vor dem Training sowie durch eine kalte Witterung deutlich an. Auch bei einer vorangegangenen Muskelverletzung oder einer Entzündung kann es zum Reißen der Muskelfasern kommen. Seltener können auch Unfälle wie Stürze einen Muskelfaserriss verursachen.

Muskelzerrung, Muskelfaserriss oder Muskelriss?

Können die in der Muskulatur wirkenden Kräfte nicht mehr abgefangen werden, kommt es zu einer Überdehnung der Muskelfasern. Die Folge einer solchen Dehnung ist zunächst einmal eine Muskelzerrung: Die anatomische Struktur des Muskels bleibt dabei unverletzt, es kommt also nicht zu einer Zerstörung von Muskelzellen.

Muskelzerrungen machen sich in der Regel durch ein leichtes oder auch etwas stärkeres Ziehen im betroffenen Muskel bemerkbar. Der Muskel kann aber weiterhin normal bewegt werden. Hat man sich eine Zerrung zugezogen, sollte man die Bewegung sofort beenden und den Muskel schonen. Zusätzlich empfiehlt es sich, die betroffene Stelle zu kühlen.

Wird der Muskel noch stärker belastet, kann es zu einem Muskelfaserriss, beziehungsweise einem Muskelbündelriss kommen. Dabei verspürt man einen stechenden Schmerz in der Muskulatur. Im Gegensatz zu einer Zerrung ist ein Muskelfaserriss immer mit einer Strukturveränderung in der Muskulatur verbunden: Es kommt zu einer Zerstörung von Muskelzellen sowie einer Einblutung ins Gewebe und damit auch zu einer eingeschränkten Funktion des Muskels.

Bei einer maximalen Beanspruchung des Muskels kann es auch vorkommen, dass nicht nur einzelne Muskelfasern oder Bündel von Fasern, sondern der gesamte Muskel reißt. In einem solchen Fall spricht man von einem Muskelriss. Dabei kommt es zu starken Einblutungen ins Gewebe sowie einem möglichen Totalausfall der Muskelkontraktion. Die beiden Muskelteile ziehen sich jeweils in Richtung ihrer Ansatzsehne zurück.

Muskelzerrung, Muskelfaserriss und Muskelriss unterscheiden sich also durch den in der Muskulatur entstandenen Schaden und dadurch auch durch die damit einhergehenden Symptome.

Symptome bei Muskelfaserriss erkennen

Unabhängig davon, ob die Beschwerden im Arm oder im Bein auftreten, sind typische Symptome eines Muskelfaserrisses:

  • ein plötzlich auftretender, meist stechender oder reißender Schmerz, der zunächst auch in Ruhe nicht nachlässt
  • eine eingeschränkte Funktion des betroffenen Muskels (Kraftverlust und Schmerzen bei Bewegung, gegebenenfalls schon bei leichter Anspannung der Muskeln)
  • mitunter Auftreten einer tastbaren oder sogar sichtbaren Delle in der Muskulatur
  • gegebenenfalls Einblutungen ins Gewebe, dich sich in Form eines blauen Flecks an der verletzten Stelle zeigen (je nach Lage des Risses ist dieser blaue Fleck aber nicht direkt nach dem Auftreten der Verletzung oder auch generell nicht von außen erkennbar)
  • auch zeitversetzt auftretende Schwellungen sind möglich

Endgültige Gewissheit, ob eine Muskelzerrung, ein Muskelfaserriss oder ein Muskelriss vorliegt, kann nur ein Arztbesuch geben.

Muskelfaserriss – wann zum Arzt?

Bei Verdacht auf einen Muskelfaserriss und stärkeren Schmerzen sollte in jedem Fall ärztlicher Rat eingeholt werden, damit die Schwere der Verletzung genauer untersucht werden kann. Auch wenn keine Ursache für die Schmerzen (wie beispielsweise eine ruckartige Bewegung beim Sport) bekannt ist, sollte man ärztliche Hilfe suchen, um andere Erkrankungen mit ähnlichen Beschwerden, wie beispielsweise eine Thrombose, ausschließen zu können.

Neben einer körperlichen Untersuchung wird mithilfe einer Ultraschall-Untersuchung festgestellt, was für eine Art von Muskelverletzung vorliegt und wie groß der Schaden in der Muskulatur tatsächlich ist. Bei schwerwiegenderen Muskelfaserrissen kann zur Diagnose noch eine Magnetresonanztomografie (MRT) notwendig sein, um das genaue Ausmaß besser abschätzen zu können.

Behandlung bei einem Muskelfaserriss

Egal ob Muskelzerrung oder Muskelfaserriss: Wird eine Muskelverletzung vermutet, sollte die körperliche Aktivität sofort gestoppt und die Verletzung nach der sogenannten PECH-Regel behandelt werden. Falls eine ärztliche Behandlung notwendig wird, kommen meist auch eine Physiotherapie und in seltenen Fällen auch eine Operation zum Einsatz.

PECH-Regel als Sofortmaßnahme

Die PECH-Regel kann als Erstbehandlung zu Hause durchgeführt werden. Sie besteht aus folgenden Einzelmaßnahmen:

  • Pause: Ob Muskelfaserriss in der Wade, im Oberschenkel oder im Arm: Das betroffene Körperteil sollte in den folgenden Tagen und Wochen so weit wie möglich geschont werden.
  • Eis: Kühlen hilft, die Schmerzen zu lindern und hemmt die Einblutung ins Gewebe. Das Kühlpack sollte jedoch in ein Tuch gewickelt und nie direkt auf die Haut aufgelegt werden, um Erfrierungen zu vermeiden.
  • Compression: Legen Sie einen elastischen Druckverband an. Dadurch kann ein zu starkes Anschwellen der verletzten Stelle vermieden werden. Idealerweise tragen Sie vor dem Anbringen des Verbandes eine kühlende Salbe auf die verletzte Stelle auf.
  • Hochlagern: Legen Sie das betroffene Körperteil so oft wie möglich hoch, dadurch lässt sich der Blutfluss in das beschädigte Gewebe verringern.

Ob Kühlen wirklich in jedem Fall bei einer Muskelverletzung sinnvoll ist, ist wissenschaftlich noch nicht ganz geklärt, da Entzündungsprozesse dazu beitragen können, die Heilung zu beschleunigen. Das Gleiche gilt für entzündungshemmende Medikamente. Seit einigen Jahren existiert als Alternative zur PECH-Regel deshalb die sogenannte PEACE-Regel, die neben Hochlagern und Kompression auch die Punkte "Protection" (Schutz der verletzten Stelle, beispielsweise durch eine Bandage), "Avoid" (Vermeiden von Kühlung und Schmerzmitteln) sowie "Education" (Aufklärung der betroffenen Person über die Erkrankung) enthält.

Operation bei Muskelfaserriss

Sind mehr als 65 Prozent des Muskels gerissen, muss der Muskelfaserriss unter Umständen operativ behandelt werden. Dann werden die gerissenen Muskelfasern mit sogenannten Fadenankern wieder zusammengeführt. Das Material, aus dem dieser Anker und die Fäden bestehen, löst sich nach einiger Zeit von selbst auf.

Konservative Behandlung meist ausreichend

In der Regel muss keine Operation durchgeführt werden. Vor allem in den ersten 48 Stunden nach Auftreten der Beschwerden sollte man einen Muskelfaserriss nach verbreitetem Behandlungsansatz kühlen.

Magnesium ist zwar für die Funktion der Muskeln wichtig und der Bedarf bei Menschen, die viel Sport treiben, in der Regel erhöht – zur Prophylaxe oder Behandlung eines Muskelfaserrisses ist der Mineralstoff aber nicht geeignet.

Keinesfalls sollte man während dieser Ruhephase wärmende oder durchblutungsfördernde Salben verwenden, da sie die Einblutung ins Gewebe fördern können. Zu einem späteren Zeitpunkt dürfen solche Salben sowie Wärmebehandlungen allerdings durchaus eingesetzt werden, um die Abheilung des Blutergusses zu fördern. Ebenfalls abzuraten ist von einer Dehnung oder Massage der betroffenen Muskeln direkt nach dem Muskelfaserriss, da sich dadurch die Verletzung noch verschlimmern kann. Lassen Sie sich leichte Übungen zur Dehnung zeigen, die nach der empfohlenen Pause durchgeführt werden können.

Gegebenenfalls kann auch eine weitere Kompression durch einen Tape-Verband notwendig sein. Im weiteren Behandlungsverlauf können eine Physiotherapie oder eine Lymphdrainage, also eine medizinische Massage zur Ableitung von Lymphflüssigkeit im Gewebe, sinnvoll sein. Über die Notwendigkeit entscheidet der*die behandelnde Arzt*Ärztin.

Muskelfaserriss: So lange dauert die Heilung

Wie lange es dauert, bis ein Muskelfaserriss abgeheilt ist, hängt immer vom individuellen Fall ab. In der Regel beträgt die Heilungsdauer zwischen vier und sechs Wochen.

Nach einer Schonphase von etwa vier bis fünf Tagen ist während des Heilungsprozesses alles erlaubt, was keine Schmerzen bereitet. So ist in der Regel nach einigen Tagen bereits wieder eine leichte Belastung der betroffenen Muskulatur möglich. Haben Sie beim Belasten der Muskeln im Alltag keine Beschwerden mehr, können Sie es nach einem Muskelfaserriss auch mit moderatem Fahrradfahren, flottem Spazierengehen oder lockerem und gleichmäßigem Joggen versuchen. Vor ausgedehnteren sportlichen Einheiten oder der erneuten Ausübung von Sportarten, die ein hohes Verletzungspotenzial bergen, sollte ärztliche Rücksprache gehalten werden. Je nach Ausmaß der Verletzung ist hier eine Pause von mehreren Wochen empfehlenswert.

Sollten Sie bei einer Belastung Schmerzen verspüren, brechen Sie die Bewegung sofort ab, um eine weitere Schädigung der Muskulatur zu verhindern. Auf keinen Fall sollten Sie wieder voll ins Training einsteigen, bevor der Faserriss komplett verheilt ist. Verzichten Sie bis dahin unbedingt auf schnelle, kräftige und ruckartige Bewegungen in der verletzten Muskulatur.

Muskelfaserriss: Welche Spätfolgen sind möglich?

Bei einem Muskelfaserriss kommt es zu einer Einblutung ins Gewebe mit anschließender Blutergussbildung. Bei sehr starken Blutungen kann es passieren, dass sich der Verletzungsbereich nicht vollkommen zurückbildet. Wächst Bindegewebe in den Bluterguss ein, bildet sich Narbengewebe, das deutlich weniger elastisch ist als das Muskelgewebe. Dadurch sinken die Kontraktionsfähigkeit und die Kraftausübung der Muskulatur. Zudem wird diese anfälliger für erneute Verletzungen.

Hat eine betroffene Person auch nach dem Ausheilen der Verletzung noch Beschwerden, sind diese meist auf das Narbengewebe zurückzuführen. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, das Narbengewebe zu behandeln, indem es operativ entfernt wird.

Eine weitere Komplikation nach einem Muskelfaserriss besteht darin, dass sich um einen nicht vollständig verheilten Bluterguss eine Zyste bildet. Bei einer Zyste handelt es sich um eine Kapsel, die das nicht abgebaute Blut des Blutergusses enthält. Stört die Zyste, muss sie durch eine Operation herausgeschnitten werden.

Wird nach einem Muskelfaserriss zu früh wieder trainiert oder die verletzte Stelle zu früh massiert, kann es zu einer chronischen Entzündung in der Muskulatur kommen. In der Folge können Kalkablagerungen auftreten, die mit der Zeit verknöchern können (Myositis ossificans). Durch die Verknöcherung entstehen ähnlich wie bei der Bildung von Narbengewebes Bereiche, die weniger dehn- und kontraktionsfähig sind als der Rest der Muskulatur.

Einem Muskelfaserriss vorbeugen

Aktiv vermeiden können Sie einen Muskelfaserriss oder eine Muskelzerrung nicht, doch mit ein paar einfachen Tipps und Tricks können Sie das Risiko für eine solche Sportverletzung deutlich senken:

  • Wärmen Sie sich sorgfältig auf: Durch das Aufwärmproramm vor dem Training steigen die Durchblutung und die Temperatur der Muskulatur. Dadurch kann diese besser arbeiten und Verletzungen treten seltener auf.
  • Setzen Sie maximale Belastungen möglichst zu Beginn des Trainings. Die meisten Muskelfaserrisse treten nämlich erst 30 bis 60 Minuten nach Beginn der Belastung auf, wenn die Muskeln bereits ermüdet sind.
  • Vermeiden Sie Dysbalancen: Ist Ihre Muskulatur beispielsweise an der Oberschenkelvorderseite deutlich stärker ausgeprägt als am Oberschenkel hinten, kann eine solche Dysbalance Faserrisse begünstigen.
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