Frau bei der Apherese (Blutwäsche)
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Apherese: Blutwäsche bei verschiedenen Krankheiten

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 21.11.2013 - 15:19 Uhr

Bei der Apherese, auch bekannt als Blutwäsche, wird das Blut oder Blutplasma gezielt von bestimmten Stoffen gereinigt. Diese Reinigung des Blutes geschieht außerhalb des Körpers. Die bekannteste Form der Apherese ist die Dialyse. Doch wie funktioniert die Blutwäsche und bei welchen Krankheiten kann eine Apheresebehandlung sinnvoll sein? Wir stellen das Verfahren und mögliche Anwendungsgebiete vor.

Apherese: Was ist Blutwäsche?

Bei manchen Krankheiten oder Vergiftungen befinden sich Substanzen im Blut, die Schaden anrichten können. Mittels Apherese-Verfahren lässt sich das Blutplasma von diesen Stoffen befreien - und zwar indem das Blut durch ein Gerät außerhalb des Körpers geleitet wird. Der Begriff Apherese bezeichnet allgemein medizinische Verfahren, deren Therapieeffekt auf der Entfernung von Bestandteilen des Blutes besteht. Die Entfernung dieser Bestandteile erfolgt außerhalb des Körpers in einem sogenannten extrakorporalen Kreislauf. Der Patient ist dabei an ein Apheresegerät angeschlossen.

Bei einer Reihe von Erkrankungen können spezielle Blutreinigungsverfahren gezielt Substanzen aus dem Blutkreislauf entfernen und dadurch das Krankheitsgeschehen positiv beeinflussen. Zu den bekanntesten Verfahren der Blutwäsche gehört die Dialyse, die als sogenanntes Nierenersatzverfahren bei einer Störung der Nieren deren Funktion übernimmt und giftige Stoffe entfernt.

Wie funktioniert die Apherese?

Weniger bekannt als die Dialyse ist die therapeutische Apherese, bei der außerhalb des Körpers (extrakorporal) krankhafte Eiweiße, an Eiweiße gebundene krankmachende Stoffe oder Zellen entfernt werden. Dies geschieht entweder mithilfe eines Filters (Membranplasmaseperator) oder mit einer Zentrifuge. Prinzipiell werden dabei zwei Vorgehensweisen unterschieden:

  • In dem Apheresegerät wird zunächst das Blutplasma von den Blutzellen getrennt (Plasmaseparation) und erst im zweiten Schritt das Plasma von den krankmachenden Substanzen gereinigt. Diese Blutwäsche kann wiederum auf verschiedene Arten erfolgen:
    • Unselektiver Plasmaaustausch (Plasmapherese): Hier wird das gesamte gewonnen Patientenplasma verworfen und durch eine spezielle Nährlösung ersetzt.
    • Selektiver Plasmaaustausch: Hier werden nur die speziellen krankmachenden Eiweiße (z. B. bei Autoimmunerkrankungen) mit Filter- oder anderen Methoden entfernt, das übrige Plasma erhält der Patient zurück.
  • Auf die Trennung von Blutplasma von den Blutzellen wird verzichtet, sondern die krankmachenden Stoffe werden in dem Apheresegerät direkt aus dem Vollblut mittels Aktivkohle oder Austauscherharz entfernt (Vollblutapherese). Diese Methode wird auch als Hämoperfusion bezeichnet.

Der Betroffene erhält in allen Fällen zwei Zugänge in der Regel über die Venen – aus dem einen Zugang wird das Blut entnommen, dann durch das Apheresegerät geleitet und nach erfolgter Reinigung und ggf. Zusatz von Ersatzflüssigkeit durch die andere Vene zurückgeführt.

Eine Apherese erfordert die enge Zusammenarbeit des Arztes, der die zugrunde liegende Erkrankung behandelt, mit demjenigen, der die Apherese durchführt. Apheresebehandlungen werden zwar ambulant, aber in speziellen Zentren durchgeführt. Derzeit gibt es ca. 100 Apherese-Zentren in der Bundesrepublik, in der v.a. Behandlungen von Fettstoffwechselerkrankungen durchgeführt werden.

Bei welchen Krankheiten erfolgt eine Apherese?

Im Wesentlichen werden vier große Krankheitsgruppen mit Apherese therapiert:

  • schwere Fettstoffwechselerkrankungen
  • Autoimmunerkrankungen
  • Mikrozirkulationsstörungen
  • Erkrankungen, bei denen sich Gifte (Toxine) im Körper angesammelt haben

Behandlung von Fettstoffwechselerkrankungen

Die H.E.L.P.-Apherese (Heparin-induzierte extrakorporale LDL-Präzipitation) ist ein Blutreinigungsverfahren, bei dem LDL-Cholesterin, Lipoprotein und Fibrinogen aus dem Blut entfernt werden. Sie wurde 1984 für die Behandlung von Patienten entwickelt, bei denen die hohe Konzentration der Fettwerte im Blut aufgrund angeborener Fettstoffwechselstörungen trotz Diät und Gabe von Medikamenten nicht in ausreichendem Maß gesenkt werden kann. 

Durchführung:Dem Patienten wird mit einer Kanüle kontinuierlich Blut aus einer Armvene entnommen, das durch einen sogenannten Plasmafilter geleitet wird. Hier werden die Blutzellen und das Blutplasma, also die nicht zellulären Bestandteile des Blutes, voneinander getrennt. Durch die Zugabe von Heparin wird eine Bindung von Lipoprotein, LDL-Cholesterin bzw. Fibrinogen aus dem gewonnenen Blutplasma an das Heparin und eine Ausfällung der entsprechenden Komplexe bewirkt (daher der Name des Verfahrens: Heparin-induzierte extrakorporale LDL-Präzipitation; Präzipitation=Ausfällung). Diese Komplexe werden mit Hilfe eines Filters abgetrennt. 

Anschließend wird das unverbrauchte Heparin aus dem gereinigten Blutplasma entfernt, so dass dieses wieder in den normalen physiologischen Zustand zurückversetzt wird. Über eine zweite Kanüle erhält der Patient während der gesamten Behandlungszeit kontinuierlich die getrennten Blutzellen zusammen mit dem gereinigten Blutplasma zurück. Während einer Apheresebehandlung werden insgesamt etwa 3000 ml Blut gereinigt. Die Konzentration von LDL-Cholesterin, Lipoprote in und Fibrinogen wird dabei um mindestens 60 % gesenkt. Die Behandlungszeit hängt von Faktoren wie dem Plasmavolumen und der Plasmaflussrate ab und variiert zwischen 80 und 120 Minuten. Die Fließeigenschaften des Blutes werden verbessert und die Regulation der Gefäßweite so optimiert, dass die Durchblutung in den Blutgefäßen wieder ansteigt.

Behandlung von Immunkrankheiten

Ein gestörtes Gleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Immunzellen in der Schleimhaut ist die Ursache für Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, beides Formen chronischer Darmentzündungen. Bauchschmerzen und blutige Durchfälle sind charakteristische Symptome, Gelenke, Augen und Haut können von dem entzündlichen Krankheitsprozess mitbetroffen sein. Studien haben gezeigt, dass Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa besonders von der Apherese profitieren, die weitgehend nebenwirkungsfrei ist. 

Durchführung: Der Patient wird über eine Armvene an ein Apheresesystem angeschlossen. Es wird kontinuierlich Blut entnommen und die weißen Blutkörperchen werden gezielt aus dem Blut entfernt. Dadurch kommt es zu einer "Umverteilung" der weißen Blutkörperchen im Körper, die offensichtlich das Entzündungsgeschehen positiv beeinflusst. Der kurzfristige Entzug der Leukozyten beeinträchtigt den Patienten nicht. 

Es hat sich herausgestellt, dass fünf wöchentliche Behandlungen geeignet sind, einen akuten Schub einer Darmentzündung zu unterbrechen und monatliche Therapien, um eine Remission zu erhalten (d.h., die Krankheit bricht nicht wieder aus). In Japan wurde die Zellsorption daraufhin zur Behandlung der Colitis ulcerosa zugelassen. In Deutschland gibt es derzeit keine gültige Vereinbarung mit den Krankenkassen zur Kostenübernahme der Behandlung bei Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Fragen Sie Ihren Arzt, ob Sie von dieser Behandlung profitieren könnten.

Behandlung von Herzmuskelerkrankungen

Auch Patienten, die an einer bestimmten Herzmuskelerkrankung leiden, geht es nach der Apherese deutlich besser. Bei der idiopathischen dilatativen Kardiomyopathie (DCM) ist die linke Herzkammer erweitert und kann deshalb nur schwach Blut pumpen. Die resultierende Herzschwäche (Insuffizienz) löst in einer Art Teufelskreis eine weitere Vergrößerung der Herzkammer aus und verstärkt die Herzinsuffizienz bis zum Organversagen. Für die Entstehung der DCM sind immunologische Wechselwirkungen ausschlaggebend. 

Durchführung: Es werden körpereigene Antikörper, die die Herzmuskelzellen attackieren, aus dem Blut der Patienten gefiltert. Die Behandlung dauert üblicherweise eine Woche und muss nur in besonderen Fällen wiederholt werden. Bisher wurden am Deutschen Herzzentrum in Berlin etliche 100 Patienten mit chronischer Herzmuskelschwäche erfolgreich behandelt.

Weitere Anwendungsgebiete

Obwohl wenig bekannt, gibt es ein weites Einsatzfeld für die unterschiedlichen Apherese-Arten:

  • Diabetische Patienten.
  • Patienten mit einer altersbedingten Makuladegeneration, einer Erkrankung der Netzhaut des Auges, die zum Verlust des zentralen Sehvermögens führt.
  • Nach einem Hörsturz führt eine Apherese nach den vorliegenden Studien zu einer deutlichen Verbesserung, weil durch das Filterverfahren der Blutdurchfluss deutlich verbessert wird.
  • Nach schweren Vergiftungen wie zum Beispiel bei einer Sepsis (Blutvergiftung mit Bakterien), nach einer Pilzvergiftung oder einer schweren Alkoholvergiftung wird mit Hilfe der Blutwäsche das Gift aus dem Körper entfernt. In vielen Fällen ist allerdings die Kostenübernahme durch die Krankenkassen nicht geklärt, obwohl das Verfahren in zahlreichen anderen Ländern anerkannt ist.