Granulozyten (Neutrophile) im Blut (Illustration)
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Granulozyten: Das bedeuten Neutrophile, Eosinophile und Basophile

Von: Yannis Diener (Arzt)
Letzte Aktualisierung: 16.05.2022 - 18:09 Uhr

Granulozyten sind ein wichtiger Bestandteil unseres Immunsystems. Sie gehören zur Gruppe der weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Je nach Form der Zelle kann man zwischen verschiedenen Unterarten unterscheiden: von den häufigen neutrophilen Granulozyten, bis hin zu den eher selteneren basophilen und eosinophilen Granulozyten. Die Bestimmung der Granulozyten in unserem Blut erlaubt Rückschlüsse auf Krankheiten oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Was genau die Aufgabe der einzelnen Granulozyten ist und auf welche Krankheiten die Laborwerte hinweisen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was sind Granulozyten?

Granulozyten sind die mengenmäßig größte Untergruppe der weißen Blutkörperchen und machen 40 bis 60 Prozent der Leukozyten aus. Die Leukozyten sind ein wichtiger Bestandteil unseres Immunsystems. Unser Körper kann auf eine Vielzahl von Zellen zurückgreifen, um verschiedene Erreger zu bekämpfen – die Granulozyten sind dabei maßgeblich an der Bekämpfung von Bakterien beteiligt.

Färbt man die Granulozyten in einem Tropfen Blut aus einer Blutprobe ein, kann man das Aussehen der 12 bis 15 μm großen Zellen unter dem Mikroskop besser beurteilen. Anhand verschiedener charakteristischer Merkmale, wie dem Zellkern und der Färbung des Zellplasmas, kann man die Granulozyten nochmal in Untergruppen unterteilen.

Welche verschiedenen Formen von Granulozyten gibt es?

Prinzipiell unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Granulozyten:

  • Neutrophile Granulozyten
  • Eosinophile Granulozyten
  • Basophile Granulozyten

Alle Granulozyten entwickeln sich aus denselben Stammzellen heraus. Im Knochenmark sitzen die sogenannten myeloischen Stammzellen. Aus diesen Stammzellen entstehen fast alle Bestandteile unseres Blutes, von den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) über die Blutplättchen (Thrombozyten) bis hin zu den Granulozyten.

Der gesamte Entwicklungsprozess kann vier bis 16 Tage dauern. Dabei werden aus einer gemeinsamen Vorläuferzelle, dem Myelozyt, die verschiedenen Granulozyten gebildet. Die Entwicklungsschritte kann man auch teilweise unter dem Mikroskop erkennen.

Bei den neutrophilen Granulozyten lassen sich anhand des Zellkerns – beziehungsweise dessen Reifungsstufe – zwei weitere Unterarten unterscheiden: stabkernige und segmentkernige Granulozyten. Anfangs ist der Zellkern noch recht groß und beinahe hufeisenförmig. In diesem Stadium spricht man von stabkernigen Granulozyten. Diese noch unreifen Granulozyten findet man im Blut. Bei einer akuten Infektion können sie erhöht sein. Im späteren Verlauf unterteilt sich der Zellkern immer mehr, bis ein segmentkerniger (neutrophiler) Granulozyt entsteht. Diese Zellen sind nun vollständig ausgereift.

Aufgabe: Was machen die Granulozyten?

Granulozyten – als Bestandteil unserer Immunabwehr – sind hauptsächlich an der Bekämpfung von Erregern beteiligt. Ihre Aufgabe unterscheidet sich je nach Untergruppe.

  • Neutrophile Granulozyten können toxische Sauerstoffradikale bilden, mit denen die Zellwände von Bakterien zerstört werden. Außerdem helfen sie bei der Erkennung von Erregern, indem sie fremde Organismen umschließen (phagozytieren) und "verdauen" (zersetzen). Die "verdauten" Anteile der Eindringlinge werden dann auf die Oberfläche der Granulozyten befördert, wo andere Zellen unseres Immunsystems sie besser erkennen können.
  • Eosinophile Granulozyten sind besonders bei der Bekämpfung von Wurmerkrankungen von Nutzen. Im Rahmen eines allergischen Asthmas kann es auch zu einer Erhöhung der eosinophilen Granulozyten kommen. Die genauen Ursachen sind noch Gegenstand aktueller Forschungen.
  • Basophile Granulozyten sind ebenfalls an allergischen Reaktionen beteiligt. Sie enthalten den Botenstoff Histamin, der zu typischen Symptomen einer Allergie, wie Jucken, geschwollene Augen und Rötung der Haut, führt.

Wann und wie wird der Laborwert bestimmt?

Die Bestimmung der Granulozyten ist Bestandteil eines großen Blutbildes (Differentialblutbild). Der Blutwert wird außerdem bestimmt, wenn beispielsweise der Verdacht auf eine Entzündung oder einen Parasitenbefall besteht, aber auch zur Verlaufskontrolle bei der Therapie mit bestimmten Medikamenten. Bei der Diagnostik des Asthma bronchiale werden die Eosinophilen im Blut bestimmt. Je nachdem, wie hoch der Spiegel der eosinophilen Granulozyten ist, werden spezifische Medikamente eingesetzt.

Die Bestimmung des Laborwertes erfolgt anhand einer Blutprobe. Ein Tropfen davon kann eingefärbt und unter dem Mikroskop untersucht werden. So lassen sich Art und Anzahl der Granulozyten zählen und ihr jeweiliger Anteil an den Leukozyten bestimmen. Die Untersuchung wird in der Regel heute nicht mehr manuell vorgenommen, sondern erfolgt mithilfe moderner Blutanalysegeräte.

Neben der Untersuchung des Blutbildes gibt es in der Radiologie noch ein spezielles Verfahren, bei denen man die Granulozyten mit einem Marker ausstattet. Die Granulozytenszintigraphie kann genutzt werden, um lokale, akute Entzündungen darzustellen, oder um eine bessere Visualisierung des roten Knochenmarks zu erreichen.

Was sind Normwerte für Granulozyten?

Je nach Labor und Auswertungsmethode schwanken die Normwerte für die Granulozyten. Die Zusammensetzung der Granulozyten hängt vom Alter und Geschlecht ab. In den folgenden Tabellen werden die Werte in Prozent, relativ zu ihrem Anteil an allen Leukozyten angegeben:

AlterNeutrophile – Normwert weiblichNeutrophile – Normwert männlich
2-5 Jahre22,4-69 %22,4-69 %
6-11 Jahre29,8-71,4 %28,6-74,5 %
12-17 Jahre39-73,6 %32,5-74,7 %
ab 18 Jahre34-71 %34-67,9 %
AlterEosinophile – Normwert weiblichEosinophile – Normwert männlich
2-5 Jahre0-3,3 %0-4,1 %
6-11 Jahre0-4 %0-4,7 %
12-17 Jahre0-3,4 %0-4 %
ab 18 Jahre0,7-5,8 %0,8-7 %
AlterBasophile – Normwert weiblichBasophile – Normwert männlich
2-5 Jahre0-0,6 %0,1-0,6 %
6-17 Jahre0-0,6 %0-0,7 %
ab 18 Jahre0,1-1,2 %0,2-1,2 %

Bei den segmentkernigen und stabkernigen Granulozyten erfolgt die Angabe ebenfalls in Prozent. Hier wird der relative Anteil an neutrophilen Granulozyten bestimmt. Die Normwerte sind hier unabhängig vom Geschlecht:

AlterSegmentkernige – NormwertStabkernige – Normwert
1-13 Jahre25-60 %3-6 %
ab 14 Jahre50-70 %3-5 %

Wann sind die Granulozyten erhöht?

Es gibt viele Ursachen, weshalb Granulozyten zu hoch sein können. Bei den neutrophilen Granulozyten ist die häufigste Ursache eine akute Entzündung. Die Granulozyten wandern zum Ort der Entzündung und bekämpfen eventuell eingetretene Erreger. Die Lebensdauer der Granulozyten kann dadurch ziemlich kurz sein, da sie bei der Bekämpfung von Bakterien in den Zelltod übergehen und so an der Entstehung von Eiter beteiligt sind.

Sind die eosinophilen Granulozyten erhöht, spricht man von einer Eosinophilie. Diese ist eher unspezifisch und kann unter anderem bei folgenden Erkrankungen auftreten:

Auch während der Ausheilung einer Infektionserkrankung oder bei der Einnahme verschiedener Medikamente können die eosinophilen Granulozyten erhöht sein.

Ein Anstieg der eosinophilen Granulozyten geht häufig auch mit einem Anstieg der Basophilen einher.

Wann sind die Granulozyten erniedrigt?

Zu niedrige Granulozyten im Blutbild kommen eher selten vor. Mögliche Ursachen sind eine Knochenmarksschädigung oder virale Infektionen, wie eine Hepatitis. Auch einige Medikamente haben als seltene Nebenwirkung eine Verringerung der Granulozyten zur Folge. Darüber hinaus können die Blutwerte auch bei chronischem Stress zu niedrig sein.

Sind fast alle Granulozyten aus dem peripheren Blut verschwunden, spricht man von einer Agranulozytose. Dies ist eine sehr seltene Nebenwirkung, die bei dem Medikament Clozapin (einem Neuroleptikum) innerhalb von vier Monaten nach Behandlungsbeginn auftreten kann, weshalb hier eine regelmäßige Blutbildkontrolle der Granulozyten zur Standardtherapie gehört. Auch bei der Therapie mit Kortikosteroiden können die Granulozyten zu niedrig sein.

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