Knirscheschiene gegen Zähneknirschen
© iStock.com/Rasulovs

Zähneknirschen: Symptome und Therapie von Bruxismus

Von: Kathrin Mehner (Medizinredakteurin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 04.11.2021 - 12:48 Uhr

Zähneknirschen (Bruxismus) ist ein unbewusster Vorgang, der vor allem nachts während des Schlafens auftritt. Häufig stellt psychischer Stress die Ursache für das Zusammenpressen der Zähne dar. Erste Anzeichen sind verspannte Kaumuskeln und Zahnschmerzen. Welche Symptome weisen noch auf Bruxismus hin, wie sinnvoll sind Medikamente oder eine Schiene bei Zähneknirschen und helfen Entspannungsübungen gegen die Beschwerden?

Zähneknirschen: nachts oder am Tag?

Grundsätzlich werden zwei Arten von Bruxismus unterschieden: Schlafbruxismus und Wachbruxismus. Schlafbruxismus findet unbewusst während des Schlafens statt. Er tritt vermehrt bei Kindern auf, die Häufigkeit von nächtlichem Zähneknirschen nimmt mit dem Alter ab.

Beim Wachbruxismus findet, wie der Name schon sagt, die Aktivität der Kaumuskulatur tagsüber statt. Die geschieht vermehrt in psychisch belastenden Situationen. Neben dem Aufeinanderbeißen der Zähne und einem Anspannen der Kiefermuskulatur kann dann auch ein Vor- und Zurückschieben des Unterkiefers auftreten.

Psychische Ursachen von Zähneknirschen

Eigentlich brauchen wir unsere Zähne jeden Tag nur etwa eine Stunde lang: Nämlich dann, wenn wir etwas essen. Doch viele Menschen beißen viel häufiger auf ihren Zähnen herum. Vor allem im Schlaf ist Zähneknirschen oder Zähnepressen weit verbreitet. Die Auslöser können sehr unterschiedlich sein, wobei in einigen Fällen auch gar keine eindeutige Ursache festgestellt werden kann.

Beim Wachbruxismus ist, wie bereits erwähnt, in der Regel psychischer Stress der Auslöser des Zähneknirschens. Tritt Zähneknirschen nachts auf, kann aber ebenfalls psychischer Stress, der während der Nacht verarbeitet wird, dahinterstecken: Die innere Anspannung überträgt sich auf die Muskulatur und diese wird aktiv. Der Körper versucht durch das Zusammenpressen der Zähne, unbewusst Ärger und Frust abzubauen.

Weitere mögliche Ursachen

Neben Stress kommen auch Störungen im Kaubereich als Ursache infrage. Darunter fallen beispielsweise zu hohe Füllungen oder schlecht sitzende Prothesen und Kronen. Beeinflussen sie das Aufeinanderbeißen von Ober- und Unterkiefer negativ, kann es zum Zähneknirschen kommen.

Ebenso kann eine funktionelle Störung des Kiefergelenkes Zähneknirschen auslösen. Auch hier steht ein fehlerhafter Zusammenbiss von Ober- und Unterkiefer im Mittelpunkt der Beschwerden.

Als weiterer Auslöser für Zähneknirschen kommen bestimmte Medikamente, aber auch Genussmittel, wie Alkohol und Zigaretten, infrage. Medikamente, die einen Bruxismus verursachen können, sind beispielsweise Antidepressiva, Antihistaminika oder kardio-aktive Mittel. Erklärt wird dieser Zusammenhang über eine mögliche Einflussnahme einiger Medikamente und Genussmittel auf neuronale Botenstoffe und damit auch auf die Funktion der Nerven des Kiefergelenks.

Daneben geht eine nächtliche Atemstörung, wie sie beispielsweise bei starkem Schnarchen oder Schlafapnoe vorkommt, häufig mit Zähneknirschen einher. Vermutlich besteht der Zusammenhang, da kurze Atemaussetzer den Körper in Anspannung versetzen und ein plötzliches Luftholen zu starken und abrupten Bewegungen im Kieferbereich führt.

Zähneknirschen im Schlaf: häufig unbemerkt

Zähneknirschen ist weit verbreitet. Da das Knirschen in erster Linie nachts auftritt, wissen jedoch nur etwa 10 bis 20 Prozent der Betroffenen überhaupt, dass sie mit den Zähnen knirschen. Die anderen werden erst durch ihre*n Partner*in, Familienmitglieder oder im Rahmen einer zahnärztlichen Untersuchung auf das Problem aufmerksam gemacht. Daneben können auch körperliche Symptome einen Hinweis auf nächtliches Zähneknirschen geben.

Bruxismus: Symptome

Das ständige Kauen hinterlässt schnell Spuren an den Zähnen, denn unsere Kaumuskeln sind echte Kraftpakete. Erste Symptome, die auf Zähneknirschen hinweisen, sind unter anderem:

Langfristige Folgen von Zähneknirschen

Wird Zähneknirschen nicht behandelt oder die Ursache beseitigt, kann es im schlimmsten Fall zu Zahnlockerungen oder sogar zum Zahnverlust kommen. Langfristig kann es außerdem zu Entzündungen und irreparablen Schäden am Kiefergelenk kommen. Auch chronische Kopf- oder Nackenschmerzen können als Folge von dauerhaftem Zähneknirschen auftreten.

Zähneknirschen bei Babys und Kindern

Zähneknirschen kann in jedem Alter auftreten, wobei es in jüngeren Jahren gehäuft vorkommen kann. Auch Babys können betroffen sein. Bei Babys und kleineren Kindern ist das Knirschen mit den Zähnen aber häufig normal, denn sie lernen ihre Zähne gerade erst kennen. In der Regel sollte das Knirschen jedoch verschwinden, sobald alle Milchzähne da sind. Je nach Diagnosemethode wird bei circa 50 Prozent der Kinder nächtliches Zähneknirschen festgestellt. Bei Erwachsenen sind es nur rund 13 Prozent.

Tritt Zähneknirschen bei Kindern oder Kleinkindern auf, kann genau wie bei Erwachsenen Stress eine mögliche Ursache darstellen. Häufig ist der Grund für das Knirschen aber auch nicht ersichtlich. Knirschen Kinder über Tag mit den Zähnen, sollten Sie die Kleinen darauf hinweisen, denn meist erfolgt das Knirschen unbewusst. Hält das Zähneknirschen dauerhaft an oder schmerzen die Zähne, sollten Sie eine*n Zahnärztin*Zahnarzt aufsuchen.

Was tun gegen Zähneknirschen?

Zähneknirschen bleibt häufig über einen längeren Zeitraum unbemerkt, da es oftmals unbewusst im Schlaf auftritt. Erst wenn sich Zahnschmerzen oder Verspannungen der Kaumuskulatur bemerkbar machen, wird ärztlicher Rat gesucht. Obwohl die Beschwerden mit der Zeit häufig von selbst wieder verschwinden, ist es immer sinnvoll, ärztlichen Rat einzuholen. Denn wer zu lange wartet, riskiert unter Umständen bleibende Schäden an den Zähnen.

Im Rahmen der Untersuchung wird die*der Ärztin*Arzt zunächst nach den genauen Beschwerden fragen und anschließend die Muskulatur abtasten und das Gebiss sorgfältig kontrollieren.

Existieren zu hohe Füllungen oder Kronen sowie schlechtsitzende Prothesen, werden diese korrigiert. Eventuell lassen sich dadurch die Beschwerden bereits lindern. Ansonsten gibt es weitergehende Therapiemöglichkeiten bei Bruxismus.

Knirschschiene bei Zähneknirschen

Vielen Betroffenen hilft das Tragen einer Aufbissschiene oder "Knirschschiene" gegen Zähneknirschen. Die Plastikschiene, in der Medizin auch Okklusionsschiene genannt, wird vor allem nachts getragen. Sie bedeckt die Kauflächen, verhindert so das Aufeinanderreiben der Zähne und sorgt für eine gleichmäßige Belastung der Muskulatur. Dadurch kann eine weitere Schädigung der Zähne verhindert werden. Zudem werden Zahnrekonstruktionen, wie Kronen und Brücken, geschützt. Die Aufbissschiene wird entweder im Ober- oder im Unterkiefer getragen.

Studien weisen zudem darauf hin, dass das Tragen von Zahnschienen auch die nächtliche Aktivität der Kaumuskulatur reduzieren kann. Ob Knirscherschienen auch langfristig die Häufigkeit von Zähneknirschen vermindern können, oder ob dieser Effekt vorübergehend ist, ist jedoch noch nicht ausreichend untersucht.

Eine Aufbissschiene wird speziell für die betroffene Person angefertigt und sollte je nach Verschleiß regelmäßig erneuert werden. Die Kosten für die Schiene werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Ob eine Zahnschiene bei einem Kind eingesetzt werden kann, muss individuell entschieden werden, da Zahnentwicklung und -wechsel die Anwendung einer Knirschschiene erschweren können.

Botox® und weitere Medikamente gegen Bruxismus

Es existieren bereits Studien zum Einsatz von Botulinumtoxin A (auch bekannt unter dem Markennamen Botox®) zur Behandlung von Zähneknirschen. Im Rahmen dieser Studien wurde das Botulinumtoxin A in der Regel in den stärksten Kaumuskel, den Musculus masseter, injiziert. In der Folge reduzierten sich sowohl die Aktivität der Kaumuskeln als auch die durch das Zähneknirschen ausgelösten Schmerzen. Die Häufigkeit des Zähneknirschens wurde aber nicht beeinflusst.

Insofern kann eine Botox®-Behandlung beim Zähneknirschen zwar die Symptome zeitweise lindern, aber nicht die Ursachen bekämpfen. Nach Empfehlungen aus der aktuellen Leitlinie zur Behandlung von Bruxismus kann eine Therapie mit Botulinumtoxin A in ärztlicher Rücksprache aber dennoch durchgeführt werden.

Explizit abgeraten wird dagegen von der Anwendung weiterer Medikamente. Unter anderem wurde der Einsatz von Antidepressiva sowie von Medikamenten zur Behandlung von Epilepsie im Rahmen von Studien untersucht. Dabei konnten keine eindeutigen positiven Auswirkungen auf die Häufigkeit und Schwere des Bruxismus festgestellt werden. Berücksichtigt man die starken Nebenwirkungen, die durch die Einnahme dieser Medikamente auftreten können, sollte in jedem Fall auf eine solche medikamentöse Behandlung des Zähneknirschens verzichtet werden.

Entspannungsübungen bei Zähneknirschen

Um die Belastung der Kiefermuskulatur zu verringern, ist es wichtig, dass sich Betroffene immer wieder selbst beobachten. Merken sie, dass die Kiefermuskulatur angespannt ist, sollten sie diese bewusst entspannen. Durch das wiederholte willentliche Entspannen der Muskeln kann man sich das Knirschen nämlich Stück für Stück abgewöhnen.

Um einen dauerhaften Entspannungszustand zu erreichen, können zudem physiotherapeutische Übungen helfen. Sie sorgen dafür, dass sich die Kaumuskulatur, aber auch die Muskulatur in Nacken, Schultern, Stirn und Schläfen wieder entspannt. Daneben sind auch Entspannungsverfahren wie Yoga, progressive Muskelentspannung oder autogenes Training, Massagen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen empfehlenswert.

Weitere Therapiemöglichkeiten

Kann das Zähneknirschen durch diese Maßnahmen nicht gelindert werden, ist unter Umständen ein Besuch in einer psychotherapeutischen Praxis sinnvoll, um beispielsweise Verhaltensänderungen einzuüben (kognitive Verhaltenstherapie) und das eigene Stresslevel zu senken.

Eine weitere Option ist die Nutzung von Biofeedback-Geräten. Diese messen über einen Sensor an der Kaumuskulatur, ob diese stark angespannt wird und geben in der Folge eine Rückmeldung über ein akustisches oder visuelles Alarmsignal. Dadurch kann die Anspannung bewusst reduziert werden. Ein Nachteil ist aber, dass der Schlaf durch das Alarmsignal bei nächtlichem Zähneknirschen unterbrochen wird.

Zungendrücken (Zungenpressen)

Neben Zähneknirschen kann sich Stress auch durch Zungendrücken (Zungenpressen) äußern. Dabei wird die Zunge stark gegen die Zähne im Oberkiefer oder die seitlichen Zähne im Unterkiefer gedrückt. Besonders häufig pressen Betroffene die Zunge jedoch gegen die unteren Frontzähne. Dadurch kann sich die Zahnstellung verändern und es können sich Zähne lockern.