Lungenkrebs-Patient
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Lungenkrebs

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 23.08.2018 - 09:51 Uhr

In den westlichen Industrieländern steigt die Zahl von Lungenkrebserkrankungen seit Jahren an. Zwar ist bei Männern der Trend seit den 80ern rückläufig, dafür weisen Frauen jedes Jahr neue traurige Rekordzahlen auf. Mittlerweile ist Lungenkrebs die dritthäufigste Krebsform bei beiden Geschlechtern. In Deutschland erkranken pro Jahr über 50.000 Menschen an Lungenkrebs. Noch erschreckender ist sein Anteil an Todesfällen: Bei Männern ist Lungenkrebs die häufigste Krebstodesursache, bei Frauen immerhin die dritthäufigste.

Rauchen als Risikofaktor

Diese Zahlen sind umso tragischer, als dass der Lungenkrebs eine der wenigen bösartigen Tumoren ist, bei dem der Hauptrisikofaktor seit langem bekannt ist: Rund 90 Prozent der Lungenkrebskranken sind Raucher.

Führt man sich vor Augen, dass laut einer Studie mittlerweile jeder dritte 15-Jährige raucht, wobei Deutschland im internationalen Vergleich zu den traurigen Spitzenreitern zählt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Anzahl von Lungenkrebspatienten auch in Zukunft nicht sinken wird.

Was ist Lungenkrebs?

Genau genommen ist Lungenkrebs ein Oberbegriff für verschiedene bösartige Tumorerkrankungen in Lunge und Bronchialsystem. Die mit Abstand häufigste Form (90 Prozent) ist das Bronchialkarzinom, das umgangssprachlich oft mit Lungenkrebs gleichgesetzt und im Folgenden hier behandelt wird. Über das Blut können Metastasen, also Tochtergeschwülste anderer Krebsarten in die Lunge gespült werden und sich dort absiedeln. Selten sind bösartige Geschwülste von Lungen- und Rippenfell.

Je nachdem wie das Gewebe unter dem Mikroskop erscheint, werden kleinzelliges (25 Prozent) und nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom unterschieden. Letzteres wird weiter unterteilt in verschiedene Formen, u.a. das Plattenepithelkarzinom, das vom Deckgewebe ausgeht und mit etwa 45 Prozent am häufigsten vorkommt, und das Adenokarzinom, das im Gegensatz zu allen anderen Formen nicht vom Rauchen abhängt.

Das kleinzellige Bronchialkarzinom streut sehr früh Tochtergeschwülste und hat deshalb eine schlechtere Prognose. Für Prognose und Therapie ist neben dem mikroskopischen Befund des Zellgewebes auch das Tumorstadium wichtig, also wie groß der Krebs ist und wie weit er sich bei Diagnosestellung bereits auf umliegende Strukturen und im Körper ausgebreitet hat.

Was sind die Ursachen von Lungenkrebs?

Das Bronchialkarzinom entsteht vor allem als Folge des Tabakrauchens. Im Zigarettenqualm sind etwa 4.000 Substanzen zu finden, von denen 40 krebserzeugend sind, sowie Benzo(a)pyren, das ein für die Krebsabwehr zuständiges Gen P-53 auf dem Chromosom 9 schädigt. Doch nicht nur aktives Rauchen ist ungesund, auch Passivrauchen erhöht das Krebsrisiko. Verbringt ein Nichtraucher einen gemütlichen Abend umgeben von Rauchern in einem geschlossenen Raum, z.B. einer Kneipe, wird der Körper so belastet, als hätte er 4 bis 9 Zigaretten geraucht.

Das Erkrankungsrisiko steigt mit der Anzahl der Zigaretten, der Inhalationstiefe, der Dauer des Rauchens und dem Alter. Auch die Teer- und Nikotinkonzentration spielen eine Rolle. Man geht davon aus, dass bei 40 Packungsjahren (also 40 Jahre lang eine Schachtel Zigaretten täglich) das Krebsrisiko 30-fach erhöht ist. Eine gute Nachricht gibt es allerdings: Schaffen Raucher es, sich von ihrer Nikotinsucht zu befreien, nähert sich die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu erkranken, nach und nach wieder der bei Nichtrauchern an.

Giftstoffe in der Luft als Ursache von Lungenkrebs

Neben dem Rauchen können auch andere Giftstoffe in der Atemluft Lungenkrebs auslösen, insbesondere wenn man ihnen über lange Zeit ausgesetzt ist. Dazu gehören Asbest, Arsen, Chrom, Kadmium, Nickel, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Senfgas, Uran, Radon u.a. So sind zum Beispiel Hochofenarbeiter, Gaswerkarbeiter, Dachdecker und Asphaltkocher gefährdet, insbesondere wenn sie die Arbeitsschutzbestimmungen missachten. Besonders gefährlich ist die Kombination dieser Schadstoffe mit aktivem Rauchen.

Warum sich allerdings bei manchen Rauchern Krebs entwickelt, während andere trotz jahrzehnte langer Nikotinsucht verschont bleiben, ist bisher noch nicht geklärt. Eine eindeutige erbliche Ursache konnte bislang genauso wenig gefunden werden wie eine ernährungsbedingte. Allerdings gehen die Wissenschaftler davon aus, dass Zusammenhänge bestehen.

Lungenkrebs: Symptome und Anzeichen

Wie äußert sich Lungenkrebs? Tückisch ist, dass Lungenkrebs meist sehr lange keine Symptome hervorruft. Oft wird Lungenkrebs deshalb entweder zufällig bei einer Röntgenuntersuchung entdeckt oder erst, wenn er bereits fortgeschritten und dementsprechend schlecht heilbar ist. Im Gegensatz zu einigen anderen Krebsarten wird derzeit auch keine Vorsorgeuntersuchung angeboten, die sich als Screening zum frühzeitigen Aufspüren eignen würde.

Wenn Beschwerden auftreten, sind sie zumindest am Anfang meist nicht von anderen Lungenerkrankungen zu unterscheiden. Folgende Symptome sollten Anlass zu einem Arztbesuch geben, insbesondere wenn sie kombiniert oder über längere Zeit auftreten:

Weitere Beschwerden können auftreten, wenn sich Lungenkrebs ausbreitet und sich Metastasen in anderen Organen absiedeln. Besonders häufig sind Wirbelsäule, Gehirn, Nebennieren und Leber betroffen, was zu Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel, Verhaltensänderungen, Bauchschmerzen oder Übelkeit führen kann.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Mittels der Untersuchungen wird nicht nur der Tumor gefunden, sondern auch seine Art und sein Stadium bestimmt, um über die Behandlung entscheiden zu können. Zunächst wird der Arzt die Krankengeschichte erfragen, insbesondere auch Rauchgewohnheiten und berufliches Risiko.

Nach der körperlichen Untersuchung werden sich Röntgenaufnahmen der Lunge sowie verschiedene Blutuntersuchungen anschließen. Um das Tumorgewebe beurteilen zu können, wird evtl. eine Lungenspiegelung durchgeführt, bei der auch Zell- und Gewebeproben entnommen werden können.

Mit einer Computertomographie des Brustkorbs, Oberbauchs und Gehirns lassen sich Krebsausdehnung bestimmen und Tochtergeschwülste aufspüren. Mit einer Skelettszintigraphie lässt sich gezielt nach Absiedlungen im Knochen fahnden, ggf. schließt sich eine Knochenmarkbiopsie an. Daneben existieren eine Reihe weiterer Untersuchungen, die je nach Fall und vor einer geplanten Operation eingesetzt werden.

Welche Therapie gibt es?

Die Behandlung richtet sich nach Art und Ausbreitung des Tumors. Soweit möglich wird versucht, eine Heilung zu erzielen. Das gelingt allerdings nur, wenn sämtliches Tumorgewebe inklusive Metastasen und befallener Lymphknoten entfernt werden kann. Nur dann lässt sich ein Wiederauftreten verhindern. Je nach Krebsart, Stadium und Verfassung des Patienten kommen Operation, Chemotherapie, Strahlentherapie oder eine Kombination daraus zur Anwendung.

  • Operation: Rechter und linker Lungenflügel bestehen aus drei bzw. zwei Lappen, die aus insgesamt zehn bzw. neun Lungensegmenten zusammengesetzt sind. Je nach Größe des Tumors wird ein Segment (Lungenteilresektion) oder ein Lappen (Lobektomie) entfernt, seltener auch der gesamte linke oder rechte Lungenflügel (Pneumektomie). Mit einer Lungenfunktionsprüfung wird vorher festgestellt, ob die verbleibende Atemtätigkeit ausreicht. Für eine Operation sind besonders nicht-kleinzellige Formen geeignet.
  • Chemotherapie: Dabei werden meist in mehreren Zyklen Zytostatika gegeben, Zellgifte, die vor allem Krebszellen angreifen, aber auch körpereigene gesunde Zellen nicht verschonen. Deshalb kommt es häufig zu starken Nebenwirkungen. Besonders kleinzellige Karzinome sprechen darauf an.
  • Strahlentherapie: Durch Röntgenstrahlen in bestimmter Dosierung werden Zellen geschädigt. Besonders kleinzelliger Lungenkrebs lässt sich dadurch verkleinern, bestrahlt man den Schädel, lässt sich evtl. eine Absiedlung von Metastasen verhindern.

In letzter Zeit haben Wissenschaftler einige neue Ansätze auf molekularbiologischer Ebene gefunden, bei der die Krebszellen bei der Therapie gezielt angegriffen werden. Erste Forschungsergebnisse lassen hoffen, dass sich damit in Zukunft auch beim Lungenkrebs neue Behandlungsmöglichkeiten ergeben.

Wie sind Verlauf und Prognose?

Insgesamt gehört Lungenkrebs derzeit eher zu den prognostisch ungünstigen Krebsarten – 5 Jahre nach Diagnosestellung leben durchschnittlich nur noch 13 bis 14 Prozent der Patienten. Die Prognose hängt allerdings stark von Art, Größe und Ausbreitung des Tumors und damit auch Ansprechbarkeit auf die Therapie ab, aber auch vom Alter und Allgemeinzustand des Patienten.

Die relativ beste Prognose hat das Plattenepithelkarzinom in einem frühen Stadium, die schlechteste das kleinzellige Bronchialkarzinom. Unbehandelt führt es sogar innerhalb weniger Wochen zum Tode. Wichtig sind nach Abschluss der Behandlung regelmäßige Kontrolluntersuchungen, so dass auch ein wiederkehrender Tumor frühzeitig erkannt und therapiert werden kann. Und in jedem Fall sollte der Betroffene konsequent auf Zigaretten verzichten.