Frau nimmt eine Brausetablette mit Aspirin, weil sie Kopfschmerzen hat
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Acetylsalicylsäure (ASS): Wirkung und Nebenwirkungen

Von: Susanne Köhler, Marina Bierbrauer (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 21.06.2024 - 14:04 Uhr

Der Name ist zwar ein Zungenbrecher, doch der Wirkstoff Acetylsalicylsäure (kurz ASS) ist unter dem Markennamen Aspirin® weltweit bekannt. Das rezeptfrei erhältliche Arzneimittel gehört zu den meistverkauften Medikamenten überhaupt. Fast jede*r hat es zumindest einmal schon bei Kopfschmerzen, Zahnschmerzen oder Fieber eingenommen. Darüber hinaus hemmt ASS auch die Blutgerinnung und kann unter anderem zur Vorbeugung von Herzinfarkten eingesetzt werden. Informieren Sie sich hier über die Wirkung und Nebenwirkung sowie die richtige Dosierung von Aspirin® & Co.

ASS: Wirkung und Anwendungsgebiete von Acetylsalicylsäure

Der Wirkstoff Acetylsalicylsäure ist ein sogenanntes nicht-steroidales Antirheumatikum (NSAR). Zu dieser Wirkstoffklasse gehören zum Beispiel auch Ibuprofen, Naproxen oder Diclofenac. ASS wirkt analgetisch (schmerzlindernd), antipyretisch (fiebersenkend) und antiphlogistisch (entzündungshemmend).

Die Wirkung beruht darauf, dass ASS die Entstehung bestimmter Enzyme hemmt. Diese sind wiederum an der Bildung von Botenstoffen beteiligt, welche bei entzündlichen Prozessen und der Schmerzwahrnehmung eine Rolle spielen.

Darüber hinaus wirkt Acetylsalicylsäure als sogenannter Thrombozytenaggregationshemmer. Unter diesem komplizierten Begriff werden verschiedene Wirkstoffgruppen zusammengefasst, die die Verklumpung von Blutblättchen (Thrombozyten) verhindern. Umgangssprachlich nennt man solche Medikamente auch "Blutverdünner". Auch dieser Effekt beruht auf der Hemmung eines Enzyms in den Blutplättchen.

Aus der Wirkweise von ASS ergeben sich folgende Anwendungsgebiete:

ASS kann in Form von Tabletten, Brausetabletten, Granulat oder Kautabletten eingenommen werden.

Vorbeugende Einnahme von ASS?

Die vorbeugende Anwendung von ASS ist umstritten. Diverse Studien haben sich mit der Frage beschäftigt, ob ältere Menschen davon profitieren, täglich 100 mg ASS einzunehmen, um Herzinfarkten vorzubeugen und sogar das Leben zu verlängern. Inzwischen wird davon klar abgeraten. Gesunden Menschen täglich über einen Zeitraum von mehreren Jahren ein Medikament zu verabreichen – wenn auch nur gering dosiert – kann angesichts der Nebenwirkungen negative Folgen haben. Tatsächlich haben mehrere Studien nachgewiesen, dass die negativen Auswirkungen bei gesunden Menschen sogar überwiegen. Das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, war zwar um 17 Prozent geringer. Jedoch stieg das Risiko für Hirnblutungen um 34 Prozent und das für Magen-Darm-Blutungen sogar um 47 Prozent.

Die tägliche Einnahme von Acetylsalicylsäure wird heute vorwiegend zur sogenannten Sekundärprophylaxe empfohlen. Das bedeutet, es soll verhindert werden, dass eine Erkrankung – in diesem Fall ein Schlaganfall oder Herzinfarkt – erneut auftritt. Hier konnten Studien eindeutig belegen, dass Betroffene von der Anwendung profitieren. Vorteile gibt es auch in der Primärprophylaxe bei Menschen mit koronarer Herzkrankheit. Eine Primärprophylaxe soll verhindern, dass eine Erkrankung erstmalig auftritt. Eine unbehandelte koronare Herzkrankheit kann beispielsweise zu Herzrhythmusstörungen und einem plötzlichen Herztod führen. Bei anderen Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Bluthochdruck oder Übergewicht, gibt es keine Empfehlung für die vorsorgliche Einnahme von ASS. Hier haben sich andere Arzneistoffe als wirksamer erwiesen.

Falls Sie zu einer Risikogruppe gehören, sprechen Sie mit Ihrem*Ihrer Arzt*Ärztin darüber, welches Medikament für Sie am besten geeignet ist, anstatt ohne ärztliche Empfehlung täglich ASS einzunehmen.

Dosierung von ASS

Wie viel eines Medikaments mit dem Wirkstoff ASS man am Tag nimmt, hängt davon ab, für welchen Zweck es eingenommen wird. 

Folgende Dosierungen gelten für Erwachsene als allgemeine Empfehlung:

  • bei Schmerzen und/oder Fieber: 500 mg als Einzeldosis (bei starken Beschwerden bis zu 1.000 mg), bei Bedarf mehrmals täglich, mit einem Mindestabstand von vier Stunden (maximal 3.000 mg pro Tag)
  • bei Migräne: 1.000 mg als Einzeldosis
  • zur Blutverdünnung: 100 mg einmal täglich

ASS-Schmerztabletten enthalten in den meisten Fällen 500 mg des Wirkstoffs. Die maximale Tagesdosis liegt dann also bei sechs Tabletten. Zur Vorbeugung von Blutgerinnseln und Thrombosen gibt es spezielle Tabletten, die nur 100 mg enthalten.

Bei Personen über 65 Jahren liegt die Tageshöchstdosis bei 2.000 mg. Kinder zwischen 6 und 14 Jahren erhalten als Einzeldosis 250 bis 500 mg und maximal 1.500 mg pro Tag. Jüngere Kinder sollten ASS keinesfalls ohne ärztliche Verschreibung verabreicht bekommen.

Welche Nebenwirkungen löst ASS aus?

Wer gelegentlich bei Bedarf eine Tablette mit dem Wirkstoff ASS einnimmt, hat in der Regel keine schwerwiegenden Nebenwirkungen zu erwarten. Häufige Nebenwirkungen von Aspirin® & Co. betreffen den Magen-Darm-Trakt in Form von Magenschmerzen, Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall.

Gefährliche bis lebensbedrohliche Nebenwirkungen – darunter Magen-Darm-Blutungen, Hirnblutungen sowie Hör- und Sehstörungen – sind glücklicherweise selten bis sehr selten. Auch allergische Reaktionen sind möglich. Diese werden bei Menschen mit Asthma bronchiale im Vergleich mit der übrigen Bevölkerung häufiger beobachtet.

Werden höhere Dosierungen von ASS eingenommen, erhöht sich auch das Risiko für Nebenwirkungen – insbesondere für stärkere Blutungen – beträchtlich. Dies gilt auch für die dauerhafte Einnahme von niedrigen Dosen. Besonders das Risiko für Blutungen und Schleimhautreizungen im Magen-Darm-Trakt darf nicht unterschätzt werden. Dies liegt zum einen an der verringerten Blutgerinnung und zum anderen daran, dass ASS auch ein Enzym blockiert, das die Magenschleimhaut vor Magensäure schützt. In seltenen Fällen kann es dann sogar zu einer Eisenmangelanämie kommen, weil das im roten Blutfarbstoff gebundene Eisen durch die Blutungen im Magen verloren geht. Bei einer Dauerbehandlung mit Acetylsalicylsäure sollte deshalb immer zusätzlich ein Magensäurehemmer (sogenannte Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol oder Pantoprazol) eingenommen werden.

Welche Wechselwirkungen gibt es bei ASS?

Es sind eine Reihe von Wechselwirkungen zwischen Acetylsalicylsäure und anderen Substanzen oder Medikamenten möglich.

Ein erhöhtes Blutungsrisiko besteht bei der gleichzeitigen Einnahme weiterer Thrombozytenaggregationshemmer oder Antikoagulantien (das sind ebenfalls Wirkstoffe zur Hemmung der Blutgerinnung) sowie bei anderen NSAR. Ibuprofen verhindert den gerinnungshemmenden Effekt von ASS, weshalb darauf basierende Medikamente wie Aspirin® und der Wirkstoff Ibuprofen nicht zeitgleich eingenommen werden sollten.

Nebenwirkungen, die den Magen-Darm-Trakt betreffen, inklusive Blutungen, treten bei gleichzeitiger Einnahme von NSAR, Kortison und Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer häufiger auf. Dies trifft außerdem auf Alkohol zu. Die Kombination aus Medikamenten wie Aspirin® und Alkohol sollte deshalb vermieden werden. Wer einen Kater hat und ein Schmerzmittel nehmen möchte, sollte dann eher auf Ibuprofen zurückgreifen.

Die Wirkung von Antidiabetika, Digoxin (Mittel bei Herzerkrankungen), des Zytostatikums Methotrexat und des Antiepileptikums Valproinsäure wird durch ASS verstärkt.

Hingegen kann die Wirkung von blutdrucksenkenden Medikamenten, Mitteln zur Steigerung der Harnsäureausscheidung sowie bei hohen Dosen von ASS die von Diuretika vermindert werden.

Genauere Angaben zu möglichen Wechselwirkungen finden sich in der Packungsbeilage. Besteht die Gefahr von Wechselwirkungen, sollte der Wirkstoff nur nach ärztlicher Rücksprache oder nach einer Beratung in der Apotheke eingenommen werden.

Wann darf man Aspirin® & Co. nicht einnehmen?

Der Wirkstoff ASS darf nicht verabreicht werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen Acetylsalicylsäure oder andere Salicylate
  • Asthmaanfällen, die in der Vergangenheit durch ASS oder andere NSAR ausgelöst wurden
  • akuten Magen- oder Darmgeschwüren oder -Blutungen
  • erhöhter Blutungsneigung
  • Leber- und Nierenversagen
  • Herzmuskelschwäche

ASS nicht vor OPs einnehmen

Medikamente mit ASS wie Aspirin® verdünnen durch den gerinnungshemmenden Effekt etwa eine Woche das Blut. Bei geplanten Operationen sollte man also mindestens eine Woche vorher kein ASS mehr einnehmen. Ansonsten gibt es ein erhebliches Risiko für verstärkte Blutungen während und nach dem Eingriff. Setzen Sie das Medikament jedoch nicht eigenmächtig ab, falls Sie auf eine tägliche Einnahme angewiesen sind, sondern besprechen Sie das Vorgehen mit Ihrem*Ihrer behandelnden Arzt*Ärztin. Bei ungeplanten Operationen müssen Sie es unbedingt mitteilen, falls Sie zuvor ASS eingenommen haben.

Acetylsalicylsäure in Schwangerschaft und Stillzeit

Acetylsalicylsäure darf im ersten und zweiten Trimester einer Schwangerschaft nur nach enger ärztlicher Rücksprache eingenommen werden. Es gibt Hinweise auf verschiedene Fehlbildungen des Fötus sowie auf ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten. ASS sollte deshalb nur eingenommen werden, wenn es medizinisch unbedingt notwendig ist. Dabei sollte die Dosis so gering wie möglich gehalten werden.

Im dritten Trimester darf ASS nicht mehr angewendet werden, da es zu schwerwiegenden Schäden bei der Mutter und/oder dem Kind kommen kann. Beim ungeborenen Kind kann es zu Nierenversagen und Herzschädigungen kommen. Während der Geburt können zudem die Wehen gehemmt werden und vermehrt Blutungen auftreten.

Auch während der Stillzeit wird empfohlen, auf ASS vorsorglich zu verzichten, da der Wirkstoff und seine Abbauprodukte in geringen Mengen in die Muttermilch übergehen. Eine schädigende Wirkung für das Neugeborene ist bislang nicht bekannt. Muss der Wirkstoff jedoch dauerhaft eingenommen werden, wird zur Sicherheit empfohlen, abzustillen.

Während Schwangerschaft und Stillzeit ist Paracetamol die bessere und sicherere Alternative.

ASS: für Kinder nicht geeignet

Kinder mit Fieber und Schmerzen sollten Acetylsalicylsäure nicht einnehmen. Vor allem im Zusammenhang mit viralen Infekten kann es in seltenen Fällen zum lebensbedrohlichen Reye-Syndrom kommen, bei dem Gehirn und Leber schwer geschädigt werden können.

Die Erkrankung selbst ist nicht behandelbar, die Therapie beschränkt sich auf die Behandlung der Symptome: Die Leberfunktion wird unterstützt und man versucht, den erhöhten Hirndruck durch Medikamente zu senken. Bis zu 25 Prozent aller Fälle verlaufen tödlich und in bis zu 30 Prozent bleiben neurologische Schäden dauerhaft bestehen. Die genauen Auslöser für diese schwere, nicht ansteckende Krankheit, sind unbekannt. Auch für Kinder und Jugendliche ist Paracetamol die bessere Wahl.

Kombinationspräparate mit Acetylsalicylsäure

ASS-Präparate gibt es auch in der Kombination mit anderen Wirkstoffen, wie zum Beispiel mit Koffein, da Koffein die Wirkung von ASS verstärkt. Das liegt unter anderem an dem gefäßverengenden Effekt von Koffein, was insbesondere bei Kopfschmerzen hilfreich ist.

Als Kombinationspräparat mit Vitamin C (Aspirin® Plus C oder ASS+C-ratiopharm®) soll es eine positive Wirkung auf das Immunsystem haben, wenn es im Rahmen von Erkältungen eingenommen wird. Ob die zusätzliche Einnahme von Vitamin C tatsächlich bei Erkältungen hilft und wie viel davon dann eingenommen werden muss, ist allerdings umstritten.

Ein beliebtes Erkältungsmittel ist zudem ein Kombinationsmittel aus Acetylsalicylsäure und Pseudoephedrinhydrochlorid, wie in Aspirin® Complex oder Grippostad® Complex. Pseudoephedrin lässt die Nasenschleimhaut abschwellen, wodurch die Atmung erleichtert wird. Es hat auch eine stimulierende Wirkung. Dadurch fühlt man sich fitter und weniger abgeschlagen. Allerdings hat das Mittel auch diverse Neben- und Wechselwirkungen, weshalb solche Erkältungsmittel nur kurzfristig angewendet werden sollten. Lassen Sie sich dazu in der Apotheke beraten.

Aus ASS wurde Aspirin®

Salicylsäure wurde bereits in der Antike aus Weidenrinde extrahiert und als Arzneimittel gegen Schmerzen und Fieber angewandt. 1853 stellte der französischen Chemiker Charles Frédéric Gerhardt zum ersten Mal Acetylsalicylsäure her. Allerdings blieb es den deutschen Chemikern Felix Hoffmann und Heinrich Dreser vorbehalten, der schmerzstillenden Substanz zum entscheidenden Durchbruch zu verhelfen. Die lindernde Wirkung der Substanz war zwar schon früher erkannt worden, doch ihre Nebenwirkungen waren verheerend. Durch Verunreinigungen führte die Einnahme zu schweren Reizungen von Mund und Magenschleimhäuten – ein Problem, das die jungen Bayer-Chemiker Hoffmann und Dreser beseitigten und die Substanz fortan in Pulverform präsentierten. Zwei Jahre später, 1899, wurde das Präparat Aspirin® der Firma Bayer geboren, das heute beinahe zum Synonym für die Substanz allgemein geworden ist.

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