Mann mit schmerzverzerrtem Gesicht
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Zahlreiche Faktoren nehmen Einfluss auf den Schmerz

Von: Gesundheit-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 07.04.2017 - 16:35 Uhr

Schmerzen stellen die mit Abstand am weitesten verbreitete Gesundheitsstörung im Alltag dar. Sie mindern nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Zufriedenheit mit dem Leben insgesamt. Dies ist aus Daten des Bundesgesundheitssurveys ersichtlich, einer repräsentativen Untersuchung des Robert-Koch-Instituts zum Gesundheitszustand der Bevölkerung in Deutschland.

Schmerzen sind subjektiv

Schmerz ist stets eine subjektive Sinnesempfindung, die von den Betroffenen auch sehr unterschiedlich beschrieben wird: Sie können eher ein Gefühl ausdrücken ("quälend", "lähmend") oder sich auf eine Sinnesqualität beziehen ("brennend", "stechend", "drückend").

Im Beratungsgespräch kann dies für den Apotheker schon als erster Hinweis auf Art und Ursache des Schmerzes dienen. Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung hängen von unterschiedlichen inneren und äußeren Faktoren ab.

Zu diesen Einflussfaktoren von Schmerz gehören zum Beispiel:

  • Alter
  • Geschlecht
  • Allgemeinbefinden
  • bisherige Schmerzerlebnisse
  • jeweilige Tageszeit

Schmerzarten zeigen altersabhängige Häufigkeitsverteilung

In jedem Lebensabschnitt treten typische Situationen auf, die mit bestimmten körperlichen und seelischen Belastungen verbunden sind und die akute Schmerzen verursachen können. So gehen mit Ausbildung und Studium oft Stress, Anspannung und Schlafmangel einher. Sind die Erholungsphasen unzureichend, können Spannungskopfschmerzen die Folge sein. Im Bundesgesundheitssurvey gaben 48,5 der befragten Frauen und 27,5 Prozent der befragten Männer unter 30 Jahren an, in den vergangenen sieben Tagen an Kopfschmerzen gelitten zu haben.

Mit dem Älterwerden nimmt die Häufigkeit ab, und liegt in der Altersklasse von 60-69 Jahren jeweils nur noch bei etwa der Hälfte. Bewegungsmangel und monotone, sitzende Tätigkeiten charakterisieren hingegen die moderne Arbeitswelt - ein hohes Risiko für Verspannungen und akute Rückenschmerzen. Deren Häufigkeit steigt im Laufe der berufstätigen Zeit stetig an und liegt zum fünfzigsten Lebensjahr deutlich höher als bei unter 30-jährigen.

Auch Schmerzen an Bein und Hüfte nehmen im Laufe des Lebens zu und sind im fortgeschrittenen Alter am häufigsten. Denn gerade anstrengende und ungewohnte Tätigkeiten können ältere Menschen überfordern und akute Schmerzen am Bewegungsapparat verursachen.

Chronobiologie des Schmerzerlebens

Im Zusammenhang mit der Schmerzempfindlichkeit sind besonders Ergebnisse der Chronobiologie interessant, einer Wissenschaft, die die rhythmischen Veränderungen der Körperfunktionen erforscht. Körpereigene Prozesse unterliegen physiologischen Abläufen, die in bestimmten zeitlichen Perioden immer wiederkehren.

Verantwortlich dafür sind genetisch festgelegte innere Zeitgeber, aber auch äußere Taktgeber wie der Tag-Nacht-Rhythmus. Unter natürlichen Bedingungen werden die "inneren Uhren" durch die periodischen Signale der Umwelt mit dem Umweltzyklus synchronisiert, an den sie angepasst sind. Beim Menschen sind mittlerweile mehr als 100 verschiedene Rhythmen von unterschiedlicher Dauer bekannt.

Der circadiane Rhythmus

Der bekannteste Biorhythmus ist der circadiane Rhythmus, dem jede Zelle des Körpers folgt und der mit etwa 24 Stunden einen Tag und eine Nacht umfasst. Auch Schmerzempfindungen und Reaktionen auf Schmerzreize hängen von tagesrhythmischen Prozessen ab, weiß Professor Dr. Hartmut Göbel, Direktor der Schmerzklinik Kiel: "Dies wird durch den Nachweis circadianer Rhythmen in den Konzentrationen von Endorphinen und Enkephalinen in den entsprechenden schmerzverarbeitenden Zentren im Gehirn bestätigt."

Die Schmerzempfindung ist nachmittags nur ein Drittel so intensiv wie morgens, ein Grund, weswegen diese Tageszeit für den Zahnarztbesuch besonders günstig ist. Biorhythmen können auch die Wirkung von Pharmaka auf unterschiedlichen Ebenen modulieren. Die Wirksamkeit von Schmerzmitteln ist abends deutlich stärker als morgens. "Der Tag-Nacht-Rhythmus für die Schmerzempfindlichkeit ist allerdings bei Frauen ausgeprägter als bei Männern", erläutert Göbel.

Geschlechtsspezifisches Schmerzempfinden

Wie die Daten des Bundesgesundheitssurveys zeigen, sind Frauen im Laufe eines Jahres nahezu doppelt so häufig von akuten Schmerzen betroffen wie Männer. Frauen beklagen zudem intensivere und länger andauernde Schmerzen und ihre Schmerztoleranz ist auf einem niedrigeren Niveau.

Die Ursachen liegen zum einen in biologischen Unterschieden auf hormoneller Ebene, zum anderen agiert das körpereigene Kontrollsystem für Schmerzen bei den Geschlechtern unterschiedlich: Frauen reagieren auf Schmerzen eher emotionell. Männer hingegen wenden mehr instrumentelle und analytische Strategien an. Sie forschen nach den Ursachen und versuchen, das Problem selbst zu lösen.

Schmerzen können deshalb bei den Geschlechtern unterschiedliche Folgen haben - bei Frauen sind dies oft Ängste, Depressionen und Schlafstörungen. Männer ignorieren Schmerzen häufiger. Das birgt die Gefahr, dass sie schneller chronisch werden und langfristig Schäden durch Überlastung entstehen.

Chronifizierung vermeiden

Schmerzzustände sind für den Körper erlernbar. Wiederholt auftretende Schmerzen können zu intensiverem und längerem Schmerzempfinden führen, da hierbei die Schmerzschwelle herabgesetzt wird. Deshalb ist eine frühzeitige und ausreichende Schmerzbekämpfung wichtig, wobei Medikamente verantwortungsvoll eingesetzt und durch nicht-medikamentöse Maßnahmen ergänzt werden.

Hier sind Schmerzmittel mit nur einer einzigen Wirksubstanz zu empfehlen. "Kombinationsanalgetika sollten in jedem Fall vermieden werden, da sie mit einem erhöhten Risiko einer Schmerzchronifizierung belastet sind", so Göbel.

Besonders geeignet und von der DMKG als Mittel der ersten Wahl empfohlen sind Präparate mit Acetylsalicylsäure (ASS). Der Wirkstoff verschafft zuverlässige Linderung bei Kopfschmerzen und akuten Rücken-, Muskel- und Gelenkschmerzen. ASS hemmt die Synthese von Prostaglandinen (hormonähnliche Substanzen), die als Schmerzmediatoren die Aktivierbarkeit von Schmerzrezeptoren erhöhen.